Hi Charon,
Endlich mal ein Thema, zu dem ich auch was vernünftiges beitragen kann, weil ich beruflich mit der Sache zu tun habe
Es ist grob gesagt so, dass jeder, der die Bedingungen erfüllt um das Wahlrecht zu haben (auch EU-Bürger, die es beantragt haben), auch der Wahlpflicht unterliegen. In der Praxis sieht das so aus, dass jeder, der als Wähler aufgelistet ist, persönlich in ein bestimmtes Wahlbüro bestellt wird, wo auch kontrolliert wird, ob er erscheint oder nicht. In den Tagen nach der Wahl wird eine Liste derer, die durch Abwesenheit geglänzt haben ans Gericht weitergeleitet.
Die Sanktionen liegen bei 100-250€ bei einem einmaligen "Vergehen", "Wiederholungstäter" müssen mit einer Geldbusse zwischen 500 und 1000€ rechnen.
Leute, die im Voraus wissen, dass sie am Wahltag ausser Landes sind, haben die Möglichkeit, ihre Stimme per Briefwahl abzugeben. Eine Prozedur, die ein Musterbeispiel verwaltungstechnischer kompliziertheit ist !
Es gibt auch die Möglichkeit, sich kurzfristig abzumelden (auch im nachhinein). Der Friedensrichter prüft dann, ob die angegebenen Gründe ausreichend sind oder nicht.
Automatisch von der Wahlpflicht entbunden sind alle, die über 70 sind.
Und, natürlich kann man immer noch seinen Zettel weiss abgeben.
Soviel zur Theorie.
In der Paxis ist es so, dass meines Wissens nach noch nie jemand, der nicht im Wahlbüro erschienen ist, verurteilt worden ist. Trotzdem ist die Wahlbeteiligung in Luxemburg extrem hoch, was man, als überzeugter Demokrat, natürlich gut findet.
Der Vorteil des Systems liegt darin, dass man sicher ist, ein repräsentatives Bild zu erhalten. Allerdings fragt man sich, ob die Parteien, die ihre Stimmen dadurch sammeln, dass sie den Leuten nach dem Mund reden, egal wie unsinnig ihre Forderungen auch sein mögen, so stark wären, wenn nur die Stimmen derer, die politisch interessiert sind, gezählt würden...
Grüsse,
gerard