Rubber Soul - Gummihose für ein Austernmesser

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Boas,

wir befinden uns ja seit geraumer Zeit in einem messerbedingten Zustand, der zwischen heller Freude und zeitweise aufscheinendem leichtem Irresein hin- und herpendelt. Um dieser Befindlichkeit noch etwas Vorschub zu leisten, dachten wir uns vergangenen Freitag: Genau - so machen wir das! Auf der Suche nach Schlüsselfeilen für die Feinstbearbeitung unschmeichelhafter Messerklingenrücken und -kanten gerieten wir wieder einmal in die „drogaria“ Libi. Dort fanden wir genau diese Feilen - und zwar qualitativ hochwertig von den Brüdern Mannesmann.

Nach dem üblichen „Zalando“, ihr kennt das schon, haben wir uns noch etwas umgeschaut, während der Chef aus den hintersten Gemächern noch etwas Hochwillkommenes hervorholte: 1200er Naßschmirgelpapier und - wir konnten es nicht fassen - auch noch solches der Körnung 2000. Annähernd der Ohnmacht nahe vor Freude, erreichten wir den Ausgang, als uns ein kurzer, stabiler, metallisch glänzender Gegenstand mit dunklem Griff ins Auge stach: Ein Austernmesser (besser -dolch) der portugiesischen Firma ICEL, von denen wir schon das ein oder andere Taschenmesser unser Eigen nennen. Ohne Zögern entschieden wir uns zum Erwerb.

Bereits in diesem Moment hatten wir konkrete Absichten und führten etwas im Schilde, daß uns noch viel Mühe machen sollte. Das stämmige kleine Eisen aus High Carbon Steel (No Stain) war annähernd unscharf bis auf seine dornartige Spitze - und das Etwas, welches man Klinge nennen könnte, war von sehr schlanker, aber ausgesprochen stabiler Gestalt. Wir dachten: Wenn wir da den Sharpmaker mal ranlassen und eine Seite mal so richtig hernehmen, dann …

Wir haben ewig gebraucht, um eine Schneidengeometrie herzustellen. Erst mit dem Sharpmaker, dann noch einmal, mit dem Schrubbstein und wieder Sharpmaker. Haben wir einen Spaß gehabt, als die erste Tomate und eine Salatgurke vor uns lagen - fast - wie vom Windmühlenmesser erlegt. Äpfel (UND Kartoffeln) schält das „Miststück“ jetzt auch. Stullen schmieren geht, Käse schneiden ebenso. Mandeln schneidet es in eine Art Scheiben, eine Herausforderung für jedes Messer, die das Neck Bowie allerdings deutlich eleganter löst. Der Grad der Befriedigung war also noch im niedrigen Bereich, denn die Schärfe hätte schärfer sein können. Also Sharpmaker wieder raus aus der Kiste and again and again. Den Abtrag kann man auf dem Foto ganz gut erkennen. Jetzt isses besser - aber wie schon Freiherr zu Lichtenberg einst meinte: „Es ist nicht sicher, daß es besser wird, wenn es anders wird - eins ist jedoch gewiss, daß es anders werden muß, wenn es besser werden soll!“

Mitnehmen ans Meer iss auch nicht mal einfach so: Keine Lederhose! But there is always a solution. In der Schublade, da wo sie am tiefsten ist, schlummert die Hülle eines alten „Gegenstands“, der noch aus früheren Zeiten herrührt. Für den konkreten Outdoor-Einsatz schien er uns geeignet, seine Merkwürden, das gepimpte Austernmesser, vor sich selbst, den Unbilden der wilden Algarve - und andere vor unsachgemäßem Kontakt zu beschützen.

Johnny kontrollierte die Grenze auf „Feindberührung“ und nach ordnungsgemäßer Verrichtung sind wir dann, wie üblich, los und Richtung Strand. Das Wetter war etwas beruhigter heute. Garbage sangen: „I’m only happy, when it rains“, meinten aber was ganz anderes. Egal, wir waren für den Notfall ganzkörpergummiert. Nebenbei fiel uns ein, daß wir eigentlich bisher mächtig Glück gehabt hatten. An manchen Tagen wären wir bei einer Polizeikontrolle mit der Ausstattung, die wir mit uns führten, glatt wegen Verdacht auf Serienkillerdings eingebuchtet worden. Heute sah das besser aus. Mit einem Austernmesser in der Tasche würden wir hier an der Algarve schlimmstenfalls als „Gourmet“ eingestuft. Es scheint also sinnvoll, sich den landestypischen Gepflogenheiten anzupassen und taktisch unterwegs zu sein! Das kleine Spyderco Techno geht ja hier (hoffentlich) als Spielzeug der Sorte Boy’s Toys durch.

Wir erreichten unbehelligt den Strand von Monte Gordo, nahmen den Espresso wieder im Stehen und schnitzten ein wenig mit dem sehr verehrten IZULA vor uns hin. Einige Fotos weiter dann zum Guadiana und dort hatte uns der Schalk beim Nacken: Vor uns auf der Erde lag ein abgeschnittenes 15 cm langes Stück stabilen Gartenschlauchs im Sand. Hoppla, das wäre doch … Und 2 Schnitte weiter - und etwas Weggeschnippel - und das ICEL hatte eine Gummihose, die als Gürtelholster durchgehen sollte. Diesem Rohentwurf einer umsonsten Einfachstscheide vertrauten wir das Austernmesser mit leichter Skepsis an - um festzustellen, daß es bombenfest darin verklemmte.

Wir werden uns darum kümmern. Vielleicht einen anderen (roten, orangenen …) Schlauch besorgen. Etwas sorgfältiger arbeiten. Schau’n wir mal!! Das Austernmesser liegt jedenfalls satt in der Hand, Vierfingergriff möglich, auch als „Brecheisen“ geeignet (Austern z.B. :D). Wenn wir es richtig scharf haben und die neue Gummihose fertig ist, wird es vermutlich eins unserer Favoriten-EDC. Kann aber dauern. Mehr Spaß geht doch gar nicht, oder :lach::lach::lach:??


ICEL Austernmesser

Gesamtlänge: 16 cm
Grifflänge: 8,5 cm
Griffdicke: 1,7 cm
Griffhöhe: Von hinten 2,3 cm zur Klinge hin auf 1,4 cm abnehmend
Griffmaterial: Polypropylen
Klingenlänge: 7,5 cm (ursprünglich annähernd unscharf, vordere 4 cm jetzt leidlich scharf)
Klingenhöhe: Von 1,3 cm, auf Null zulaufend
Klingenstärke: Max. 2 cm, auf Null zulaufend
Klingenstahl: High Carbon, No Stain (X50 CrMoV15)
Gewicht: Wie das ESEE IZULA inkl. Scheide


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Morgen schauen wir dann aber endlich in das Paket vom toolshop, ob noch was drin ist - versprochen! Die Beatles fragen vom Rubber-Soul-Album aus: „What goes on?” Wir meinen - it’s only

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Fast hätte ich gedacht, dass ich meinen Morgenkaffee ohne ein neues Rock'n Roll-Thema trinken muss, aber dann ganz unten in der Liste ... Danke und schönen Tag!
 
Hallo Klingler,

ich sitze hier auch gerade beim Frühstück (schon etwas später, aber Portugal liegt ja eine Stunde zurück) und freue mich, daß jemand positiv auf meinen Gummihosendolch reagiert. Heute gibt's wieder was "Anständiges". Grüße von Johnny &

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