Scharfe Messer - damals vor 600 Jahren

Volkerki

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Wie muss man sich das vorstellen damals im Spätmittelalter oder früher?
Was hatten die denn für Messer im Alltagsgebrauch und wie habe die Jungs die geschärft - waren die scharf?
Ich meine, rasiert hatten sie sich ja damals auch.
 
flache steine gabs schon laenger.
und im zweifelsfall macht man das rasiernesser aus bronze. auch einfache, unlegierte staehle gehen da wohl ganz gut, und so doof waren unsere altvorderen wohl nicht, wenn man diverse stuecke aus diese zeit betrachtet. man kann die wohl nur sehr schwer nachschmieden.
 
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Wie muss man sich das vorstellen damals im Spätmittelalter oder früher?
Was hatten die denn für Messer im Alltagsgebrauch und wie habe die Jungs die geschärft - waren die scharf?
Ich meine, rasiert hatten sie sich ja damals auch.

Was Schaerfe angeht, haben wir keine prinzipiellen Vorteile den Leuten von Damals gegenueber, da die Schleiftechniken wesentlich älter sind und es abgesehen von moderneren Schleifmaterialien (welche aber eher die Schleifgeschwindigkeit und nicht zwingenderweise die Qualitaet des Schliffs verbessern) und Maschinen für schnellen reproduzierbaren Schliff keine wesentlichen Weiterentwicklungen auf diesem Gebiet gegeben hat.

Was allerdings Schnitthaltigkeit und allgemeine Lebensdauer von Klingen angeht, haben wir heute schon Vorteile, da vieles dessen, was wir heute ueber Stahl und die Beeinflussung seiner Eigenschaften wissen (und auch die anderen Metalle und Legierungen, also quasi die gesamte Metallurgie), erst in den letzten 200 Jahren reproduzierbar erarbeitet und auch wissenschaftlich gesichert wurde.

Dass die meisten Klingen aus der damaligen Zeit, welche bis heute erhalten geblieben sind (es sind sehr wenige), erstaunlich gute Eigenschaften aufweisen, liegt uebrigens eher daran, dass nun mal eher wertvolle, erhaltenswerte, besonders gut und aufwaendig gearbeitete Klingen entsprechend aufbewahrt wurden, so dass sie bis heute existieren, waehrend die grosse Mehrzahl der '08/15'-Gebrauchsklingen schlicht verbraucht wurde oder irgendwo vergessen verrostet ist.

-ZiLi-
 
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Ich glaube, die haben damals schon bescheid gewußt. Die wußten vielleicht nicht wie es auf molekularer Ebene funktioniert, aber sie wußten, dass es funktioniert.
Trial and Error ist offensichtlich effektiv, wenn auch nicht sonderlich ökonomisch:D

Ookami
 
Hallo

Ich habe schon etliche Bodenfunde in der Hand gehabt.
Die waren alle richtig scharf und sind es heute teilweise immer noch.
Geht in´s Museum und schaut euch nen römischen Schlüssel und einen römischen Pugio an .
Exakte Winkel scharfe Schneiden und filigrane Feilarbeiten sprechen für sich.
 
@Ookami: Sicherlich haben unsere Altvorderen vieles mit der "Trial-and-Error"-Methode rausbekommen, aber speziell bei Eisen ging das mit echten Erkenntnissen wohl nicht wesentlich ueber das Auf- und Entkohlen hinaus (bei Bronze sieht das etwas anders aus, da gabs schon recht frueh gesicherte Legierungsverfahren). Wo die Leute aber sicherlich Kenntnisse hatten, die unseren Heutigen ebenbuertig und in manchen Gebieten u.U. sogar ueberlegen waren, ist das Gebiet der Bearbeitung der gegebenen Materialien - man war sehr wohl in der Lage, durch Selektion geeigneter Werkstoffe und deren Kombination (Damaszieren, Schneidkerne, etc.) absolut hochwertige Klingen herzustellen.

Eine echte Systematik und Metallurgie, welche zu gezieltem Legieren führte, ist aber eine geschichtlich gesehen recht junge Wissenschaft - davon war vor 600 Jahren (um noch mal den Zeitpunkt, auf den sich dieser Thread bezieht, anzulegen) noch nichts vorhanden. Und selbst wenn man mal grosszuegig kalkuliert, duerfte man deren Anfaenge eher in Etwa in den Bereich des 17. Jahrhunderts legen, als sich der Uebergang von der Alchimie in die moderne Physik und Chemie zu vollziehen begann.

@Buddelbär: Wenn Du von Bodenfunden redest, nehme ich Dir das nicht ab. Ich selbst habe noch nie einen Bodenfund aus Eisen oder Bronze in der Hand gehabt, der nicht stark korrodiert gewesen wäre - und ich hab schon einiges aus roemischer und mittelalterlicher Zeit in den Fingern gehabt (sowas kommt nahezu zwangslaeufig, wenn ein auch geschichtlich interessierter Laborant mit Raubgraebern^W Hobbyarchaeologen bekannt ist und in einer geschichtstraechtigen Gegend nahe des Limes und einiger Roemerstrassen wohnt).

Dass die Messer unserer Vorfahren genau so scharf wie unsere heutigen Messer werden konnten - und ueblicherweise wohl auch waren - habe ich uebrigens nie in Abrede gestellt, sondern im Gegenteil darauf hingewiesen, dass nichts dagegen spricht, dass sie gerade dies besonders gut konnten - und da wiederhole ich mich gerne...

-ZiLi-
 
Ich denke, man muß unterscheiden, was man machen konnte und was für den Allgemeingebrauch gemacht wurde.
Betrachten wir mal, was tatsächlich gemacht werden konnte, wenn man sich Mühe gab.
Richtig ist, daß man mit "trial und error"-Techniken arbeiten mußte, weil Analysemethoden nicht zur Verfügung standen. Im späten Mittelalter hatte man aber schon mindestens 3000 Jahre Erfahrung in der Eisen- und Stahlbearbeitung- in unseren Breiten angeblich weniger- da sollte man sich aber nicht zu sicher sein.
Mit sinnvollen Proben und der Auswertung praktischer Versuche kommt man aber gerade beim Eisen schon ganz schön weit.
Gerade weil die frühen Reduktionsmethoden unterschiedliche Ergebnisse brachten, die je nach Vorgehensweise, eingesetzten Erzen, Art des Brennstoffs , Art der Luftzufuhr u.s.w. stark variierten, eigentlich aber ie auf Anhieb ein technisch brauchbares Produkt hervorbrachten, war man auf die weitere Be- und Verarbeitung angewiesen und hat da sicher umfangreich experimentiert.
Was kann man nun mit einfachen Mitteln machen:
1. das Ausschmieden der Ergebnisse des Rennofens war unabdingbar, um die meist schwammartige und mit Schlacke durchsetzte Masse zu homogenisieren und zu reinigen.
2. Um der Größe nach brauchbare Stücke zu erhalten, mußten mehrere Teile verschweißt werden.
Beide Schritte hat man schon sehr früh beherrscht, wie Verbundstahlfunde schon weit vor Chr. Geburt zeigen.
3. Es kann auch keinem Zweifel unterliegen, daß die frühen Schmiede sich Gedanken über die unterschiedlichen Eigenschaften der bei der Reduktion erzielten Eisenqualitäten gemacht haben. Das waren mit Sicherheit keine kräftigen und etwas beschränkten Klopper, die mit nacktem Oberkörper im Schlacke- und Funkenregen standen, sondern Leute, die sehr genau beobachteten, was bei ihren Arbeitsgängen herauskam.
Sehr früh hat man also schon das weiche C-arme "Eisen" , den harten C-reichen Stahl und "das Wasser des Eisens"- den bei relativ niedriger Temperatur schmelzenden Guß unterscheiden können. Das ist mit einfachsten Mitteln etwa an Hand des Bruchgefüges und der Verformbarkeit festzustellen. In Gegenden, wo man sich mit phosphorhaltigen Erzen abquälen mußte, erkannte man die Kaltbrüchigkeit des aus diesen Erzen hergestellten Materials und suchte dem durch Verschweißung mit zäherem Material zu begegnen.
Ob man im Altertum schon Schleifsteine mit einer Umfanggeschwindigkeit hatte, daß es beim Schleifen Funken gab, müßten Archaeologen beantworten können, ich halte es für sehr wahrscheinlich.
Was man jedenfalls kannte, war die Wirkung unterschiedlich hoher C-Gehalte. Das konnte man sicher nicht richtig begründen- selbst am Anfang des 20.ten Jahrhunderts gab es ja noch die wildesten Härtetheorien- man konnte es aber praktisch steuern.
Ich will mal eine grobe Übersicht geben, welche Verbesserungstechniken zu welcher Zeit bekannt waren:
Ausschmieden und Verschweißen- von Beginn der Eisenzeit an.
Bewußtes Aufkohlen, um weiches "Eisen" in Stahl zu verwandeln - möglicherweise ca 1500 v.Chr. bei den Hethitern, wo Tiegelöfen gefunden wurden, die auf ein Einsetzen von Eisenstücken hindeuten. Dies ist nicht abschließend gesichert. In der Römerzeit war das Aufkohlen jedenfalls bekannt, wie ein immer wieder nachgearbeiteter Münzstempel aus Trier zeigt, der nur an der Prägefläche aufgekohlt-nicht verstählt war.
Die Kombination von hartem und weichem Material bei Verstähltechniken oder bei echten Verbundstählen ist ebenfalls in der Römerzeit nachgewiesen.
Man beherrschte sowohl das Raffinieren- die Verbindung gleichartigen Materials- wie auch die Verschweißung unterschiedlicher Materialien, was wir heute Schweißdamasttechnik nennen.
Schon im 11-12 ten Jahrhundert kombinierte man bewußt nach dem C-Gehalt ausgesuchte Stücke, um daraus hochwertige Schwerter zu schmieden.
Dr. Stefan Mäder, der sich besonders mit Metall-Archaeologie befaßt hat, hat alte Funde mit japanischen Schleiftechniken bearbeitet und dabei erstaunliche Ergebnisse gefunden. Eine römische Spatha zeigte ein absolut fehlerfreies und feines Strukturbild- wirklich zum Staunen !
Die Liste technisch perfekter Stahlherstellung und Verarbeitung ließe sich noch um viele Beispiele ergänzen-Nydam-Schwerter-und..und.. und.
Abschließend kann man sagen, daß es den guten Schmieden im Spätmittelalter möglich war, vorzügliche und auf den jeweiligen Verwendungszweck abgestimmte Klingen herzustellen. Es mag sein, daß das nicht alle konnten oder- aus Kostengründen- wollten. Möglich war es schon.
MfG U. Gerfin
 
Hallo

Ich habe schon etliche Bodenfunde in der Hand gehabt.
Die waren alle richtig scharf und sind es heute teilweise immer noch.
Geht in´s Museum und schaut euch nen römisernechen Schlüssel und einen römischen Pugio an .
Exakte Winkel scharfe Schneiden und filigrane Feilarbeiten sprechen für sich.

Hallo Buddelbär

Bin überzeugt davon, dass sich vor 600 Jahren die Menschen darauf verstanden, das Beste aus den Erzen herauszuholen - mit erheblich fundierterem Detailwissen, als es die Fachleute heutzutage aufweisen können. Allerdings - Budenfunde, sofort aus der Erde heraus, die eine mit der heutigen Schärfe vergleichbare Qualität aufweisen - also, über diesen Stahl würde ich gerne noch einiges erfahren.
 
Servus Zili

Ja ich habe auch mit der Branche zu tun und ich kann dir sagen es kommt natürlich auf den Boden an ob Lehm, Kalk oder Sandboden,das hat starke Auswirkungen auf den Erhaltungszustand.
Bei Eisen habe ich geschrieben "Die waren alle richtig scharf und sind es heute teilweise immer noch "
Bei Bronze ist es sogar noch viel häufiger.
Ich habe mich selbst schon an einem Griffplattendolch geschnitten :rolleyes:
Ich hab mal schnell ein Dolchmesser rausgesucht und ein Video mit meinem Handy gemacht. Wo kann ich das denn hochladen??
Das man sich dabei nicht gerade rasieren kann und auch nicht unbedingt filetieren ist logisch aber kurz über den Stein und scho geht es wieder.
In der Szene der Antikenhändler gibt es aber viel bessere Stücke die auch noch im Fundzustand sind und deutlich schärfer sind als meiner.

Wenn man jetzt mal von Messern absieht , ich finde da gibt es viel anspruchsvollere Sachen die mehr Geschick erfordern als Messer, kann man nur bewundernd feststellen wie pfiffig die Jungs damals waren.
 
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Ich empfehle hier mal wieder das Buch: Knives and Scabbards

Dort sind viele Funde aus der Zeit zwischen 1050-1550 abgebildet und untersucht worden.
Sehr schöne Messer und interesante Verarbeitung. Es wurde von Reineisen bis Verbundstahl alle Methoden verwendet um Messer herzustellen. Viel Klingen sind wie Japanische Schwerter also in Kabuse Methode hergestellt worden. D.H. Stahl um Eisenkern gewickelt!
Aber auch Damast, eingesetzte Stahlleiste, Aufgesohlte Stahlleiste und Reinstahl Klingen sind bekannt.
Ich denke mal, dass es schon Damals, wie immer, für jeden geldbeutel etwas gab. Auch die Armen wollen ihr Brot schneiden, dann wird die Klinge eben öfter geschärft, was man ja am verbrauch von vielen Messern sehen kann.
 
Zum Schärfen wurden denke ich im Mittelalter schon runde Wasserschleifsteine verwendet die mit Muskel- oder auch schon Wasserkraft angetrieben wurden. Wie mühlsteine auxh wurden die aus dem vollen rausgemeiselt.
 
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