Liebe Freunde der couteaux pliants
nachdem ich ziemlich lange hier im Forum mitgelesen und vor allem in Bezug auf die ‚kleinen Franzosen‘ viel hinzugelernt habe, stelle ich heute mal mein Konglomerat französischer Taschenmesser vor, das heißt, alle Victorinox, die Leathermen & Co sowie die Batterie (ausschließlich deutscher) Küchenmesser bleiben mal außen vor.
Nun also zur Entwicklung meiner Liaison mit den Franzosen. Seit vielen Jahren faszinieren mich Messer und Taschenmesser, vor allem die Franzosen und hier – auch – die Laguioles. Aber wenn ich dann in Frankreich mal vor einem einschlägigen Schaufenster gestanden habe, waren mir die Messer zu kitschig, zu schlecht gearbeitet, zu stumpf (wenn ich mal in den Läden drinnen war), zu teuer oder zu billig. Ich muss allerdings zugeben, dass die Schaufenster oftmals zu Tabakläden oder Kiosken gehörten... Die romantischen Erwartungen, die ich an schöne Messer geknüpft hatte, waren jedenfalls nie einzulösen – bis ich vor Jahren (und bevor ich dieses Forum kannte) die Boutique der Coutellerie le Périgord in Sarlat entdeckt habe. Deren Messer haben teils ein etwas grobschlächtiges Aussehen, aber sie strahlen handwerkliche Herstellung aus. Da bin ich also – insgesamt noch eher ahnungslos – an mein erstes Messer gekommen (Klinge: 9.5 cm, 14c27, Griff: Olive 12 cm, Länge geöffnet: 21.5 cm). Ein echtes Arbeitstier, das nach über zehn Jahren im Gebrauch entsprechend aussieht. Einige Jahre später, in Nontron kam ein weiteres Le Périgord dazu, dieses Mal mit Wacholdergriffschalen, Carbonklinge und Korkenzieher. Nicht ganz so gefällig wie das erste (keine Guilloche, der Herstellername gelasert ...), habe ich mit diesem Messer immerhin gelernt, wie gut sich ein Carbonstahl schärfen und scharfhalten lässt. Und das Holz riecht nach Jahren noch immer gut! Das Messer hat ästhetische Mängel, die mir aber in der ersten Begeisterung nicht aufgefallen sind – hatte der Coutelier es doch eigens für mich zu einem Zweiteiler umgebaut.
Danach kam – nicht wirklich zufällig – das allseits bekannte Le Thiers Compagnon von Chambriard (Ebenholz) hinzu, ein rattenscharfes Messer, bis heute! Gekauft im selben Urlaub wie das zweite Le Périgord und zwar in Brive-la-Gaillarde, in der Coutellerie Nicolas. Da gingen mir nun wirklich die Augen auf und fast zeitgleich entdeckte ich googelnder Weise dieses Forum und den Faden ‚her mit den kleinen Franzosen‘...
Was danach kam, das Peyrecave buffle acier au carbone xc75, und auch die dann folgenden Messer haben viel mit diesem Forum zu tun. Das Tisseyre habe ich in La Bastide sur l'Hers gekauft – eine Erfahrung ganz eigener Art: Wir waren in Shorts und T-Shirts vom noch hochsommerlich warmen Mittelmeerstrand in die eisigen Berge gefahren, der Meister guckte erstmal ziemlich sparsam, aber dann haben wir radebrechend über seine Messer gesprochen und ich habe weiter gelernt...
Wenig später – angestoßen durch einen Hinweis hier – wurde ich auf Guy Vialis aufmerksam, und dessen Sauveterre (Thuja, xc75) und Le Camembert (Thuja, 12c27) verstärkten bald die Sammlung.
Und aus dem jüngsten Urlaub kam ich mit einem ‚richtigen‘ Laguiole zurück. Es wurde das Laguiole, 12 cm, Ébène, von Benoît Salesses (14c28N). Mein teuerstes Taschenmesser (pst, bis jetzt), für mich bildschön, elegant und auch sehr, sehr scharf. Anfangs war die Feder fast zu stramm, und ich hatte ein paar kleine Schnitte in die Fingerkuppen zu beklagen... jetzt läuft’s gut! Und auch hier war der Kauf mit einer netten Begegnung verbunden: Wir hatten ein Ferienhaus zwischen Carcassonne und Narbonne gemietet, und natürlich habe ich in der Umgebung nach Messerläden gesucht. Einer war in Carcassonne, dessen Inhaber war der unfreundlichste Verkäufer, der mir in meinem bisherigen Leben untergekommen war – aber... ich hatte noch einen zweiten Pfeil im Köcher. In Narbonne gab es einen jungen Juwelier, Fabien Cardona (MOF), der u.a. Vent d’Aubrac Messer anbot. Also machten wir uns in die nächste Stadt auf, suchten und fanden den Werkstattladen, und der überaus freundliche Handwerker sagte auf meine Frage nach den VA-Messern, dass er außer denen in der Vitrine jedes Messer dieses Herstellers binnen kurzer Frist besorgen könnte. Ich zeigte ihm also, welches Messer mich interessierte, er rief in Laguiole an, sprach mit einem der Meister dort, von MOF zu MOF sozusagen, und ein paar Tage später war das Messerchen da – ich konnte es angucken und anfassen, musste keine Versandkosten zahlen und war bald im Besitz meines Laguioles... Zuerst dachte ich, ich würde dieses schöne Stück nur angucken und anfassen wollen, aber inzwischen durfte es doch schon arbeiten... was bleibt übrig, wenn das lumpige Steakmesser im Restaurant den baron d’agneau nicht kleinkriegt!
Und als wir heute Abend aus dem Urlaub zuhause ankamen, steckte schon ein weiteres Laguiole im Briefkasten (FdL, helle Hornspitze, Mitres, Ressort und Klinge poliert). Beim Auspacken war ich zuerst etwas enttäuscht: die Klinge war nicht wirklich scharf und die Spitze hatte deutliche Fehler. Dann habe ich mich getraut, das nagelneue Messer nicht reklamiert, sondern stattdessen ein paar Mal über den Dickoron Classic Saphierzug gezogen. Jetzt ist alles gut!
Die angefügten Bilder dokumentieren meine Entwicklung! Ihr seht, dass ich bisher jedenfalls kein Freund barocker Übertreibungen in Form von double, triple oder quadruple platines bin – irgendwie ist der ‚romantische Aspekt‘, von dem oben schon die Rede war, für mich ein eine gewisse Schlichtheit gebunden. Mal gucken, ob ich mich dauerhaft auf die Lagioles einschließe (ich hab‘ schon ein paar auf dem Zettel). Mich interessieren aber auch andere Formen: der Grimpeur, das la Morta (brut de forge!), die Messer von David Baldensperger (L‘Aubusson).
Beste Grüße
Gigi
Das Messer in der Reihenfolge des Erwerbs: linke Spalte von o.n.u., re. Spalte von o.n.u. Allerdings gehören die beiden Périgords untereinander; das Le Thiers hat sich dazwischen gedrängelt. Die (Tages-)Lichtverhältnisse sind sehr unterschiedlich. Alle Bilder mit dem smartphone geknipst.