Auch "Rostfrei" setzt Rost frei

WalterH

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Hi!

Unter der Ueberschrift war ein kurzer Beitrag im "Spektrum der Wissenschaft" vom April 2002. Letzte Woche im Urlaub bin ich endlich dazu gekommen, die Hefte vom letzten halben Jahr aufzuarbeiten.

Der Artikel passt eigentlich nicht in den Messermacher Treff. Ich stelle ihn trotzdem hier rein, weil sich hier ja bevorzugt die "Materialwissenschaftler" tummeln und das v.a. fuer die interessant ist.


Spektrum der Wissenschaft, 4/2002, S. 91
Materialwissenschaft

Auch "Rostfrei" setzt Rost frei

Rostfreier Stahl ist als Werkstoff aus Alltag und Technik nicht wegzudenken. Trotzdem kann Rost auch dem edelsten Edelstahl noch etwas anhaben. Wie das genau geschieht, haben Mary Ryan vom Imperial College und ihr Kollege David Williams vom University College in London herausgefunden. Mit einem fokussierten Ionenstrahl schlugen sie aus einer Stahlprobe Partikel heraus, die sie anschliessend mit einem Massenspektrometer analysierten. Damit konnten Ryan und Williams eine chemische Landkarte der Probenoberfläche erstellen. Darauf zeigten sich gerade dort chromdioxidarme Bereiche, wo winzige Schwefelklümpchen als Verunreinigung des Eisens in den Stahl gelangt waren. Chromdioxide in der Oberflächenschicht schützen das darunter liegende Metall vor Korrosion - Kratzer "heilen" wieder, weil Chrom gleichmässig im Stahl verteilt ist und an der Luft wieder Chromoxid bildet. Die nur wenige Mikrometer messenden Schwefeleinschlüsse binden jedoch das Chrom und entziehen es so der Umgebung. Damit lassen sie den Stahl an diesen Stellen verwundbar für Rost werden. Als Heilmittel schlagen die Forscher eine Hitzebehandlung vor, die das Chrom wieder in die Region diffundieren lässt, denen es zuvor durch den Schwefel entzogen wurde. (Nature, Bd. 415, S. 770)
Im Artikel war ein Bild zu sehen. Bildunterschrift: "Chromarme Regionen (Ringe) um ein Schwefel-Partikel lassen auch rostfreien Stahl rosten.

-Walter
 
Den rostfreien stahl gibt es nicht, technisch richtig ist rostbeständig.
In dem wort "beständig" ist ein Zeitmaß enthalten welches erahnen lässt das das nicht für ewig ist.
Es ist jetzt schon so oft in diesem forum beschrieben worden und das thema wurde schon auch in der Wissenschaft zur genüge ausgewalgt.:confused:

Wann beginnt man endlich damit umzudenken????
Das umdenken fängt mit der richtigen wortwahl an
:angst:
@ Walter nicht persönlich gemeint
 
Ist schon richtig Roman. Nur in der Praxis siehts anders aus. Die Spuelbecken aus rostfreiem Edelstahl in der Chemieindustrie halten auch ewig ohne zu rosten. Und da kommt nicht nur Wasser drauf. Klar werden die hin und wieder abgewischt. Aber das so siehts halt in der Praxis aus. Logisch, dass auch die rosten, wenn ich die drei Jahre ins Salzwasserbad stelle ;)
Ich hatte auch nie Rost an einem Küchenmesser aus rostfreiem Stahl. Theoretisch rosten auch die.

Zugegeben, der Stahl der Spuelbecken und der der rostfreien Messer wird manchmal nicht sehr unterschiedlich sein :) Aber hier gehts ja ums rosten und nicht ums Schneiden.

Gruesse
Pitter
 
Ich bin auch der Meinung dass der Unterschied erheblich ist, Crohmstähle vs Carbonstähle, mir sind schon Carbonstähle gerostet so schnell konnte man kaum schaun, (einfachmal einen Wasserflecken übersehn oder so) wären ich bis auf ein Aus8A Messer sonnst noch nieh Probleme damit gehabt habe.

Deswegen mag ich Carbonstähle trotzdem sehr gerne, man muss halt viel mehr drauf aufpassen was die rostanfälligkeit angeht.

Spülbecken usw. haben aber einen wesentlich höheren Chromanteil (V2a V4a) als die gängigen Messerklingen, ausser bei Essbesteck, da ist er wohl auch viel höher.

freagle
 
Original geschrieben von roman
@ Walter nicht persönlich gemeint
Roman: schon klar. Ich hab ja auch nur zitiert - voellig wertfrei.

Kannst ja schaun, ob Du den referenzierten Nature Artikel auftreiben kannst. Nature erscheint nur in englisch. Ich geh also davon aus, dass dort von "stainless" geschrieben wird und das "rostfrei" in der SdW Redaktion reingerutscht ist. Entweder, als sie es aus dem "Scientific American" uebersetzt haben oder als sie den Nature Artikel zusammengefasst haben.

"Nature" hat uebrigens auch ein ganz anderes Niveau! Da einen Artikel rein zu kriegen ist so das Nonplusultra fuer jeden Wissenschaftler ...

-Walter
 
Eine Spülmaschine setzt "rostfreien" Küchenmesser bzw. Essbesteck ganz schön zu, grade die Taps mit ihren Salzen und Sauerstoffkomponente. Also ich habe da schon öfter mal feine Rostpünktchen gesehen, darum kommt mir kein gutes Küchenmesser in die Spülmaschine.
Der Edelstahlauskleidung im Spülraum scheint das interessanterweise nix auszumachen!
 
Klasse Link pitter sollte man in das linkverzeichnis stellen.

Nun ich kann freagle nur zustimmen es ist was anderes ob ich einen autenitischen Baustahl mit Chrom oder einen martensitischen Werkzeugstahl mit Chrom habe.
auch geist hats richtig gesagt:super:

Auch wenn das ganze hier rostfrei heist ist technisch rostbeständig richtig. und das ist abhängig von der chemischen Zusammensetzung und der Wärmebehandlung und dem Medium.

Ich hab meiner Mutter vor ca. 10 jahren ein ATS 34 Messer für die küche gemacht das ding sollte der chemischen zusammensetzung nach super rostbeständig sein.
das Ding hat löcher zum vergleich hat meine Mutter auch die einfachen 4034 messer aus dem Metzgerbedarf da fehlt fast nix. Meine Mutter geht in gleicher Art :angst: damit um und das Zeug liegt dann schon mal im geschirrspüler ...
 
Rostfrei hat sich nun mal eingeprägt für diese Art Stahl, deshalb sollte man den Begriff auch weiterhin verwenden. Er ist für das, was man ausdrücken will, zwar sprachlich falsch, aber gerade deshalb für das, was er tatsächlich besagt, technisch richtig.
Rostfrei heißt streng genommen nichts anderes, als daß an dem Stück im Moment der Aussage kein Rost ist, und das stimmt ja (meistens). Das, was man eigentlich sagen wollte, wäre "nicht rostend". Das wäre, wie schon zuvor in den Beiträgen gesagt, technisch natürlich falsch, und sollte besser rostträge oder rostgehemmt heißen.
Trotzdem weiß jeder, was mit rostfrei gemeint ist.
 
Noch eine Präzisierung: Beim rostfreien stahl wie er für Spülen usw. infrage kosmmt handelt es sich um austenistische Stähle, also nicht messertaugliche, da zu weich. Die Zulegierung von Nickel und Chrom stabilisiert den Austenit, der sich ja beim Abkühlen normalerweise umwandeln würde. Und Austenit rostet wirklich nicht.
Für Messerzwecke kommen die sogenannten martensitischen rostfreien Edelstähle zum Einsatz, und die sind halt, wie roman schreibt, rostbeständig.
 
@ Guenter ist technisch nicht richtig

mit der Worwahl "Rostfrei" für Härtbare Werkzeugstähle die für Messer verwandt werden, suggeriert man dem unwissenden Anwender das da überhaupt nix passieren kann.
Jedoch die vielen threads im Forum zeigen wie viele mit diesem Wort schon in die irre geführt wurden und plötzlich flugrost oder ähnliches auf ihren vermeindlich "rostfreien" Klingen hatte und sehr verwundert darüber waren.

Ich denke im Sinne unserer Kunden und den Qualitätsansprüchen der DMG nach sollte dem Interessierten und Kunden die Wahrheit gesagt werden. Und Wir als Messermacher sollten dafür sorge tragen das dem Kunden diese Information zukommt.
:super:
Ich sehe mich selbst dafür verantwortlich dies meinen Kunden gegenüber immer anzuzeigen.
Es wird sowieso sehr viel verzerrt und technisch nicht richtig dargestellt und es gibt auch eine menge leute die da schon richtig auf die schnauze gefallen sind weil das super messer aus dem Superstahl einfach nicht das konnte was sie davon verlangten ihnen nicht mitgeteilt wurde wo das Limit für die Anwendung ist.

Derzeit formiert sich die Vereinigung der Messersammler. Das ist sehr begrüßenswert. Die haben sich auf die Fahne geschrieben aus Ihrer sicht dafür zu sorgen ein wenig was zur Aufklärung beizutragen : d.h. man hat angefangen Qualitätskriterien zu formulieren um dem Sammler ein wenig mehr an die Hand zu geben als so werbewirksame ausssagen wie"völlig rostfrei" oder "super schnitthaltig"
:ahaa:
 
Original geschrieben von roman
...werbewirksame ausssagen ...

eben ! - werbewirksam -
Kommt der Irrtum nicht sogar vom "Rostfrei"-Logo, dass auf entsprechenden Artikeln immer hervorgehoben abgebildet wird ?

Es ist also nichts weiter, als ein Handelsname wie NIROSTA, der nichts über die technischen Eigenschaften einer ganzen Gruppe von Stählen, sondern nur über eine spezielle Sorte von Stählen aussagt.

Und die Hausfrau interessiert sich nicht für Karbide, Gefüge, Korngrössen oder Scheidhaltigkeit - dafür umso mehr für Pflegeleichtigkeit und Sauberkeit.

Gruß Andreas
 
roman, Dein Anliegen in allen Ehren, aber viele (die meisten?) würden von der Informationsfülle einfach erschlagen und es interessiert sie auch gar nicht. Auch bei Waschmaschinen z.B. werden in der Regel nur Energieklassen angegeben und es wird von Schontrommeln etc. gesprochen. Wenn man eine Watt und/oder Literangabe bei bestimmten Eingangstemperaturen sucht, dann muß man schon sehr tief wühlen und Reibwerte für die Schontrommel sucht man auch vergeblich. Man spricht von Kochwäsche und auf der Skala steht 95°C und nichts von Standort und Wetterlage. :irre:

Rostfrei ist für Messerstähle ein schlechter Begriff, ganz klar, da liegt es sicher in jedermans interesse diesen Begriff hier auszurotten und durch rostträge zu ersetzen. Aber wie weit will man gehen? Damit werden ja wieder die Stahlsorten klassifiziert; will man noch auf Oberflächengüte, Wärmebehandlung und Korrosionsverursacher/-verstärker eingehen landet man wieder bei einem mehr oder für die meisten eher minder verständlichem x-D Diagramm. Für den Werkstofftechniker oder Metallurgen sicher recht hübsch, aber für den Juristen oder Briefträger?

Ist ja in allen Bereichen dasselbe, jetzt erkläre mal jemandem im vorbeigehen was einen guten PC ausmacht. Da kann mancher tagelang referieren und im Endeffekt ist der Fragende hinterher genauso schlau wie zuvor. Also wird halt über Taktfrequenz (eine schöne Zahl), Drehzahl (eine schöne Zahl) und Polygondurchsatz (wiederum eine schöne Zahl) vermarktet.

Bei Messern ist es halt rostfrei/-beständig (binär), pulvermetallurgisch (binär (man hat oder man hat halt nicht)) oder Rockwell (eine schöne Zahl).
 
Ja das was ihr da so sagt hat schon seine berechtigung.
wie weit will man gehen?
Interessiert das Die hausfrau?
...
Nun, ich denke das muss jeder selbst enscheiden.
Sicherlich keine triviale aufgabe wie Du selber festellst hanker. Ich frage mich ob man mit der Aussage einem Kunden gegenüber: z.B. bitte achten Sie darauf das sie Ihr Messer so und so behandeln weil kein Messer wirklich rostbeständig ist und ewig schneidet, sich da was abbricht. Das ist sicher nicht Binär aber sicher verantwortungsvoller als 100% Rostbeständig oder rostfrei.
Ich bin überzeugt das eine klare anweisung wie man mit einem solchen werkzeug umzugehen hat sehr hilfreich ist. Wie beim autofahren eben da gibt auch regeln die helfen sollen.
Das unangenehme dabei ist möglicherweise eher das der kunde sich fragt wozu er soviel geld ausgeben soll wenns denn jetzt doch nicht 100% rostbestädig ist trotz des viel gepriesenen superstahles. Er bekommt dadurch eigendlich einen teil verantwortung zurück übertragen wo er sich doch schon siegessicher dieses teiles durch eine großinvestition entzogen glaubte. da hört der kunde doch lieber argumente die ihm mehr schmecken und die absolute sorglosigkeit suggerieren. Miracle sells
 
@ Roman: ich hoffe doch stark, Deine Messer sind beim Verkauf alle rostfrei, oder verkaufst Du verrostete Messer? :D
Aber Spaß beiseite, ich erkläre meinen Kunden beim Verkauf auch immer, daß die Stähle zwar als "rostfrei" bezeichnet werden, dies aber nur eine Klassifizierung für einen Stahl mit mehr als 13% Chromgehalt ist und daß kein härtbarer Stahl wirklich unter allen Bedingungen nicht rostet. Außer vielleicht bei Kunden aus dem Messerforum, die sollten es mittlerweile wissen.
 
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