Jugendkriminalität in London

propaghandi

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Spiegel Online vom 29.10.2008
Jugendkriminalität in London: Metropole der Messermörder

Statt einfach nur das abzuschreiben, was in der englischen Boulevardpresse über die Mordserie an Teenagern in London zu lesen war (siehe SPON-Artikel vom 22.10.2008 oder auch Diskussion hier), beschäftigt dieser Artikel auch mal mit den Hintergründen und Ursachen, anstatt die Parole "Messer = Mordwerzeuge" zu propagieren.

Dieser Artikel ist auch lesenwert für solche Leute, die denken, dass man mit Verboten das eigentliche Problem lösen kann!

Zur Erinnerung: Quelle Messer-Magazin, Artikel "mit dem Messer auf Reisen" (Stand 1.6.06):
In England und Irland gilt der „offensive weapon act“, der sämtliche Gegenstände, die als Waffe eingesetzt werden können, als verbotene Gegenstände klassifiziert. Unter dieses Gesetz fallen auch alle Messer sowie geschliffene und spitz zulaufende Werkzeuge. Diese Gegenstände dürfen auf keinen Fall auf öffentlichem Gelände und insbesondere nicht in Städten bei sich geführt werden. Damit sind natürlich auch Springmesser, Butterflymesser, Stockdolche, Gürtelschließenmesser, Messer aus Hartplastik etc. verboten.
Zweckgebundenes Tragen einfacher Klappmesser ohne Arretierung mit einer Klingenlänge von bis zu drei Zoll (7,6 cm), beispielsweise bei der Arbeit oder beim Wandern und Angeln, ist grundsätzlich erlaubt. Es gilt jedoch der Ermessensspielraum der Beamten und der Grundsatz des „legal reason“. Die Sicherung von Messern während des
Transports ist unbedingt zu beachten. Bewahren Sie Ihr Messer so auf, dass Sie keinen direkten Zugriff darauf haben.
 
Guten Morgen! Am Beispiel Großbritanniens zeigt sich wiedermal deutlich, mit welch fadenscheinigen Mitteln versucht wird, einer völligen Hilflosigkeit zu begegnen, deren Ursache nicht darin begründet liegt, daß es Messer und Schußwaffen gibt, sondern die in einer sozio-emotionalen Verwahrlosung, welche schwer greifbar ist. Hilflosigkeit insofern, als man einfach kein anderes Mittel als das des Verbotes der "schädigenden Objekte" (also Waffen) hat. Daß nicht die Waffe, sondern der Handhaber derselben den Schaden anrichtet, ist manch Hirntoten offensichtlich noch nicht klar; anderen jedoch sehrwohl, sie stehen halt aus Gründen der erwähnten Hilflosigkeit, aber auch aus Gründen der "Political Correctness" ( Man unternimmt ja was...) hinter dieser Doktrin.
Ich habe fast fünf Jahre in Schottland/Glasgow gelebt und unterrichtet und erlaube mir zu behaupten, daß ich einen sehr guten Einblick in die Situation gewonnen habe.
Das ausschlaggebende Moment einer restriktiven Waffengesetzesnovelle in GB war das Massaker an einer Volksschule im schottischen Dunblane am 13.3.96, bei dem ein geistig Verwirrter 15 Kinder und eine Lehrerin erschoß. Daraufhin wurden ALLE Faustfeuerwaffen ausnahmslos verboten, aufdaß so etwas niewieder vorkommen könne. Als Alternative hat jemand in einem Vorort von Glasgow (Clarkston) sich seiner Nachbarschaft entledigt, indem er die Gasleitung manipuliert hat... Gasleitungen verbieten?
Das Mit-dem-Auto-in Gruppen-Rasen erfreut sich "dort oben" immer größerer Popularität. Autos verbieten?
Ach ja, da wären dann noch die Messer. Glasgow, oder Schottland überhaupt hatte seit jeher eine Kultur der "schnellen Messer", manch einer nennt sie die Sizilianer des Nordens, woran schon was Wahres ist.
Sie selbst bezeichnen es als "Scottish knife-culture" und als solche findet man diesen Begriff auch in den Medien. Messerstechereien waren und sind speziell in den Großstädten an der Tagesordnung. Glasgow liegt darin europaweit an der Spitze.
Messer weg, Kriminalität weg?
Vonwegen. 2003 (?) wurde das Tragen von Messern in der Öffentlichkeit (auch auf dem Lande, oftmalige Diskrepanzen mit z.B. Fischern!) mit bis zu 2 Jahren Haft bedacht. Ich selbst kam mit einer Verwarnung und 80 Pfund(120€) Geldbuße für das Tragen eines Leatherman noch glimpflich davon. "Ausländervorteil", nehm ich an.
Die diesbezüglich Deliktrate ist aber seither um knappe 30% gestiegen.
Schußwaffengebrauch: Trotz Verbot um das Zweieinhalbfache! gestiegen.
Fazit: Kriminelle Energie kann nicht durch sinnlose Symptombekämpfung abgefangen werden. Beschnitten werden im Gegenzug Leute mit legetimem Anspruch auf Waffen. Lichtscheue Elemente und Personen mit böswilligem Sinnen werden immer ihre Mittel zur Tatausübung besitzen, und im Affekt bewährt sich ohnedies praktisch jeder andere Gegenstand auch. Da können die Parlamentarierköpfe beschließen und verbieten, was sie wollen.
 
Moin Rick,

vielen Dank für diese "Insidereinblicke". Ich gebe Dir vorbehaltlos Recht, was ich an dieser gesamten Diskussion allerdings schwierig finde bzw., was meiner Meinung nach zu kurz kommt, ist der Umgang mit den (berechtigten) Ängsten der "normalen" Menschen. Das Verbote nichts bringen, wird durch die von Dir genanten Fakten sehr deutlich, durch den Wegfall der Verbote würde sich allerdings auch nichts zum Guten wenden.
Von daher halte ich die Kritik und Diskussion unter den "Messerfreunden" zwar für berechtigt, mehr als die Vertretung des Eigeninteresses sind sie aber auch nicht. Die entscheidende Frage ist für mich, ob eine Staat überhaupt Herr dieser Probleme werden kann, oder was dazu gesamtgesellschaftlich notwendig wäre, was auch die Messerbefürworter einschließt, allerdings nicht auf der Ebene ihres Hobbys.
 
Grüß Dich, Nick!
Da geb ich Dir vollkommen Recht, mein Beitrag sollte nur untermauern, daß der juridische und mediale Aufzug total an der Sache vorbei geht. Sozialpolitische Hintergründe für eine steigende Kriminalität zu durchleuchten ist hier nicht angesagt.
UNSER Herantreten an die Sache vielmehr.
Desöfteren begegne ich Leuten, die andere, die sich für Waffen bzw. Messer interessieren, mit Skepsis oder belächelnd, wenn nicht sogar angewidert gegenübertreten. Ich hab's aber fast immer noch geschafft, diese Klientel durch Veranschaulichung meines Handwerkes soweit zu bringen, daß sie die Arbeit und die dafür benötigten Fertigkeiten sehen und somit eine gewisse Wertschätzung dessen, was man da so macht ohne meuchelnd durch dunkle Gassen zu ziehen, entgegenbringen. Manche kann man auch durchaus dafür interessieren ( ich hab auch schon Messer für das "schwache Geschlecht" hergestellt).
Und genau darin liegt der Punkt:
Das Herstellen und Verwenden von Messern zu entmystifizieren und durch das Erklären, Veranschaulichen und Herangehen an Skeptiker (auch medial und öffentlich) zu zeigen, daß unser Handwerk nicht unbedingt Rückschlüsse auf Gewaltbereitschaft udgl. zuläßt. Dadurch ergibt sich fast automatisch die gewünschte Diskrepanz zu den Combat-geilen Narren, mit denen wir noch immer zu oft gleichgesetzt werden.
 
Das Verbote nichts bringen, wird durch die von Dir genanten Fakten sehr deutlich, durch den Wegfall der Verbote würde sich allerdings auch nichts zum Guten wenden.

Sehr wahrscheinlich aber auch nichts zum Schlechten.
 
Richtig, Moe, was aber zeigt, dass nicht nur die Legislative, sondern vielleicht auch wir uns an den falschen Stellen aufreiben.
Weder bringen dem Staat Verbote etwas, noch uns der Wegfall dieser (außer natürlich dem berechtigten Interesse selber entscheiden zu können, was für ein Messer wir benutzen). Dem Ansehen der Nutzer dieses Forums bringt es aber nichts. Gut, viele wird das auch nicht interessieren, mein persönlicher Anspruch sieht anders aus, da gehe ich konform mit rick, dass dazu mehr gehört als das Pochen auf das indivduelle Recht.
 
Richtig, Moe, was aber zeigt, dass nicht nur die Legislative, sondern vielleicht auch wir uns an den falschen Stellen aufreiben.
Weder bringen dem Staat Verbote etwas, noch uns der Wegfall dieser (außer natürlich dem berechtigten Interesse selber entscheiden zu können, was für ein Messer wir benutzen). Dem Ansehen der Nutzer dieses Forums bringt es aber nichts. Gut, viele wird das auch nicht interessieren, mein persönlicher Anspruch sieht anders aus, da gehe ich konform mit rick, dass dazu mehr gehört als das Pochen auf das indivduelle Recht.

Aber hola bringt der Wegfall unnützer Verbote was. Mehr Freiheiten nämlich. Duh.

Keno
 
Lies meinen Beitrag ;)

Mir ging es auch mehr um die Aspekte der gesellschaftlichen Anerkennung bzw. Ablehnung und gleichzeitigen Möglichkeiten unsererseits, außerhalb der rechtlichen Situation daran mitzuwirken.
 
Dadurch ergibt sich fast automatisch die gewünschte Diskrepanz zu den Combat-geilen Narren,
Man ruft nach mir? :)
Das Wort "Narr" höre ich immer gerne.

Aspekte der gesellschaftlichen Anerkennung bzw. Ablehnung
Ich gedenke nicht, meine Vorlieben wegen sheepeliger Befindlichkeiten zu ändern.

Und wie Keno schon so treffend bemerkte:
Der Wegfall unnützer Verbote bringt zumindest einen Hauch von Freiheit. Und von mir aus können auch fast alle "nützlichen" Verbote wegfallen.

Bis denne!
Frank
 
Auch wenn es niemand lesen will und ich mich damit selbst in´s Aus schieße:
Weniger Waffen im Volk bedeuten fast immer und überall einen Anstieg der Kriminalität, während liberale Waffengesetze fast immer und überall die Kriminalität eindämmen.
Man stelle sich die Gesichter einer besonders coolen, messerschwingenden Jugendgang vor, wenn die auf einmal in die Mündung einer .45 schauen müßten...
 
Auch wenn es niemand lesen will und ich mich damit selbst in´s Aus schieße:
Weniger Waffen im Volk bedeuten fast immer und überall einen Anstieg der Kriminalität, während liberale Waffengesetze fast immer und überall die Kriminalität eindämmen.
Man stelle sich die Gesichter einer besonders coolen, messerschwingenden Jugendgang vor, wenn die auf einmal in die Mündung einer .45 schauen müßten...

Auch wenn ich das gerne anders sehen würde, das glaube ich dir einfach nicht.

Eine Großstadt wie New York wird nicht auf einmal harmloser, wenn man alle Waffen erlauben würde. So einfach läuft das nicht, da spielen mehr Faktoren mit rein. Auf dem Land [in Texas zB] sieht's nunmal anders aus als in der Stadt, das einfach nur an Waffen Legal/Illegal festmachen zu wollen, reicht nicht.

Man kann natürlich argumentieren, dass man für mehr Eigenverantwortlichkeit und Freiheit ist; aber einfach jedem eine Wumme in die Hand drücken ändert nichts daran, dass viele Menschen auf wenig Raum nunmal häufiger in Interessenkonflikte miteinander geraten ;)

Gruss, Keno
 
Auch wenn es niemand lesen will und ich mich damit selbst in´s Aus schieße:
Weniger Waffen im Volk bedeuten fast immer und überall einen Anstieg der Kriminalität, während liberale Waffengesetze fast immer und überall die Kriminalität eindämmen.
Man stelle sich die Gesichter einer besonders coolen, messerschwingenden Jugendgang vor, wenn die auf einmal in die Mündung einer .45 schauen müßten...
Na das hatten wir doch erst letztens - an meiner Meinung hat sich da im übrigen nichts geändert

http://www.messerforum.net/showthread.php?t=58864&highlight=%2Akriminalit%E4t%2A

Weniger Waffen bedeuten eben NICHT mehr Gewalt und mehr Waffen bedeuten NICHT mehr Sicherheit - auch wenn sich das manche gerne einreden
 
@Hasenfuss:

Deine Ansicht läßt sich aber auf die USA nicht wirklich anwenden:

Liberale Waffengesetze und hohe Kriminalität!

Die liberalen Waffengesetze haben - bei entsprechendem sozialen Hintergrund - eher zu einem Wettrüsten geführt ... bei Deinem Beispiel mit der .45 wird Dir in manchen Gegenden der USA wahrscheinlich das gleiche vor die Nase gehalten und auch verwendet!

Kriminalität, im speziellen Gewaltkriminalität, hat mMn nur entfernt mit liberalen oder nicht liberalen Waffengesetzen zu tun. Auch nichts mit der Verfügbarkeit von Waffen - siehe GB, steht legales nicht zur Verfügung werden halt illegale Waffen oder anderes eingesetzt.


C.
 
@Hasenfuss:

Deine Ansicht läßt sich aber auf die USA nicht wirklich anwenden:

Liberale Waffengesetze und hohe Kriminalität![...]

Die USA pauschal zu beurteilen, ist mindestens ebenso falsch.

Keno
 
Auch wenn ich das gerne anders sehen würde, das glaube ich dir einfach nicht.

Eine Großstadt wie New York wird nicht auf einmal harmloser, wenn man alle Waffen erlauben würde. So einfach läuft das nicht, da spielen mehr Faktoren mit rein. Auf dem Land [in Texas zB] sieht's nunmal anders aus als in der Stadt, das einfach nur an Waffen Legal/Illegal festmachen zu wollen, reicht nicht.

Man kann natürlich argumentieren, dass man für mehr Eigenverantwortlichkeit und Freiheit ist; aber einfach jedem eine Wumme in die Hand drücken ändert nichts daran, dass viele Menschen auf wenig Raum nunmal häufiger in Interessenkonflikte miteinander geraten ;)

Gruss, Keno

Es geht sicher nicht darum, jedem dahergelaufenen Spinner eine Kanone in die Hand zu drücken. Wenn ich aber besonnenen Menschen nach einer entsprechenden Ausbildung (z.B. ein Kurs bei der Polizei) das Recht zugestehe, eine Waffe in der Öffentlichkeit zu führen, hat das überhaupt keine negativen Auswirkungen auf die Sicherheit seiner Mitmenschen, sehr wohl aber auf das seelische Gleichgewicht eines Kriminellen, der betreffende Person überfallen will.

Sicherlich hängt die Kriminalitätsrate nicht ausschließlich mit der Zahl der legalen Waffen und den Waffengesetzen zusammen. Aber ich glaube, daß der Anteil nicht unwesentlich ist.

Hasenfuss

Ps.: in der Stadt New York ist der private Waffenbesitz praktisch verboten. Man braucht einen Waffenschein für alle Arten von Waffen und diese sind nicht einfach zu bekommen.
 
`Hat jetzt nur mehr entfernt mit der Jugendkriminalität in London zu tun, aber glaubst Du im Ernst ein Räuber läßt sich von einem Überfall abhalten, nur weil er mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 zu mehreren Tausend damit rechnen muß, auf einen besonnenen, bewaffneten Menschen mit Ausbildung zu treffen...? Das seelische Gleichgewicht eines Räubers ist ohnehin schon vor dem Entschluß zum Überfall beeinträchtigt...:argw:

Leider habe ich keine Zahlen zur Verfügung, aber die Anzahl der Raubüberfälle, die sich durch bewaffnete Opfer verhindern lassen würden, schätze ich verschwindend gering.

Zum Thema London:

Sowie trotz Verboten und Gesetzen Drogen eingenommen werden, werden auch weiterhin Gewaltdelikte verübt werden, egal welche gesetzlichen Regelungen und Einschränkungen beschlossen werden. Ob sich Jugendliche in London erstechen, tottreten oder sonst irgendwie kriminell betätigen, hat kaum etwas mit der Gesetzgebung zu tun. Die abschreckende Wirkung eines Gesetzes ist in manchen Bereichen einfach nicht mehr gegeben. Selbst die extremsten amerikanischen Gesetzgebungen haben das gesellschaftliche Problem der Gewaltkriminalität nur dahingehend beeinflußt, daß die Gefängnisse überfüllt sind und die Kriminalität weiterhin gleichbleibt. Das ist zwar eine Teillösung im Sinne einer Verlagerung aber nicht die Lösung für die sozialen, gesellschaftlichen und sonstigen Probleme, welche Gewaltkriminalität entstehen lassen.


C.
 
Last edited:
Hm...kleine Anmerkung von mir zum Artikel...
darin ist von 14000 Fällen mit STich- und SChnittverletzungen die Rede...
ich schätze aber mal, dass da auch die privaten Unfälle miteingerechnet wurden, steht zumindest sonst nix dabei :rolleyes: oder hab ich was übersehen?
Jaja, wie einfach man die Realität verdreht...
 
Ein Schusswaffe ist und bleibt genau das, eine Waffe. Und eine Waffe dient fast nur dem einen Zweck.

Aua, das erklär mal den Sportschützen ...

Aber ich stimme zu, dass die Diskussion hier nix mehr bringt.

Grüße,
Steffen
 
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