Hallo,
auch wenn dieses Thema uralt ist, so möchte ich trotzdem falsche Darstellungen nur ungern stehen lassen. Zumal die Fragen des Threadstarters ja von allgemeinem Interesse sind ..
Ausgangslage war: 4 kg Hammer auf 10 kg Amboß (auch noch weich) - schmieden fürchterlich kraftraubend, der Amboß "zieht" nicht
Ein verwertbarer Ansatz zur Erklärung:
Wenn zwei Massen aufeinanderprallen, wird ja dann der größte Impuls vom einen auf den anderen übertragen, wenn beide Massen gleich groß sind, also denk ich mal, dass ich mit 1:2,5 immer noch viel zu viel Impuls auf den Amboss ausübe.
.. besser wäre das letzte Wörtchen "übertrage".
Zur Übertragung des Impulses gilt beim idealen elastischen Stoß (Hammer und Amboß sind stahlhart), daß der (frei stehende) Amboß und der Hammer zusammen den Gesamtimpuls "erhalten". Da der Impuls durch Masse mal Geschwindigkeit definiert ist, wird ein schwerer Körper nur auf geringe Geschwindigkeit nach dem Stoß bewegt, der leichtere Körper entsprechend der Massenverhältnisse wird sehr viel stärker bewegt.
Das Gewicht eines Schmiedestücks dürfen wir bei unserer Betrachtung ruhig dem Amboßgewicht zuschlagen.
Wenn der Amboß (und das Schmiedestück) insgesamt nur soviel wiegen wie der Hammer, so würde auch beim idealen stahlharten Stoß der Hammer einfach auf Geschwindigkeit Null abgebremst und fast alle Energie in Bewegung des Amboß umgesetzt werden (diese wird in unserem Fall praktisch nutzlos vom Boden/Sockel geschluckt).
Wenn der Amboß sehr viel schwerer ist als der Hammer, so schlägt er den Hammer mit der fast gleichen Geschwindigkeit wieder zurück (man erinnere sich an die Härteprüfung eines Amboß mit springenden Stahlkügelchen).
Konkret (immer noch elastischer Stoß): der Hammer verliert beim Aufprall an kinetischer Energie im Verhältnis Hammergewicht durch das Gesamtgewicht, dann nochmals das gleiche beim Rückprall an Amboß und Schmiedestück (das ist der nutzlose Anteil - siehe oben).
Ist der Hammer genauso schwer wie der Rest, verliert er zweimal die Hälfte oder alle kinetische Energie.
Ist der Hammer 1/10 so schwer wie alles zusammen, verliert er insgesamt 1/10 und nochmal 1/10 oder insgesamt 20% seiner kinetischen Energie.
Ist das Gesamtgewicht 20 mal so groß wie der Hammer, verliert er nur noch 10% der kinetischen Energie nutzlos.
Daher kommen die praktischen Empfehlungen, daß der Amboß mindestens 20 oder 25mal so schwer sein sollte, wie der Hammer. Auch wenn ein 50mal schwerer Amboß den Impuls-Verlust nochmal halbiert, ist der Gewinn von ca. 90% auf 95% Wirkungsgrad nicht mehr so groß, den doppelten Aufwand beim Amboß zu rechtfertigen.
Die verlorene Energie kann auch beim ideal plastischen Stoß (wir machen das Schmiedestück ja heiß, damit es umgeformt wird) nicht in Umformung umgesetzt werden.
Sind Amboß und Schmiedestück sehr viel schwerer als der Hammer, wird ein sehr hoher Anteil der Energie in Verformung umgesetzt und nur sehr wenig in den Rückprall (und hoffentlich verschwindend wenig in die Bewegung des Amboß).
Haben wir beispielsweise 49 kg Amboß (und Schmiedestück) und einen 1 kg Schmiedehammer, so können max. 96% der Schlagenergie in Umformung umgesetzt werden (wir verlieren zwei mal 1/50 bzw. 2%). Nehmen wir jetzt einen 7 kg Hammer, so verlieren wir mindestens 2 mal ein Achtel der Schlagenergie, insgesamt ein Viertel - nutzlos in Beschleunigung von Amboß und Schmiedestück. Dieser Verlust ist nicht zur Umformung geeignet, nur weil die Massenverhältnisse Amboß gegenüber Schmiedehammer nicht stimmen!
(Nur zum Verständnis der Situation von glutsucht: der hat mit dem 4 kg Hammer auf dem weichen 10 kg Amboß wahrscheinlich mehr als zwei Drittel, vielleicht sogar vier Fünftel seiner schweren Arbeit, in nutzlose Bewegung des Amboß gewandelt, anstatt die für Umformung zu nutzen)
Ich finde es übrigens einen guten Ansatz, die Sache physikalisch zu betrachten, nur wär ich da nicht selbst drauf gekommen. Du meinst bestimmt Energie=(1/2*)Masse mal Geschwindigkeit zum Quadrat, kann aber auch sein, dass ich mich irre, ist schon länger her. Dabei muss ich aber sagen: Zwar käme ich mit einem Hammer mit einem Viertel des Gewichtes aus, wenn ich nur doppelt so schnell zuschlage, jedoch müsste ich aus meinen Muskeln heraus auch die gleiche Energie (nenn es Kraft, von mir aus, ich komm da immer durcheinander) aufbringen (wie mit dem viermal so schweren Hammer), um die gleiche Energie in die Verformung zu stecken.
Die richtige Formel falsch anwenden bringt uns nicht weiter. Die kinetische Energie ist wirklich 1/2 mal Masse mal die Geschwindigkeit zum Quadrat.
Nehmen wir an, wir wenden die Kraft nur zum Hochheben des Schmiedehammers auf, dann würden unterschiedlich schwere Hämmer gleich schnell auf dem Schmiedestück landen.
Rechnen wir doch mal konkret mit unserem obigen Beispiel und heben den Hammer 1 Meter hoch: der 1 kg Hammer würde bis zu 96% der "Fallenergie" an das ideal gewärmte Schmiedestück zur Umformung abgeben; der 7 kg Hammer hätte zwar siebenmal soviel Potential (und Hebe-Arbeit verlangt), aber würde nur drei Viertel davon umsetzen können.
Die aufgewendete Hebearbeit von 70 Nm beim schweren Hammer würden zu ca. 50 Nm (Joule) Umformarbeit führen; die fast 10 Nm beim leichten Hammer idealerweise zu ca. 9,5 Joule Umformarbeit.
Weil Physik so einfach ist, können wir die zusätzlich vom Schmied aufgebrachte Schlagenergie durch seine Kraft definieren und damit als konstant bezeichnen, denn es gilt Energie ist gleich Kraft mal Weg. Nehmen wir also an, der Schmied würde den Hammer mit 100 Newton (10 kg) zusätzlich beschleunigen oder zuschlagen. Diese 100 Nm (10 kg entsprechen 100 Newton mal 1 Meter Weg) können wir zur kinetischen Energie des Hammers dazurechnen, fast egal wie schwer jener ist. Fatalerweise geht davon ebenso viel durch das ungünstige Gewichtsverhältnis des schweren Hammers auf den leichten Amboß verloren.
Wieder konkret: der Schmied bringt in unserem Beispiel beim 7 kg Schmiedehammer 70 Nm beim Anheben und 100 Nm beim Schlagen auf, verrichtet also 170 Joule an Hammer-Arbeit. Davon können aber maximal drei Viertel zur Umformung des Schmiedestücks genutzt werden - das sind ca. 125 Joule.
Mit dem kleinen Hammer wendet er ca. 110 Joule Hammer-Arbeit auf - und kann davon über 100 Joule in Umformung des Schmiedestücks umsetzen.
Ein Energievergleich: macht er 7 Schläge mit dem 7 kg Hammer (ca. 1190 Joule gesamt), so hat er im Idealfall ca. 875 in Umformarbeit umgesetzt. Wendet er vergleichbar viel Energie mit dem 1 kg Schmiedehammer auf (11 Schläge sind ca. 1210 Joule), so kommt er auf über 1175 Joule Umformarbeit.
Anders gerechnet: schlägt er fünf mal mit dem kleinen Hammer, so kann er mindestens so viel Umformen wie mit vier Schlägen des großen Hammers! Und spart dabei ca. 20% seiner Arbeitskraft
..
Noch eines: klar dürfte sein, daß jede plastische Verformung eines weichen Amboß nicht in das Schmiedestück (Umformarbeit) fließt. Und auch dieser Verlust ist mit dem großen Hammer ebenfalls größer als mit dem kleinen - die Energiebilanz des großen Hammers wird bei kleinem Amboß also auch mit dessen schlechter Härte immer noch viel schlechter.
Es macht durchaus Sinn, den Amboß so hart wie praktisch möglich und den Hammer so ermüdungsfrei (und damit so leicht wie sinnvoll) zu wählen. Ein zu kleiner Hammer kann nicht schnell genug bewegt werden, der Schmied also nicht seine ganze Kraft anbringen und dann wird es auch schnell unwirksam. Aber ein zu großer Hammer raubt desto mehr Kraft und Energie, je kleiner und weicher der Amboß ist.
Jetzt hoffe ich mal, nichts falsch dargestellt zu haben und wünsche frohes Schmieden ..
Gruß Thorsten