Bruchtest (mehr oder weniger)

Günther

Mitglied
Messages
1,219
Ich wollte eigentlich versuchen, eine brauchbare Gegenüberstellung von verschiedenen Stählen über die Bruchbelastbarkeit zu machen.
Besonders interessiert hat mich der Vergleich zwischen rostend und "rostfrei".

Leider sind die Ergebnisse wenig aussagekräftig.
Ich habe dazu die Folgenden Stähle verwendet:
1.2510, 1.2210, Feile von Dick, 1.3505, 1.2379 mit und ohne Tiefkühlen, 12C27 mit und ohne TK, 1.4034 mit und ohne TK, ATS 34 mit und ohne TK.

Beim2510 habe ich auch noch absichtlich einige Stücke überhitzt.

Erst habe ich auf der Flachschleifmaschine unter Wasserkühlung alle Teile auf ein einheitliches Maß gebracht - 50mm x 12mm x 2,8mm.
Nach der Wärmebehandlung habe ich die Bleche in eine einfache Vorrichtung gelegt, in der sie an beiden Enden begrenzt wurden und an den Enden
ca. 5mm auflagen. Dann habe ich in einer Handspindelpresse, in der eine Druckmessdose eingebaut ist, in der Mitte der aufgelegten Teile angedrückt, bis zum Bruch.
Die aufgewendete Kraft wird auf eine Digitalanzeige übertragen.

1.2510 Anlieferzustand Böhler ( weichgeglüht).
Kraft: zwischen 6910 Newton und 7500 Newton

Die überhitzten Teile habe ich nicht angeführt, weil die Zeiten in der Gasesse zu unterschiedlich waren, zwar nur wenige Sekunden , macht aber recht viel aus.

1.2210 Anlieferzustand Böhler ( Weichgeglüht), aus Rundmat. Ausgesägt und flachgeschliffen.
Kraft: zwischen 5700 und 6300 Newton.

Feile: Hier habe ich eine kleine Flachfeile von Dick genommen und unter Wasserkühlung auf der Flachschleifmaschine auf Maß geschliffen, um die Originalwärmebehandlung zu behalten (66HRC).
Kraft: zwischen 5800 und 7000 Newton.

1.3505: Hier habe ich Führungsbuchsen mit einer Wandstärke von 4mm der Länge nach mit einer dünnen Flexscheibe aufgeschnitten und auf der Flachschleifmaschine auf Maß geschliffen, um die Originalhärte zu behalten (63 HRC).
Kraft: zwischen 7490 und 7720 Newton

1.2379 Anlieferzustand Böhler Weichgeglüht.
Gehärtet bei 1030°C 2x 200° angelassen
Kraft:7320 Newton

Zweites Stück Wärmebehandlung wie oben aber zwischen dem Anlassen Tiefkühlen
Kraft:5700 Newton

12C27 von Nordell
Gehärtet nach Angaben aus dem Forum von Roman (61HRC)
1045° 2x 180°C
Kraft: zwischen 7700 und 7850 Newton.

Zweites Stück wie oben mit 2x tiefkühlen
Kraft: zwischen 6780 und 7300 Newton

1.4034 von Stefan Steigerwald
Gehärtet 1045° 2x180° (60HRC)
Kraft: zwischen 7250 und 7450 Newton

Zweite Probe wie Oben mit Tiefkühlen
Kraft:6590 und 7050 Newton

ATS 34 von Stefan Steigerwald
1040°C gehärtet und 2X 190 ° angelassen
Kraft: 7150 Newton

Zweites Stück wie oben mit 2xTK
Kraft:6900 Newton


Wie ich oben schon beschrieben habe, sind die Daten mit Vorsicht zu genießen, weil es sicher vorgekommen ist, das ich mal um den einen oder anderen Millimeter weiter links oder rechts angesetzt habe.

Das ärgert mich im Nachhinein, da die ganze Sache sehr zeitaufwändig war.
Was aber auffällt ist, das die Kraft nach dem Tiefkühlen niedriger ist, als ohne TK.
Kann sein, das ich etwas falsch gemacht habe, ich hab einfach im flüssigen Stickstoff eine Stunde gebadet.

Was mich weiters verwundert hat, ist das die rostenden und die trägen recht eng beisammen liegen.

Aufgefallen ist, das die rostenden mit einem Knall ohne große Verformung gebrochen sind, die trägen aber erst etwas verbogen und erst dann gebrochen sind.

Die Feile hat mich überrascht da die 66HRC doch beachtlich sind.Wird wohl an der perfekten Wärebahndlung ab Werk liegen.


Ich habe noch zum Vergleich einige Fotos von den Brüchen gemacht.

Foto 1
oben 3505 unten 2379

Foto 2
oben Feile unten 2379

Foto 3
oben 2379 unten Feile

Foto 4
oben ATS unten Böhler K510 (1.2210)

Foto 5
oben ATS unten K510
 

Attachments

  • 3505,2379,2Fach.JPG
    3505,2379,2Fach.JPG
    31.1 KB · Views: 211
  • Feil 2379 4 FAc.JPG
    Feil 2379 4 FAc.JPG
    31.2 KB · Views: 216
  • Feile 2379, 2Fach.JPG
    Feile 2379, 2Fach.JPG
    33 KB · Views: 204
  • k510 ats,.JPG
    k510 ats,.JPG
    73.3 KB · Views: 222
  • K510, Ats.JPG
    K510, Ats.JPG
    72.4 KB · Views: 174
die feile hat ein feinstes gefüge, :haemisch:

dazu sieht der ats aus wie eine mondlandschaft :lach:
 
Hallo Günther

Günther said:
...ich hab einfach im flüssigen Stickstoff eine Stunde gebadet...
Ohne Worte.... ;)


Danke für diese ausführliche Testreihe. Ich hoffe, daß Du noch etwas mehr zu dem Thema schreibst.

Ich denke mal, ich bin nicht der Einzige, der das sehr interessant findet, vor allem der Vergleich zwischen Kohlenstoff-, und rostträgem Stahl.

Schönes Wochenende
Olli
 
12C27 von Nordell
Gehärtet nach Angaben aus dem Forum von Roman (61HRC)
1045° 2x 180°C
Kraft: zwischen 7700 und 7850 Newton.

das ist mir beim ersten durchlesen aufgefallen... bei 61 hrc hätte ich mit früherem bruch gerechnet, ähnlich dem ats-stahl. hast du auch aufnahmen des 12c27 gefüges ?

ist wirklich erstaunlich, wie eng rostende und rostträge stähle zusammenliegen.

pima test !!! dankeschön :super:

gruss chris
 
Hallo Günther.
Wenn Du das ernsthaft weiter betreiben willst würde ich Dir raten, die Genauigkeit Deiner Messungen durch das Testen gleicher Proben zu bestimmen.

Wenn Du dazu Hilfe brauchst (Berechnung des zufälligen Fehleranteils, Ausschluss von groben Fehlern, Systematische Fehleranteile usw.), kannst Du Dich gerne an mich wenden. Wir können bei Interesse gemeinsam ein Vehrfahren entwickeln, um verschiedene Fehlergrößen zu bestimmen.
Damit würden Deine Test dann eine bessere bzw. eine mathematisch exakte Aussagekraft erhalten.

Gruss
El
 
Hallo Günther

Wieder mal eine tolle Doku von Dir :super:

Zu der Feile:

Die Feilen der Firma Dick, welche in Deutschland bei mir "um die Ecke" hergestellt werden, sind nach Aussage der Firma induktiv Randschichtgehärtet (knapp 2 mm Einhärtetiefe, Werkstoff entweder 2008 oder 2063, habe mir mal einen "Schnitt" zeigen lassen) . Das könnte unter Anderem die hohe Kraft erklären. Ich meine das auch an dem Bruchbild zu sehen. Du könntest das mal ganz einfach überprüfen durch Härtemessung an der "hohen Kante" in der Mittelachse und am Rand.

Wenn es dagegen eine kleinere Feile war: Das sind dann "Schweizer Präzisionsfeilen" die nur im Auftrag von Dick gefertigt und von denen vertrieben werden. Die sind glaube ich durchgehärtet (unser Besuch bei der Firma liegt leider schon etwas zurück, so dass ich mir da nicht mehr ganz sicher bin. Der Werkstoff ist bei denen glaube ich immer 2063).

Wenn das tatsächlich der Fall war, dann wäre mal wieder Romans Aussage bestätigt, dass nicht die Härte allein ausschlaggebend ist, sondern durch welches Gefüge sie bereit gestellt wird...

Dass die Stähle nach diesem Test relativ nah beieinander liegen, erstaunt mich jetzt eigentlich nicht so sehr, wobei die Härtewerte schon relativ stark unterschiedlich waren.

Weiter so, es gibt da noch viel zu tun!
 
wegen dem tiefkühlen

das tiefkühlen wandelt den restaustenit in martensit um.
da martensit spröder ist als der restaustenit (der wandelt sich durch die verformung evtl auchnoch um) sinkt die bruchkraft.

oder mit anderen worten:
nach der TK ist weniger gummi drin :)

rooooman!
 
Hallo Kababaer

Danke für Dein Postig, ich hätt `s nicht besser sagen können.

Und jetzt nochmal alle zusammen: Rooooooman!
 
Dank an Günther für die Mühen und die Tests, finde ich schon sehr interessant!
Ich habe gerade mal meinen Restgrips zusammengenommen und mir die Biegezugspannung beim Bruch ausgerechnet, was ich Euch nicht vorenthalten möchte: Bei 5.700 N (das war die Probe die als erstes versagte, 1.2379 mit TK) kommen immerhin 3.635 N/mm² raus. Gar nicht so wenig, oder?
Das Biegemoment sind 57 Nm. Wenn man von einer Klingenhöhe von 24 mm ausgeht (also doppelt so hoch wie die Probenstücke) könnte man bei einem Hebel von 20 cm immerhin mit rund 57 kg seitlich drücken, bis die Klinge bricht. Sollte für übliche Schneidarbeiten reichen ;)
Die rechnerische Durchbiegung dabei wären 1,7 mm.
Der beste Kandidat (12C27) kommt auf 5.006 N/mm², bei einer rechnerischen Durchbiegung von 2,3 mm.

Kann es sein, dass deutlichere Festigkeitsunterschiede zwischen "rostend" / "nichtrostend" eher bei der Kerbschlagzähigkeit auftreten?
Was mich beim Tiefkühlen wundert: Du schreibst "zwischen dem Anlassen Tiefkühlen". Ich kenn mich da zu wenig aus, aber macht man das Tiefkühlen nicht üblicherweise VOR dem ersten Anlassen?
Interessant wäre auch, ob/wie es sich bei den hochlegierten Stählen auswirkt, wenn im Sekundärhärtemaximum angelassen wird.

Grüße Rainer
 
Last edited:
So habe ich mir das vorgestellt!! :super: :super: :super: :super:

Rausgehen und selber checken was Sache ist, das ist vorbildlich Günter :super: :super: :super:

So wie interpretiert man jetzt die Ergebnisse.

1. es ist festzusellen, dass alle Legierungen im Härtebereich von 60HRC + liegen, und dass sich die aufgenommenen Werte nicht besonders unterscheiden, ganz gleich ob nun rostend oder rostträge.
Nun im statischen Bruchbiegeversuch den Günter nachgestellt hat ist das das so wenn man sich der 60HRC marke nähert ist da fast kein unterschied. Herbert hatte das doch mal irgendwo in einer Grafik gepostet.

2. Das eher zähe Bruchverhalten bei den rostträgen ist auf entsprechende mengen Restaustenit zurückzuführen damit hat El Dirko recht. :super: :super:

3. Das eher spöde Bruchverhalten der bereits tiefgekühlten Stähle ist auf die Reduzierung des Restaustenits zurückführbar bingo kababear :super: :super:

4. Das Verhalten der Legierungen ist so durchaus gut erfasst und gibt Aufschluß über ihr Verhalten im Makrobereich. Jedoch weder der Test als solches, noch die Ergebnisse geben Aufschluß über die Eigenschaften des Werkstoffes im Mikrobereich. Also bei der Frage Schneidfähigkeit im Mirkobereich der Schneide, insbesondere Schneidhaltigkeit sind daraus keine direkten Erkenntnisse zu gewinnen.

Fazit:
Betrachten wir ein Bauteil mit normalen Abmessungen im Milimeterbereich also Klinge als ganzes können wir durchaus einige Schlüsse ziehen.
Aussagen über das Verahlten im Mirkoberiech feine Schneide sind so nicht machbar. :ahaa:
 
Wenn ihr die Sache interessant findet, dann war´s doch nicht ganz umsonst.

Weiterverfolgen werde ich das Ganze nicht, ich wollte nur den Vergleich zwischen ein oder zwei Stählen beim Bruch wissen, dann kam noch ein weiterer Stahl dazu, und noch einer und das Ganze ist ziemlich in Arbeit ausgeartet. ;)

Zu ein oder zwei anderen Dingen, die mich beschäftigen, werd ich mir noch Versuche einfallen lassen, das dauert aber noch.
 
Back