Uli Hennicke
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Sohny Im Oktober 2004
Reisebericht
„Fossil“
- Mit Uli’s Messer in Kanada
In der Zeit vom 03.09. bis 03.10.2004, erfüllten Achim und ich uns einen Traum: Wir bereisten mit Rucksack, Kanu, 4x4 und Buschflieger Britisch Kolumbien.
Um nicht zu verhungern hatten wir uns neben Trockenfutter der Fa. Globetrotter eine Schrotflinte, eine Angel und (wie immer) ein paar Messer mitgenommen. Schmuckstück meiner Ausrüstung war ein großes Jagdmesser (s. Bild), das mir seit seiner Entstehung in der Hennick’schen Schmiede 2003, als Begleiter in schwierigen Situationen in der Nase steckte. Allerdings war das Budget für Messer dieser Preisklasse aufgebraucht.
Unmittelbar vor meiner Abreise erhielt ich (-völlig unverdient) dieses Stück aus C 60 mit Griffschalen aus fossiler Seekuhrippe, exzellentem balligem Schliff und optimaler Wärmebehandlung, inklusive einer handgefertigten Lederscheide – geschenkt!
Das Messer sollte vier Wochen lang mit mir durch „Dick und Dünn“ der Kanadischen Wildnis gehen und als Werk seinen Meister loben.
Die angesichts unserer Hauptbeute – Grouse (das sind Waldhühner, etwa in der Größe einer Fasanenhenne) und Miniforellen – imposante Größe des Messers (Klinge 27,5, Griff 14cm) stellte entgegen anderslautender Befürchtungen europäischer Jäger, kein Problem dar. Vielmehr ärgerte ich mich bald, dass ich überhaupt ein Beil mitgenommen hatte und fand, dass auch vor dem Hintergrund unserer Position in der dortigen Nahrungskette, ein kleines Messer eher Nachteile mit sich gebracht hätte... Da ich gerne allen Dingen einen Namen gebe, nannte ich dieses Messer in Anlehnung an das 140 Mio. Jahre alte Griffmaterial: „Fossil“.(Berichtigung von Uli; die Seekuhrippe ist ca 200 Jahre alt, aber der Name gefällt mir.)
Nach einer Woche Gebrauch bei der Fleischzubereitung und im Blockhausleben, kam die erste echte Herausforderung:
In der Nähe des „Spanish Lake“ ließen wir uns mit dem Buschflugzeug absetzen und verbrachten eine Woche im Wald-Camp. Tägliche Exkursionen auf der Suche nach Jagd- und Angelgründen führten uns durch teilweise unwegsames Gelände. Wir stießen zum ersten Mal auf unberührten kanadischen Regenwald mit hohen Zypressen, alten Fichten und gigantischen Humus oder Moospolstern. Der „Weg“ (ich spreche von einer durch Marschzahl ermittelten Himmelsrichtung) war durch jede Menge Todholz, dornenbewehrte über mannshohe Herakleum-Pflanzen und Weidendickicht mit Erlen an den Wasserläufen versperrt. Hier, im zusätzlich noch steilen Gelände, mit schwerem Gepäck voranzukommen, erforderte den Einsatz meines Geschenkes als Buschmesser. Stundenlang hieb ich mit der rasiermesserscharfen Klinge elastische Weidenzweige, dürre Äste und dornige Stauden mit ätzendem Saft aus dem Weg, die ansonsten ein Vorankommen unmöglich gemacht hätten.
Das geringe Gewicht, die Schnitthaltigkeit und Elastizität der Schneide sowie der ideale Schwerpunkt ließen den Arm dabei nicht vorzeitig ermüden. Am See angekommen, konnte man sich mit der Klinge, die einfach im Wasser abgespült und trocken gerieben wurde, noch problemlos den Unterarm rasieren. Leichte Oxydationsspuren durch den Saft von „Herakleum lanatum“ und der durchgeschwitzten Lederscheide taten der rustikalen Schönheit keinen Abbruch.
Am Abend hatten wir bei knisterndem Lagerfeuer (das Anmachholz war selbstverständlich wie immer mit dem „Fossil“ gespant worden) dann die Beute des Tages, drei Grouse, auf einem Holzbrett liegen und schnitten aus den Brustfilets dünne Scheiben für in die Pfanne. Es war eine Freude, die feinen Fleischscheiben wie bei einem frisch abgezogenen Kochmesser zur Seite gleiten zu sehen.
Eine Woche später stachen wir bei stürmischem Wetter von „Becker’s Lodge“ aus mit dem Kanu in See, um drei Tage auf den Gewässern des Provincal Parks „Bowron Lakes“ zu verbringen. Nach einem Briefing durch die Park-Ranger, in dem besonders auf den Umgang mit Bären und Cougars hingewiesen wurde, war auch das Beschaffen von Feuerholz aus Gründen des Naturschutzes auf Holzplätze beschränkt, an denen die Parkverwaltung jeweils einige Fichten zur Verwertung gefällt hatte. Die Stämme hatten einen Durchmesser von 10 – 40 cm und waren, je nach Nutzungsgrad, bis zu 10m lang. Dort, an den mit „W“ gekennzeichneten Anlegeplätzen, konnte man sich Feuerholz für das abendliche Lagerfeuer mitnehmen – falls man eine Axt, Säge oder ein ausreichend langes Messer dabei hatte!
Nach einem halben Tag paddeln im Regen und den daraus resultierenden nassen Klamotten, ist ein wärmendes Feuer eine schöne Sache aber eine Wetterschutzhütte – zwar ohne Wände, dafür mit einem gusseisernen Holzofen – der wahre Luxus! Holz in Form von Baumstücken (L = 2m, Durchmesser = 20cm) gab es auch und Birkenrinde als Zunder. Das „Fossil“ biss das trockene Stammholz wie eine Rennaxt und innerhalb kürzester Zeit hatten wir ofenlange Meterstücke, um sie auf die sorgsam geschichteten Späne und das Kleinholz zu legen. Der Rauch, der Wärme und Gesellschaft verhieß, lockte weitere nasse Kanuten an den Ofen. Dort fiel auch der eine oder andere bewundernde Blick auf das Messer, das so lange Futter für die Wärmequelle beschaffte, bis alle Kleider trocken und die Malzeiten warm waren. Mit neuer Kraft und aufgewärmt setzten wir unsere Fahrt fort.
Nur das Fossil musste in seiner vom Regen durchnässten Scheide bis zum nächsten Einsatz aushalten.
Mit etwas Sonnenschein und Vaseline war es alsbald wieder fit für unseren Trip durch die Rocky Mountains und leistete Täglich am Kochfeuer seine Dienste. Während unseres Besuches im Jasper-Nationalpark, schneiten wir über Nacht am Columbia Icefield in ca. 2500m Höhe ein und Männer nebst Ausrüstung mussten im überschwemmten Zelt stundenlang gegen Kälte (und Rost) ankämpfen.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass Ulis „Fossil“ zum Feuerholz machen, Jagdbeute abfangen und zerteilen, Fische filettieren, Kochgut zerkleinern, Wege schlagen und viele Kleinigkeiten, für die ich ein Messer benutze (Kronkorken abhebeln, Dosen aufschneiden, Seile kappen...) mein Lieblingswerkzeug geworden ist.
Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich für das Meisterstück der Messermacherkunst bedanken, das mir so unverhofft zum Geschenk wurde. Ich werde es auf allen Herbstjagden als Hundeführer bei mir tragen und bin mir sicher, dass es auch an wehrhaftem Wild gute Dienste leisten wird!
sohny
Vielen Dank Jürgen für diesen schönen Bericht.
Für mich sind solch Geschichten und Erlebnisse eine wunderbare Bestätigung meiner Arbeit.
Die Bilder sind nach der Reise bei mir in der Werkstatt entstanden.
Grüße Uli
Reisebericht
„Fossil“
- Mit Uli’s Messer in Kanada
In der Zeit vom 03.09. bis 03.10.2004, erfüllten Achim und ich uns einen Traum: Wir bereisten mit Rucksack, Kanu, 4x4 und Buschflieger Britisch Kolumbien.
Um nicht zu verhungern hatten wir uns neben Trockenfutter der Fa. Globetrotter eine Schrotflinte, eine Angel und (wie immer) ein paar Messer mitgenommen. Schmuckstück meiner Ausrüstung war ein großes Jagdmesser (s. Bild), das mir seit seiner Entstehung in der Hennick’schen Schmiede 2003, als Begleiter in schwierigen Situationen in der Nase steckte. Allerdings war das Budget für Messer dieser Preisklasse aufgebraucht.
Unmittelbar vor meiner Abreise erhielt ich (-völlig unverdient) dieses Stück aus C 60 mit Griffschalen aus fossiler Seekuhrippe, exzellentem balligem Schliff und optimaler Wärmebehandlung, inklusive einer handgefertigten Lederscheide – geschenkt!
Das Messer sollte vier Wochen lang mit mir durch „Dick und Dünn“ der Kanadischen Wildnis gehen und als Werk seinen Meister loben.
Die angesichts unserer Hauptbeute – Grouse (das sind Waldhühner, etwa in der Größe einer Fasanenhenne) und Miniforellen – imposante Größe des Messers (Klinge 27,5, Griff 14cm) stellte entgegen anderslautender Befürchtungen europäischer Jäger, kein Problem dar. Vielmehr ärgerte ich mich bald, dass ich überhaupt ein Beil mitgenommen hatte und fand, dass auch vor dem Hintergrund unserer Position in der dortigen Nahrungskette, ein kleines Messer eher Nachteile mit sich gebracht hätte... Da ich gerne allen Dingen einen Namen gebe, nannte ich dieses Messer in Anlehnung an das 140 Mio. Jahre alte Griffmaterial: „Fossil“.(Berichtigung von Uli; die Seekuhrippe ist ca 200 Jahre alt, aber der Name gefällt mir.)
Nach einer Woche Gebrauch bei der Fleischzubereitung und im Blockhausleben, kam die erste echte Herausforderung:
In der Nähe des „Spanish Lake“ ließen wir uns mit dem Buschflugzeug absetzen und verbrachten eine Woche im Wald-Camp. Tägliche Exkursionen auf der Suche nach Jagd- und Angelgründen führten uns durch teilweise unwegsames Gelände. Wir stießen zum ersten Mal auf unberührten kanadischen Regenwald mit hohen Zypressen, alten Fichten und gigantischen Humus oder Moospolstern. Der „Weg“ (ich spreche von einer durch Marschzahl ermittelten Himmelsrichtung) war durch jede Menge Todholz, dornenbewehrte über mannshohe Herakleum-Pflanzen und Weidendickicht mit Erlen an den Wasserläufen versperrt. Hier, im zusätzlich noch steilen Gelände, mit schwerem Gepäck voranzukommen, erforderte den Einsatz meines Geschenkes als Buschmesser. Stundenlang hieb ich mit der rasiermesserscharfen Klinge elastische Weidenzweige, dürre Äste und dornige Stauden mit ätzendem Saft aus dem Weg, die ansonsten ein Vorankommen unmöglich gemacht hätten.
Das geringe Gewicht, die Schnitthaltigkeit und Elastizität der Schneide sowie der ideale Schwerpunkt ließen den Arm dabei nicht vorzeitig ermüden. Am See angekommen, konnte man sich mit der Klinge, die einfach im Wasser abgespült und trocken gerieben wurde, noch problemlos den Unterarm rasieren. Leichte Oxydationsspuren durch den Saft von „Herakleum lanatum“ und der durchgeschwitzten Lederscheide taten der rustikalen Schönheit keinen Abbruch.
Am Abend hatten wir bei knisterndem Lagerfeuer (das Anmachholz war selbstverständlich wie immer mit dem „Fossil“ gespant worden) dann die Beute des Tages, drei Grouse, auf einem Holzbrett liegen und schnitten aus den Brustfilets dünne Scheiben für in die Pfanne. Es war eine Freude, die feinen Fleischscheiben wie bei einem frisch abgezogenen Kochmesser zur Seite gleiten zu sehen.
Eine Woche später stachen wir bei stürmischem Wetter von „Becker’s Lodge“ aus mit dem Kanu in See, um drei Tage auf den Gewässern des Provincal Parks „Bowron Lakes“ zu verbringen. Nach einem Briefing durch die Park-Ranger, in dem besonders auf den Umgang mit Bären und Cougars hingewiesen wurde, war auch das Beschaffen von Feuerholz aus Gründen des Naturschutzes auf Holzplätze beschränkt, an denen die Parkverwaltung jeweils einige Fichten zur Verwertung gefällt hatte. Die Stämme hatten einen Durchmesser von 10 – 40 cm und waren, je nach Nutzungsgrad, bis zu 10m lang. Dort, an den mit „W“ gekennzeichneten Anlegeplätzen, konnte man sich Feuerholz für das abendliche Lagerfeuer mitnehmen – falls man eine Axt, Säge oder ein ausreichend langes Messer dabei hatte!
Nach einem halben Tag paddeln im Regen und den daraus resultierenden nassen Klamotten, ist ein wärmendes Feuer eine schöne Sache aber eine Wetterschutzhütte – zwar ohne Wände, dafür mit einem gusseisernen Holzofen – der wahre Luxus! Holz in Form von Baumstücken (L = 2m, Durchmesser = 20cm) gab es auch und Birkenrinde als Zunder. Das „Fossil“ biss das trockene Stammholz wie eine Rennaxt und innerhalb kürzester Zeit hatten wir ofenlange Meterstücke, um sie auf die sorgsam geschichteten Späne und das Kleinholz zu legen. Der Rauch, der Wärme und Gesellschaft verhieß, lockte weitere nasse Kanuten an den Ofen. Dort fiel auch der eine oder andere bewundernde Blick auf das Messer, das so lange Futter für die Wärmequelle beschaffte, bis alle Kleider trocken und die Malzeiten warm waren. Mit neuer Kraft und aufgewärmt setzten wir unsere Fahrt fort.
Nur das Fossil musste in seiner vom Regen durchnässten Scheide bis zum nächsten Einsatz aushalten.
Mit etwas Sonnenschein und Vaseline war es alsbald wieder fit für unseren Trip durch die Rocky Mountains und leistete Täglich am Kochfeuer seine Dienste. Während unseres Besuches im Jasper-Nationalpark, schneiten wir über Nacht am Columbia Icefield in ca. 2500m Höhe ein und Männer nebst Ausrüstung mussten im überschwemmten Zelt stundenlang gegen Kälte (und Rost) ankämpfen.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass Ulis „Fossil“ zum Feuerholz machen, Jagdbeute abfangen und zerteilen, Fische filettieren, Kochgut zerkleinern, Wege schlagen und viele Kleinigkeiten, für die ich ein Messer benutze (Kronkorken abhebeln, Dosen aufschneiden, Seile kappen...) mein Lieblingswerkzeug geworden ist.
Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich für das Meisterstück der Messermacherkunst bedanken, das mir so unverhofft zum Geschenk wurde. Ich werde es auf allen Herbstjagden als Hundeführer bei mir tragen und bin mir sicher, dass es auch an wehrhaftem Wild gute Dienste leisten wird!
sohny
Vielen Dank Jürgen für diesen schönen Bericht.
Für mich sind solch Geschichten und Erlebnisse eine wunderbare Bestätigung meiner Arbeit.
Die Bilder sind nach der Reise bei mir in der Werkstatt entstanden.
Grüße Uli