Hallo, Pitter!
Bin ein wenig erstaunt über den schroffen Ton der Antwort, und dann noch vom Admin. Ich dachte, hier könne man gerade auch unterschiedliche Auffassungen austauschen - und ganz unterschiedliche Ansätze (die für sich jeweils sinnvoll sein können) gibt es doch zu vielen Einzelpunkten in unserem gemeinsamen Interessenbereich.
Bei der gewichts- und platzmäßigen Begrenzung der Mitführungsmöglichkeiten von Material in einer Einsatzsituation bin ich ALLERDINGS sehr froh, daß ich mit EINEM Werkzeug sowohl die angesprochenen Werkzeugfunktionen ausführen als dieses Gerät auch als Backup verwenden kann. Ich habe mit meinen ERs schon diverse Kisten aufgehebelt, Leisten und Bretter usw. bei Durchsuchungen abgehebelt usw.(zuletzt übrigens erst gestern...) Natürlich kann man dann auch erst mal zum Fahrzeug zurücklaufen, die Werkzeugkiste holen und ein Spezialwerkzeug nehmen. Manchmal ist auch das unumgänglich. Aber meist bin ich mit meinem ER auch in solchen "Werkzeugsituationen" eben gut zurecht gekommen, obwohl das eigentlich für ein Messer ein irregulärer Gebrauch ist.
Der oft als unverhältnismäßig dünn kritisierten Klingenachse hab ich bei derartigem Ge-/Mißbrauch übrigens bislang kein Leid antun können, ebenso wenig der Brutaltest im 2005er MM beim Fulcrum-Folder. Daß die 6mm-Klingen nicht so schneidfreudig sind wie ein 2,5mm-Teil, mag ein realistischer Kritikansatz sein, aber bei der Stabilität hab ich bei ER jedenfalls nix zu meckern gefunden.
Im Gegensatz zu Dir finde ich das Nemesis übrigens durchaus handlich. Ich hab es seit Jahren so ziemlich täglich dabei ("Oh, das ist mir zu schwer als EDC..." - ist nicht meine Einstellung, man gewöhnt sich an das Teil). Ich benutze das Messer mit bloßer Hand, mit Einsatzhandschuhen, mit Handschuhen mit halbem Finger usw. Zumindest für mein persönliches "Handling-Gefühl" vermittelt die typische ER-Mulde eine sehr definierte und kontrollierte Haltung.
Übrigens will ich - außer vielleicht beim Joggen - auch keinen leichten Folder. Mich irritiert eher die pauschale Abwertung, die ich auch immer wieder im MM finde, wenn die dort ein Messer runterpunkten, das ihnen mit 220 g zu schwer ist. Natürlich ist mir klar, daß die 70-100 g Gewichtsdifferenz zu einem Standardmodell vielleicht bei allgemeinen Überlegungen militärischer Beschaffer eine Rolle spielen (Hersteller mußten immer wieder mal Modelle umdesignen, weil Spezialeinheiten-Ausrüster beim Griff gerade mal 30 oder 40 g Gewicht der Gesamtausrüstung eingespart sehen wollten...) - für mich persönlich ist das Gewicht aber im tolerablen Bereich.
Außerdem bringt ein schwereres Messer mir persönlich beim Handling ein besseres Gefühl und ist außerdem - auch objektiv - natürlich praktischer, wenn man das Messer z.B. abgestuft auch für Schlagtechniken einsetzen will.
Immer mehr Messer (Lapu Lapu Corto, Abaniko, Wagner RBB) werden ja ganz gezielt auch für diese Techniken designt, und auch bei Nemesis und M.P.C. funktioniert das in der Kombination von Gewicht (=Schwung) und dem Glasbrecher am Ende (=geeignete stabile Auftreffkante) sehr effektiv. Ohne - aus Respekt vor den hiesigen Spielregeln - zu sehr ins Detail gehen zu wollen: Wenn man ein Messer auch als Backup/Alternativwaffe trägt, ist es im Hinblick auf die rechtlich geforderte Erforderlichkeits-/Verhältnismäßigkeitsprüfung eines Waffeneinsatzes zur Verteidigung ein erheblicher Vorteil, mit dem Messer effektiv auch unterhalb des Niveaus eines Klingeneinsatzes auf den Angreifer einwirken zu können, außerdem ist im Gesamtverlauf einer Auseinandersetzung auch die daraus resultierende zusätzliche Handlungsoption wünschenswert (zum "Gequatsche"-Faktor: zuletzt Sonntagnacht zu diesem Zweck bei Kontakt mit Zielperson auf engem Raum ohne Möglichkeit sonstigen Waffeneinsatzes bereitgehalten und HEILFROH, daß es nicht notwenig war, es auch einzusetzen).
Deinen Widerwillen über das überzogene Gequatsche auf dem "Tactical"-Markt teile ich dabei übrigens durchaus. Ich muß auch darüber lachen, daß man heute alles als "Tactical" vertickt, Hauptsache, die Klinge ist schwarz beschichtet und man kann behaupten, ein Ledernacken sei dem Teil schon mal auf mindestens einen Kilometer nahe gekommen. Da ist mit Sicherheit viel Schrott dabei, der den Namen wirklich nicht verdient. Das ist übrigens gerade einer der Gründe, warum mir die ER-Leute und ihre Produkte so sympathisch sind. Die Handvoll, die übrig bleibt an ernsthaften Produkten auf dem aufgeblähten Tactical- und Pseudo-Tactical-Markt, ist hoffentlich für uns beide interessant.
Was mich an Deinem Posting allerdings ziemlich verwundert, ist die abwertende Darstellung darüber, daß die Leute halt Sachen haben wollen, die sie nicht wirklich brauchen. So gut wie KEINER aus unserem Interessenbereich bräuchte eigentlich wirklich mehr als höchstens zwei verschiedene Messer. Und wenn man sich dann noch anschaut, mit was für Billigteilen die Leute in den ärmeren Ländern schließlich auch ihre Hölzer behauen und ihr Fleisch schneiden, brauchen diese zwei Messer eigentlich nicht mal besonders toll oder teuer sein.
Willst Du jetzt Deinen Laden zumachen oder nur noch 10€-Macheten verkaufen? Wohl kaum.
Es GEHT nämlich eben auch BESSER, angenehmer, technisch oder ästhetisch ansprechender.
Übrigens freue ich mich über den kritischen Ansatz in unserem kleinen Dialog über stabile Folder und "Tacticals" und schätze Deinen Anspruch und Deine Ernsthaftigkeit.
Vielleicht kennst Du jetzt zumindest EINEN, der so ein stabiles Teil braucht
.
Bis bald!
Micha