Weiche und harte Lagen im historischen Damast!?!

Xerxes

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Hi Leute, ich bin gerade echt total überrascht und muss euch einfach mal berichten was ich heute probiert hab. Eigentlich wollte ich bis morgen warten und alles mit Bildern untermauern. Aber ich bin gerade viel zu aufgeregt und muss mich euch jetzt mitteilen!!!

Also, mit quälten schon sein einiger Zeit zwei Fragen.

1. Wäre es vieleicht doch möglich bei einem historischem Klingenaufbau mit mehreren Torsionsbändern auf einem Furnier und mit aufgesohlter Schneidleiste etc. einen mustergesteuerten Schweißverbundstahl (Damast) herzustellen, der aus kohlenstoffreichen und kohlenstoffarmen Lagen besteht?

2. Wenn es theoretisch möglich wäre einen solchen "Damast" herzustellen, könnte man einen schönen Kontrast erzeugen mit Stählen, die sich nur durch den Kohlenstoffgehalt unterscheiden?

Die erste Frage ist mit ein paar Schmiedeversuchen recht leicht zu beantworten. Die Zweite bereitet da schon mehr Probleme. Denn alle C-Stähle undterscheiden sich geringfügig in ihrem Mangangehalt. Das würde das Ergebnis verfälschen. Also fällt die Verwendung versch. C-Stähle oder Reineisen in Kombi mit C-Stählen leider weg...

Um beide Fragen auf einmal zu beantworten, hab ich heute Reineisenblech aufgekohlt und und anschließend mit nicht aufgekohlten Blech verschweißt. Dazu hab ich in eine "Schale" aus Ton abwechselnd Reineisenblech (1mm) und Holzkohlestaub geschichtet und die Schale komplett mit Ton verschlossen. Nach dem Trocknen hab ich das Peket für ca. 20Min bei ca. 1200 Grad in der gasesse erhitzt.

Die Bleche waren enorm aufgekohlt, Funkentest ca. 1,2-1,5% Kohlenstoff. Dann hab ich die Bleche verschweißt und zwei mal gefaltet und dann zu einem ca. 3mm Blech ausgeschmiedet.

Dann hab ich einen Damast aus zwei Lagen aufgekohlen und zwei Lagen nicht aufgekohlen Reineisen geschmiedet. Bei dem weiteren Verfahren hab ich mich an den technischen Aufbau einer Lanzenspitze aus Haithabu gehalten...

Also, den 4 lagigen Damast zum Stab ausgeschmiedet, tordiert, zwei Stäbe erneut zusammengeschmiedet, auf der einen Seite ein Furnier aufgesohlt und anschließend noch auf beiden Seiten Schneidleisten aufgesohlt. Ich hab versucht möglichst wenige und saubere Schweißungen zu machen, um unnötgen C-Austausch zu vermeiden.

Ich hab also alle Schweißgänge vorgenommen, die zur Herstellung der Lanzenspitze nötig wären...

Dann hab ich das Paket etwas ausgestreckt, angeschliffen und gehärtet...

Naja, lange Rede kurzer Sinn, ich hab hier einen Damast der trotz der ganzen Schweißgänge augenscheinlich aus weichen und harten Lagen besteht und der wunderschön zeichnet. Und das, obwohl sich die Lagen nur durch den C-Gehalt unterscheiden. Es wäre allerdings noch zu klären, ob beim Aufkohlen evtl. noch andere Elemente in den Stahl gekommen sind, die das Ergebnis verfälschen könnten. Z.B. Phosphor. Morgen mehr dazu...

Gruß Jannis
 
Last edited:
Das Eindringen von Phosphor beim Aufkohlen kannst Du ausschließen. Wo sollte er in nennenswerten Mengen herkommen ?.
Das von Dir erzeugte Muster beruht also mit Sicherheit auf den unterschiedlichen C-Gehalten.
Das widerspricht der Theorie der Kohlenstoffdiffusion nicht.
Wenn ich Dich richtig verstanden habe, so hast Du nach der Herstellung der aufgekohlten Bleche 4 mal geschweißt.
Über die Schweißtemperatur und die Dauer der Erhitzung hast Du nichts gesagt. Wenn man deshalb von normalen Schweißtemperaturen bei diesem einfachen und gut schweißenden Material ausgeht, so wird die Zeit der Temperatur über 1100 Grad bei wenigen Minuten gelegen haben. In dieser Zeit wandert der Kohlenstoff nur ein paar my weit, sodaß die Diffusion nicht zu einem Ausgleich des C-Gehalts geführt hat.

Bei Dreilagenklingen aus Feile x Baustahl kann man den Verlauf der Diffusion recht gut beobachten. Oft ist zwischen der dunklen Feile und dem hellen Mantel eine dunkle Zone zu sehen, die oft sogar dunkler ist als der Klingenkern, vermutlich wegen des höheren Mangangehalts des Mantelmaterials.

Einen ähnlichen Versuch wie Du habe ich in Vorbereitung meines Vortrags bei der Damaszenerstahltagung 1993 in Hagen gemacht.
Ich hatte Packband in passende Stücke geschnitten, 50 Stücke im Rohr mit Holzkohle und Bariumkarbonat aufgekohlt und die aufgekohlten Stücke mit 50 nicht aufgekohlten abwechselnd geschichtet, verschweißt, einmal gefaltet und wieder verschweißt. Das Paket mit den 200 Lagen hatte ich ausgeschmiedet, zur theoretischen Musterbildung eingekerbt, überschmiedet, gehärtet und geätzt.

Dabei zeigte sich nur noch andeutungsweise, daß es sich nicht um Monostahl handelte, von Muster war da nichts zu sehen.

Das unterschiedliche Ergebnis erklärt sich leicht, wenn man die ungleich dünneren Schichten betrachtet, die bei meinem Versuch entstanden sind. Ich hatte ja etwa 200 Schichten auf weniger als 5 mm.

Mich würde ein Querschnitt mit Anätzung eines Deiner aufgekohlten Bleche interessieren.
Gehst Du davon aus, daß sie durchgekohlt waren?.
Es spricht einiges dafür, daß sie die von Dir festgestellten hohen C-Gehalte nur an der Oberfläche hatten, denn so schnell geht das Aufkohlen eigentlich nicht.
Bei der klassischen Technik zur Erzeugung des Gerbstahls wurden Stäbe aus schwedischem Eisen in großen Ton-oder Steinkisten mit Holzkohle umhüllt und die Kisten in besonderen Öfen ca 1 Wo aufgeheizt, dann 1 Wo auf ca. 1150 Grad gehalten und dann 1 Wo abkühlen lassen. Selbst bei diesen hohen Temperaturen und dem langen Zeitraum der Erhitzung waren die Stäbe nur am Rand auf ca 1,5 % aufgekohlt. Sie wurden danach zu Garben zusammengestellt und miteinander verschweißt, um eine homogene C-Verteilung zu erhalten
( daher der Name Gerbstahl-richtiger eigentlich: Gärbstahl).

Insgesamt ein interessanter Versuch, den Du fortsetzen solltest.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Ich bin gerade bei meinen Eltern und kann leider keine Bilder anhängen. Der Rest kommt dann morgen.

Ich habe von allen Stücken Proben abgetrennt, die Maik für uns analysieren lassen wird. Das war schon vorher so geplant...

Ich denke schon, dass die Bleche durchgekohlt waren. Hab ein Blech bei ca. 800 Grad in Wasser gehärtet. Das Stück ist bei leichten Hammerschlägen komplett zersplittert und zeigte grobes Martensit an der Bruchkante... Außerdem hatte das gesamte aufgekohlte Paket nach zwei maligem Falten dem Funkentest nach noch immer sehr viel Kohlenstoff...

Wenn man deshalb von normalen Schweißtemperaturen bei diesem einfachen und gut schweißenden Material ausgeht, so wird die Zeit der Temperatur über 1100 Grad bei wenigen Minuten gelegen haben.

Jep, das passt. Ist natürlich schwer genau zu sagen, weil so viele Faktoren da ne Rolle spielen. Aber es wird wohl so stimmen.

Gruß Jannis
 
nur mal so was Historisches zum Aufkohlen: als man noch große Schlachtschiffe baute, war das Aufkohlen ein großes Thema. Harte Außenschichten und zähes dahinter, so wollte man die Schiffsplatten haben.

Da hat man die Dinger dann tatsächlich 14 TAGE LANG mit Leuchtgas aufgekohlt!.

Zum C-Ausgleich per Diffusion beim Damastschmieden gibt es einen schönen Aufsatz von J.D. Verhoeven, muß den mal raussuchen.
 
So, leider doch noch keine Fotos aber noch was interessantes.

Ich hab heute ein Stück einer Luppe aus Raseneisenerz ausgeschmiedet. Das Stück hab ich von Alfred Bullermann bekommen und ist mit Schwarztorf aus Raseneisenerz (gefunden bei Frisoythe) gewonnen.

Die bisherigen Analysen haben einen sehr hohen Phosphorgehalt von bis zu 2% und einen recht hohen Schwefelgehalt ergeben.

Das Stück war nicht leicht zu verdichten. Am Anfang ist mir das Stück einfach zerbröselt. Erst nachdem ich es einige Zeit auf hohen Temferaturen geglüht habe, konnte ich die Stücke vorsichtig zusammenfügen. Es hat beim Schmieden die ganze Zeit nach faulen Eiern gerochen;-)

Dann hab ich das Paket zwei Mal gefaltet und anschließend zu einem Blech mit ca. 2mm ausgeschmiedet. Dann das Blech in Stücke getrennt und so wie das Reineisen aufgekohlt. Dieses Mal allerdings etwa 2 Stunden lang.

Erst hab ich gedacht, dass das Aufkohlen nicht funktioniert hat. Der Funkentest sah eher nach Puddeleisen aus. Kaum Funken und wenn dann waren die dunkelrot...

Hab die Stücke dann trotzdem verschweißt und vier Mal gefaltet. Dann zu einem kleinen Barren von ca. 100 x 15 x 8mm ausgeschmiedet, in die Mitte eine kleine Kerbe gehauen und dann bei 800 Grad in Wasser auf gut Glück gehärtet...

Der Barren ist hart geworden und schon bei einem leichten Schlag an der Sollbruchstelle gebrochen. Das Bruchbild zeigt ein sehr sehr grobes Gefüge...

Morgen werd ich das Teil nochmal zusammenschweißen und versuchen es vernünftig zu normalisieren. Dann schick ich ne Probe zu Maik.

Mich würde wirklich interessieren, wie sich der Phosphor auf's Renneisen/Stahl auswirkt.

Hab gerade eine interessante Schrift gelesen, wonach der Phosphor sich scheinbar nur bei konventionell erschmolzenen Stählen negativ auswirkt (Graphitausscheidungen, Seigerung, Grobkorn etc.) und nicht bei Renneisen...

Ich bin gespannt was man noch aus dem Stahl rausholen kann;-)

Gruß jannis
 
Zum Beitrag 4:
Guten Abend Herbert, schön mal wieder von Dir zu hören.
Haben wir den Aufsatz von Verhoeven nicht in den IGDF- Seiten ?. Wenn nicht, sollten wir das schleunigst nachholen.

Sehr lesenswert ist auch ein Artikel von J. Wadsworth und D.R. Lesuer:

"Ancient and modern laminated composites- from the great Pyramid of Gizeh to Y2K"
Available to the public from the National Technical Information Service U.S. department of Commerce 5285 Port royal Rd., springfield, VA 22161 http:/ / www.ntis gov.,
In diesem Artikel wird die weltweite Entwicklung von der Verwendung von Meteoriteisen bis hin zu modernen Eisen-Laminaten beschrieben.

Wadsworth ist einer der führenden Mitarbeiter von Prof. Sherby und eine ganz zuverlässige Quelle.

Für Jannis interessant ist vielleicht die in dem Artikel enthaltene Information, daß Kohlenstoff im Stahl bei 1000 Grad in 30 sec. 1,4 my weit diffundiert, daß aber Silizium die Diffusion verlangsamt.

Die Beschreibung der Diffusionsgeschwindigkeit deckt sich etwa mit der Beschreibung von Verhoeven. Ob man das bis auf 1/10 my und 10 Grad C genau nehmen muß, weiß ich nicht. Sonderkarbidbildner können da mitspielen, welchen Einfluß ein Siliziumgehalt-welcher ? - genau ausübt, ist zu klären. Die Größenordnung wird aber richtig sein.
Da Silizium aus den Erzen im Rennfeuer kaum in den Stahl einwandert, spielt Silizium als Diffusionshemmer für klassische Stähle sowieso keine Rolle.

Jannis hat einen Bericht angesprochen, wonach Phosphor nur in modernen Stählen schädlich ist, in Rennfeuereisen aber nicht.
Das geht wohl auf einen Bericht von Heinz Denig zurück, der wegen des schönen Musters und wegen der historisch belegten Damastklingen gerne mit Phosphoreisen arbeitet.
Das muß man aber -wie Heinz das selbst auch tut- mit Vorsicht sehen:
In c-armen Stählen erhöht Phosphor die Festigkeit. In Kombination mit reinem Eisen wird die Kaltbrüchigkeit und generelle Herabsetzung der mechanischen Eigenschaften gemildert, sodaß ein waffenfähiges Material entsteht. Das ist in seinen Eigenschaften aber selbst von einem Vergütungsstahl, geschweige denn von einem Feder-oder gar Werkzeugstahl um Lichtjahre entfernt.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Den Bericht über das Phosphoreisen hab ich in der Tat von Heinz Denig bekommen. Er ist aber von einem J. Baumeister verfasst. Hab die Datei angehängt.

Naja, mich interessiert es halt, was man aus solchen sehr phosphorhaltigen Eisen an Qualität rausholen kann. Bin gespannt wie sich solch ein aufgekohlter Rennstahl als Messerklinge macht...


Gruß Jannis
 

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So, hier kommen die ersten Fotos. Ich entschuldige mich für die miese Qualität, mit Handy in der Schmiede... Nicht gerade die besten Voraussetzungen...

Erst nochmal Blder von dem Luppenstück welches ich später ausgeschmiedet habe. Dann der Ablauf des Aufkohlens. Auf dem einen Bild sieht man sehr schön, wie stark die Bleche aufgekohlt wurden. Das eine Blech ist am Rand sogar ein Stück abgeschmolzen und das bei 1200-1300 Grad. Auf dem einen Bild kann man die Bruchkante des gehärteten und zerbrochenen Blechs sehen.

Wers nicht glaubt, das es in 20 Min geht, soll es einfach nachmachen!!!

Die Bilder vom Damast folgen gleich noch.

Gruß Jannis
 

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Und hier die Bilder von dem Damast aus aufgekohltem und nicht aufgekohltem Reineisen.

Habs nur grob bis 120er Körnung geschliffen und nen bisschen in Löskaffe gahalten. Mit etwas mühe könnte man bestimmt noch einiges rausholen (nicht lachen, hab mir beim tordieren nicht wirklich Mühe gegeben:p)...

Ach ja, die dunkeln Lagen im Damast sind die aufgekohlten...

Gruß Jannis
 

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Sorry, aber das ist nun beim besten Willen nichts neues das auch ein reiner nur mit Kohlenstoff legierter Verbundschweißstahl (Damastzenerstahl) auch eine deutliche Textur oder auch Muster zeigen kann.
Dabei ist es völlig gleich ob man das jetzt anätzt oder meinetwegen nach japanischen Vorbildern anpoliert.
Der Kohlenstoff im Stahl zeichnet dunkel bis fast schwarz je nachdem wieviel C da drin ist. Das gilt beim ätzen wie beim polieren.

Um die Fragen von Xerxes zu beantworten :

Natürlich geht das !

Nichts anderes hat man in großer Stückzahl schon vor 1800 Jahren gemacht. Siehe die Funde von Nydam oder Illerup Adal.
 
Naja, so klar war mir das nicht.

Es gibt zu dem Thema so viel wiedersprüchliches, alleine wenn man die Diskussionen hier im Forum betrachtet...

Oftmals hört man ja die Theorie, auch in wissenschaftlicher Literatur, dass Damaststahl entstanden ist, wenn ein Schmied zufällig Eisen aus anderen Regionen mit anderer Zusammensetzung bekommen hat. Das wirft dann natürlich die Frage danach auf "wie kommen die Legierungselemente ins Eisen". Dann die Geschichte mit dem phosphorhaltigen Eisen als helles Material im Damast und allgemein die Frage nach der Verwendbarkeit von phosphorhaltigen Eisen, usw. Dann noch, ob es, besonders bei höheren Lagenzahlen, überhaupt möglich ist, einen Damast mit "weichen" und "harten" Lagen herzustellen...

Ich wollte es einfach mal genau wissen und für mich ein bisschen Klarheit in das Chaos bringen. Für mich bedeutet es also, dass es durchaus möglich ist, aus der selben Luppe eine damaszierte Waffe zu schmieden (mal außen vorgehalten, dass die Phosphor- und Schwefelkonzentrationen in einer Luppe auch variieren können). Und dass eben auch, wenn das erzeugte Eisen sehr rein ist und kaum andere Elemente aufweist. Das war mir so z.B. vorher nicht klar...

Gruß Jannis
 
Zum Beitrag 8
Damit erklärt sich die kurze Aufkohlungs- und Durchkohlungszeit. Bei über 1200 Grad und insbesondere in der Gegend von 1300 Grad hast Du schon Schmelzanteile, die im Gegensatz zum Austenit, bei dem es auch noch bei höchsten Temperaturen eine Weile mit der c-Aufnahme dauert, in Sekundenbruchteilen den bereitgestellten Kohlenstoff aufnehmen. Wenn genug da ist, kann das auch sehr schnell in das Ledeburitgebiet gehen. Die von dir festgestellten sehr hohen C-Gehalte sind damit auch plausibel.

Als Huntsman mit Tiegelgußstählen experimentierte, stellte er fest, daß der Kohlenstoff, den er der Schmelze zuführte, sofort in Lösung ging.

Ansonsten geht das Aufkohlen selbst beim Einsatz von Katalisatoren -üblicherweise Bariumkarbonat- nicht so schnell.
Bei ca 900 Grad rechnet man für eine 1 mm Schicht mit 0,9 % C etwa 4 Stunden.

Das Eindringen des Kohlenstoffs bei aufgekohlten Teilen kann man durch Anschleifen und Anätzen sichtbar machen, die c-reicheren Teile ätzen dunkel bis schwarz. Über die Färbung kann man die Tiefe der aufgekohlten Schicht einigermaßen abschätzen.

Du könntest als weitere Stufe Deiner Versuche untersuchen, wie sich höhere Lagenzahlen und häufigere Schweißvorgänge auf die C-Verteilung und das Muster auswirken. Da Du mit einer Gasesse arbeitest, könnte man die Temperaturen und Zeiten auch recht genau überprüfen und dokumentieren.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Wenn man die Sache nun etwas weiter spinnt, könnte man ja ein einziges Stück Flachmaterial aus Reineisen (oder Renneisen) in die Glut legen, und ganz nah an eine Überhitzung gehen (1200°), so dass bereits eine starke randliche Aufkohlung stattfindet. Dann einfach falten und wiederholen. Auch so müsste man eine Zeichnung kriegen, oder?
Bei dem weiteren Ausschmieden muss man aber penibel auf die Temperaturführung achten: Hab eines meiner ersten Damast-Messer aus Schrott gemacht, den ich einfach mit der Funkenprobe auf C-Gehalt getestet hab, das waren wahrscheinlich verschiedene, einfache C-Stähle. Die Klinge ist nur einmal gefaltet, hat nur 16 Lagen. Das Muster ist größtenteils gut zu sehen, Richtung Spitze verwischt es aber stark, weil diese dünner ausgeschmiedet war, tiefer in der Glut steckte, und wahrscheinlich etwas heißer wurde als der Rest. Dementsprechend ist da mehr C diffundiert.
Ums kurz zu machen: deine Versuche find ich super Jannis, ich denke aber, dass komplexe Klingen wie z.B. die aus Lahdinko so nicht herzustellen wären, da brauchts schon ein Element X, wahrscheinlich Phosphor...
Würde mich natürlich freuen wenn du das Gegenteil beweist und uns ein ganzes Schwert präsentierst!

Grüße
Hannes
 
Noch ein kleiner Hinweis zur Kohlenstoffdiffusion. Man sollte die ausgeschmiedeten Klingen auch nicht allzu lange weichglühen, da der Kohlenstoff im kubisch raumzentrierten Gitter bei 720° C etwas schneller wandert als im kubisch flächenzentrierten Gitter bei ca. 300° C mehr.
 
Sorry, aber irgend wie werden jetzt wieder Sachen vermischt und alles ähnelt sehr der "C-Diffusion nicht unter 1000 Lagen"-Diskussion...
http://www.messerforum.net/showthread.php?t=89490

Nehmen wir an, da ist eine 2 mm Schicht Perlit und daneben 2 mm recht reiner Ferrit. Was soll da bei 720 °C passieren? Aus dem perlitischen Bereich diffundiert Kohlenstoff in den Ferrit, so dass aus den 0,0 % C 0,02% werden. Dadurch lösen sich ganz wenige Anteile der Zementitlamellen nahe der Grenzschicht auf, that´s it.
Einspruch?

@Hannes: Die Erklärung mit der 16-Lagen-Klinge finde ich schon logisch.
Aber da hattest Du ja zumindest ursprünglich die scharfe Trennung in der Konzentration. Nach dem Aufkohlen hat man ja schon einen allmählichen Übergang, der dann beim anschließenden Falten noch weiter verwischt / unschärfer wird. Ich bezweifle, dass da scharf getrennte Lagen rauskommen...

Gruß,
Daniel
 
Nehmen wir an, da ist eine 2 mm Schicht Perlit und daneben 2 mm recht reiner Ferrit.

Also ein eutektoider Kohlenstoffstahl mit 0,8 % C und ein fast reines Eisen.

Was soll da bei 720 °C passieren? Aus dem perlitischen Bereich diffundiert Kohlenstoff in den Ferrit, so dass aus den 0,0 % C 0,02% werden. Dadurch lösen sich ganz wenige Anteile der Zementitlamellen nahe der Grenzschicht auf, that´s it.
Einspruch?

Allerdings. Denn erstens reden wir beim Damast nicht von Schichten von 2 mm Dicke. Und zweitens ist bei entsprechend langer Diffusionszeit, und ich rede hier nicht von Jahren sondern von einem Bereich von wenigen Stunden, die Diffusion bei 720° selbst bei 2 mm komplett durch. Also nix 0,02 % sondern 0,4 % in allen Bereichen.

Eines der von uns ausgiebig untersuchten Damast-Materialien, das nicht mehr als 720° C beim Weichglühen gesehen hatte, hatte Schichtdicken von ca. 0,3 mm Dicke und da war in den Schichten des ehemals 0,75 % C Nickelstahles NICHTS mehr an Kohlenstoff. In den angrenzenden Lagen 1.2842 und 1.2519 war dafür umso mehr.
 
Das verstehe ich nicht. Es gibt doch lt. Zustandsdiagramm kein alpha-Eisen mit 0,4 % C. Außerdem sind wir unterhalb des gamma-Gebietes. Also wird nirgends mehr als die 0,02 sein können, egal, wie lange man glüht, oder?
(war doof von mir, in diesem Zusammenhang mit mm-Werten anzufangen)
Aber es gibt natürlich C-reichere Gebiete, die Zementitlamellen. Aber sollen die sich etwa als ganzes bewegen??

Vielleicht ist es auch einfach schon zu spät...
gute Nacht
 
Eines der von uns ausgiebig untersuchten Damast-Materialien, das nicht mehr als 720° C beim Weichglühen gesehen hatte, hatte Schichtdicken von ca. 0,3 mm Dicke und da war in den Schichten des ehemals 0,75 % C Nickelstahles NICHTS mehr an Kohlenstoff. In den angrenzenden Lagen 1.2842 und 1.2519 war dafür umso mehr.

Hier geht es ja nicht um Ni/Mn usw .Stähle,reicht 720 C° hierfür auch für eine Diffusion ?
 
Eines der von uns ausgiebig untersuchten Damast-Materialien, das nicht mehr als 720° C beim Weichglühen gesehen hatte, hatte Schichtdicken von ca. 0,3 mm Dicke und da war in den Schichten des ehemals 0,75 % C Nickelstahles NICHTS mehr an Kohlenstoff. In den angrenzenden Lagen 1.2842 und 1.2519 war dafür umso mehr.

Aber wäre das denn nicht sehr problematisch bei dieser häufig verwendeten Kombination für Damast?
 
So, nächster Schritt. Ich war heute wieder in der Schmiede und hab ein bisschen rumprobiert.

Dieses Mal hab ich drei Stücke Reineisen Flachmaterial mit den Maßen 80x30x8mm aufgekohlt. Vorgehensweise wie bei den dünnen Blechen nur dieses Mal ca. eine Stunde Aufkohldauer. Die Oberfläche war wieder sehr stark aufgekohlt, dem Funkenflug nach zwischen 1,4% und 1,6%. Diese Dicken Stücke sind aber nicht ganz durchgekohlt, die Randschichten sind ca. 1,5-2mm aufgehohlt worden...

Dann hab ich die drei Stücke aufeinandergeschweißt und einen Barren mit ca. 20x30x80mm Kantenlänge geschmiedet. Dann hab ich eine Stirnseite abgetrennt und angeätzt.

Man sieht deutlich die aufgekohlten Lagen im Innern des Paketes. Die Lagen sind nicht so deutlich voneinander getrennt, wie es bei modernen Damast (Nickel- und Manganstähle) der Fall ist. Aber man kann die Lagen trotzdem richtig deutlich erkennen und auch der Kontrast ist in Ordnung....

Leider muss ich heute Abend wieder nach Hause. Aber nächste Woche werd ich das Paket ein paar Mal falten und einen Torsionsdamast draus machen. Ich bin gespannt was wie es aussieht...

Das ganze geht sehr in die Richtung die Hannes oben schon angesprochen hat...

So, bin schon zu Hause und hier die Bilder von dem Paket. Leider kommt der Kontrast nicht wirklich gut rüber. Aber ich denke man kann genug erkennen. Die dunklen aufgekohlten Lagen im Paket sind jetzt etwa zwei mm dick. Eigentlich war die aufgekohlte schicht etwas dicker aber ich hab vor dem Verschweißen wohl etwas viel weggeschliffen...

Gruß Jannis
 

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