Schmiedekurs bei Holger Meltzer

Tobse

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Gestern habe ich einen eintätigen Schmiedekurs bei Holger Meltzer besucht, hier ist mein Erlebnisbericht:
Zuerst ein paar Worte zu Holger Meltzer: Er hat KFZ-Mechaniker gelernt und nach einigen Jahren keine Lust mehr dazu gehabt. Mit Mitte 30 hat er das Schmieden gelernt und zunächst einige Jahre in Berlin in der Denkmalpflege gearbeitet (Schmiedeeiserne Gitter in der Hohenzollerngruft, schmiedeeisene Treppen etc.), bevor er die leerstehende Schmiede
in Todendorf nordöstlich von Hamburg entdeckte und dort einzog. Seit etwa 2 Jahren bietet er dort Schmiedekurse an, macht Messer, Schwerter, Kerzenleuchter, Schmuck usw... Kontakt: Holger Meltzer, www.schmiede-h-meltzer.de

Die Schmiede der Familie Ahnfeldt diente lange Zeit der Herstellung und Reparatur von Landwirtschaftlichen Geräten und Maschinen, neben dem alten Schmiedegebäude betreibt Herr Ahnfeldt jetzt einen Betrieb für moderne landwirtschaftliche Maschinen. Holger Meltzer hat eine große, gemauerte Esse, die er mit Steinkohle betreibt, einen uralten
Schleifstein und eine Bohrmaschine, beide mit Transmissionsriemen angetrieben. Die Schmiede ist voll mit Exponaten,Wikinger-Schwertern, Äxten, Beilen etc., alles rustikal und unglaublich robust. Aktueller Liebling von Holger ist ein Messer aus C60 mit angeschweißtem Hohlgriff, das sich auf einen Stock aufpflanzen und als Saufeder verwenden läßt - Holger rammte es zur Demonstration am Stock montiert in einen Baumstamm und bog es mit Schwung heraus, anschließend ließ er es auf den Steinfußboden fallen,
Spitze voran-im Boden ist jetzt ein Loch mehr...

Wir legten gleich los mit dem Schmieden, zunächst habe ich mich zur Übung daran versucht,
aus einer St37-Baustahl-Stange eine Spitze zu schmieden, um ein Gefühl für die richtige Temperatur, den Umgang mit Hammer und Amboß etc. zu bekommen - Holger schmiedete derweil aus alten Meißeln eine Serie von Rohlingen für eine Vorführung. Nach einer Stunde hatte ich eine krude, aber halbwegs spitze Spitze fabriziert, und wir gingen zum Messerbau über.

Da ich sonst ja aus Flachstahl feile, wollte ich etwas Großes fabrizieren, ein Bowie sollte es werden. Eine alte Blattfeder fand sich auf Holgers Materialhaufen (Material wohl C55Si)- zunächst wurde das Material gestaucht, dann die Klinge und der Erl definiert.
Schon der C55 braucht mehr Wumms im Hammerschlag, und langsam merkte ich, wie mein
Unterarm anschwoll. Holger half immer wieder gezielt mit, um mir beim Ausformen zu helfen. Zwei wichtige Tricks sind beim Schmieden der Schneide sehr hilfreich: Die Spitze wird zunächst 'verkehrtherum' ausgeformt, der Rohling sieht aus wie eine 'Wharncliffe'-Klinge. Anschließend wird die Klinge noch einwärts gekrümmt. Vor dem Schmieden der Schneide
sieht der Rohling also aus wie eine Ork-Klinge. Mit dem Hammer wird nun Material verdrängt, der Rohling begradigt sich, die Spitze wandert nach oben. Anschließend wird die Oberfläche
noch geschlichtet und die Klinge gerichtet...

Nachdem das Bowie in Form gebracht wurde, haben wir noch einige Feuerverschweißungen
durchgeführt. Aus einem Barren mit 10 Lagen St37 und Feilenstahl haben wir ein Stück mit etwa 120 Lagen gemacht. Der Barren wurde mit der Flex in drei Stücke zerschnitten, an den Enden elektroverschweißt und in der Esse auf Schweißtemperatur gebracht.
Jetzt gingen wir mit schwerem Gerät zu Werke, Tobse schwang den 3kg-Beidhandhammer...
Nach dem Verschweißen reckte Holger den Barren mit seinem Elektro-Federhammer, wieder ging es auf Schweißtemperatur, wieder wurde der große Hammer geschwungen... Schließlich hatten wir die 120 Lagen, das Damaststück wurde mit der Flex in Form gebracht und mit einem Meißel heißgelocht, um als Stichblatt für das Bowie zu dienen.

Nach gut neun Stunden Arbeit und jeder Menge unterhaltsam präsentierter Information fuhr ich zufrieden nach Hause, mit einem großem Bowie-Rohling samt Stichblatt. Nun werde ich die Klinge mit Feilen in Endform bringen und anschließend nochmal zum Härten zu Holger fahren. Ich kann jedem, der Interesse hat, Schmiedekurse bei Holger Meltzer nur
empfehlen!

Munter bleiben,
Tobse!
Bilder:
Die Esse
Holger bei der Arbeit
Rohling vor dem Schmieden der Schneide
Rohling nach Ende der Schmiedearbeit
Rohling befeilt: die Spitze ausgeformt, eine Seite wird nach und nach ballig geschliffen
 

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