Qualität von Messern beurteilen, Wert einschätzen

thor_of_asgard

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Obwohl ich mich schon seit langen Jahren für Messer interessiere, viele Bücher dazu habe, regelmässig Zeitschriften lese und gerne immer ein bisschen sammle, fühle ich mich noch immer ziemlich inkompetent.

Trotzdem will ich mal darstellen, wie ich glaube, die Qualität von Messern beurteilen zu können und hoffe dann auf Zustimmung oder Widerspruch.

Eines meiner Problemchen ist nämlich, dass ich COLD STEEL Messer gerne mag, weil mir viele Formen und Konzepte gefallen.

Andererseits wird CS in den US-Foren ja zum Teil total runtergemacht. Auch die Werbevideos sind ja zum Teil ziemlich das Letzte. Alles in allem gefallen mir viele Sache von denen zwar, aber ich habe immer so den Eindruck, dass ich für mein Geld nicht genug Gegenwert bekommen.

Wenn ich mir dann aber den Kram anschaue, den man zT aus Solingen angeboten bekommt ... na ja, das ist ja auch nicht das Wahre.

Wichtig bei der Beurteilung eines Messer finde ich:

Passgenauigkeit

Sind die einzelnen Teile (Klinge, Parierelemente, Griff) sauber und passgenau zusammengefügt? Gibt es Lücken, ist irgendwas mit Kleber, Lot o.ä. ausgefüllt?

Oberflächenbearbeitung

Sind Bearbeitungsspuren zu erkennen oder sind alle Teile sauber poliert?

Klinge

Aus welchem Stahl ist die Klinge? (Das fällt mir immer am Schwersten. Was ist nun „am Besten“ für einen Fighter ? Braucht man VG-1, ATS-34, AUS 8, SAN MAI oder was auch immer????? Mir ist das komplett unklar. Jedenfalls sind die Stähle eben unterschiedlich teuer und das ein 420 billiger ist als 440 oder gar ATS 34, sollte klar sein.)

Ist die Form der Klinge sauber ausgearbeitet und definiert oder kann man klar erkennen, dass es nur ein angeschliffenes Stanzteil ist? Gibt es zusätzliche Elemente wie Blutrinnen, verstärkende Längsrippen o.ä.

Dann kommt natürlich noch dazu, welche Materialien für den Griff und die anderen Elemente verwendet worden sind – dass Mokume und Elfenbein teurer als Messing und Plastik ist, liegt ja auf der Hand.
 
Eines meiner Problemchen ist nämlich, dass ich COLD STEEL Messer gerne mag, weil mir viele Formen und Konzepte gefallen.

Andererseits wird CS in den US-Foren ja zum Teil total runtergemacht. Auch die Werbevideos sind ja zum Teil ziemlich das Letzte. Alles in allem gefallen mir viele Sache von denen zwar, aber ich habe immer so den Eindruck, dass ich für mein Geld nicht genug Gegenwert bekommen.


In den U.S.A. ist das so, Cold Steel schimpft auf Strider und umgekehrt. Spyderco schimpft über Benchmade und umgekehrt, u.s.w.. Dem schließen sich auch die Fans des jeweiligen Herstellers an.

Sieh dir ein Messer, das dir gefällt an, nimm es in die Hand und entscheide was dir gefällt!


Klinge

Aus welchem Stahl ist die Klinge? (Das fällt mir immer am Schwersten. Was ist nun „am Besten“ für einen Fighter ? Braucht man VG-1, ATS-34, AUS 8, SAN MAI oder was auch immer????? Mir ist das komplett unklar. Jedenfalls sind die Stähle eben unterschiedlich teuer und das ein 420 billiger ist als 440 oder gar ATS 34, sollte klar sein.)


Hier im Forum wird von vielen die Meinung vertreten, daß die Qualität von AUS-8 oder 440 aufwärts vollkommen ausreicht. Mit 420er Stahl werden wenige, die sich für Messer interessieren ihre Freude haben. Aber es muß auch kein S30V sein, der ist sehr teuer, sehr schnitthaltig (wenn die Wärmebehandlung stimmt) und ist schwerer nach zu schleifen, als z.B. AUS-8.

Auch da mußt du entscheiden, was für dich ok ist! Das gilt auch für die Verarbeitung und Details wie Blutrinnen oder ähnliches.

Noch ein Rat: Nutze die Suchfunktion hier im Forum und gib den jeweiligen Begriff ein, dann findest du viele Informationen. Lies evtl. auch in den U.S. Foren und bilde dir deine eigene Meinung!
 
Mal mein Senf zum Thema:

Qualität drückt aus ob bzw. in welchem Maße die Anforderungen an ein Produkt erfüllt werden.
Daher kann man Qualität eines Produktes nur beurteilen wenn man die Anforderungen an dieses kennt.
Geht man nicht derart streng an die Fragestellung nach der Qualität einer Sache heran endet es zwangsläufig damit das "rumgeeiert" wird. Ganz einfach weil dann jeder etwas anders unter Qualität versteht.

Zur allgemeinen Beurteilung der Güte der Bearbeitung von Messern ziehe ich folgende Kriterien (Anforderungen) heran:

  • Fehlerfreiheit der Oberflächen (Kratzer, Roststellen, Kydex Schmarren, Dellen usw)
  • Ausführung der Spaltmaße/Spaltüberstände (möglichst nicht spürbar/sichtbar)
  • Bearbeitung der Kanten (Sauber bearbeitet, entgratet, gebrochen, angefast)
  • Symmetrie der beiden Klingen seiten (Schliff auf beiden seiten gleich, gleichmäßigkeit der Fase)
  • Zustand der Klingenspitze (Sauber ausgearbeitet?)
  • Güte des Finishs (Ist die Politur/Satinierung perfekt ausgeführt oder gibt es Abweichungen?)
  • Zustand von Bohrungen, Nieten und Schrauben (Sauberkeit der Ausführung, Grate, vermurkste Schraubköpfe usw)

Bei Foldern außerdem:

  • Gängigkeit (Kratzfrei?, Leichtlaufend?, Fest genug im geschlossenen zustand, daher hält es sicher zu?)
  • Spielfreiheit (Ist Spiel vorhanden, wenn nein ist Spiel unter Kraft vorhanden)
  • Sitz der Klinge (Sitzt die Klinge genau in der Mitte, offen und geschlossen?)
  • Keine grundlegende Designfehler (Klingenspitze geschlossen sicher untergebracht, Loch für Fangriemen sitzt da wo die Messerklinge den Fangriemen nicht zerschneiden kann, Klingenachse sitzt so das das Messer nicht instabil ist)

Mehr fällt mir im Moment nicht ein, gut möglich das einiges fehlt. Wenn euch etwas einfällt nur her damit. :steirer:

Nochmal betohnt: Das sind m.E. allgemeine güte Kriterien. Wenn ich einen User suche den ich beim spazieren gehen im Wald nutzen möchte lege ich andere Kriterien an. Daher Fließen in diese Bewertung auch die Materialien oder das Design nicht ein. Diese dinge sind mir zu grundlegend an die Anwendung gebunden um sie in eine allgemeine Bewertung einfließen zu lassen.
Beispiel: Ist Rostfreier Stahl besser oder nicht? -> Kommt halt auf meine Anforderung an. Gleiches Gilt dafür ob Perlmutt ein gutes Griffmaterial ist.

Gruss
El
 
Ich habe die Erfahrung gemacht, daß Qualität und Gebrauchswert anscheinend
zwei völlig verschiedene Sachen sind:
Neulich mit dem BM ein Paket geöffnet, eine Draht übersehen,--->Ausbruch in der Klinge.
Geärgert,....umgesehen, ein billiges Werbemesser mit Sägezahnung genommen und den Draht durchgeschnitten.
 
JB1964 said:
[...]Spyderco schimpft über Benchmade und umgekehrt[...]

Das ist nicht korrekt, und in die erste Richtung könnte man /fast/ das Gegenteil behaupten - "All good, just different.".

Ich bin auf deinen Gegenbeweis gespannt.

Keno
 
Das ist nicht korrekt, und in die erste Richtung könnte man /fast/ das Gegenteil behaupten - "All good, just different.".

Da verstehe ich jetzt deine Formulierung nicht ganz, meinst du, daß Spyderco "All good, just different" sagt, also tolerant gegenüber anderen (z.B. Benchmade) ist? Andere sind evtl. weniger tolerant als Spyderco?

Da weißt du sicher besser bescheid als ich, gebe ich gerne zu!

Es gibt aber sicher "aggressive Rivalität" zwischen verschiedenen Herstellern und auch zwischen den Anhängern der jeweiligen Marken.



Ich bin auf deinen Gegenbeweis gespannt.
Keno

Soweit wollen wir es doch nicht kommen lassen. :super:
 
el hat schon das wichtigste gesagt.

ich würde noch ergänzen das messer muss einfach zu dir, und deiner anwendungsweise passen. das richtige werkzeug für den jeweiligen zweck.

den wert eines messers einschätzen, das ist nicht leicht. man kann sich grob an dem orientieren was ähnliche messer kosten, material preise und irgendwelche stundensätze hinzuaddieren. aber es bleibt dabei, wert ist es das was du oder ein anderer letztendendes dafür ausgeben mag. und zwar im hier und jetzt. nicht in 25 jahren, wenns evt. keiner mehr gibt und der stern xy erloschen is.

grüße,
olli
 
Sieh dir ein Messer, das dir gefällt an, nimm es in die Hand und entscheide was dir gefällt!

Genau das will ich eigentlich nicht bzw. nicht ausschliesslich. Gefallen ist eines - aber die Frage ist doch: Für den Zweck, zu dem das Messer konstruiert wurde, sind da die optimalen Materialien ausgewählt und passend kombiniert worden ?

Ich meine, für ein Haumesser brauch ich doch einen anderen Stahl als für ein Stilett, weil ganz andere Kräfte auf die Klinge wirken. Das Gleiche, wenn die Klinge sehr lang wird zB ein Katana o.ä.

Das "gefallen" steht da für mich hintenan. OK, nicht ganz, aber das ist das zweite Kriterium.

Auch der Sammlerwert ist so eine Sache - klar, wenn man bei einem Messermacher zu Beginn der Karriere gekauft hat und der ist inzwischen berühmt ... da sind Aktien nichts dagegen. Aber so etwas ist wirklich sehr schwer zu beurteilen.



Hier im Forum wird von vielen die Meinung vertreten, daß die Qualität von AUS-8 oder 440 aufwärts vollkommen ausreicht. Mit 420er Stahl werden wenige, die sich für Messer interessieren ihre Freude haben. Aber es muß auch kein S30V sein, der ist sehr teuer, sehr schnitthaltig (wenn die Wärmebehandlung stimmt) und ist schwerer nach zu schleifen, als z.B. AUS-8.

Die Suchfunktion hab ich schon durch, vor allem der Testbericht zu dem CS San Mai Messer ist sehr aufschlussreich.

Was Kampfmesser betrifft, denke ich, dass normalerweise auch ein einfacherer Stahl reicht - mal ehrlich, parieren muss man ja nicht und man schneidet ja "nur" durch Kleidung und "andere Leute" - und das nur einmal, bevor man es wieder schärft. Falls überhaupt. Man darf halt nichts anderes damit machen wie Pakete öffnen o.ä.

Spannend finde ich vor allem so Sachen wie Haumesser, Kukris, Jägermesser (die zum Aufbrechen und Zerlegen verwendet werden, was auf Dauer eine ganz schöne Belastung ist!) oder auf längere Klingen wie Kurzschwerter, die ja ggf. auch brechen können.

Ich hab über die Zeit einige "Messer" aus Baumarkt-Baustahl gebastelt; die waren sogar sauscharf und für kurze Zeit gut zu benutzen.

Natürlich waren die sofort "weg" und viel zu weich.

Aber es steckt mir schwer in der Nase, mir den besten Stahl zu besorgen, den ich mir leisten kann und es dann mal zu versuchen. Was Pulvermetallurgisches oder so. Und daraus mach ich mir dann eine "Chisel Grind" Dolch. Das ist ne einfache Form und ich muss nur eine Seite schleifen. Zum Härten muss man den sowieso einschicken ..... Vielleicht klappt es ....
 
Aber es steckt mir schwer in der Nase, mir den besten Stahl zu besorgen, den ich mir leisten kann und es dann mal zu versuchen. Was Pulvermetallurgisches oder so. Und daraus mach ich mir dann eine "Chisel Grind" Dolch. Das ist ne einfache Form und ich muss nur eine Seite schleifen. Zum Härten muss man den sowieso einschicken ..... Vielleicht klappt es ....

Das ist ein klassischer Versuch, der sicher nicht klappt. Ab "den besten Stahl zu besorgen, den ich mir leisten kann" ist das schon klar. Wenn es Dir nicht klar ist, mach es Dir klar, dann kanns klappen.

Pitter
 
Sagen wir mal - ich teile Deine Bedenken, aber nicht mit dieser entschiedenen Sicherheit. ... :D

Tja, Γνῶθι σαυτόν - meint vor allem die eigenen Grenzen, die man erkennen sollte ;) Weils eben auch zur Ausgangsfrage passt. Einfach ein Stahlranking ala CPM irgendwas Top, 440B Flopp, und dann abhaken, ist eben kein entscheidendes Qualitätskriterium.

Das fängt schon damit an, dass es den besten Stahl nicht gibt. Dazu noch die Frage der richtigen Wärmebehandlung, des für die Anwendung und Klingengeometrie passenden Materials etc.

Dann gibts einfach auch Sachen, die sich ausschließen. Wenn jemand zB eine spiegelpolierte Klinge möchte - was ja, mags gefallen oder nicht - auch ein Qualitätsmerkmal fürs Finish ist, dann wird die aller Wahrscheinlichkeit nach nicht aus einem CPM sein. Weil der Messermacher sich nen Wolf poliert bzw. das Finish mit dem Stahl gar nicht hin bekommt. Wer dann sagt, ist ja "nur" 440 irgendwas, verkennt die Gesamtanforderungen, die man an ein Material stellen muss.

Was Deine Ausführungen zum Stahl angeht - für ein Haumesser/Stilett/Katana/Kurzschwert/Jagdmesser kann man durchaus den gleichen Stahl nehmen. Mit Variablen in der Wärmebehandlung. Und ok, er wird rosten.

Die Kriterien von ElDirko, so als Vorauswahl, decken sich mit meinen. Aber das sind eher grundsätzliche Sachen, für ein "besser" <-> "schlechter" Ranking ist das nicht angemessen.

Nimm die von Dir angesprochenen CS Dinger, also die "klassischen" -> Plastegriff mit genieteter Dosenblechklinge. Mal bös gesprochen. Nüchtern betrachtet und im Vergleich zu aufwändigeren Messern "taugen" die nix. Klingenspiel oft nicht einstellbar, billige Materialien, nix, was das Auge begeistern könnte.
Nur, andersrum gesehen funktionieren die Messer. Sie sind relativ preiswert, recht leicht, ausreichend stabil und CS hat offenbar das Material im Griff - zumindest fallen die Teile was die Schnitthaltigkeit angeht, hier nicht negativ auf. Sprich, man setzt sich ein Ziel und versucht, das möglichst einfach zu erreichen.

Tja, ist das jetzt Qualität oder nicht? Es ist eben nicht so einfach.

Pitter
 
[...] Was ist nun „am Besten“ für einen Fighter ? Braucht man VG-1, ATS-34, AUS 8, SAN MAI oder was auch immer????? Mir ist das komplett unklar. Jedenfalls sind die Stähle eben unterschiedlich teuer und das ein 420 billiger ist als 440 oder gar ATS 34, sollte klar sein.)[...]

Um generell den besten Stahl zu benennen, müsste man sehr sorglos im Umgang den vorliegenden Erkenntnissen zu Messerstählen und deren Einsatzzwecken sein. Meist wird dann ein gerade angesagter Modestahl genannt (gerne S30V). Man sollte sich aber hüten, ein "Stahl-Snob" zu werden ;). Wenn schon, dann ein Wärmebehandlungssnob und ein Klingengeometrie-Snob, weil die beiden Faktoren im Endeffekt enormen Einfluß auf die Leistung des Messers haben. Das Problem ist bloß, das man der Klinge die Wärmebehandlung nicht ansieht und im Bereich der Produktionsmesser kaum darüber gesprochen wird.

Für den die oft geschmähten Stähle 420 (1.4034) und 440A (1.4110) etwa lohnt es sich zu lesen, was Roman Landes. U. Gerfin und andere darüber geschrieben haben. Sollte Aufschluß geben über das Potential, das diese Stähle für bestimmte Anwendungen haben. Dass der 1.4034 z.B. weit eher für ein großes Bowie in Frage kommt als andere rostfrei Stähle zeigt etwa dieser Thread:

http://www.messerforum.net/showthread.php?t=29171&highlight=bester+stahl&page=2

Gruß
Michael
 
Last edited:
Ehrlich, die ganze Sache (Stahlauswahl - Klingengeometrie - Härten / Wärmebehandlung usw) ist faktisch so kompliziert, dass ich manchmal fast glaube, dass man überhaupt keine funktionierenden Messer bauen kann.

Zum Glück hab ich fast immer eines einstecken, dass mich vom Gegenteil überzeugt .... :D
 
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