Haumesser aus 1.4034

Günther

Mitglied
Messages
1,219
Hallo zusammen,

ich soll für einen Jäger einen Standhauer aus rostbeständigem Stahl fertigen.Ich hab mich für 1.4034 in 6mm entschieden.

Nun habe ich mir über die richtige Wärmebehandlung lange den Kopf zerbrochen,und bin auf recht unterschiedliche Angaben gestoßen.

Inzwischen ist das Messer bereits gehärtet, ob´s allerdings richtig war, hab ich immer noch nicht herausgefunden, daher mein Beitrag.


1)
Stefan Gobec schreibt auf seiner Seite :
1.4034 Standardklingenstahl bis 55HRC sehr elastisch

Wenn ich allerdings auf 55HRC anlasse, muß ich in den Bereich über 200°C anlassen (wenn ich mich richtig erinnere, hab grad keinen Stahlschlüssel zur Hand).
Das möchte ich allerdings vermeiden, da Roman in seinem Buch schreibt, das dieser Temperaturbereich den Stahl spröde macht (blausprödigkeit).


2.)
Im Wild und Hund Exklusiv "Jagdmesser" steht über diesen Stahl auf Seite 23 das er nur bis 52 HRC gehärtet werden kann.


3.)
Roman schreibt:
Härten 1045°C
Tiefkühlen
Anlassen 150 °C
Tiefkühlen
Anlassen 190°C


An die Angaben von Roman hab ich mich dann auch gehalten.
Vorher habe ich die Klinge noch bei 800°C weichgeglüht und bei 650°C Spannungsarm geglüht.Haltezeit je 2 Stunden und dann langsame abkühlung im Ofen je 30°C pro Stunde bis auf 600°C dann an der Luft gekühlt.

Das Erbegnis ist eine Klinge mit einer gemessenen Härte von 59HRC + - 1HRC.
Da die anforderungen an ein kleines Messer zum schneiden andere sind, als für ein Haumesser,ist die Wärmebehandlung für ein so großes Messer (28 cm gesamtlänge) nun in Ordnung, oder soll ich nächstes Mal was anders machen.


Grüße aus österreich, Günther.
 
Last edited:
Na, ich denke, das ist doch gut gelungen. Bei diesem Stahl hat man die Wahl, ob man im Sekundärhärtemaximum bei 450° anlassen soll und die Sonderkarbide des Cr ausnutzen möchte (das geht ein bisschen auf Kosten der Korrosionsbeständigkeit, da viel Cr mit C als Karbid gebunden ist), oder eben wie Roman es beschreibt als Werkzeugstahl. Und die Härteangaben aus den anderen Quellen sind nicht sehr aussagekräftig.
Für diesen Verwendungszweck hätte ichs genauso gemacht. Und das Tiefkühlen ist für diesen Stahl wegen des möglichen Restaustenits wichtig. Alles in Allem dürfte Dein Auftraggeber damit viel Spass haben.
 
Danke Herbert,

ich war nur etwas unsicher, da Roman immer Unterschiede beim Verwendungszweck macht. :confused:
Jetzt war mir nicht ganz klar, ob die Angaben für ein großes Haumesser gelten, oder für kleine Messer die feine Schnitte ausführen sollen.

Wenn Du sagst , das alles in Ordnung ist, dann glaub ich das. :D


Grüße aus Österreich, Günther.
 
kann sein dass ich mich täusche, aber ich dachte immer blaubrüchigkeit bedeutet dass der stahl nur spröde ist solange er auf die temperatur erwärmt ist. ist er dann wieder auf raumtemperatur abgekühlt ist er nicht mehr spröde. oder hab ich da was falsch verstanden :confused: ?


grüße - hans
 
Also mich überrascht die hohe Härte, die das Teil haben soll. Aber haste ja gemessen.

Herbert hat mir mal eine Anlaßkurve gezeigt, wo im SHM es gegen 56HRC gehen kann. Da steht aber nicht die Härtetemperatur und ich bin nicht so firm, die Deine zu interpretieren. Aber niedrig war die nicht.

Ist also interessant, was aus dem Stahl so herauszuholen ist. Bleib vielleicht am Ball, wie es sich bewährt. Wäre ein spannender Beitrag, mal einen Gebrauchsbericht zu hören.

Im MM war mal ein Test, wo ein Gerber aus vergleichbaren Stahl, 4 mm dick, 57HRC, auf Bruch getestet wurde und da waren schon ganz schön Käfte nötig. 400N glaub ich. Es gab halt kaum Toleranz, sprich bis 25° konnte man biegen, ab dann gings schnell :( .

Bei 6 mm sollte Dein Jägersmann das Teil als Trittstufe benutzen müssen, um es zu zerbrechen. Also wenn Herbert meint, bei 59 sei es gelungen, dann wirds wohl so sein.

Laß von Dir hören.
 
Die Anlasskurven, die immer so veröffentlicht werden, sind für mittlere Analysen und für größere Abmessungen. Bei Klingen kriegt man bei ordentlicher Wärmebehandlung immer was mehr raus.
Die Anlasskurven, exilant, die du meinst, hab ich mir daraufhin auch mal angesehen. Stimmt, die liegt ziemlich unten. Aber wie gesagt, bei den dünnen Geometrien ist man immer etwas besser. Und das Spannungsfrei glühen und das Weichglühen bereiten das Gefüge optimal für eine WB vor, und das Tiefkühlen beseitigt den Restaustenit. Gelungen.
Übrigens, Günther, die Rockwellhärte hast Du auf einer planparallelen Stelle gemessen? Das ist nämlich wichtig,
Aber egal, die Härte liegt gut, selbst wenn es 2 Punkte niedriger sein sollte. Der 4034 ist sowieso einer der meistunterschätzten Stähle (bei den rostfreien, natürlich).
Ich hätte den für den Verwendungszweck unter der Prämisse rostfrei auch genommen.
 
@ exilant:

So ein Test wäre sicher interessant.Mal sehen, ob was daraus wird.
Du hast mir die Mail wegender Anlasskurve geschickt, wenn ich mich nicht irre.
Die werd ich wohl jetzt nicht mehr brauchen, ich halte mich an die Angaben von Roman.
Trozdem danke.

Es hat sich also gelohnt, nächtelang das Forum zu durchwühlen. :super:



@ Herbert:

Die Härte habe ich an einer planparallelen Stelle am Griff gemessen (mehrmals).Die Stelle schön mit feinem Schmirgelpapier gesäubert.
Wir härten im Betrieb alle dringenden Teile selber,daher hab ich auch mit der Härtemessung Erfahrung.
Wir haben erst vor einigen Monaten einen neuen Ofen bekommen, der macht alles fast von selber.
Nur noch am Abend Programm eingeben, und am nächsten Morgen das weichgeglühte Teil rausholen. :hehe:


Grüße aus Österreich, Günther.
 
Prima, dann ist ja alles bestens. Du hast also dann Erfahrung mit solchen Sachen.
Ich würde bei diesem Stahl auch roman folgen, der hat sich damit nämlich genau vor dem Hintergrund von Messern intensiv in seiner Diplomarbeit beschäftigt.
Machst Du auch mal ein Bild, wenns fertig ist?

Ich habe zwischenzeitlich noch einmal die Anlasskurve gecheckt. Die ist bei einer Härtetemperatur von 1010°C ermittelt worden. Aha. 1075°C spielt in einer anderen Liga. Dann löst sich nämlich mehr. Und dank der Tiefkühlung ist der Restaustenit weg und aller Kohlenstoff kommt der Härte zugute.

Das macht immer eine Menge aus, das höhere Härten und die Tiefkühlung. Ich habe mal die "normale" Anlasskurve drangehängt und das von Günter erzeugte Ergebnis mit eingetragen. Beeindruckend, was eine gute Wärmebehandlung alles so macht, oder?

Aus der Anlasskurve (Standard) erklären sich auch die Angaben vonGobec und Wild und Hund. Egal ob man bei 200°C anläßt oder in der Nähe des Sekundärhärtemaximums (den Spitzenwert bei 450°C betrachte ich sehr misstrauisch, eher erwarte ich eine glattere Kurve und dort einen niedrigeren Wert, aber ich hab die Quelle nicht mehr, aus der ich diesen Wert entnommen habe, vielleicht war es ein Einzelwert oder eine Sonderbehandlung, weiss nicht mehr), man kriegt dann eben etwa die 52 bis 54 HRC hin.
Die Empfohlene Härtetemperatur für normale Anwendungen liegt zwischen 1000 und 1030.
 

Attachments

  • anlassbild 4034 mit tiefkuehlen.gif
    anlassbild 4034 mit tiefkuehlen.gif
    4.7 KB · Views: 367
Last edited:
Ich halte mich schon seit langem an die Angaben von Roman hier aus dem Forum und aus seinem Buch (kann ich nur jedem wärmstens ans Herz legen).
Egal ob Stahlauswahl für verschiedene Einsatzbereiche oder Wärmebehandlung, der Mann weiß wovon er spricht. :super:

Ich hoffe, das die Untersuchungen der verschiedenen Stahlsorten, die Roman anstellen wollte, nicht im Sande versaufen (Beitrag "Materialspende" hier im Forum).
Ich warte schon recht gespannt darauf.

Aber leider liest man von ihm hier im Forum recht selten etwas. :(


Wenn das Messer fertig ist werde ich natürlich Bilder in die Galerie stellen.


Grüße aus Österreich, Günther.
 
hallo Günther,

das hört sich ja prima an. Ich hatte bei Stüdemann schon von Spitzenwerten der Härte bis knapp 60HRC gelesen, war glaube ich bei einer Härtung von 1050° C. Hängt wohl auch davon ab, ob der C-Wert der Charge am unteren oder oberen Limit liegt. Das Tiefkühlen bringt vielleicht auch noch mal ein Grad.
was ich eigentlich sagen wollte: Stüdemann hat für 1070°C wieder einen kleinen Rückgang der Härte gegenüber der Härtung von 1050°C festgestellt (wohl Restaustenitbedingt), aber das Maximum der Korrosionsbeständigkeit!
Du hast wohl wirklich einen Volltreffer gelandet - wenn der neue Benutzer dann auch achtsam damit umgeht. Falls nicht, musst Du vielleicht ein wenig mehr Material an der Schneide zur Sicherheit stehen lassen.

Viele Grüße,
torsten
 
Hallo, xtorsten,

ich hab bei 1045 gehärtet, habs bereits oben geändert.War ein Irrtum meinerseits.
Ich hab mich genau an die Angaben von Roman gehalten (Beitrag "Welcher Stahl für rostbeständiges Küchenmesser).

www.messerforum.net/showthread.php?t=11061

Wie ich auf 1070 gekommen bin weiß ich nicht. Warscheinlich weil bei uns 1.2379 im Betrieb auf dieser Temperatur gehärtet wird.

Sorry :D


Grüße aus Österreich, Günther.
 
Last edited:
Back