Tutorial: Lederscheiden bauen

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Hallo Zusammen,

da ich in letzter Zeit wieder mal ein paar Lederscheiden gebaut habe, dachte ich mir, ich könnte ja mal ein Tutorial machen.
Ich baue die Lederscheide auf MEINE umständliche Art :) Man kann das alles noch viel einfacher und eleganter machen, aber dazu habe ich im Moment nicht die Möglichkeiten.
Trotzdem sind Verbesserungsvorschläge immer willkommen!

Ich habe Wasserbüffelleder verwendet. Das Leder ist 4 – 5mm stark und saumäßig zu verarbeiten. Total zäh und störrisch, aber ich habe noch soviel davon, und wollte mir jetzt noch kein neues Leder kaufen. Außerdem werden die Scheiden sehr robust und formstabil.


Ok, dann fang ich mal an:

Als erstes habe ich die Messerform grob auf ein Stück Papier übertragen. Hier sollte man schon drauf achten, dass man Gürtelschlaufe auf die richtige Seite zeichnet. Ich habe die Scheide so gebaut, dass ich sie auf der rechten Körperseite tragen kann, die Schneide zeigt dabei nach hinten.

CIMG4615.jpg



Dann das Papier ausschneiden und der Messerform anpassen, man merkt dabei schnell, dass man am Griff etwas mehr Leder braucht als an der Klinge.

CIMG4617.jpg



Da wo das Leder gefaltet werden soll, habe ich eine Kerbe in etwa 1/3 der Leserstärke eingeschnitten. Dadurch wird die „Faltkante“ etwas spitzer.

CIMG4624.jpg



Als nächstes weiche ich das Leder in gut handwarmen Wasser ein. Ab jetzt sollte man (besonders bei pflanzlich gegerbtem Leder) darauf achten keine Fingernagelabdrücke oder ähnliches zu hinterlassen. Die gehen nämlich nicht mehr raus.
Durch das einweichen kann das Leder viel besser dem Messer angepasst werden. Außerdem hinterlässt die Schneide einen Abdruck auf der Fleischseite, so dass man in etwa abschätzen kann, wie die Naht verlaufen soll. Sollte der Klingenabdruck nicht deutlich genug sein, das Leder einfach mal über die „Schneide biegen“.

Am Griffstück habe ich beim Anpassen zusätzlich noch ein Stück Leder gelegt, da hier später der Keder noch hin kommt.

CIMG4628.jpg


Die Klingenform mit einem Stift nachziehen und in einem kleinen Abstand (ca. 5mm) die Nahtlinie zeichnen.
Um den Nahtabstand gleichmäßig hinzubekommen habe ich die Abdrücke einfach mit den Zinken einer Gabel gemacht, klappt sehr gut. (Mit einem Nahtlochabstandsmarkierer geht’s aber einfacher :) )

CIMG4631.jpg



Die Löcher habe ich mit einer selbstgebauten Ahle (angeschliffene Fahrradspeiche) alle per Hand gebohrt. Ist eine gute Geduldsübung. Die Arbeit kann man sich deutlich vereinfachen, wenn man die Ahle in ein Holzheft steckt, oder die Löcher direkt mit einer Standbohrmaschine oder Dremel und einem 1mm-Bohrer bohrt.
Ich fange mit den Löchern immer auf der Vorderseite an. Beim Übertragen der Löcher auf die Rückseite kann es schon mal etwas unregelmäßiger werden. Aber auf der Rückseite ist mir das nicht sooo wichtig.

Zwischenzeitlich noch den Keder herstellen. Er dient als Durchschnittschutz für den Faden und passt die Scheide etwas der Klingendicke an.

CIMG4632.jpg



Zuerst übertrage ich die Löcher auf den Keder, und von dem auf die Rückseite. Ist umständlich und nicht so genau, aber ich habe noch keine bessere Methode gefunden (ausser der mit der Standbohrmaschine)

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Da wo die Naht nachher herläuft habe ich das Leder etwas eingetieft. Hierfür eignet sich der große Schraubenzieher am Schweizer Messer ganz gut. Dadurch liegt die Naht nicht auf und ist besser gegen Durchscheuern geschützt. Außerdem gefällts mir besser. Bei Orthopädischem Leder kann man den Schritt weglassen, da schneidet sich der Faden von alleine ganz gut ein.

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Dann das Nähen:
Als Faden nehme ich gewachste Kunstsehne wie sie für den Bogensehnebau verwendet wird (Brownell B50). Sie ist sehr reißfest und verrottet nicht.
Ich nähe mit zwei Nadeln die sogenannte Sattlernaht. Den Faden sollte man mindestens drei mal solang wählen, wie die Naht lang ist. Bei so dickem Leder besser vierfach oder länger.
Ich nähe immer von „unten nach oben“. Das Fadenende versuche ich immer zwischen den Lderschichten zu verstecken, dafür muss man aber einmal zurücknähen. Hier hat das nicht geklappt, ich bin mit der Nadel nicht mehr durch die Löcher gekommen.
Ich musste eh oftmals die Zange zu Hilfe nehmen, um die Nadel vollständig durchs Leder zu bekommen. Das liegt am „Löchermachen“ mit der Ahle. Hier bei wird das Leder nur verdrängt, und nicht wie beim Bohren entfernt.

CIMG4651.jpg



Wenn die Naht fertig ist, das Messer in die Scheide stecken und den überstehenden Rand abschneiden (klappt super mit dem Ankermesser). Um den Abstand schön gleichmäßig hinzubekommen, habe ich mit dem Fingernagel parallel zur Naht eine kleine Kerbe gedrückt.

CIMG4653.jpg



Jetzt noch die Kanten glätten. Dazu eignet sich jedes glatte Stück Holz. Ich mach das immer mit meinem umgeschliffenen Opinelgriff.
Das Leder sollte beim Glätten noch feucht sein. Wenn es schon zu trocken ist, einfach noch mal nass machen.

So, und so sieht die Scheide dann aus:

CIMG4666.jpg



Auf eine „normale“ Schlaufe habe ich diesmal verzichtet, ich wollte mal was anderes ausprobieren.

CIMG4667.jpg



Wenn man allerdings eine normale Gürtelschlaufe machen möchte, muss man sie VOR dem Zusammennähen fertig haben! Nachher geht’s nicht mehr.
So wie hier:

CIMG4702.jpg



Anschließend forme ich die Scheide noch mal dem Messer an und lasse sie trocknen. Das dauert bei mir immer so um die drei Tage. Achtung: wenn man jetzt das Messer in der Scheide lässt, können C-Stähle rosten, bzw. Das Griffholz kann aufquellen!

Wenn das Leder trocken ist behandle ich es mit Bienenwachs . Damit der besser einziehen kann, erwärme ich die Scheide mit einem Fön.

Das wars!

Ich hoffe dem einen oder andern hats etwas geholfen!
Ciao, Basti
 
Tolles Tutorial!

Der Einfall mit der Gabel zum Loch markieren wäre mir nie gekommen.:super:

Werd ich mal an meinem neuesten Selbstgebauten ausprobieren.

Ookami

PS: Was ist das für ein Messer? Sieht gut aus.
 
:DIch hätte gehofft es verrät nie wer.:D

Geheimwissenschaften und so.........................

Genauso gehts, und ich finde für mich,daß das mein bester Schweizer Einsatz ist.
Die Gabel ist für mich auch unverzichtbar.

An der Form kann man dann noch etwas basteln, aber die Arbeitsschritte :super:
 
Schönes Tutorial!

Oh mann...auf die Idee mit der Gabel bin ich auch noch nicht gekommen:p. Gleich mal an den Küchenkasten schleich...

Ich nehm immer nen Anreißzirkel, so is auch der Lochabstand einstellbar.

Scheena Gruß
Steffe
 
Toll:super::super:, Ideenreiches und schön gemachtes Tutorial, vielen Dank.
Das mit der Gabel ist wirklich ein Ding:ahaa: die Idee hat ich auch noch nicht.

Tschau Torsten
 
Ich weiß zwar wie man Lederscheiden baut, aber dein Tutorial ist einfach klasse!
Ich habe mir schon überlegt wie ich den Nahtabstand erhöhen kann, wollte schon wieder Geld ausgeben, doch dank deiner Idee mit der Gabel habe ich es mir nun gespart :)
 
Um den Nahtabstand gleichmäßig hinzubekommen habe ich die Abdrücke einfach mit den Zinken einer Gabel gemacht, klappt sehr gut.

Hallo Basti,

die wirklich genialen Dinge sind die kleinen!

Ich wiess, dass es zum Markieren kleine zweizinkige "Gabeln" gibt mit unterschiedlichen Breiten, aber eine Essgabel zu nehmen - schenial!

Wer nicht mit der Ahle stechen und auch nicht bohren will: Es gibt auch Lochpfeifen mit sehr kleinem Durchmesser zum Durchstanzen.

Was mich wundert: Du klebst die Naht nicht!?

Hans
 
Hallo Hans,

nach Lochpfeifen muss ich erst mal googeln, kann mir nix drunter vorstellen. Aber danke für den Tip!

Aber wofür sollte ich kleben? Als Fadenschutz? Am Scheidenmund hab ich ein bisschen Uhu verwendet, weil die Klinge hier immer ins Leder schneidet. Hier habe ich die Naht teilweise doppelreihig gemacht, um beim Ziehen einen größeren Widerstand zu haben.

Ciao, Basti
 
Ich habe es schon öfter mit "Messer beim Trocknen des Leders in der Scheide lassen" probiert, egal ob mit rostträgen oder mit C-Stahl-Klingen.
Klinge gut einölen (Kamelienöl) und in Klarsichtfrischhaltefolie verpacken. Zwei Lagen reichen, sind hauchdünn, schmiegen sich eng ans Messer, tragen somit nicht auf und Feuchtigkeit kann auch nicht rein. Klinge und Griff werden nicht von der Feuchtigkeit angegriffen.
Und die Scheide sitzt danach wie angegossen.

Gruß

12knife
 
Gabel!? Klar die Gabel!!!!
:super:
Sehr schönes Tutorial! Da wär ich jetzt auch nicht drauf gekommen ;)

Grüße,
rfindigo
 
So, jetzt hab ichs auch kapiert! sehr gutes Tutorial! Vielen dank.

Ich hab mal gelesen, dass man mit Soda Leder hart machen kann. Bringt das was? Und macht das jemand von euch?

Lg,
L.
 
Hallo Ookami,

hab deine Frage erst jetzt gesehen...
Danke! :)
Das Messer habe ich irgendwann 2006 gebaut.
Der Griff ist aus Olivenholz.

@Lanzenstoß: Ich habe auch schon öfters gehört dass man mit Soda das Leder hart bekommt, habe es aber selbst noch nie ausprobiert. Bei mir war das Leder nach dem Trocknen immer hart genug. Aber guck doch mal in der Forensuche, ich glaube das wurde schon öfter behandelt.

Ciao, Basti
 
Last edited:
Hallo

Ob das Härten mit Soda zum Erfolg führt, hängt m.E. nach sehr vom Leder, bzw. dessen Gerbung ab.
" Fettige" Lederarten lassen sich m.E. nach schlechter Härten, allerdinge entzieht das Sodabad dem Material ordentlich Dreck (Stichwort Sodaauszug). Wenn man sehr versifftes, mehrfach geöltes Leder in ein Sodabad gibt wird es auf jeden Fall sauberer, als es vorher war.
Hart wird es jedoch nicht immer.
U.U. kann ja einer der Wissenden (David?) Dunkel ins Licht bringen.
 
Hallo Basti,

danke dir für die Arbeit das Tutorial zu erstellen. Als Messerbastler kann ich mir da schön anschaulich Tips rausziehen.
Hätte ich die Gabelvariante schon vorher gekannt, hätte ich mir vielleicht den Nahtroller gar nicht kaufen brauchen. ;)

Mach´s gut.

Martin
 
... Ob das Härten mit Soda zum Erfolg führt, hängt m.E. nach sehr vom Leder, bzw. dessen Gerbung ab.
" Fettige" Lederarten lassen sich m.E. nach schlechter Härten, allerdinge entzieht das Sodabad dem Material ordentlich Dreck (Stichwort Sodaauszug). Wenn man sehr versifftes, mehrfach geöltes Leder in ein Sodabad gibt wird es auf jeden Fall sauberer, als es vorher war. Hart wird es jedoch nicht immer ...

Kurz-Fazit: Soda nutzt nicht immer, schadet aber nicht, wenn man das Leder sowieso nass macht. Und nur, wenn man eine Abdunklung verhindern will oder muss, lässt man das Soda weg.

-ZiLi-
 
Moil,

Vielen Dank für Deine Mühe. Sehr anschaulich gemacht und ein tolles Ergebnis. Ich hoffe, Deine Hand ist inzwischen verheilt? (Das nenne ich Einsatz):super:

BTW: Nettes Messer

Gruß
Olli
 
Tolles Tutorial und klasse Fotos! :super:
Da hast Du Dir sehr erfolgreich eine Riesenarbeit gemacht!

Ein kleiner Verbesserungsvorschlag: Wie Du selbst schreibst, kann man das Löcherstechen auch mit der Standbohrmaschine bzw. Bohrständer machen. Ergänzung dazu: statt Spiralbohrer eine Ahlennadel verwenden, Kederlagen und Außenleder mit Kleber fixieren, umklappen. Dann steche ich absolut mühelos mit der Ahlennadel im sich drehenden Bohrfutter durch alle Lederlagen, wenn nötig, mehr als 10 mm Gesamtdicke, und habe ALLE Löcher miteinander fluchtend in einem Arbeitsgang vorgestochen (natürlich Brett unterlegen). Dann folgt die Sattlernaht, wie von Dir beschrieben. Die Naht wird dann auch hinten exakt.
Gruß an alle
Polarbaer
 
Schönes Tutorial :super:

das mit dem Messer in Folie einpacken mach ich auch, hatte nur einmal, als ich unachtsam war, etwas Rost am Damast. Lies sich aber beheben. Ich finde, die Passform ist dann einfach unübertroffen, besonders bei Walkleder mit Spies. Dazu nutze ich meistens Soda im Einweichwasser, wenn das für die Härtung nicht reicht, am Ende etwas Schellack, macht dann auch gleich wasserfest!
Noch eine Anregung zum letzten Bild:
das Leder für die Schlaufe nicht nach hinten, wie dort gezeigt, sondern nach vorne in die Scheide hinein legen und vernähen, oder auch einstecken (etwas ausgedünnt geht das gut und hält!), zB. durch zwei möglichst exakte Einschnitte zurück nach innen. Dann bleibt die Lederoptik in sich "gleich".

jaja, Gabel und Speiche :lach:
ich hab lieber einen (Ahlen)Griff in der Hand, kleben mach ich so gut wie
nie...

Grüße

Jokke
 
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