Korngröße bei Perlit- / Sekundärzementitgefüge

Armin II

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Ich hätte da mal ne Frage an unsere Metallexperten:

In welchen Größenordnungen bewegen sich denn die "Maschenweiten" des Sekundärzementitnetzwerkes nach dem Normalisieren, einformen und weichglühen?
 
Sehr einfach: Nach ordnungsgemäßem Normalisieren und Weichglühen sollte es kein Zementitnetzwerk mehr geben. Bei untereutektoidischen und eutektoidischen Stählen werden beim Härten sämtliche Karbide -mit Ausnahme von Sonderkarbiden, die wir aber hier vernachl#ssigen können- gelöst. Es gibt also im gehärtetem Zustand keine Karbide mehr und entsprechend auch keine der Zähigkeit abträglichen Netzwerke. Übereutektoidische Stähle - unlegiert ab 0,78 % C, legiert entsprechend niedriger-werden wegen des sonst zu erwartenden Restaustenits meist so gehärtet, als seien sie eutektoidisch, sodaß nach dem Härten Zementit übrig bleibt. Läge der in Form eines Netzwerks vor, wäre das für die Zähigkeit sehr abträglich. Durch Normalisieren und Weichglühen vor dem Härten kann man das aber sicher beheben. In besonders schlimmen Fällen kann man das Normalisieren durch eine milde Abschreckung von hoher Temperatur ersetzen.
Zementit, der sich nach dem Härten beim Anlassen wieder ausscheidet, ist sehr fein und bildet in allen praktisch vorkommenden Fällen kein Netzwerk. Das ist auch der Grund, weshalb das Weichglühgefüge am schnellsten und einfachsten aus dem gehärteten Zustand zu erzielen ist.
Ulrich
 
Folgendes Problem: Ich habe vor einigen Tagen mehrere geschmiedete Klingen erhalten mit der Bitte diese zu normalisieren und weichzuglühen. Material sollte 1.2842 sein.

Normalisiert wurde bei ca. 770-780°C im elektrischen Ofen, Haltezeit ca. 4 min, dannach Abkühlung an der Lüft bis keine Glühfarbe mehr sichtbar. Das Ganze 3 mal wiederholt. Anschließend die Klingen im Glühkasten in Sand-/ Holzkohlepulver luftdicht verpackt, bei 730-740°C ca. 3 Stunden geglüht, anschließend mit ca. 50°C pro Stunde Temperatur abgesenkt bis 650°C, dannach Ofen aus und Ofenabkühlung.

Nun das Problem: Beim Schleifen wurde an einer der Klingen eine Struktur sichtbar, netzartig, "Maschenweite" ca. 1-2mm. Theoretisch müsste es sich hierbei dann um einen übereutektoiden (Überperlitischen) Stahl handeln, und das entstanden Gefüge sollte dann ja normalerweise Perlit und Sekundärzementit sein. Ist das Möglich daß das Sekundärzementitnetzwerk mit blossem Auge sichtbar ist??
 
Hallo Armin !
Deine Beobachtung ist schwer zu erklären. Du hast an sich ja alles vollkommen richtig gemacht. Das Problem wird in der Vorgeschichte des Stahles liegen. Wenn 1.2842 Stark überhitzt und nur leicht überschmiedet wurde, kann ein grobes und relativ hartnäckiges Zementitnetzwerk entstehen. Dem könnte man noch durch Erhitzen auf ca. 9oo Grad und mildes Abschrecken zu Leibe rücken. Denkbar ist auch, daß der Stahl beim Schmieden im C- Gehalt verändert worden ist. Wenn es meine Klinge wäre, würde ich sie nicht zu fein vorarbeiten und einmal probeweise härten. Ist sie dann in Ordnung, umso besser. Zeigt sie das Netzwerk immer noch und ist die Schneide als Folge brüchig, wäre erneutes Weichglühen und Härten angesagt. Zeigt sie nicht ausreichende Härte, dürfte die Oberfläche entkohlt sein und das "Netzwerk" entsteht durch Ferrit-Perlit.
Am wahrscheinlichsten scheint mir starkes Überhitzen und die Abhilfe mildes Härten von hoher Temperatur mit anschließendem Weichglühen und erneutem Härten.
Eine Ferndiagnose ist aber schwer !
Gruß
Ulrich
 
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