HRC und Kälte ?!

Radhulbh

Mitglied
Messages
899
Servus Männer und Frauen.

Ich weiss nicht recht, wie ich das Thema nennen soll, darum die etwas verwirrende Überschrift.

Worum es geht.
Vorgestern habe ich mit meiner Schatzi eine Schneeschuhwanderung gemacht und so beim Wandern kam mir der Gedanke, ob sich die Härte eines Stahls bei Kälte sonderlich verändert.

Wir ( vielleicht nur ich ?) haben ja am liebsten Stähle so zw. 58 und 63 HRC, schön schnitthaltig und stabil.
Aber wie ist das, wenn es deutlich kalt wird ?
Nimmt dies einen ernstzunehmenden Einfluss auf die Härte oder Sprödigkeit eines Stahls ?
Ist es für Exkussionen in kalten Gebieten sinnvoll einen weniger harten Stahl zu nehmen, mit der Überlegung, ob eine eh schon harte Klinge in der Kälte evtl. bruchempfindlicher wird?
Bekommt ein weicherer Stahl bei Kälte eine grössere Härte ?
Und wie kalt müsste es werden um auf den Stahl so einen Einfluss zu haben?

Also - ich hab da ernsthaft überlegt und vielleicht ist das völlig Humbug oder fällt bei +/- 25 °C nicht ins Gewicht.
Allerdings lebte ein Freund von mir in Kanada, wo es empfindlich kälter werden kann.

Wenn mir jemand dazu was sagen kann, freue ich mich über die Info.
Danke vorweg,

R.
 

Attachments

  • IMG_5913.jpg
    IMG_5913.jpg
    72.7 KB · Views: 184
  • IMG_5966.jpg
    IMG_5966.jpg
    114.9 KB · Views: 235
  • IMG_5973.jpg
    IMG_5973.jpg
    77.5 KB · Views: 162
Die Härte wird sich wohl nicht großartig verändern.
Was sich vermutlich ändert ist die Zähigkeit.

Bei Baustählen und "Tieftermperaturstählen" überprüft man dies mit der Kerbschlagbiegeprobe bei den entsprechenden Temperaturen.
Da macht es je nach Stahl schon einen gewaltigen Unterschied ob die Werte bei Raumtemperatur, 0°C, -20 oder -40°C (?) ermittelt.

Austenitische Stähle werden gerne im Tieftemperaturbereich eingesetzt wenn die "normalen" Stähle nicht mehr ausreichen.

Wie die Mechanismen sich bei martensitischen
C- oder "Rostfreien" Stählen ("Messerstählen") verhälten,
könnte ich nur raten, also lass ich es ;)
 
Ich kann mich an Testberichte aus der Frühzeit der pulvermetellurgischen Stähle erinnern. Dort wurde beschrieben, daß CPM 440 V und CPM 420 V bei Minusgraden u.U. wie Glas zerbrachen, wenn sie auf Schlag beansprucht wurden. Da hatten diese allerdings noch Härten um die 60 HRC - danach ging man mit der Gebrauchshärte auf ca. 58 HRC runter.
Was später sicher nicht unwesentlich zur Entwicklung des CPM S 30 V beigetragen hat.
In einem Test vom Magazin Visier wurden mal verschiedene Outdoormesser bei -20° tiefgefroren und dann damit gehackt. Nur bei einem Modell mit angeschweißter Rundangel gingen dabei Angel und Griff in Stücke; alle anderen hielten.
Bei der Entwickung des Glock Feldmessers wurde dieses ebenfalls auf unter -20° tiefgekühlt und dann gegen eine Betonwand geworfen - ohne nennenswerten Schaden.
Vermutlich muß man sich da wenig Sorgen machen. Viele Hersteller von Serienmessern nutzen nicht das volle Härtepotenzial der Stähle aus, sondern bleiben etwas darunter, was auch im Falle von Frost hilfreich sein dürfte.
Welche modernen Stähle bei welcher Härte und welchen Minusgraden wie bruchempfindlich sind - na das wäre doch mal ein Testszenario für das Messermagazin...
 
Last edited:
Häng mich hier mal dran mit der Frage 'Gefrorenes mit Küchenmesser schneiden'. - IMO gleiches Thema.

Man liest ja sehr oft in Pflegeanleitungen für höher gehärtete Küchenmesser, dass auf keinen Fall gefrorene Lebensmittel damit geschnitten werden sollen.
Hat dies also nicht nur etwas mit der Härte von eingefrorenem Schnittgut zu tun, sondern bricht harter (Kohlenstoff-)Stahl auch durch die Kälte des Materials (noch) leichter?
 
.....Welche modernen Stähle bei welcher Härte und welchen Minusgraden wie bruchempfindlich sind - na das wäre doch mal ein Testszenario für das Messermagazin...
Das habe ich beim MM schon vor Jahren angeregt, weil das im Hintergrund jedes Outdoor- und Jagdmesser-Tests doch immer von Interesse wäre oder sein müsste.

Aber solche Untersuchungen erfordern doch einen kleinen Mehraufwand, und da die Zeitschrift auch so gekauft wird.....

Gruß

sanjuro
 
Ich hätte noch eine Frage, die den Topic aber nur streift.

Kann ein Messer stumpf(er) werden, wenn man damit Eis hackt oder Schneidet?
Nicht mit der Kraft, dass die Schneide einfach plattgehauen wird, sondern nur durch Abrasion?
 
Bei nem Härteunterschied von über 250% zu normalen Eisen sollte da nich so viel passieren.
Ist wohl eher wahrscheinlich dass du auf Grund der Sprödigkeit kleine Ausbrüche in der Klinge bekommst etc.

Gruß Max

p.s. Stumpfer wirds aber natürlich bei allem fast was man schneidet :-D
 
Last edited:
An der Frage ist was dran,- obs für Messer relevant ist kann ich nicht beantworten.
Da ich in einem Autohaus arbeite, kann ich aber bestätigen das wir dann, wenn es richtig kalt ist viel mehr Federbrüche reinkriegen.

Könnte mir schon vorstellen das eine voll "ausgereizte" Klinge (Härte, Geometrie, Beanspruchung) da an Grenzen kommt. Warum auch nicht?
 
habe irgendwo mal gelesen, dass man in Skandinavien empfieht Messer im Winter am Körper zu tragen. Also scheint was dran zu sein mit vermehrter Brüchigkeit bei kalten Temperaturen. Nordische Klingen scheinen auch nicht immer bis "ultimo" gehärtet zu sein, vielleicht trägt das den kalten Wintern Rechnung...
 
Rein vom Klingengefühl: Ja!

Die einzigen beiden Klingen, die mir persönlich zersplittert sind, haben dies bei Minusgraden getan. Allerdings war da auch jugendlicher Übermut :argw: und Mißbrauch mit im Spiel:glgl:.

#marc
 
Danke mal fürs mitüberlegen und die hilfreichen Anmerkungen.

Das mit den Skandinaviern finde ich auch sehr Interessant, da dachte ich dann ja garnicht so falsch.

Was allerdings immer noch nicht ganz befriedigend abgeschlossen ist, - die Frage, ob die Klinge nicht nur spröder, also bruchempfindlicher wird, sondern sich auch so der HRC-wert erhöht und die Klinge länger scharf bleibt.

Wenn uns dazu jemand noch so etwas richtig nachweisliches mitteilen könnte, dann sind wir richtig schlau.

Guten Tag euch noch,

R.
 
"Nimmt dies einen ernstzunehmenden Einfluss auf die Härte oder Sprödigkeit eines Stahls ?"

Hallo Zusammen,

Die Härte von Stahl wird durchaus durch Temperatur verändert.
Z.Bsp. beim Anlassen, da reden wir aber von ca. 160°C bis 220°c. :hmpf:

Im "normalen Schwankungsbereich" unserer Umgebungstemperatur wird es wohl kaum Gefügeänderungen im Stahl geben, allerdings werden die meisten Materialien mit abnehmender Temperatur spröder - und brechen dadurch leichter.
In Skandinavischen Ländern werden deshalb (ich glaube fast nur) Dreilagenklingen - Innen hart, Aussen weich und zäh - verwendet.

mfg RoM
 
Rapatz behandelt das Verhalten von Vergütungsstählen in einem eigenen Kapitel-"Stähle bei tiefen Temperaturen", wobei mit tiefen Temperaturen solche von minus 80 bis zum absoluten Nullpunkt gemeint sind.
Für die relativ weichen und zähen Vergütungsstähle gilt danach: Mit fallender Temperatur steigen Härte, Festigkeit und Dauerfestigkeit, während die Verformungsfähigkeit abfällt. Diese Erscheinungen sind besonders bei niedriger Ausgangshärte zu beobachten, bei hoher Ausgangshärte (der Vergütungsstähle !) zeigt sich fast keine Härtezunahme.
Der Abfall der Verformungsfähigkeit führt zu erheblichen Problemen, denen man am erfolgversprechensten durch Zulegieren von Nickel begegnet.
Die Eigenschaftsänderungen sind reversibel, beruhen also nicht auf Gefügeveränderungen.
Mit Werkzeugstählen befasst sich das Kapitel nicht.
Hier ist von folgenden Gesetzmäßigkeiten auszugehen:
Bei Temperaturen über ca -80 Grad C gibt es bei voll ausgehärteten Stählen keine Gefügeänderung- Tiefkühlen wirkt erst ab dieser Minustemperatur und auch dann nur noch, wenn es alsbald nach dem Härten und Anlassen durchgeführt wird. Ein einmal stabilisierter Restaustenit ist kaum noch zu beeinflussen-möglicherweise bei minus 200 Grad- aber davon reden wir hier ja nicht.
Eine Erhöhung der Rockwell-C- Härte bei minus 20 Grad ist gleichwohl nicht völlig ausgeschlossen, da in der Kälte das Gefüge sich -minimal- zusammenzieht. Das kann eine geringfügige Härtesteigerung in der Größenordnung maximal von einer HRC.-Einheit verursachen.
Diese reversible Härtesteigerung ist für die Bruchanfälligkeit weitgehend bedeutungslos, anders ist es aber mit der Verformungsfähigkeit.
Die Zähigkeit sinkt mit sinkender Temperatur und zwar in durchaus fühlbarer Weise.
Die Erfahrung zeigt dabei, daß korrosionsbeständige Klingen empfindlicher sind, als die aus einfachen Werkzeugstählen. Jeder Koch kann bestätigen, daß ihm Messer beim Schneiden im gefrorenen Schnittgut nicht nur ausbrechen, sondern sogar abbrechen.
Hinzu kommt ein Gesichtspunkt, der mit in Betracht zu ziehen ist: Bei sehr niedrigen Temperaturen ist nicht nur der Stahl bruchempfindlicher, sondern auch das Schnittgut fester. Ein bekannter Axtschmied hatte bei seiner norwegischen Kundschaft Reklamationen, daß an seinen an sich sehr geschätzten Äxten im Winter Ausbrüche an der Schneide auftraten. Das ist auch nicht wirklich verwunderlich, wenn man sich vorstellt, welchen Unterschied es ausmacht, wenn man in einen frischen, saftdurchströmten Ast hackt oder in einen gefrorenen Knorren.
Der Schmied hat das Problem durch besonders sorgfältige Wärmebehandlung auf feines Korn und die Verwendung eines etwas zäheren Stahls- bei gleicher Härte- gelöst.
Bei vernünftiger Handhabung halten selbst hochharte Werkzeugstähle den Einsatz bei den bei uns denkbaren Temperaturen aus.
Sinkende Temperaturen bringen aber Fehler der Verarbeitung und des Einsatzes schneller zu Tage.
Auf die Idee, daß die Dreilagenklingen bei Kälte unempfindlicher sind, sind die Skandinavier wohl selbst noch nicht gekommen.
Die Tradition der Dreilagenklingen geht auf die Notwendigkeit des Sparens mit dem wertvollen Stahl und die allgemein sehr günstigen Eigenschaften der Dreilagenklingen zurück. Da sie enorme Zähigkeitsreserven haben, verhalten sie sich auch bei Kälte gut.
MfG U. Gerfin
 
Vor Jahren hat ein Forumit ein praktisches, weil dokumentiertes Problem hier beschrieben - ich weis im Augenblick nicht mehr, ob es um Härte/Gefüge oder "nur" Maßänderung ging (wird wohl von allem etwas gewesen sein, da es voneinander abhängig ist):

Es wurden vor dem Start einbaufertige, also maßhaltige Lager per Luftfracht nach Afrika oder Australien eingepackt. Als sie dort angekommen waren, stellte man verwundert fest, dass die Lager nicht mehr brauchbar waren.
Die Bauteile wurden einige Stunden im unklimatisierten Frachtaum bei dauerhaft etwa -40 bis -60°C transportiert (je nach Flughöhe variabel)

Gruß Andreas
 
HRC und Kälte?!

......Es wurden vor dem Start einbaufertige, also maßhaltige Lager per Luftfracht nach Afrika oder Australien eingepackt. Als sie dort angekommen waren, stellte man verwundert fest, dass die Lager nicht mehr brauchbar waren. Die Bauteile wurden einige Stunden im unklimatisierten Frachtaum bei dauerhaft etwa -40 bis -60°C transportiert (je nach Flughöhe variabel).....
Das überrascht etwas, sintemalen die Maßänderung vollumfänglich reversibel ist, sobald das Material wieder auf "Betriebstemperatur" ist. Allerdings könnte die Maßzunahme auf Grund der am Bestimmungsort höheren Temperatur zu Probleme geführt haben. Da müsste man dann ein wenig kühlen, denke ich.

Gruß

sanjuro
 
Vor Jahren hat ein Forumit ein praktisches, weil dokumentiertes Problem hier beschrieben - ich weis im Augenblick nicht mehr, ob es um Härte/Gefüge oder "nur" Maßänderung ging (wird wohl von allem etwas gewesen sein, da es voneinander abhängig ist):

Es wurden vor dem Start einbaufertige, also maßhaltige Lager per Luftfracht nach Afrika oder Australien eingepackt. Als sie dort angekommen waren, stellte man verwundert fest, dass die Lager nicht mehr brauchbar waren.
Die Bauteile wurden einige Stunden im unklimatisierten Frachtaum bei dauerhaft etwa -40 bis -60°C transportiert (je nach Flughöhe variabel)

Gruß Andreas


Moin Andreas

Das ist meines Wissens nach eine andere Hausnummer. Bedingt durch momentanen Streß (ich muß mal wieder einige Telefonbücher auswendig lernen :glgl: ) finde ich keine Quelle. Vielleicht hat Ulrich nochmal die Zeit darauf einzugehen.
Das von Dir beschriebene Problem ist laienhaft beschrieben die Differenz zwischen austenitischem und martensitischen Gefüge.
Durchaus gibt es bei entsprechend (ohne Gewähr) viel Restaustenit, bei der langsamen Umwandlung in martensitisches Gefüge Maßänderungen.

Sprich, diese Erscheinung "könnte" auf eine ungeeignete WB schließen lassen. Das anschließende Abkühlen, ohne folgendes Anlassen überlege ich mir erst nochmal, bevor ich was dazu schreibe, geht momentan schlecht, ich schlage mich gerade mit Niob rum. ;)

Übrigens, wenn Du Lust hast, schicke mir bitte eine aktuell erreichbare e-mail Adresse von Dir. PN geht bei mir nicht mehr, da ich nicht mehr für Punkte zahle, außer in Flensburg, gezwungenermaßen. :D

stefan
 
Wie gesagt, der entsprechende Beitrag ist einige Jahre her, und es ging um das Gefüge - ich weis nur nicht mehr, was die schwerwiegende Änderung im Resultat war, ob nun Härte, Maß oder Gefügesorte - ist aber im Prinzip auch egal. Habe den Beitrag rausgesucht:

Umwandlung auf dem Luftweg nach Südafrika

Es waren also auch keine Lager, sondern Kolben für DIESELeinspritzpumpen - das wusste ich wirklich nicht mehr...:glgl:

Gruß Andreas
 
Wie gesagt, der entsprechende Beitrag ist einige Jahre her, und es ging um das Gefüge - ich weis nur nicht mehr, was die schwerwiegende Änderung im Resultat war, ob nun Härte, Maß oder Gefügesorte - ist aber im Prinzip auch egal. Habe den Beitrag rausgesucht:

Umwandlung auf dem Luftweg nach Südafrika

Es waren also auch keine Lager, sondern Kolben für DIESELeinspritzpumpen - das wusste ich wirklich nicht mehr...:glgl:

Gruß Andreas

Moin

Egal, um was es ging, Kolben für Dieseleinspritzungen sind auch mannigfaltig.
Unterschiedlichste Materialien kommen dabei zum Einsatz.

Das was ich schrieb, war auf ein Gefügeproblem eingeschossen. ;)

Ich darf mich gerade mit derart vielm Scheiß auseinandersetzen, und entdecke immer öfter Materialien, die zum einen Meserfähig sind, und zum Anderen einer sehr grazilen WB bedürfen, um ihrer Aufgabe gerecht zu werden............Stunden später...............:glgl:



stefan
 
Back