Alten Blasebalg einfetten?

Roland Walter

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Ich habe einen alten Blasebalg der noch top funktioniert jetzt wollte ich heute den Blasebalg einfetten da kam ein Bekannter und meinte den darf man nicht einfetten da sonst da Leder brechen würde.

Vielleicht ist ja ein Fachmann unter euch der mir weiterhelfen kann. Mir erschließt sich nicht warum ich ihn nicht einfetten soll das macht da Leder doch geschmeidig und wenn wir schon dabei sind wenn einfetten mit was denn?

Gruss und Dank

Roland
 
Also ich habe auch schonmal von nem Sattel gehört, die man nicht mehr einfetten darf, da das Leder schon so porös und die Fasern durch vielfaches Nasswerden und wieder Trocknen in sich zerbröselt sind, dass der Sattel nurnoch durch seine Steifheit zusammenhielt.
Das ist eine einleuchtende Konsequenz schlechter Pflege, die durchaus auch bei Schmiedebälgen auftreten kann, zumal durch die Hitzeentwicklung im Betrieb (-> Austrocknen) und ggf. kalte Nächte und feuchte Luft ein "Todesklima" für Leder in der Schmiede herrschen kann.
Allerdings ist das dann wirklich die Endstation und eigentlich muss man wirklich grausam zu seinem Zeug sein, damit es so schlimm wird. Dürfte also eher der Einzelfall sein, solange dein Balg nicht 400 Jahre alt ist...
Nur soviel zum Problem als solches. Vorbeugen ist auch hier besser als Nachsorge, aber ist das Kind einmal in den Brunnen gefallen...

An deiner Stelle würde ich mal Bilder von dem Balg hier zeigen, dann lässt sich genaueres zu deinem spezifischem Balg sagen. Ansonsten könntest du an unauffälligen Stellen (wegen ggf. nötiger anschl. Reparatur) mal das Leder feste knicken und sehen, was passiert. Für das Leder kommt jede Pflege zu spät, wenn es ähnlich einer Pappe oder Eierkarton im Knick aufbricht und dabei vielleicht noch staubt und du leicht Fasern aus dem Leder reiben kannst. Dann hilft nur eine Neubespannung.
Wenn es aber den Knick aushält oder langsam "wie eine Scheibe Brot" aufreißt, kannst du es sicher noch retten.
Hier im Forum wurde zwar schon reichlich über die Pflege von altem Leder diskutiert (Die suche ist auch dein Freund), aber der Einfachheit halber empfehle ich dir jetzt einfach sog. Sattelseife (-> Glycerin) mit einer darauffolgenden Behandlung mit REICHLICH Equifix. Das ist eine Mischung aus talghaltigen Fetten und Bienenwachs, macht das Leder wieder flexibel und widerstandfähig und schützt auch vor erneutem Austrocknen. Beides bekommst du für wenige Euro im Reiterzubehör und ist ideal für deine Zwecke.

Hoffe, ich konnte helfen und Viel Glück beim Rettungsversuch!
Bilder wären so oder so schön, wir gucken ja alle mal gern hinter die Werkstatttore ;)

LG
heinrich
 
Ein leidiges Thema... gleich mal meine Empfehlung: Effax Lederbalsam. Mein Vorredner hat ja Reiterbedarf schon erwähnt. Man findet es schon...

Ich besitze Bergstiefel aus identischen Materialien. Verschieden alt. Die mit dem "klassischen Lederfett" z.B. Erdal oder mit Pflegewachs behandelt wurden. Die mit dem Wachs schneiden deutlich besser ab! Wasserdichtigkeit besser und Brüchigkeit kaum vorhanden.

Ob sich das jetzt auf einen Balg übertragen lässt, weiss ich nicht, aber mein Gefühl für das Material sagt mir, Wachsbalsam ist besser. Egal, welcher Hersteller. Auch für Gürtel, Lederscheiden, Griffe... kann man das nutzen. rocco26
 
Ich weis nur von einem Alten Schmied , dass Lebertran zu verwenden ist.
Also eher dünnes als dickflüssiges, muss ja auch durch die gesammte Dicke.
Vielleicht Balistol?
 
Salü

Ich würde den Blasebalg auf jedenfall entfetten/reinigen und neu fetten!

zum1. Reinigen Balg vorsichtig öffnen komplett abwaschen mit Isopropanol bis alles an Fett und Dreck runter ist.... wichtig da beim fetten und benutzen der Dreck in den Poren wie Sandpapier wirkt!!!

zum2. Fetten Gemisch aus 200g Lanolin (Wollfett) +25g Zedernholzöl aufgelöst in 330g Hexan (sollte man alles in einer guten Drogerie/Apotheke oder bei Kremer Pigmente bekommen)
Mischung anrühren evt. in einem Wasserbad wärmen und mit Pinsel satt 1-3 mal auftragen bis Leder gesättigt ist. (Evt. nach dem 1. und 2. mal Leder leicht anwärmen Föhn ect. das es besser eindringt)

Allgemein kein Bienenwachs verwenden! Zieht stark Schmutz und Dreck an der auf Dauer das Leder zerstört!
Die Rezepte und Erkentnisse stammen aus einem Museum das sich über mehrere Jahre mit Lederrestaurierung und Konservierung befasst hat. Selber habe auch sehr gute Ergebnisse erziehlt!


Beste Grüsse us de Schwiiz


Stephan
 
Das sind natürlich Erkenntnisse, die einem so nicht zufliegen. Wow. Ich wäre dennoch vorsichtig mit dem Isoprop, da Alkohol wie ein Schnelltrockner wirken dürfte. Ist bei der Restauration sicher notwendig, wenn es eure Erfahrungen nahe legen. Bei mittleren Verschmutzungen würde ich dennoch zur schonenderen Sattelseife mit Glycerin raten. Das von mir benannte Equifix ist übrigens genau wegen der Viskosität genannt: Es ist gerade pastös und wird schon bei etwas erhöhter Raumtemperatur flüssig. Dadurch kann es sehr tief und nachhaltig eindringen, der Wachsanteil verstopt weder die Oberfläche, sodass sich vermehrt Dreck sammelt, noch verhindert es die Durchtränkung des Leders mit Fett.
Von Lebertran habe ich im Zusammenhang noch nicht gehört. Ich würde allerdings schon wegen des Geruchs verzichten.

Also schön wie hier Meinungen und Wissen zusammen kommen, ich hoffe, der TO findet seine Methode ;)

LG
heinrich
 
Guten Morgen

Toll was ihr mir gleich zusammengetragen habt. Auf jeden Fall gibt es Lösungen für mein Problem und das ist gut und nicht fetten ist dann auch falsch. Den Blasebalg hat ein Bekannter gekauft und wir wollen Ihn für ein kleines Fest im Sommer wieder fit machen.

Bilder kommen noch und den Blasebalg bei mir in der Schmiede werde ich dann auch irgendwann mal so behandeln.

Vielen Dank

Roland
 
@ Lupus Wolf

wird die Sattelseife mit H2O verwendet? Wenn ja Finger weg die Feuchtigkeit aktiviert die Gerbsäure im Leder was Langfristig zu einer Zerstörung führt! Altes Leder nie mit Wasser in Berührung bringen!
Bei Isopropanol seh ich kein Problem selbst wenn das Leder stark aus trocknet , es wird ja sofort wieder gefettet. Die Mischung die ich empfohlen habe hat eine sehr dünne Konsistenz dringt dadurch sehr Tief ein !
Beim Bienenwachs ist das Problem das es wie ein Magnet auf Schmutz wirkt und Ihn regelrecht anzieht (Efekt wie Sandpapier). Das ist der grosse Nachteil.

Gruss Stephan
 
Moin,

ich habe recht gute Erfahrungen mit dem Waffenöl Ballistol gemacht, was Lederpflege angeht. Eine alte, steif und annähernd untragbar gewordene Lederweste z.B., die ich vor Jahren damit behandelt (sparsam eingesprüht) habe, hat bis heute keine Ausfallerscheinungen gezeigt, sprich, das Leder nicht angegriffen. Gelegentliche Wiederholung angeraten. Ist 'ne bequeme Lösung für den Hausgebrauch. Für den Einsatz im Museum wohl eher weniger geeignet ;).

R'n'R
 
Hi,

Sattelseife wird mit einer in Spiritus oder Terpentin getauchten Bürste aufgeschäumt und dann aufs leder aufgetragen. Danach wird der Schaum mit einem trockenen Tuch entfernt. Die Sattelseife löst und ummantelt den Schmutz und durch ihre nicht alkalische Zusammensetzung und die nicht ionischen Tenside ist sie extra für die Reinigung von Leder (Sattelleder, d.h. veg. gegerbt mit Spiess) vorgesehen und aktiviert die Gerbsäuren eben nicht. (Kein H2O)
Du hast natürlich recht, umso flüssiger, desto besser, und eine "Schicht" Bienenwachs auf dem Leder ist sicher auch nicht gut. Dennoch möchte ich die Langzeit-wirkung von Bienenwachs gerade bei stark beanspruchtem Leder nicht unter den Tisch fallen lassen. Bienenwachs wird, wenn es richtig aufgebracht wird, nach einer Trocknungs- bzw. Erstarrungszeit kräftig von der Oberfläche gebürstet oder gewischt, damit eben der klebrige Film, von dem du sprichst, verschwindet. Das Wachs verschließt dann lediglich die Oberfläche in den Kanälen und legt einen Wachsspeicher inerhalb des Leders an, der durch Bewegung und Reibung im Leder bewegt und dadurch im "Gewebe" verteilt wird und so Trocknen und Rissbildung vorbeugt.
Nichts für Ungut, deine Methode ist sicher die optimalste, aber kontraproduktiv sind die althergebrachten Maßnahmen nun auch nicht, wenn man es richtig macht ;)

LG
heinrich
 
Hi Heinrich


danke für die Ausfühliche Beschreibung!
Viele Wege fürn nach Rom... keine Ahnung welcher der Beste ist....:hmpf:
Ist doch schön das man immer wieder dazu lernt!


Gruss Stephan
 
Hallo Roland,

eine Mischung aus Glyzerin und Olivenöl hat sich zum Auffrischen alten Leders bislang immer gut bewährt. Sofern das Leder noch nicht zu brüchig war.

1:1 Glyzerin:Olivenöl

Alternativ geht auch Sojaöl oder Fischtran, falls du welchen bekommst und den Duft aushälst;)


Schöne Grüße, David
 
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