BÖKER Titan Defender

pitter

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"Der Defender verteidigt höchste Ansprüche!" schreibt die Firma Böker auf ihrer Webseite. Na, gerade noch die Kurve bekommen. Warum jetzt schon ein ganz normales Taschenmesser, dem explizit jeder Waffencharakter abgeht, begrifflich in die Nähe von Kampfmesser/Messerkampf Themen gerückt werden muss, bleibt das Geheimniss des Marketings. Der ganze Einsatzkommando-Tactical Sprech läuft den Befindlichkeitsdiskussionen rum um die waffenrechtliche Beurteilung von Taschenmessern genau ins Messer ;) und ist bei den auch in Zukunft sicher notwendigen Diskussionen mit den politisch verantwortlichen alles, nur nicht hilfreich. Wenns denn wenigstens ein Kampfmesser wäre..., aber so? Ich nenn mein großes Küchenmesser jetzt auch "Schlitzer". Gibt eine männlich aggressive Note. Und ist wenigstens deutsch.

So, das wurde gesagt. Damit ist über das Defender allerdings auch (fast) schon alles negative gesagt. Oder andersherum, wenn mir jemand vor drei Jahren gesagt hätte, dass ein Messer wie das Defender von Böker kommt, ich hätte es nicht geglaubt.

Das Defender kommt in einer Qualität und Haptik, wie man sie aus besten Microtech und Konsorten Zeiten kannte. Aber erstmal zu den Spezifikationen:

  • Gesamtlänge: 20,4 cm
  • Klinge: 8,6 cm, Böhler N690BO
  • Klingenstärke: 35 mm
  • Griff: Titanplatinen, Stärke 2,5mm. Titan Backen, G10 Griffschalen
  • Verschluß: Liner Lock
  • Besonderheit: Glasbrecher am Griffende
  • Gewicht: 167 g.
  • UVP: EUR 299.-

Das Design des Defender stammt von dem Messermacher Armin Stütz (Steirer Eisen) aus Österreich. Und so fühlt es sich auch in der Hand sofort an - eher wie ein Handmade, als ein Serienmesser.

Ergonomie

Das Defender liegt durch die ausgeprägten Griffmulden sehr angenehm und fest in der Hand. Alle Kanten sind sauber abgerundet, da drückt und zwickt nichts. Die Struktur der G10 Schalen ist ausreichend rutschsicher, fühlt sich aber sehr angenehm und nicht scharfkantig an. Durch den breiten Rahmen - die starken Titanliner und die Schalen addieren sich auf stolze 16mm - liegt auch der Daumen satt am Griffrücken auf. Nach vorne verhindert die Rundung der geöffneten Klinge, dass der Daumen abrutscht. Eine Riffelung hat die Daumenauflage nicht, man hat das Messer aber trotzdem sehr sicher in der Hand.

Auch wenn man den Glasbrecher nutzen will, liegt das Defender sehr fest und bequem in der Hand. Das Messer ist groß genug, so dass der Glasbrecher mit sicherem Abstand aus der Hand ragt - das gilt zumindest für meine mittelgroßen Hände.

Die beidseitigen Daumenhebel liegen günstig, so dass man die Klinge problemlos mit einem Schwung auf bekommt. Der Liner lässt sich gut entriegeln - er ragt leicht über die gegenüberliegende Griffschale, so dass man mit dem Daumen auch gut rankommt. Wenn man die Kligen mit viel Schwung in den Anschlag knallt, beisst sich der Titan Liner aber recht stark an der Rampe fest. Da brauchts dann schon recht viel Kraft zum Entriegeln. Geschmacksache - jedenfalls hält der Liner hinter der Klinge. Etwas Graphit auf den Liner kann helfen, bis sich der Verschluß durch den Gebrauch mal eingespielt hat.

Der Clip hält das Messer recht gut in tip-up Position in der Tasche, die Spannung des Clips ist praxisgerecht gewählt. Durch die gebogene "Schlaufe" bis hinter die Verschraubung sitzt das Defender auch recht unauffällig tief in der Tasche. Der Clip ist allerdings nicht umsetzbar.

Haptik/Verarbeitung

Tja nun, massiv eben. 2.5mm Titanplatinen haben fast Framelock Stärke. Durch die massiven Platinen kann der Rücken weitestgehend offen bleiben, ohne an Stabilität zu verlieren. Nur im hinteren Bereich ist ein geriffelter Abstandshalter eingesetzt und von beiden Seiten verschraubt. Der Abstandshalter nimmt auch den Glasbrecher auf.

Die Verarbeitung insgesamt ist sehr sauber, gebrochene Kanten, sauberes Finish. Die Klinge ist im Bereich der Anschliffe sehr ordentlich poliert, auch auf dem Klingenrücken. Der Rest der Klinge ist satiniert. Ich habs ja nicht so mit polierten Klingen. Kratzer kommen eh rein. Rein technisch gesehen, bietet die glatte Oberfläche weniger Ansatzpunkte für Korrosion. Und es sieht, zusammen mit dem Kontrast der satinierten Bereiche edel aus. Beim Fotografieren wirds allerdings etwas zäh ;), will man die Politur auch im Bild zeigen.

Der Klingengang ist sehr sauber und ohne Spiel. Auch verriegelt sitzt die Klinge bombenfest. Der Liner steht dabei satt in der ersten Hälfte der Klingenrampe. Im hinteren Bereich ist der Liner ausgefräst. So wird die Spannung der Titanfeder auf ein sinnvolles Maß reduziert. Würde die Federkraft eines 2.5mm Liner voll auf die Klinge wirken, bräuchte man beim Entriegeln entsprechend viel Kraft. Zudem würde der Detentball permanent sehr stark auf die Klinge drücken, was die Klinge schwergängier laufen lassen würde.

Ein massiver Stoppin sorgt für den offenen und geschlossenen Anschlag. Der Anschlag bei offener Klinge ist so konstruiert, das am Klingenende keine Rampe für den Anschlag notwendig ist. Nur eine kleine Mulde in der Klingenwurzel schlägt am Stoppin an. Ohne die oft übliche Anschlagrampe wirkt das Defender auch im geschlossenen Zustand im vorderen Griffbereich harmonisch und rund, die Klingenwurzel liegt vollständig innerhalb des Griffs.

Der Detentball hält die Klinge ausreichend fest und spielfrei im Rahmen.

Böker schreibt in der Beschreibung des Defenders von Bronzewashern. Nach dem Öffnen habe ich deswegen erstmal dumm gekuckt, als ich die weissen Teflonscheiben gesehen habe. Im Defender werden vier Gleitscheiben eingebaut :ahaa:, zum Rahmen hin Teflon-, zur Klinge hin jeweils Bronzewasher.

Die gesamte Konstruktion des Defender ist sehr präzise gemacht. Auch nachdem ich das Messer zerlegt und wieder zsuammengebaut hatte, funktioniert das Defender wie im Neuzustand und die Klinge liegt geschlossen weiterhin genau mittig. Kein Noddeln nötig, die Teile passen zusammen, wie Lego :) Recht praktisch ist auch, dass sich das ganze Messer mit einem einzigen Werkzeug zerlegen lässt.

Klinge

Böhler N690 ist in etwa vergleichbar mit 440C, plus ein wenig Kobalt. Böker verwendet für das Defender N690BO, laut Böker eine spezielle Legeriung, die Böker zusammen mit Böhler spezifiziert hat. Wird schon alles so sein - so groß sind die Unterschiede bei den aktuellen guten Chromstählen nun nicht, dass ich mir da lange Gedanken machen müsste. Die Klinge kommt sehr sauber mittig und rasiermesserscharf geschliffen, das Finish ist, wie oben schon angesprochen, perfekt.

Auch die Klingenform kann gefallen. Sie passt von den Proportionen gut zu Messer. der Griff wird für eine maximale Klingenlänge gut ausgenutzt, die Klinge reicht geschlossen bis sehr knapp vor dem Glasbrecher. Der obere Klingenanschliff ist nicht geschäft, bis zur Spitze bleibt circa 1mm stehen, so dass die Spitze nicht allzu fragil ausfällt.

Fazit

Stabil gebaut, gefälliges Design und hochwertiges Material. Mir wäre das Defender für die Hosentasche schon fast zu wuchtig, Freunde etwas massiverer Taschenmesser kommen aber auf ihre Kosten. An der Verarbeitung gibt es beim Defender nichts zu meckern. Dass der Titanpreis in den letzten Jahren stark angezogen hat, ginbg am Defeder jedenfalls vorbei.

Der Wunsch, dass aus Solingen stabile Messer in einem aktuellen Design kommen sollen, war ja auch aus diesem Forum nicht gerade leise. Das Defender kann dem voll entsprechen, und setzt die Reihe der Neuerungen, die Böker in den letzten beiden Jahren auf den Markt gebracht hat, sehr positiv fort.

Auch der Preis ist dem gebotenen angemessen. Bleibt auch hier zu hoffen, dass das Konzept erfolgreich weiterläuft, und auch der Handel mitspielt.

Danke an Marc Götzmann für das Testmuster!
 

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Und ein paar Details
 

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Gefällt mir sehr gut, ist aber ein ziehmlicher Brocken.
Freut mich, daß es endlich gescheite Messer "Made in Germany" zu kaufen gibt:super:
 
Kann mich nur anschließen, das Messer gefällt mir auch. Da hat man wenigstens mal etwas in der Hand ;-).
 
Aber *Hallo* das ist ja ein wirklich tolles Messer!
Vom Gewicht her betrachtet ist es so ziemlich die Obergrenze dessen, was ich im Alltag tragen möchte, aber der von dir beschriebene Gesamteindruck ist überzeugend.
Den "fetten" Lockbar aus Titan finde ich toll.

Danke für das aussagekräftige Review mit den gewohnt tollen Bildern!
 
Mir eschließt sich der Sinn der doppelten Washer nicht, hat jemand eine Erklärung? Marc?
 
Mir eschließt sich der Sinn der doppelten Washer nicht, hat jemand eine Erklärung? Marc?

Bin zwar nicht Marc, hätte aber eine. Böhler gibts nicht in beliebigen Stärken, alles runterschleifen ist zu aufwändig, -> Klingenstärke steht fest. Bronzebleche gibts nicht in beliebigen Stärken, passt nicht zur Klingenstärke, mit Teflon dazu geht sichs aus genau. Wäre ne Erklärung, obs die richtige ist, keine Ahnung.

Praktisch ists Jacke wie Hose.

Peter
 
Bin zwar nicht Marc, hätte aber eine. Böhler gibts nicht in beliebigen Stärken, alles runterschleifen ist zu aufwändig, -> Klingenstärke steht fest. Bronzebleche gibts nicht in beliebigen Stärken, passt nicht zur Klingenstärke, mit Teflon dazu geht sichs aus genau. Wäre ne Erklärung, obs die richtige ist, keine Ahnung.

Praktisch ists Jacke wie Hose.

Peter

Spacer und/oder Achse kann man aber anpassen. Was jetzt billiger wäre weiß ich aber net. Theoretisch Achse und Spacer.
 
Superteil, gefällt mir sehr gut!

Letztes Jahr um diese Zeit wäre die Bestellung schon raus.


Aber dieses Jahr...grummel, murmel...nicht noch ein Einhandmesser für zu Hause, sorry.
 
Mir eschließt sich der Sinn der doppelten Washer nicht, hat jemand eine Erklärung? Marc?

Ich meine dass Teflon washer ist dort denn das Titan verklemmst sich (schlechtes Wort? Wie nennst du die Eigenschaft für das Titan ist benütz für linerlock und framelock - dass es nicht gleiten gut über andere Metalle) mit andere Metalle was würde schwere Öffnung verursachen.
 
Ich meine dass Teflon washer ist dort denn das Titan verklemmst sich (schlechtes Wort? Wie nennst du die Eigenschaft für das Titan ist benütz für linerlock und framelock - dass es nicht gleiten gut über andere Metalle) mit andere Metalle was würde schwere Öffnung verursachen.

Die Washer drehen sich aber nicht mit, bei keinem Messer. Das einzige bewegende Teil ist die Klinge. Somit macht es keinene Sinn, eigentlich.
 
Das Defender war für mich seit Erscheinen des Katalogs das erste Bökermesser seit langem, das mich aufhorchen ließ.
Und nach Pitters Bericht habe ich es mir jetzt bei einem Händler erwartungsvoll angeschaut.
Aber, wie schon so oft bei Böker: sie kriegen es nicht hin.
Der Detent im geschloßenem Zustand war 2-fach. Soll heißen, die Bohrung für die Linerkugel ist wohl ungenau, sodaß das Messer nicht ordentlich verriegelt und teilweise die Spitze bei wie gesagt "geschloßenem" Messer freiliegt. Der Clip lag nicht auf der Griffschale auf und war somit viel zu lasch. Wiedermal klar ein Zeichen, daß die Qualtätskontrolle versagt.
Fazit: ein klares no buy. Vielleicht irgenwann einmal in ferner Zukunft wieder ein Böker???............
 
Hallo, einen Gruß an alle,
ich bin erst seit kurzem angemeldet und viel am Lesen.
Zum Defender:
Ich besitze seit kurzem ein Defender und kann sagen, dass es sehr passgenau verarbeitet ist. Nichts wackelt, alles sitzt dort, wo es hingehört.
Der Beschreibung von Pitter kann ich mich nur anschließen
 
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Hallo,
trage mich mit dem Gedanken, mir so ein Teil zuzulegen...
gibts mittlerweile noch mehr Erfahrungsberichte evlt auch Bilder?
Wie ist das mit der Schnitthaltigkeit des Böhler-Stahls?
 
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