Selbstziehender Rennfeuerofen „Version 2“ vom 17.09.2009

Rafail

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Selbstziehender Rennfeuerofen „Version 2“ vom 17.09.2009

Nach den Erfahrungen des ersten Versuches 2009 mit einem Selbstzugrennofen, sollten nun „Nägel mit Köpfen gemacht werden“. Diverse Untersuchungen und Recherchen ergaben ein neues Ofenmodell, das allein durch den natürlichen Auftrieb der heißen Luft im Ofen, sich selbst mit genug Frischluft versorgen sollte. Das Konzept: Ein großer Ofen von 140 cm Höhe und 50 cm Durchmesser der sich auf 23 cm verjüngt; insgesamt 2,5mal großvolumiger als alle bisherigen roemer-online.de Öfen, mit einen errechneten Durchsatz von 30-40 kg Erz und mindestens das 2fache an Kohle. An Düsen waren insgesamt 8 Stück vorgesehen, die sich alle in einer Ebene befinden und sich nur leicht innen neigten. Pro Düsenloch waren 2 Düsen nebeneinander angeordnet und sollten genau am Rand der Ofengrube enden.

Bauphase:

Da vor Ort leider keine reichhaltigen Tonvorkommen anzutreffen sind, habe ich den Ofen diesmal komplett aus Betonsteinen im Ziegelformat gebaut (Dies soll natürlich nur eine Notlösung sein, und ist nicht authentisch, man stelle sich im Folgenden einfach statt der Betonsteine traditionelle Ziegelsteine vor). Dazu wurde zuerst die Bodenfläche begradigt und ein Kreis aus 8 Ziegeln gelegt, die einen Innendurchmesser von 50 cm ergaben. An jeweils 4 Ecken wurde zusätzlich je ein Ziegel an die Außenseite gestellt. Auf diesen 4 Flächen am Kreis kam nun eine doppelte Lage Ziegel, bis sich 4 Pfeiler ergaben. Zwischen diesen Pfeilern befinden sich später die 4 Düsenlöcher.

Nun wurde in der Mitte des Kreises die Ofengrube ausgehoben, die allerdings nur 25 cm breit und 30 cm tief ausgeführt wurde, damit der schwere Ofen, bzw. die Rast nicht nach innen einbricht. Vor jedes Düsenloch im Ofeninneren wurde noch ein zerteilter Backstein gelegt, auf denen später die Düsen zu Ruhen kommen.

Dann wurden die Pfeiler mit Stahlleisten überbrückt und der Kreis aus 8 Ziegeln noch 2 Lagen fortgeführt. (Jede Ziegellage wurde mit Tonschlamm als Mörtel verfugt, sowie der Ofen von innen mit Tonschlamm ausgestrichen.) Nach diesen 5 Ziegellagen wurde der Kreis durch legen von nur noch 7 Steinen pro Kreis verengt, nach abermals 4 Lagen kamen dann nur noch 6, dann 2 Lagen aus 5 Steinen und zuletzt 3 mal 4 pro Kreis auf den Ofen. Ergebnis ist ein Ofenschacht von 140 cm Höhe ab Boden und einer Verjüngung von 50 an der Rast auf 23 cm bei der Gicht. Insgesamt ist der Rennofen von der Grube bis zur Gicht 170 cm hoch. Das Querschittsprofil ähnelt damit einem Hochofen, nur dass die Düsen höher angelegt sind und kein Kohlensack vorhanden ist.

Alle Löcher und Fugen wurden nachträglich noch von Außen mit Tonschlamm versiegelt und die Düsenlöcher mit Tonmasse verkleinert. Bauzeit: ~5 Stunden.

Düsen:

Die Düsen für das neue Ofenkonzept bedurften ebenfalls einer Abänderung: Sie mussten nicht nur länger sein, als bisher, sondern sollten sich auch deutlich zur Spitze hin verengen, damit die Luft mit genügend Kraft und konzentriert in den Ofen strömt. Dafür wurde ein neuer Düsenformstock aus Kiefernholz gefertigt. Er misst an der Spitze d=3cm und nach 34 cm am Ende d=5,5 cm, weitere 9 cm mit d=3cm dienen als Griff. Als Düsenmaterial wird weiterhin die bewährte Mischung aus einem Teil fettem Ton und 1 Teil Flusssand verwendet, der mit etwas Gras und Strohhäckseln vermengt wird. Jede Düse wird etwa 25 cm lang ausgeführt und hat hinten mindestens 6cm und vorne 3 cm im Durchmesser, die Dicke beträgt nicht unter 2 cm. (Abweichungen vom Formstockmaß ergeben sich durch das Zusammensacken des Lehms beim Trocknen). Der Ofen benötigt 8 Stück von diesen Düsen.

Betrieb:

- Vorbereitung:

Wie üblich wird der Ofen vor dem Verhütten mit einem kräftigen Holzfeuer angeheizt. Das Ausheizen braucht aufgrund der reinen Steinbauweise nur etwa 3 Stunden. Beim diesmaligen Versuch wurde das Anheizen am Vortag Abend (16.09.) begonnen, und über Nacht ausbrennen gelassen.

- Verhüttung:

Am 17.09.2009 wurde um 8.00 morgens die Ofengrube bis zu den Düsen mit Ölgetränkter Holzkohle gefüllt. Auf eine sonst immer verwendete Reisigeinlage habe ich diesmal verzichtet. Als nächstes entzündete ich ein Glutnest mit dem Feuerbohrer und brachte es in die Mitte des Ofens. Nach Zugabe von etwas Schwefel entzündete es sich und brannte. Daraufhin wurde um 9.00 mit dem Einbau der Düsen begonnen, die von allen Seiten in den Ofen ragten und nur leicht geneigt waren (10°). Sobald die Kohlen anfingen zu glühen wurde der Ofen mit 20 kg Holzkohle weiter aufgefüllt, wobei die Kohle 60 cm über den Düsen stand. Nun begann eine sehr lange Phase des Anheizens. Es dauerte fast 2 Stunden bis sich die Glut an allen Düsenöffnungen zeigte und die Gichtgase sich entzünden ließen. Die Kohle war bis dahin um 15 cm abgesunken. Sobald dies möglich war wurde um 11.40 mit der ersten Erzzugabe begonnen:
Ich verwendete diesmal 2 kg Erz (Pulver bis Mandelgröße) und 4 kg Holzkohle pro Schicht. Bis 12.00 waren 3 Schichten im Ofen eingebracht und der Ofen wieder 60 cm über der Düsen gefüllt. Nun erfolgte jede weitere Erzzugabe wenn die Beschickung auf etwa 45 cm über den Düsen abgesackt war. Dabei gab ich immer direkt 2 Schichten in den Ofen; eine Erzzugabe war damit alle 60 bis 90 min nötig. Die nächsten 2 Schichten konnte ich zwar erst um 14.10 in den Ofen geben, im Folgenden wurden die Intervalle aber immer kürzer. (Im Schnitt: 2 kg Erz + 4kg Kohle alle 38 min). Die Verhüttung wurde nun 11 Stunden lang fortgeführt bis um 22.29 die letzte Erzschicht und (die restlichen) 6 kg Holzkohle in den Ofen gegeben wurden. Der Ofen brannte nun bis zum nächsten Tag herunter und ich ließ ihn über 2 Tage auskühlen damit ich ihn in Ruhe demontieren konnte.

Beobachtungen:
# Das besondere während der Verhüttung war, dass die intensivste Hitze nicht direkt vor, sondern knapp über den Düsen herrschte, erst gegen 17.00 wurde auch direkt vor den Düsen Gelb und Weißglut beobachtet, was aber auch an den Lichtverhältnissen und der Dämmerung liegen mochte.
# Die Düsen funktionierten hervorragend und mussten während dem Betrieb nur sporadisch mit einem Holzstock von anhaftender Schlacke befreit werden; zu Bruch ging keine.
# Um 16.00 wurde unter einer Düsenreihe ein Schlackenabstichkanal bis zur Ofengrube gebuddelt, aber es trat keine Fließschlacke zum Vorschein (lag wohl am Erzgemisch). Das Abstichloch diente daraufhin dazu ab und an die Ofengrube von anfallender Asche und Dreck zu befreien.
# Die Höhe der Beschickung von etwa 60 cm über den Düsen hatte sich bei diesem Versuch bewährt; Höhere Befüllung führte nur zu vermindertem Luftzug.
# Weitere Versuche waren: Vollständiges oder Teilweises verschließen der Luftdüsen, wie bei einigen afrikanischen Eisenverhüttungsmethoden gesehen, brachten insgesamt nur eine verminderte Luftleistung und Abkühlung des Ofens mit sich, einen Nutzen konnte ich nicht feststellen und beließ deswegen die Düsenöffnungen daraufhin alle offen. Das Wetter schien keinen großen Einfluss auf die Verhüttung zu nehmen. Obwohl der Wind bevorzugt von Westen kam, wurde keine lokale Steigerung der Hitzeintensität beobachtet.

Noch etwas zum Rennofen selber: Den Ofen hatte ich Anfangs der Verhüttung nur 120cm hoch mit einer 30 cm breiten Gicht errichtet. Als ich daraufhin den Ofen um 20 cm erhöhte und die Gicht auf 23 cm verengte besserte sich der Durchzug im Ofen deutlich.

Erzverbrauch: 34 kg (in 17 Schichten)
Kohleverbrauch: 80 kg (20 kg davon zum Anheizen)
Verhüttungsdauer inkl. Anheizen: 14 Stunden

Ergebnisse:

Die Konstruktion eines Ofens hatte sich bewährt; der Ofen hatte die ganze Zeit gehalten, trotz der minimalistischen Bauweise. Sogar die unhistorischen Betonsteine hielten mit Bravour.

Leider kam die große Enttäuschung am Schluss: Wir hatten wirklich alle Sachen versucht optimal an einen Betrieb mit Selbstzug anzupassen (Ofenform, Düsen, Kohle-Erz-Verhältnis ect.), aber insgesamt konnte grad mal eine Eisenmenge von unter 1,5 kg in Form kleiner Bröckchen und Krumen erhalten werden, während das Groß des Erzes nur aufgeschmolzen und versintert war. Scheinbar hat die Ofenhitze doch nicht ausgereicht, das Erz effektiv zu verhütten und zu reduzieren, wie schon beim ersten Versuch 2009 am Oelcheshammer. Ob der Ofen einfach nicht genug Zug entwickelte oder andere Faktoren, (zu wenige oder zu viele Düsen?) eine Rolle spielten, konnte nicht ausgemacht werden, ersteres ist aber wohl wahrscheinlicher. Prinzipiell könnte eine weitere Erhöhung des Ofens Abhilfe schaffen, aber dies übersteigt dann langsam doch den Rahmen der uns zur Verfügung stehenden Erz und Kohlemengen und Finanzplanung. Falls uns in Zukunft gravierende Mängel am Prinzip unseres selbstziehenden Rennfeuerofens bekannt werden sollten, wird u.U. noch mal ein dritter Versuch gestartet werden. Bis dahin bleibt nur festzustellen, dass ein Betrieb allein mit Luftzug entweder eines arg ausgetüftelten Ofens oder eines noch weitaus größeren Ofenmodelles bedarf; so jedenfalls hat es nicht geklappt.

Damit wird sich das roemer-online-Team erstmal von weiteren Versuchen in dieser Richtung distanzieren und zum bewährten Rennherd mit Blasebalgbelüftung zurückkehren. Allerdings sollen einige Erkenntnisse (u.a. die neue Düsenform, mehrfache Düsen und Ofensohle) in die künftigen Rennfeuerversuche übernommen werden, um die Wirtschaftlichkeit und Effizienz des roemer-online.de Rennherdes zu erhöhen.

Text: Raphael Richarz

Dieser Bericht mit Bildern wird auch künftig auf unserer Internetseite
www.die-roemer-online.de unter der Rubrik Veranstaltungen und Eisenherstellung zu finden sein
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