Der gehemmte Friction Folder - oder auch Gangsta´s Paradise...

[Nick]

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Moin Zusammen,

und Willkommen zu der Vorstellung eines kleinen Schmuckstücks, welches mich gerade total begeistert.

Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber mittlerweile (nachdem ich mir jahrelang etwas von „ich suche einfach nur das eine, perfekte Messer für mich“ eingeredet habe) ist die ungeheure Vielfalt an unterschiedlichen Messern, Anwendungszwecken (wozu bewundern und anhimmeln eindeutig dazu gehört) Materialien, Bauarten, Verschlusssystemen usw. das eigentlich Faszinierende an diesem Hobby. Daneben freue ich mich vor allem immer sehr, wenn ich auf neue, bzw. von mir bisher unentdeckte Macher stoße, und dabei immer wieder faszinierende Werke entdecke.
So ging es mir vor einiger Zeit, als ich durch einen Link auf Petr Hofman, einen jungen tschechischen Messermacher, den einige vielleicht in Gembloux kennengelernt haben, stieß.

Mir gefiel sein Folder „Little Snake“, zu sehen in der Folder Galerie auf Petrs Homepage sehr gut, und ich schrieb ihn an mit der Bitte um ein paar Details. Längere Zeit hörte ich nichts, bis ich kürzlich eine sehr nette und ausführliche Mail von Petr erhielt. Die kleine Schlange weilte leider nicht mehr bei ihm, neben interessanten Ausführungen zu seinen Arbeiten berichtete er mir dann von einem „Little Robber“, der aktuell verfügbar wäre. Nach einigen sehr guten Bildern und einem extra angefertigten Video war ich bereit, dem Räuber Zuflucht zu gewähren…

Ich mag Folder, und ich habe eine Schwäche für klassische Slipjoints. Das hat sich über die Jahre immer deutlicher gezeigt. Es gibt allerdings zwei Aspekte, die ich zuweilen an einem klassischen, gut gemachten Slipjoint mit knackiger Feder vermisse: Es ist kein einhändiges Öffnen möglich, und dank der eigentlich sehr sinnvollen strammen Federspannung ist die Bedienung zuweilen etwas „grobmotorisch“. Ein langsames, bedachtes Öffnen und Schließen, z.B. eines guten Framelocks , mit einem geschmeidigen Klingengang und dem herrlichen „Klack“ beim Einrasten der Klinge hat durchaus auch seinen Reiz.
Und hier komme ich endlich auf den kleinen Räuber zurück. Dieser ist so konstruiert, dass er eben das „Beste aus verschiedenen Welten“ kombiniert, um es mal ein wenig pathetisch auszudrücken.

Geschlossen haben wir äußerlich einen handlichen Friction-Folder vor uns, mit herrlich gemaserten Griffschalen aus stabilisierter Eiche. Der Friction Hebel ist eher dezent ausgelegt und trägt das Logo des Machers.

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Die Schalen sind perfekt angepasst, die Custom-Schrauben aus Edelstahl ohne Macken und bündig versenkt. Ein echter Hingucker ist der Spacer aus texturiertem Zirkonium, der dank seines ordentlichen Gewichts dem Messer eine gewisse Robustheit gibt, und mit seinem matt glänzenden Schwarz eine Spur Extravaganz verleiht.

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Beim Öffnen zeigt sich dann die Besonderheit der Konstruktion des Räubers. Die Klinge liegt, perfekt zentriert, zwischen zwei Titan-Platinen, in die auf beiden Seiten Detentkugeln eingepresst sind.

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Diese greifen sowohl beim vollständigen Öffnen, als auch beim Schließen in die Klingenwurzel und lassen die Klinge somit „verriegeln“. Keine richtige Verriegelung natürlich, die Klinge wird schlicht und einfach gehemmt, hält die Klinge damit weitaus sicherer als bei einem herkömmlichen Friction-Folder und lässt sie beim Öffnen und Schließen mit dem bereits erwähnten, satten „Klack“ einschnappen. Dank Teflon-Washern ist der Klingengang dabei sehr geschmeidig.
Da (bewegte) Bilder bekanntlich mehr sagen als tausend Worte, habe ich das Gesagte mal versucht in einem wackligen Handyvideo einzufangen. Nicht gerade Oscar-verdächtig, aber es wird hoffentlich deutlich, was ich meine. :glgl:

http://youtu.be/fAb7lpBwKI8]VIDEO





Dieses System bietet natürlich den nennenswerten Vorteil, dass das Messer in vielen Ländern mit „interessanter“ Gesetzgebung problemlos geführt werden kann…

Es überzeugen nicht nur die technischen Aspekte, auch bei der Anwendung macht der Räuber eine gute Figur. Die 2,5 mm starke und 7 cm lange handsatinierte Klinge aus RWL-34 mit einer Härte von 61 hrc ist mit einem sauscharfen, spiegelpolierten und ganz leicht balligen Anschliff versehen, der einerseits eine stabile Schneide bietet, und gleichzeitig feine Schnitte ermöglicht, ein echter Allrounder.


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Die Handlage des geöffnet 17 cm großen Folders ist dank der gerundeten Kanten und der leicht gewölbten Griffschalen hervorragend.

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Petr hat dem Folder eine einfache Steckscheide aus weichem Narbenleder beigelegt.

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Tja, Gesetzestreue hin oder her, dieser Gangster hat es mir wirklich angetan, vielen Dank an Petr für dieses tolle Messer!



Ich hoffe, ich konnte Euch ein wenig an meiner Faszination teilhaben lassen. Sowohl das Entdecken, der Kontakt mit dem Macher als auch das eigentliche Werk haben mich mal wieder darin bestätigt, dass dieser „Messerfimmel“ eine ungeheuer spannende, interessante und faszinierende Angelegenheit ist. Aber wem sage ich das … 8)

Danke für Euer Interesse, ich hoffe, die Vorstellung hat Euch auch ein wenig Freude bereitet.

Gruß,

Nick



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Schöner klassischer Friction Folder, Glückwunsch.

Beim Öffnen zeigt sich dann die Besonderheit der Konstruktion des Räubers. Die Klinge liegt, perfekt zentriert, zwischen zwei Titan-Platinen, in die auf beiden Seiten Detentkugeln eingepresst sind.

[...] Diese greifen sowohl beim vollständigen Öffnen, als auch beim Schließen in die Klingenwurzel und lassen die Klinge somit „verriegeln“. Keine richtige Verriegelung natürlich, die Klinge wird schlicht und einfach gehemmt, hält die Klinge damit weitaus sicherer als bei einem herkömmlichen Friction-Folder und lässt sie beim Öffnen und Schließen mit dem bereits erwähnten, satten „Klack“ einschnappen.

Ein ähnliches Prinzip der Klingenhemmung wendet auch der Future Friction Folder an von Stefan Wollenweber an, mit dem Unterschied, dass der Detent nur einseitig in der Titangriffseite untergebracht ist, die G10 Griffseite aber ohne bleibt. Ein schönes Prinzip, das die Anwendungssicherheit erhöht. Das 'Klack' ist auch hier sehr satt. Könnte für mich ruhig etwas dezenter sein, geht aber wohl bauart bedingt schlecht.
 
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Sehr schönes Review [Nick], mein Freund.
Solche Messer sind doch grundsätzlich unsere gemeinsamen Beuteschemata ( ich lehne "Schemas" als Plural ab ):D
Imho haben Messer mit dem verlängerten Friction-Hebel meist einen Fehler- sie tragen sich unbequem in der Hosentasche. Wie sieht es beim "kleinen Räuber" aus ?

Danke fürs Vorstellen, des Kleinkriminellen;)
Excalibur
 
Moin Reinhard,

danke fürs Kompliment. :super:

Bei diesem, insgesamt recht kompakten Messer stört der Hebel kaum. Mit diesem kommt das Messer geschlossen auf circa 11,5 cm Länge, das ist noch recht gut passend. Und im Etui stört es dann gar nicht mehr...

Gruß,

Nick
 
Servus,

Sehr schönes Review [Nick], mein Freund.

dem kann ich nur beipflichten, ein tolles Messer mit pfiffigen Features, gefällt mir sehr, sehr gut! :super:

Atelier Perceval nennt den "Friktion-Hebel" oder die Öffnungshilfe beim L-09 + L-10 ja distinguiert eine "Öffnungslinse" und bei diesem Folder hat mich das auch nie beim Tragen gestört, auch wenn er etwas zarter in der Ausführung ist.

Viel Vergnügen mit dem hübschen Begleiter, da hast du dir ein besonderes EDC gegönnt! :super:

Gruß, güNef
 
Ein sehr schönes Messer, gekonnt in Szene gesetzt und ansprechend beschrieben. Vielen Dank für die Vorstellung. Irgendwie haben's mir die Messer mit den Hebelchen so wie so angetan; die pfiffige Ergänzung mit den Detent-Balls erzeugt dabei noch mehr "Habenwill-Gefühl".
Die Folder von Hr. Hofman gefallen mir allesamt sehr gut, vielleicht sollte ich den Mann mal anschreiben... :D
 
Moin Nick,

sehr schön, sehr interessant. Kommt auf die berühmte Liste. Danke für die überzeugende Dokumentation :) ...

Gruß R'n'R
 
Bei diesem, insgesamt recht kompakten Messer stört der Hebel kaum. Mit diesem kommt das Messer geschlossen auf circa 11,5 cm Länge, das ist noch recht gut passend. Und im Etui stört es dann gar nicht mehr...

Atelier Perceval nennt den "Friktion-Hebel" oder die Öffnungshilfe beim L-09 + L-10 ja distinguiert eine "Öffnungslinse" und bei diesem Folder hat mich das auch nie beim Tragen gestört, auch wenn er etwas zarter in der Ausführung ist.

Danke für diese Erläuterungen, Männer.
Ich bin da etwas abgeschreckt von meinem beliebten Svörd Peasant Knife, wobei da die Gesamtlänge fast 17cm und der Frictionhebel rund 4,5cm betragen. Da zwickt es schon gern mal beim Hinsetzen in der vorderen Hosentasche:mad:

Gruß
Excalibur
 
…schluck… sehr schschschlürrf … schön … trief …

Danke für die schönen Bilder und meine Glückwünsche zu tollen Fang!

Herzliche Grüße,
Jost
 
An dieser Stelle nochmal eine "zweite Meinung" -
[Nick] hat mir dieses Messer mal zur Ansicht geschickt.
Wow, er hat nicht übertrieben.
Der Haltemechanismus ist wahrlich sehr beachtenswert. Das Messer öffnet nach der Überwindung der Detentballs-ein kurzer Stopper ist merkbar- sehr smoothy und steht dann sehr satt.
Die Handlage ist angenehm, die Schärfe und die Schneidleistung sind beängstigend- ein echter Slicer.
Beim Schließen des Messers, wenn man es einhändig tun möchte- ist Achtsamkeit gefragt- denn auch hier gilt es den doppelten Detent zu überwinden. Mit etwas Übung geht das aber auch ohne den Verbandskasten in Reichweite haben zu müssen.

Zu meinen eigenen Vorbehalten-
das Messer trägt sich in der Hosentasche unauffällig, der Klingenhebel stört nicht wirklich.

Hut ab,
tolles Messerchen:super:

Gruß
Excalibur
 
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