Toledo-Taschenmesser

torel

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Zu den interessantesten klassischen Taschenmessern zählen meiner Auffassung nach die so genannten Toledo-Taschenmesser. Benannt sind sie offensichtlich nach der alten spanischen Klingenstadt Toledo. Der Bezug zu den Taschenmessern ist meiner Vermutung nach durch – zumindest im Ergebnis – recht ähnliche Verzierungsformen entstanden.

Im spanischen Toledo wurden der Tauschierung ähnliche Techniken angewandt zur Verzierung von Klingen, indem auf vorher aufgerauhte Stahlflächen feine Golddrähte und ausgeschnittene Ornamentteile aus dünnem Stahlblech aufgehämmert und nachher mit feinen Punzen ziseliert wurden. Der Stahlgrund wurde danach schwarz oxydiert, um den Kontrast zu verstärken. Siehe die angehängte PDF-Datei mit Bild, mit einer verzierten Klinge eines Navaja aus Toledo (19. Jh.).

Die goldfarbenen Verzierungen auf schwarzem bzw. farbigem Untergrund finden wir auf den Toledo-Taschenmessern wieder, wobei zu ihrer Erzeugung andere Techniken angewandt wurden (Ätzungen/Prägungen der Muster und Auslegen der Vertiefungen mit farbigem Lack o.ä.). Die große Masse der Toledo-Taschenmesser, die mir bekannt geworden ist, hat Messing als goldfarbenes Schalenmaterial (z.B. Bild 1 und 2). Der Nachteil des Messings ist dabei, dass es zum Anlaufen neigt und dadurch weniger attraktiv wirkt (oder man poliert regelmäßig). Die feineren Exemplare besitzen eine galvanisch aufgetragene Vergoldung (Bild 3 und 4).

Der Bezug zu den im spanischen Toledo einst üblichen Verzierungen mag vielleicht teilweise auch mit den dort verwendeten floralen Elementen zu tun haben. Der typische Verzierungsstil der Toledo-Taschenmesser ist aber meiner Auffassung nach eher vom Jugendstil (entstanden um die Wende vom 19. zum 20. Jh.) inspiriert, für den geschwungene, florale Verzierungen, oft in symmetrischer Anordnung typisch waren.

Eine Besonderheit der Toldeo-Taschenmesser scheint mir auch zu sein, dass sie auf den deutschen Raum beschränkt sind. So sind zumindest mir keine Sheffielder, amerikanischen oder Taschenmesser anderer Herkunft mit dieser Verzierungsform bekannt. Am nächsten kommt dem noch ein kleines EKA (Bild 5), das aber ein nordisches Motiv aufweist.

Zum Schluss noch die Hersteller der abgebildeten Taschenmesser:

Bild 1,2: H & F Lauterjung, Solingen
Bild 3,4: C. Wittgens, Solingen
Bild 6: J. Moede, Solingen
Bild 7: Robert Klaas, Solingen
 

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Ohne Zweifel stammt der in Deutschland verwendete Namen "Toledo" als Bezeichnung der Verziertechnik von Taschenmesser-Griffschalen (und auch von Brieföffnern) von der in besonderem Maße in Toledo/Spanien verwendeten Tauschiertechnik ab. Die Tauschiertechnik wurde aber auch in Deutschland zur Dekoration von Blankwaffen benutzt, aus dem 19. Jahrhundert gibt es ausreichend Belegexemplare und in den 1920er wurde diese Verziertechnik an der Solinger "Fachschule für die Stahlwaren-Industrie" gelehrt und in verschiedenen Berichten beschrieben.
Unterrichtet wurde diese Handwerkstechnik z.B. für die Berufe der Graveure und Galvaniseure.

Die Abbildung zeigt den Werdegang von geprägten Toledo-Griffschalen

TOLEDOGriffschalen.jpg


Die Bezeichnung "Toledo" gab es in der deutschen Messerbrtanche außerdem im 20. Jahrhundert bis in die 1950er Jahre für (minderwertige) Stahlheft-Tischmesser, deren Klinge auf Grund der Ausgangsmaterialien inen Härtegrad von weniger als 50 Rockwell aufwiesen.

Grüße
cut
 
Hallo torel
Das sind atemberaubend schöne Messer, ein wirklich lohnendes Sammelgebiet. Respekt und Glückwunsch.
Gruß Frank
 
Häufig waren die Toledo-Taschenmesser leider durch Werbung verschandelt. Taschenmesser waren natürlich schon immer und sind auch heute noch beliebte Werbeträger. Aber zu dieser Art Taschenmesser passt es schlecht. Aber der Kommerz schreckt halt vor nichts zurück.

Abb.1: Böker
Abb.2: SMF (Solinger Metallwaren Fabrik)
 

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Here's a lobster pattern with the Toledo style handles made by Broche I think? I would have to dig it out to be sure of the company and correct spelling.
keychains007il2.jpg
 
Jetzt möchte ich meine wenigen Toledo-Messer auch mal vorstellen.

Das Erste ist ein Walter Broch &Nachf., mit genau der Verzierung die auf der Homepage abgebildet ist.
Nur das bei meinem Messer, eine Schale anders gestaltet ist, als bei dem auf der Page.Und es sieht dem von Torel im ersten Beitrag gezeigten Klaas-Messer sehr ähnlich.
brochforum.jpg


Das Zweite ist Messer von J.A. Henckels, ein Werbemesser (muß Anfang der 70er hergestellt wurden sein)


Das Dritte ist nur mit Rostfrei Solingen gekennzeichnet.


Das Vierte ist ein GML aus Leegebruch.


Das Fünfte ist ein GML (unter der Bez. Foron) und mit silbernen Schalen .


Mir gefallen diese Messer unheimlich gut. :super:

Nachtrag: Dieses Messer zählt wohl nicht unter die Rubrik.
 
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Zunächst mal möchte ich darauf hinweisen, dass das Klaas noch zu den lebenden Toledos zählt. Vor ein paar Wochen normal im Handel erworben:super:.
Ich mag aber auch Werbemesser. Es wird mit und für unser Hobby geworben. Außerdem kann man nicht nur über den Hersteller recherchieren, sondern auch über die beworbene Firma Nachforschungen anstellen. Mir macht sowas Spaß.
Im vorliegenden Fall: MESTRI = Mechanische Strickwaren, eine erloschene mittelständische Firma mit Sitz in Trochtelfingen. Hersteller ist Hugo Bauermann, Solingen. Die Firma scheint noch zu existieren!?!
Die Mustergleichheit ist offenkundig. Kennt jemand die Erklärung dafür?
Gruß Frank
 

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    MESTRI+Klaas (4).jpg
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Und noch eins.
Hier habe ich unter Odhner nur den Rechenmaschinenhersteller gefunden, da passen aber die Logos nicht zueinander.
Bei Paula Henckels, Solingen habe ich ebenfalls nichts gefunden.
Bitte um Hilfe.
Gruß Frank
 

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Die Firma Paul A. Henckels wurde 1888 gegründet und hatte sich auf werbetragende Schneidwaren spezialisiert. Jetzt vertreibt sie, wie ja auch auf der Homepage zu sehen ist, Victorinox-Produkte.

Die Firma Hugo Bauermann wurde 1922 gegründet und existiert immer noch.
 
... Die Mustergleichheit ist offenkundig. Kennt jemand die Erklärung dafür?
Gruß Frank


Es gab in Solingen Firmen, die diese "Toledo"-Verzierungen in Lohnarbeit für konkurrierende Hersteller gefertigt haben.
Diese Firmen haben die Werkzeuge für Toledo-Verziertechnik ihren Kunden auf zwei unterschiedliche Arten angeboten:
a) indem die Design-Entwicklung und die Werkzeuge dem Kunden komplett in Rechnung gestellt wurden, und er diese dann exklusiv für "seine" Messer nutzen konnte
oder
b) indem die Werkzeuge auf eigenes Risiko entwickelt wurden und im Eigentum der "Verschönerungsanstalt" verblieben, und sie Ihre Dienste mit diesem Design auch konkurrierenden Firmen anbot.

1962.jpg

torel hat sich beim Gründungsdatum von Paul A. Henckels offenbar vertippt: es muß wohl 1898 heißen.

Grüße
cut


eigenes Risiko erstellt und diese Verz
 
"Paula" ist doch schön oder :p ? Hab´s auf dem Messer tatsächlich so gelesen. Frauen an die Messer!
Danke Euch für die Informationen.
Gruß Frank
 
Hallo liebe Messerfreunde- und Kenner!

Vor etlichen Jahren habe ich in einem Polenurlaub von einem älteren Herren ein Messer geschenkt bekommen. Dieses ist so schnell wie ich es erhalten hatte auch wieder in Vergessenheit geraten, und heute beim Kramen im Keller wieder ans Tageslicht gekommen. Ich habe gegoogelt, viel gelesen und letztendlich bin ich hier gelandet. Ich vermute ich besitze auch so ein Toledo Messer: auf der einen goldenen (??) Seite steht die Aufschrift "Alfred Nobel" und in dessen Mitte in rot gezeichnet gekreuzte Hammer und die Aufschrift "Dynamit Nobel Aktiengesellschaft Troisdorf". Wer Nobel war, weiss ich natürlich, den Zusammenhang mit der AG konnte ich mir auch erklären und habe über Google in Erfahrung gebracht, dass der Konzern so mittlerweile nicht mehr existiert. Dann habe ich mir die Klingen genauer angesehen: die Messerklinge hat eine Stanzung "Ruderer Broch Nchf Solingen". Auch die Homepage dieser Firma konnte ich finden (www.broch-nachf-solingen.de), das Messer an sich jedoch nicht, da die Produktauswahl scheinbar nicht funktioniert.
Das Messer kommt in einem Lederetui daher und ist in einem recht veralteten Zusand. Die Seiten sind mit etwas Grünem angesetzt (Korrision?).
Nun meine Fragen:

I. Ist dieses Messer auch "nur" ein Werbestück?
II. Ist es dennoch irgendetwas wert? (Sammlerwert?)
III. Gibt es jemanden der sich dafür interessieren könnte? (Museen etc.)
IV. Ungefähres Alter?

Fotos habe ich leider noch nicht, werde diese aber nachträglich posten. Das Messer ähnelt dem Messer auf genannten Homepage, das die Aufschrift 205 190 trägt.

Würde mich über Antworten freuen!

mfG
 
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