Erste Eindrücke Peter Atwood Goblin

wolviemaniac

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Hallo,

unter dem Weihnachtsbaum lag dieses Jahr ein selbstgeschenktes Peter Atwood Goblin, das wollte ich euch natürlich nicht vorenthalten. ;)

Mein erster Gedanke nach dem Auspacken war, "He-he, das sieht ja cool aus", der zweite, "Ui, ist das dick", dann, "Mann, die Spitze ist ja doch irgendwie verschliffen…" Dazu später mehr.

Zunächst einmal, wie es sich gehört, die Daten des Messerchens:

Länge: 11,2 cm (Klinge ab Ansatz 5,1 cm)
Dicke: knapp 4mm
Stahl: S30V im gestrahlten Bienenwaben-Finish

Für meine recht kleinen Hände ist es noch ein Dreifinger-Messer, für große Hände dürfte der Griff aber wohl nur ausreichend Platz für zwei Finger bieten. Das sollte der Griffsicherheit allerdings keinen Abbruch tun, denn die Wicklung ist fest und gibt viel Grip, der Fingerschutz soweit ausgeprägt, daß man damit sogar bei härteren Stichversuchen gut gesichert sein sollte (wenn man z.B. innerhalb eines in alte Zwergenstädte gegrabenen Stollens ein Guckloch ins Erdreich schaufeln will).
Die groovige Daumenauflage ist nicht nur ein optisches Schmankerl, sondern genau das: man mag es ihr nicht ansehen, aber beim festen Aufsetzen beißt und kneift da kaum etwas. Insgesamt sind alle Kanten am Messer sauber gerundet.

Für feinere Arbeiten kann man auch den Zeigefinger in die vordere Mulde der Klinge einlegen und hat so viel Kontrolle über den Klingenbauch. Allerdings ist die Spitze sehr hoch gezogen und ist somit in dieser Griffhaltung (anders als z.B. beim Spyderco Jester) recht unbrauchbar.
Das Attribut könnte auch insgesamt auf ihre Schneidleistung ausgeweitet werden, denn (einige mögen es schön bei der Materialstärke von 4mm geahnt haben) sie ist nicht besonders gut. Hinzu kommt nämlich, daß die Spitze sehr stark belassen ist, was zu einer äußerst groben Schneidengeometrie führt.

Außerdem ist die Schneide an der Spitze bei meinem Exemplar stark unsymmetrisch geschliffen, es scheint fast, als wäre vergessen worden, an der linken Seite beim Schärfen genügend Material wegzunehmen. Das Resultat ist eine äußerst asymmetrische Klingenspitze, bei der die Schneide auch ein wenig auf die linke Seite herüberwandert (sie schreibt an dieser Stelle also einen ganz leichten Bogen).

Der vorderste Schneidenbereich hatte auch nur leidliche Gebrauchsschärfe, die ich mit leichten Schleifversuchen bisher noch nicht wirklich steigern konnte. Das mag aber auch einfach an der Geometrie liegen: es steht einfach sehr viel Material an der Schneide, und das macht sich eben beim Schneiden bemerkbar. Ansonsten stand noch ein ganz leichter Grad, aber nach dem Abziehen war das Messer wirklich chön charf.
Bisher habe ich damit eigentlich nur Geschenke und Schnüre aufgeschnitten, und dabei machte es sich ganz gut. Nur mit der dicken Spitze war es teilweise etwas schwierig, in etwas schmalere, vom Tesa fest zugeklebte Ritzen zu kommen, die damit seinem spannungsgeladenen Besitzer den Weg zum ersehnten Geschenk zusätzlich erschwerten.
Bei einigen anderen Schnittversuchen an Papier und Pappe trat dann auch wieder zu Tage, daß die Materialstärke gerade für ein so kleines Messer doch etwas überdimensioniert ist: in Verbindung mit dem recht steilen Schneidenwinkel ergibt sich ein haushoher Unterschied zu "angemessen proportionierten" Mini-Messern wie z.B. dem Spyderco Jester (von einem Vergleich mit Opinels will ich jetzt gar nicht erst anfangen).
Dafür würde das Goblin aber sicherlich eine brauchbare "Mini-Brechstange" abgeben (die Materialstärke entspricht ungefähr der des Prybaby).

Das Sechseck-Finish ist auf jeden Fall schick, die gestrahlte Fläche bringt jedoch den üblichen Nachteil von größerer Rostanfälligkeit mit sich, hat aber auch den fragwürdigen Vorteil, aufgetragenes Öl besser "aufzusaugen". Um mal einen Vergleichswert zu geben, das Finish ist ein gutes Stück gröber als bei den standard CRKTs.

Zu den Griffpositionen bliebe noch zu erwähnen, daß auch der Reverse-Grip sich sehr gut anfühlt (wenn man ihn denn braucht), Schneide nach innen geht nur mit Spitze nach oben einigermaßen, andersherum fühlt es sich nicht wirklich gut an.
Die einfache Schlaufe, die standardmäßig im Fangriemenloch angebracht war, habe ich gleich durch einen Henkersknoten ersetzt. Für mich ist es bei den meisten Dreifingermessern einfach notwendig, damit noch etwas für den kleinen Finger zu greifen zu haben. Ansonsten kommt mir der Griff unsicherer und unangenehmer vor. Außerdem wird durch den Lanyard auch das Ziehen aus der Scheide erleichtert.

Die Scheide an sich ist gut verarbeitet, da gibt es nichts zu meckern. Der kleine Goblin sitzt darin sicher und mit angenehmen Zugwiderstand, allerdings auch mit etwas Spiel. Ich persönlich würde es bevorzugen, wenn sie nur bis knapp über den Fingerschutz gehen würde (aber das kann man ja zur Not selber basteln).
Ich mag die Trageweise um den Hals eigentlich nicht, beim Goblin funktioniert sie aber gut und ist angenehm. Letztendlich werde ich das Messer wohl quer rechts am Gürtel tragen, was durch die vielen Löcher in der Scheide mit etwas Paracord ohne Probleme zu bewerkstelligen ist.

Das mir die schief geschliffene Klingenspitze nicht gefällt, hatte ich ja schon erwähnt, und wenn man sich bei so einem kleinen Messer auch auf die angemessen kleinliche Makelsuche begibt ;), findet sich da noch weiteres.
Der Ansatz des Anschliffes beim Ricasso ist nicht ganz symmetrisch, außerdem ist der Anschliff auf der rechten Seite etwas höher gezogen als auf der linken. Auf der rechten Seite ist außerdem ein Kratzer zu erkennen, der schon vor dem Strahlen dagewesen sein muß, und kurz vor der Spitze sind noch feine Spuren vom Bandschleifer zu sehen und zu fühlen. Inwieweit das bei einem handgemachten Messer für 95$ angemessen ist, kann wohl jeder für sich selbst entscheiden.
Was mir gut gefällt, ist, wie das Ende der Griffwicklung abgeschmolzen wurde: da bleibt kein störender Knoten oder ähnliches über. Das Bienenwaben-Finish ist übrigens nahezu symmetrisch auf beiden Seiten angebracht, und (wen es interessiert ;)) die Löcher sind sauber angesenkt.

Zu Schärfbarkeit und Schnitthaltigkeit kann ich noch nichts sagen, aber ich denke, da wird es beim S30V keine großartigen Überraschungen geben. Wenn es mich mal überkommt, die Spitze anzupassen, werd ich wohl genaueres dazu sagen können... :rolleyes:

Insgesamt lag da für mich ein cooles kleines Messer unter dem Weihnachtsbaum, das durch seine kleinen kosmetischen Mängel zum User prädestiniert ist. Vorher dachte ich ja, daß mir das kleine Ding vielleicht doch zu schade wäre, aber bei der Dimensionierung schreit es ja gerade nach "mini-"heavy abuse, um mal neudeutsch zu sprechen. Außerdem sieht‘s einfach geil aus. :)
Mir schwebt da schon so etwas vor wie eine Kombination mit dem (man könnte drauf kommen) Spyderco Jester, oder sogar mit einem kleinen Opinel. Dann hat man eins fürs Feine und eins fürs Grobe.
Und wenn das Goblin nur einen Tick größer wäre, könnte man es meiner Meinung nach auch gut "Ork" nennen – das hat diese Mini-Brechstange auf jeden Fall verdient.

Grüße,

Nikolas


Nach diesem ewig langen Text über ein kurzes Messer jetzt endlich ein paar Bilder:
 

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Sieht gut aus,

aber die beschriebenen Mängel sollte es meiner Meinung nach nicht haben.
Kleine Macken mit einem Augenzwingern unter "handmade" abzuhaken ist bei 95,00 Euro (immerhin knapp 190 Mark) nicht so einfach.
Ansonsten würde ich eines in mein Wandergepäck stecken denn das Ding macht auf mich einen unverwüstlichen Eindruck.
Einzig die Grifflänge und eine Bezugsquelle würden mich noch interessieren.
Viel Spaß mit dem Kleinen :super:
Tom
 
Ja, da hast du schon recht, ich hatte eigentlich auch mehr erwartet. Ehrlich gesagt hätte ich, wenn ich Messermacher wäre, das Messer gar nicht unbedingt in den Verkauf gegeben. Wenn das Finish bei dem Preis nicht drin sein sollte, dann entweder teurer machen oder das Modell nicht mehr herstellen.
Aber trotzdem: so schnell geb ich den Kleinen nicht mehr aus meiner Hand! ;)

Zu deiner Frage: der benutzbare Griff ist bis zum "Knick" ca. 4,5cm lang, mit dem Knick etwa 5,8cm.
Und unten nochmal ein Foto zur Veranschaulichung, allerdings nicht in meiner Hand...

Grüße,

Nikolas
 

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Bezugwsquelle: Rivers n Rocks
(da kommt mein Prybaby her... *darauf freut*)

Ich persönlich finde die Mängel aufgrund der Vorteile nicht so schlimm...
Nätürlich könnte es besser sein, aber es ist Peter Atwood...

Bei ihm ist mir vorallem die "unverwüstlichkeit" seiner Produkte wichtig...
Sowas wäre bei mir ein Notfallmesser oder
halt wie bei wolviemaniac als Ergänzung zu einer kleinen Klinge...

Gruß
Chris
 
Ist doch wirklich seeeeehr klein,

so klein hatte ich den Zwerg nicht auf der Rechnung.
Das Foto brachte mir nun die Ernüchterung.
Ich hatte es größenmäßig eher in Richtung SLCC erwartet.
Mit so einem Mini kann ich leider nichts anfangen.
Tom
 
Nachtrag zur Spitze:

Hallo,

mittlerweile hat mein "Dealer" (Holger von Rivers 'N' Rocks) bei Peter Atwood nachgefragt, was es mit der asymmetrischen Klingenspitze auf sich hat: Sie soll so besser scharfzuschleifen sein und auch länger scharf bleiben.
Anscheinend werden auch alle Goblins so aus dem Atwoodschen Werkstatt-Dungeon herausgeschickt.

Hab ich zu wenig getestet, um das beurteilen zu können, aber rasieren tut meine Klingen"spitze" mittlerweile. ;)

Grüße,

Nikolas
 
Gestern auch ein Atwood Goblin bekommen.
Die "verschliffene Spitze" ist nun weg und auch der Ruecken an der Spitze ist nicht mehr geschwungen sondern gerade um Verletzungen zu vermeiden.

Sonst stimme ich bei allem zu ausser bei der Scheide. Gut verarbeitet und sitzt bombensicher. Einziges Manko: Die Loecher sind um 1mm zu klein fuer den Tec-Loc, sprich man muss sie etwas aufbohren.

lg, Demian
 
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Hallo,

die neue Version gefällt mir auch recht gut, gibt dem Messerchen mehr von einem "Tactical". Obwohl damit ein bischen das Urige daran verloren geht, finde ich.

Ist denn die Spitze mittlerweile dünner ausgeschliffen als bei meinem Exemplar? In der Benutzung hat sich nämlich doch herausgestellt, daß ich ein Messer, das gut schneidet eher gebrauchen kann als eine Mini-Brechstange. ;)

Grüße,

Nikolas
 
Gute Frage, ich pack heut abend ein Foto von meinem rein, dann kannst du es vergleichen.

lg, Demian
 
Bin leider nicht dazu selber welche zu machen, ergo hier eins von Peter Atwoods Site selbst:

gross_goblin03.jpg


Eins ist aber sicher, es laeuft in den letzten 2cm der Klinge ohne Winkeln spitz zu, also auch hier eine Aenderung.

Bezueglich Tec-Lok: Bin einfach mit einer Rundfeile rangegangen, nun passen auch die Schrauben rein.

Nun Trage ich das Messer schon eine ganze Weile (und das auch taeglich!) und ich muss sagen: Genial.
Auch meine Mitmenschen finden das Teil putzig, bei anderen Messern schrecken die doch eher zurueck. Schneiden geht problemlos, lediglich wenn man in irgendwas reinstechen muss wird es schwieriger dank der Klingendimension (sehr dick).

lg, Demian



Edit:
Musste leider ein Bild von Holger Brandt nehmen, Atwoods Site gibt hin und wieder Fehlermeldungen.
Wenn ich meine Digicam zurueckkriege werden die dann reineditiert.
 
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