Die neue Lust auf klassische französische Messer – Montpellier grand & petit
Auf der diesjährigen IWA war's geschehen. Um mich. Zumindest ein wenig. Denn als ich am Stand von Passion France vorbeigekommen bin und die Vielzahl an französischen Taschenmessern gesehen habe (schön aufbereitet mit vielen Informationen zu Herkunft, Verwendungszweck...), wusste ich: So eines brauche ich. Ist zwar nicht so, als hätte ich nicht schon das eine oder andere klassische Taschenmesser zu Hause, aber so eines eben noch nicht.
Besonders ins Auge gefallen ist mir dort schon das Montpellier, und ich habe mir zwei Modelle bestellt. Heute sind sie angekommen.
Hier mein erster Eindruck:
Einwurfeinschreiben aufgemacht, und heraus kam eine durchsichtige Tüte mit einem netten und aussagekräftigen Aufdruck zu Laguiole-Messern – danach weiß man, wie man ein Messer in Frankreich verschenkt (man erkennt's auf dem Foto ganz gut). Darin untergebracht waren die beiden Montpelliers, eingewickelt in dünne Baumwolltücher zum Reinigen der Klinge.
Ging ja schon mal nett los.
Dann die beiden Messer. Das große Montpellier mit Cocobologriff und das kleine Montpellier mit Griff aus blondem Kuhhorn. Das Montpellier stammt aus dem Süden Frankreichs und ist besonders an der Küste verbreitet. Ein Seemanns-Messer eben, das seinen Namen vielleicht von der Stadt Montpellier hat oder von einem französischen Marineschiff gleichen Namens.
Tatsache jedoch ist, dass es sich beim Montpellier um einen der ältesten Klappmessertypen Frankreichs handelt, der schon im 18. Jahrhundert gefertigt wurde. Um 1890 herum wurde es dann von der Firma M. C. Cognet aus Thiers (die auch die „Douk-Douk“-Messer machen) ins Programm aufgenommen.
Mit einem springenden Hasen und dem COGNET-Schriftzug ist die Klinge tief geätzt. Mir gefällt das Logo ausgesprochen gut.
Das Messer besteht wie das Capucin (ebenfalls ein alter Klappmessertyp) aus nur vier Teilen: Einem massiven Griff in den die Aufnahme der Klinge gesägt ist, einem Stahlpin als Klingenanschlag, der zirka vier Millimeter starken Achse und der Klinge.
Ich glaube, Horn ist die typische Griffvariante (und das blonde Kuhhorn passt gut zum Messer), aber das dunkle, geradlinig gemaserte Cocoboloholz gefällt mir auch sehr gut. Die nicht-rostfreien Kohlenstoffstahl-Klingen sind vom Rücken an flach geschliffen, die Stärken direkt am Griff liegen bei zirka 2,4 und 2,6 Millimetern (siehe Daten). Zur Spitze hin verjüngt sich der Rücken kontinuierlich, die Spitzen selbst gehen gegen 0,X Millimeter. Die maximale Klingenhöhe liegt bei 17,5 bzw. 18,5 Millimetern. Schneideffiziente Klingengeometrien ist man ja von den Franzosen gewöhnt.
Offen gehalten werden die Klingen nur über die Reibung. Auf die Haltekraft einer Rückenfeder oder gar eine Klingenarretierung muss man verzichten. Man sollte also etwas aufpassen, wenn man mit der Spitze arbeitet. Doch der Reibungswiderstand ist ziemlich hoch, beim großen Montpellier noch etwas höher – da braucht man schon ziemlich Kraft (und Zeit), um die Klinge zu öffnen oder zu schließen. Versehentlich einschnappen tut da nichts, auch wenn man mit Schwung gegen etwas stößt. Der Spinewhack-Test zumindest wurde mit Bravour bestanden.
Die Schneide verläuft nicht komplett gerade, sondern steigt im letzten Drittel leicht nach oben. Ähnlich kennt man das auch von den Santoku-Kochmessern. Wie man die Montpellier-Klingenform allerdings nennt, bei der sich der Klingenrücken in einem 30-/35-Grad-Winkel zur Spitze hin in gerader Linie absenkt, kann ich gar nicht sagen.
Viel geschnitten habe ich noch nicht mit den Messern, aber das, was ich geschnitten habe – Salami (luftgetrocknet naturellement), eine Zwiebel, später dann ein dickes Seil und ein klein wenig auch meinen Daumen (beim Entfernen des Typenklebers auf der Klinge), hat wunderbar funktioniert.
Der obligatorische Papierschneidetest hat gezeigt, dass die Schneide etwas rau ist, aber am Unterarm mussten trotzdem ein paar Haare daran glauben. Es ginge noch schärfer und feiner, aber das erledige ich bald mal mit einem Stück belgischen Brocken oder dem weißen Sharpmaker-Stick aus Keramik. Auch die Satinierung hätte noch einen Tick feiner sein können. Seitdem ich das aber mal selbst von Hand gemacht habe, weiß ich: Das kostet viel Zeit. Ich kann gut mit dem Ist-Zustand leben.
Der trapezförmige Griff, der sich zur Klinge hin verbreitert, liegt ausgesprochen gut in der Hand, obwohl er nicht allzu breit ist. Die Kanten sind gebrochen. Dass beide Messer mit Fangriemenösen ausgestattet sind, gefällt mir. Mit einem Durchmesser von 2,65 (petit) und 3,0 Millimetern (grand) muss die Leine allerdings etwas schmaler sein. 550er-Paracord dürfte nicht funktionieren, Reepschnur passt aber.
Wenn ich mehr Zeit habe, stell ich vielleicht noch ein paar Fotos rein.
Bleibt nur noch zu klären: Warum gerade diese einfachen Messer?
Ganz einfach. Weil's mir Spaß macht. Das aktuelle ADAC-Magazin macht auf mit „Die neue Lust an alten Autos“. Hätte ich mehr Geld, würde ich mir vielleicht auch ein altes Auto kaufen: Eines ohne Servo, ohne ABS, ESP und Airbags. Eines zum entspannt Rumkutschieren und vielleicht auch ein bisschen zum Angeben. Eines, das nicht jeder fährt.
Es ist nicht so, dass ich ein stabiles Messerchen wie beispielsweise das CT1 (oder um bei den Autos zu bleiben einen A4 Allroad Quattro) nicht zu schätzen wüsste. Oder Klingenverriegelungen aller Art. Ganz und gar nicht. Aber im Alltag reicht mir grad eine Klinge zum Schneiden aus. Wenn ich was hebeln will, hab ich was anderes dabei, das dafür gedacht ist.
Und wenn das Messer dann noch so originell daher kommt wie das Montpellier von Cognet, dann macht es mir gleich doppelt Spaß, das Messer ganz gemächlich aus der Tasche zu ziehen, mit zwei Händen aufzumachen und etwas zu schneiden. Mit nur 33 beziehungsweise 35 Gramm Gewicht tragen die Montpelliers auch nicht auf – auch das eine Eigenschaft, die mir wichtig ist.
Herr Lantelme von Passion France (www.passionfrance.de) betreibt sein Geschäft übrigens mit großer Leidenschaft und viel Sachkenntnis. Bestimmt weiß er noch das eine oder andere über die Messer.
Hier noch die Daten, hoffe, der Kurzbericht hat euch gefallen.
Montpellier petit MCC MON 1011 CB AC
Klingenlänge: 77.0 mm
Klingenstärke (max.): 2,36 mm
Klingenmaterial: Kohlenstoffstahl
Grifflänge:104,0 mm
Griffmaterial: Horn
Gewicht: 33 g
Herstellungsland: Frankreich
Preis: EUR 99,90
Montpellier grand MCC MON 1012 CO AC
Klingenlänge: 88,0 mm
Klingenstärke: 2,64 mm
Klingenmaterial: Kohlenstoffstahl
Grifflänge: 115,0 mm
Griffmaterial: Cocobolo
Gewicht: 35 g
Herstellungsland: Frankreich
Preis: EUR 57,50
Auf der diesjährigen IWA war's geschehen. Um mich. Zumindest ein wenig. Denn als ich am Stand von Passion France vorbeigekommen bin und die Vielzahl an französischen Taschenmessern gesehen habe (schön aufbereitet mit vielen Informationen zu Herkunft, Verwendungszweck...), wusste ich: So eines brauche ich. Ist zwar nicht so, als hätte ich nicht schon das eine oder andere klassische Taschenmesser zu Hause, aber so eines eben noch nicht.
Besonders ins Auge gefallen ist mir dort schon das Montpellier, und ich habe mir zwei Modelle bestellt. Heute sind sie angekommen.
Hier mein erster Eindruck:
Einwurfeinschreiben aufgemacht, und heraus kam eine durchsichtige Tüte mit einem netten und aussagekräftigen Aufdruck zu Laguiole-Messern – danach weiß man, wie man ein Messer in Frankreich verschenkt (man erkennt's auf dem Foto ganz gut). Darin untergebracht waren die beiden Montpelliers, eingewickelt in dünne Baumwolltücher zum Reinigen der Klinge.
Ging ja schon mal nett los.
Dann die beiden Messer. Das große Montpellier mit Cocobologriff und das kleine Montpellier mit Griff aus blondem Kuhhorn. Das Montpellier stammt aus dem Süden Frankreichs und ist besonders an der Küste verbreitet. Ein Seemanns-Messer eben, das seinen Namen vielleicht von der Stadt Montpellier hat oder von einem französischen Marineschiff gleichen Namens.
Tatsache jedoch ist, dass es sich beim Montpellier um einen der ältesten Klappmessertypen Frankreichs handelt, der schon im 18. Jahrhundert gefertigt wurde. Um 1890 herum wurde es dann von der Firma M. C. Cognet aus Thiers (die auch die „Douk-Douk“-Messer machen) ins Programm aufgenommen.
Mit einem springenden Hasen und dem COGNET-Schriftzug ist die Klinge tief geätzt. Mir gefällt das Logo ausgesprochen gut.
Das Messer besteht wie das Capucin (ebenfalls ein alter Klappmessertyp) aus nur vier Teilen: Einem massiven Griff in den die Aufnahme der Klinge gesägt ist, einem Stahlpin als Klingenanschlag, der zirka vier Millimeter starken Achse und der Klinge.
Ich glaube, Horn ist die typische Griffvariante (und das blonde Kuhhorn passt gut zum Messer), aber das dunkle, geradlinig gemaserte Cocoboloholz gefällt mir auch sehr gut. Die nicht-rostfreien Kohlenstoffstahl-Klingen sind vom Rücken an flach geschliffen, die Stärken direkt am Griff liegen bei zirka 2,4 und 2,6 Millimetern (siehe Daten). Zur Spitze hin verjüngt sich der Rücken kontinuierlich, die Spitzen selbst gehen gegen 0,X Millimeter. Die maximale Klingenhöhe liegt bei 17,5 bzw. 18,5 Millimetern. Schneideffiziente Klingengeometrien ist man ja von den Franzosen gewöhnt.
Offen gehalten werden die Klingen nur über die Reibung. Auf die Haltekraft einer Rückenfeder oder gar eine Klingenarretierung muss man verzichten. Man sollte also etwas aufpassen, wenn man mit der Spitze arbeitet. Doch der Reibungswiderstand ist ziemlich hoch, beim großen Montpellier noch etwas höher – da braucht man schon ziemlich Kraft (und Zeit), um die Klinge zu öffnen oder zu schließen. Versehentlich einschnappen tut da nichts, auch wenn man mit Schwung gegen etwas stößt. Der Spinewhack-Test zumindest wurde mit Bravour bestanden.
Die Schneide verläuft nicht komplett gerade, sondern steigt im letzten Drittel leicht nach oben. Ähnlich kennt man das auch von den Santoku-Kochmessern. Wie man die Montpellier-Klingenform allerdings nennt, bei der sich der Klingenrücken in einem 30-/35-Grad-Winkel zur Spitze hin in gerader Linie absenkt, kann ich gar nicht sagen.
Viel geschnitten habe ich noch nicht mit den Messern, aber das, was ich geschnitten habe – Salami (luftgetrocknet naturellement), eine Zwiebel, später dann ein dickes Seil und ein klein wenig auch meinen Daumen (beim Entfernen des Typenklebers auf der Klinge), hat wunderbar funktioniert.
Der obligatorische Papierschneidetest hat gezeigt, dass die Schneide etwas rau ist, aber am Unterarm mussten trotzdem ein paar Haare daran glauben. Es ginge noch schärfer und feiner, aber das erledige ich bald mal mit einem Stück belgischen Brocken oder dem weißen Sharpmaker-Stick aus Keramik. Auch die Satinierung hätte noch einen Tick feiner sein können. Seitdem ich das aber mal selbst von Hand gemacht habe, weiß ich: Das kostet viel Zeit. Ich kann gut mit dem Ist-Zustand leben.
Der trapezförmige Griff, der sich zur Klinge hin verbreitert, liegt ausgesprochen gut in der Hand, obwohl er nicht allzu breit ist. Die Kanten sind gebrochen. Dass beide Messer mit Fangriemenösen ausgestattet sind, gefällt mir. Mit einem Durchmesser von 2,65 (petit) und 3,0 Millimetern (grand) muss die Leine allerdings etwas schmaler sein. 550er-Paracord dürfte nicht funktionieren, Reepschnur passt aber.
Wenn ich mehr Zeit habe, stell ich vielleicht noch ein paar Fotos rein.
Bleibt nur noch zu klären: Warum gerade diese einfachen Messer?
Ganz einfach. Weil's mir Spaß macht. Das aktuelle ADAC-Magazin macht auf mit „Die neue Lust an alten Autos“. Hätte ich mehr Geld, würde ich mir vielleicht auch ein altes Auto kaufen: Eines ohne Servo, ohne ABS, ESP und Airbags. Eines zum entspannt Rumkutschieren und vielleicht auch ein bisschen zum Angeben. Eines, das nicht jeder fährt.
Es ist nicht so, dass ich ein stabiles Messerchen wie beispielsweise das CT1 (oder um bei den Autos zu bleiben einen A4 Allroad Quattro) nicht zu schätzen wüsste. Oder Klingenverriegelungen aller Art. Ganz und gar nicht. Aber im Alltag reicht mir grad eine Klinge zum Schneiden aus. Wenn ich was hebeln will, hab ich was anderes dabei, das dafür gedacht ist.
Und wenn das Messer dann noch so originell daher kommt wie das Montpellier von Cognet, dann macht es mir gleich doppelt Spaß, das Messer ganz gemächlich aus der Tasche zu ziehen, mit zwei Händen aufzumachen und etwas zu schneiden. Mit nur 33 beziehungsweise 35 Gramm Gewicht tragen die Montpelliers auch nicht auf – auch das eine Eigenschaft, die mir wichtig ist.
Herr Lantelme von Passion France (www.passionfrance.de) betreibt sein Geschäft übrigens mit großer Leidenschaft und viel Sachkenntnis. Bestimmt weiß er noch das eine oder andere über die Messer.
Hier noch die Daten, hoffe, der Kurzbericht hat euch gefallen.
Montpellier petit MCC MON 1011 CB AC
Klingenlänge: 77.0 mm
Klingenstärke (max.): 2,36 mm
Klingenmaterial: Kohlenstoffstahl
Grifflänge:104,0 mm
Griffmaterial: Horn
Gewicht: 33 g
Herstellungsland: Frankreich
Preis: EUR 99,90
Montpellier grand MCC MON 1012 CO AC
Klingenlänge: 88,0 mm
Klingenstärke: 2,64 mm
Klingenmaterial: Kohlenstoffstahl
Grifflänge: 115,0 mm
Griffmaterial: Cocobolo
Gewicht: 35 g
Herstellungsland: Frankreich
Preis: EUR 57,50
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