Ich denke, man muß unterscheiden, was man machen konnte und was für den Allgemeingebrauch gemacht wurde.
Betrachten wir mal, was tatsächlich gemacht werden konnte, wenn man sich Mühe gab.
Richtig ist, daß man mit "trial und error"-Techniken arbeiten mußte, weil Analysemethoden nicht zur Verfügung standen. Im späten Mittelalter hatte man aber schon mindestens 3000 Jahre Erfahrung in der Eisen- und Stahlbearbeitung- in unseren Breiten angeblich weniger- da sollte man sich aber nicht zu sicher sein.
Mit sinnvollen Proben und der Auswertung praktischer Versuche kommt man aber gerade beim Eisen schon ganz schön weit.
Gerade weil die frühen Reduktionsmethoden unterschiedliche Ergebnisse brachten, die je nach Vorgehensweise, eingesetzten Erzen, Art des Brennstoffs , Art der Luftzufuhr u.s.w. stark variierten, eigentlich aber ie auf Anhieb ein technisch brauchbares Produkt hervorbrachten, war man auf die weitere Be- und Verarbeitung angewiesen und hat da sicher umfangreich experimentiert.
Was kann man nun mit einfachen Mitteln machen:
1. das Ausschmieden der Ergebnisse des Rennofens war unabdingbar, um die meist schwammartige und mit Schlacke durchsetzte Masse zu homogenisieren und zu reinigen.
2. Um der Größe nach brauchbare Stücke zu erhalten, mußten mehrere Teile verschweißt werden.
Beide Schritte hat man schon sehr früh beherrscht, wie Verbundstahlfunde schon weit vor Chr. Geburt zeigen.
3. Es kann auch keinem Zweifel unterliegen, daß die frühen Schmiede sich Gedanken über die unterschiedlichen Eigenschaften der bei der Reduktion erzielten Eisenqualitäten gemacht haben. Das waren mit Sicherheit keine kräftigen und etwas beschränkten Klopper, die mit nacktem Oberkörper im Schlacke- und Funkenregen standen, sondern Leute, die sehr genau beobachteten, was bei ihren Arbeitsgängen herauskam.
Sehr früh hat man also schon das weiche C-arme "Eisen" , den harten C-reichen Stahl und "das Wasser des Eisens"- den bei relativ niedriger Temperatur schmelzenden Guß unterscheiden können. Das ist mit einfachsten Mitteln etwa an Hand des Bruchgefüges und der Verformbarkeit festzustellen. In Gegenden, wo man sich mit phosphorhaltigen Erzen abquälen mußte, erkannte man die Kaltbrüchigkeit des aus diesen Erzen hergestellten Materials und suchte dem durch Verschweißung mit zäherem Material zu begegnen.
Ob man im Altertum schon Schleifsteine mit einer Umfanggeschwindigkeit hatte, daß es beim Schleifen Funken gab, müßten Archaeologen beantworten können, ich halte es für sehr wahrscheinlich.
Was man jedenfalls kannte, war die Wirkung unterschiedlich hoher C-Gehalte. Das konnte man sicher nicht richtig begründen- selbst am Anfang des 20.ten Jahrhunderts gab es ja noch die wildesten Härtetheorien- man konnte es aber praktisch steuern.
Ich will mal eine grobe Übersicht geben, welche Verbesserungstechniken zu welcher Zeit bekannt waren:
Ausschmieden und Verschweißen- von Beginn der Eisenzeit an.
Bewußtes Aufkohlen, um weiches "Eisen" in Stahl zu verwandeln - möglicherweise ca 1500 v.Chr. bei den Hethitern, wo Tiegelöfen gefunden wurden, die auf ein Einsetzen von Eisenstücken hindeuten. Dies ist nicht abschließend gesichert. In der Römerzeit war das Aufkohlen jedenfalls bekannt, wie ein immer wieder nachgearbeiteter Münzstempel aus Trier zeigt, der nur an der Prägefläche aufgekohlt-nicht verstählt war.
Die Kombination von hartem und weichem Material bei Verstähltechniken oder bei echten Verbundstählen ist ebenfalls in der Römerzeit nachgewiesen.
Man beherrschte sowohl das Raffinieren- die Verbindung gleichartigen Materials- wie auch die Verschweißung unterschiedlicher Materialien, was wir heute Schweißdamasttechnik nennen.
Schon im 11-12 ten Jahrhundert kombinierte man bewußt nach dem C-Gehalt ausgesuchte Stücke, um daraus hochwertige Schwerter zu schmieden.
Dr. Stefan Mäder, der sich besonders mit Metall-Archaeologie befaßt hat, hat alte Funde mit japanischen Schleiftechniken bearbeitet und dabei erstaunliche Ergebnisse gefunden. Eine römische Spatha zeigte ein absolut fehlerfreies und feines Strukturbild- wirklich zum Staunen !
Die Liste technisch perfekter Stahlherstellung und Verarbeitung ließe sich noch um viele Beispiele ergänzen-Nydam-Schwerter-und..und.. und.
Abschließend kann man sagen, daß es den guten Schmieden im Spätmittelalter möglich war, vorzügliche und auf den jeweiligen Verwendungszweck abgestimmte Klingen herzustellen. Es mag sein, daß das nicht alle konnten oder- aus Kostengründen- wollten. Möglich war es schon.
MfG U. Gerfin