24 Grad-Schneidenwinkel am Küchenmesser - darf man das?

Besserbissen

Premium Mitglied gewerblich
Messages
1,586
Anfang Mai habe ich unser Haupt-Familienküchenmesser spaßeshalber mit 24 Grad-Schneidenwinkel geschliffen (damals mit DMD 1K). Das Messer, ein Zwilling Cermax Santoku (ZDP-189 mit HRC66), habe ich im Laufe der Jahre immer mal wieder moderat ausgedünnt. Nicht nagelgängig, aber so, dass es Spaß macht. Je nach Brett beißt die Schneide etwas, bei unserem hält es sich in Grenzen und fällt nicht besonders unangenehm auf. Zuma ein Santoku kein ausgesprochenes Wiegeschnitt-Messer ist.

In den 4 Monaten nach dem Schliff wurde es nicht geschont inkl. Pizza auf dem Blech schneiden und andere Grausamkeiten.
Das Ergebnis: Zeitungspapier schneidet es immer noch leicht, der Schnitt rupft aber etwas. Tomatenhaut geht wunderbar und auch alles andere ist kein Problem. Durch den geringen Schneidenwinkel bleibt so ein Messer aus hartem, spröden Stahl trotz der Ausbrüche sehr lange scharf. Eine Mischung aus Säge mit dünner Materialstärke.

Die Schneide sieht so aus:

1A5A0181.jpeg


Die Schneidfase ist 1,4 mm hoch und die Klinge direkt über der Schneide 0,3 mm dick.

Mit Tormek T-1 auf der 600er Dia-Scheibe je Seite 9 Durchgänge, danach 2 x je Seite auf der Abziehscheibe:

1A5A0182.jpeg


Könnte man noch noch etwas perfektionieren, der zusätzliche Aufwand lohnt sich für zuhause aber kaum. Mal sehen, wann es wieder nachgeschliffen werden muss
 
Auf dem zweiten Bild sieht man ein paar Krater, darunter einen großen auf der Grenze der Schneidfase. Auf meinen Messern sehe ich die kleinen auch durchs Vergrößerungsglas und frage mich, wie die entstehen.
 
Moin

Klingt jetzt langweilig , aber ich schiebe das " darf man das ? " zu 100% auf den Anwender.
Mein Kumpel hat sogar die 14 Grad am Takamura so belassen...und das gehts seit ein paar Jahren gut .
Andersrum hab ich neulich ein Güde mit 4mm Ausbruch bekommen...ja die Frage ist...wie geht denn sowas ?

Da ein besser / schlechter reinzudeuten ist für mich doch müßig .

@Besserbissen dein sauberer Schliff wird zum Ergebnis beigetragen haben...und wirklich Misshandeln wirst du es wohl auch nicht.

also...why not ?

Gruss

Micha
 
Auf dem zweiten Bild sieht man ein paar Krater, darunter einen großen auf der Grenze der Schneidfase.
Der ZDP189 ist ja nicht wirklich rostfrei und schon etwas empfindlich, was Säure-Kontakt etc. angeht.
 
Ich sehe es mal nicht als Frage, sondern als Bericht - vielen Dank dafür, Besserbissen, sehr interessant!

....dass selbst ein so hoch legierter und gehärteter Stahl das in der Form mitmacht (bei entsprechender Achtsamkeit), ist beachtlich.

@JensG. :Entweder nicht richtig durchgeschliffen beim Nachschärfen (in der Größenordnung kann man das ohne Lupe weder sehen, noch kann man das am Schleifgrat fühlen) oder aber das passiert beim Schärfen. Gestern habe ich zufälligerweise Letzteres erlebt - bei 1.2842. Und zwar beim Abziehen des Schleifgrates mit Schleifrichtung vom Rücken zur Schneide hin mit feinerer Körnung (ohne viel Druck beim Schleifen - das schließe ich erst einmal als Fehlerquelle aus). Ich nehme an, dass der Grat eher 'abreißt' dabei und an einigen Stellen kleinste Schneidenteilchen mitnimmt - nur so als Vermutung. Die genauen Hintergründe kenne ich nicht, aber ich habe das witzigerweise erst gestern bei diesem einen Messer beobachtet (vorher aber nie so genau mit der Lupe geschaut, das habe ich in Zukunft mal vor).
Mag vlt. auch an einer nicht optimalen Härtung liegen oder an Ungleichmäßigkeiten (Fehlstellen? Karbidanhäufungen?) im Gefüge.

Roman Landes hat so etwas schon vor vielen Jahren ebenfalls einmal als Mechanismus bei höher legierten Stählen (Im speziellen war das auf ATS34 gemünzt, meine ich) beschrieben, wo ganze Kantensegmente auf Grund des hohen Karbidgehaltes und der ungleichmäßigen Größe und Verteilung herausbrechen können beim Schärfen.

Interessanterweise trat dieser Effekt bei mir nicht bei gröberen Körnungen auf, wo ich den Schleifgrat beim Überschleifen zunächst mit ganz wenig Druck und gegen die Schneide geschliffen beseitigt habe.

Vlt. hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht?

Viele Grüße,
Torsten
 
Beim ZDP189 ist das Problem einfach, dass er für einen rostträgen PM-Stahl ziemlich reaktiv ist. Trotz des hohen Cr- Gehalts sieht man an einer frisch geschliffenen Schneide schon nach kurzem Schibbel-Einsatz mit bloßem Auge kleine dunkle Verfärbungen. Stark vergrößert sind es dann schon Krater.

Am Edelstahl der Außenlagen entsteht der Lochfraß übrigens nicht. Die Grenze der Lagen sieht man auf den Bildern ganz gut (die helle Linie über dem unteren Bildrand).

Die Stahl-Experten hier wissen sicher, warum der PM Stahl so reagiert…
 
Du meinst, die kleinen 'Krater' (widerspricht sich lustigerweise ja eigentlich: Krater und klein ;) ) entstehen auch durch Korrosion?
 
Du meinst, die kleinen 'Krater' (widerspricht sich lustigerweise ja eigentlich: Krater und klein ;) ) entstehen auch durch Korrosion?
Ein Oxymoron ;-)

Das wäre für mich zumindest eines Erklärung, da es nur bei der Kernlage und recht bald nach den ersten Einsätzen in der Küche auftritt.
 
Werden die kleinen Krater mit der Nutzungsdauer in der Küche größer oder frisst die Säure nur anfänglich "schwächeres" Material raus das irgendwie beim Schleifen zu Tage kam? Wenn der Prozess nicht fortlaufend ist, ist es ja nur ein kleiner Schönheitsmakel.
 
Wenn man genau hinschaut, finden sich die "Defekte" auch direkt an der Schneide. Das ist dann natürlich schon Problematisch, was die Haltbarkeit angeht:

1A5A0181 (1).jpeg


Das ist auch der Grund, warum man sich bei Carbon-Stählen bewusst sein sollte, dass nicht nur die Flanken rosten, sondern auch der Bereich der Schneidkante.

Aber die Praxis zeigt in diesem Fall, dass der flache Winkel zwar anfälliger gegen Ausbrüche ist, die Materialstärke hinter dem Ausbruch aber immer noch so dünn, dass das Messer leicht schneidet. Dazu kommt der Säge-Effekt, der Tomatenhaut leicht einschneidet.
 
Back