Schön. Alt. Solinger!

@cut: Ja, schon - aber es ging mir dabei nur um weitere/ergänzende Angaben zu Premier LifeTime, nicht direkt um den Hersteller, der das Messer im passenden Zeitraum gebaut hat. OK, mag sein, daß es redundante (um nicht zu sagen: überflüssige :)) Informationen sind - ich bin bei einer anderen Suche darüber gestolpert und dachte, ich häng's mal an ... aber immerhin waren die noch 1954 und danach so aktiv in Deutschland, daß sie hier einen Eintrag vornehmen ließen.

Gruß
Kai
 
Deine links waren auch für mich eine interessante (und auf Grund der erst ungewöhnlich späten Anmeldungen) eine überraschende Ergänzung!
Grüße
cut
 
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made in British Zone Germany

PREMIER
... "British Zone Germany"
… Zeitspanne von 1945-1949
… In jenen Jahren verwalteten die Britischen Alliierten ihre Zone
… Städte lagen noch in Trümmern, es herrschte Mangelwirtschaft
... Immerhin: In Solingen (?) war die Manufaktur schöner Taschenmesser wieder angelaufen.
*… Abu
*
"Mich verwundert, dass bereits ein Jahr nach Ende des verheerenden Krieges in einer Solinger Manufaktur wieder so hübsche Messer hergestellt wurden. … Abu
*
… Ich nehme an, daß es so schnell nach dem Krieg nicht allzuviele Betriebe in Solingen gegeben haben dürfte, die schon wieder produzieren konnten/durften, was v.a. die Hersteller der zuvor zeittypischen Dolche etc. (die ja i.d.R. auch nicht gerade Kleinhersteller waren) ausschließen sollte ... Gruß

Die britische Militärregierung erließ in ihrer Besatzungszone bereits kurz nach Kriegsende 1945 zwei „Handels- und Industrieanweisungen“. Mit ihnen wurden Permits (Produktionserlaubnisse) erteilt, für deren Durchführung die Industrie- & Handelskammer Solingen zuständig war. Ohne Genehmigung durften keinerlei Arbeiten in Unternehmen ausgeführt werden, auch die Instandsetzung der Produktionsanlagen war untersagt. Mit einem „kleinen Permit“ durften Hersteller mit bis zu 25 Beschäftigten die Fertigung von Messern aufnehmen, der Energieverbrauch war reglementiert. Größere Hersteller erhielten zunächst nur selten eine Genehmigung. Sie wurde vorrangig an Firmen erteilt, die den Schneidwarenbedarf der Besatzungsmächte deckte.
Der Vertrieb war zunächst beschränkt ausschließlich für die Besatzungsmächte, dann auf die britische Besatzungszone, schließlich im November '45 für die Zonen der westlichen Alliierten. Messer wurden in nicht unerheblichem Umfang als Tauschartikel für Kompensationsgeschäfte verwendet oder auf dem Schwarzmarkt vertrieben – natürlich illegal, aber nach Erzählungen von Zeitzeugen der Solinger Messerbranche wurden alte, gehortete Lagerbestände oder mühsam komplettierte Schneidwaren oft in vollem Umfang auf dem bis zur Währungsreform prosperierenden Schwarzmarkt verwendet.
Ab Herbst 1946 war für die Vergabe von Permits das Wirtschaftsministerium NRW zuständig. Kontingentierung von Rohstoffen und sämtlichen Hilfsmaterialien sowie die Begrenzung von Energie drosselten die Produktionsmöglichkeiten. Die Stromversorgung erfolgte über mehrere Monate nur halbtags, Stromausfälle kamen häufig vor, im ersten Halbjahr 1946 waren 172 Betriebe ohne jeglichen Strom. Stadtarchiv Solingen: „11. Januar 1947: Auf Anordnung der Militärregierung darf das RWE nur noch von 6-8 Uhr und von 16-23 Uhr Strom abgeben. Während dieser Zeiten darf die Abgabe von Strom eine bestimmte Kilowattmenge nicht überschreiten. Aus diesem Grunde werden alle industriellen und handwerklichen Betriebe einschließlich der Heimarbeiterbetriebe, die mit elektrischem Strom arbeiten, dringend gebeten, während der Dauer dieser Maßnahmen keinen Strom für den Antrieb von Maschinen zu entnehmen.

Stadtarchiv Solingen: "13. Januar: Rund 1200 Klein- und Mittelbetriebe sowie eine geringe Anzahl von Großbetrieben gehören der Fachgruppe Schneidwarenindustrie als freiwillige Mitglieder an."

Der Aussenhandel war offenbar erst nach der Vereinigung der britischen und der amerikanischen Besatzungszone möglich. Durch die Joint Export / Import Agency wurde der Export geregelt, die „JEIA“Anweisung Nr. 1 gestattete erstmals ab April 1947 unter hohem administrativem Aufwand die Abwicklung von Exporten mit „rigiden Reglementierungen für Schneidwaren“ und beschränkt für Aufträge bis zu 500 RM.

Mein Fazit:
Die Markierung eines Taschenmessers mit der Ursprungsmarkierung BRITISH ZONE GERMANY und mit Markenzeichen ausländischer Hersteller ist kein zwingendes Indiz, dass das Messer im Zeitraum 1945 bis 1949 gefertigt worden ist und erst recht nicht, dass es für einen Abnehmer im Ausland hergestellt worden ist. Möglicherweise sind Restbestände von Klingen aus der Vorkriegszeit nachträglich mit der Ursprungssangabe versehen worden und gegebenfalls auch nach 1949 komplettiert und „irgendwo“ zum Verkauf gelangt oder „kompensiert“ worden – vorrangig auf dem Inlandsmarkt in West-Deutschland.

Grüße
cut
 
Hello,
Enclosed is some further information which may help. Please notice the German address for Premier Cutlery at the bottom of one page. The other page with the information about the start of Premier Cutlery is from 1921.
Allen



 
AW: made in British Zone Germany

cut said:
;........ aber nach Erzählungen von Zeitzeugen der Solinger Messerbranche wurden alte, gehortete Lagerbestände oder mühsam komplettierte Schneidwaren .....

.....Kontingentierung von Rohstoffen und sämtlichen Hilfsmaterialien sowie die Begrenzung von Energie drosselten die Produktionsmöglichkeiten.

Mein Fazit:
Die Markierung eines Taschenmessers mit der Ursprungsmarkierung BRITISH ZONE GERMANY und mit Markenzeichen ausländischer Hersteller ist kein zwingendes Indiz, dass das Messer im Zeitraum 1945 bis 1949 gefertigt worden ist und erst recht nicht, dass es für einen Abnehmer im Ausland hergestellt worden ist. Möglicherweise .....
cut

Herzlichen Dank, Cut, das war ein Stück Arbeit:super:, so umfang- wie kenntnisreich! Ganz nebenbei noch regionale Zeitgeschichte, die gar nicht so lang her und außerhalb der Archive doch vergessen ist.

Ich habe in meiner kleinen Geschichte ein paar erzählerische Annahmen getroffen, viele Ergänzungen und Anmerkungen hier aus dem MF erhalten - und finde das meiste doch verifiziert. Die gebrochenen Griffschalen aus Mangel an Rohmaterial, die mühsam zusammengebauten Messer aus alten Beständen.

Da die Mängel in den ersten Jahren sicher besonders hervortraten, werte ich das schon mal als frühes Herstellungsjahr meines Messers. Und möchte auch weiterhin bei der Annahme Baujahr 1946 bleiben. Ist zwar "kein zwingendes Indiz" - aber eben doch genauso möglich. Dafür spricht auch die Jahreszahl auf der Klinge, die existent ist. Könnte ein Fake sein, traue ich dem Vorbesitzer (samt Umständen des Erwerbs) allerdings nicht zu: alter seriöser Solinger Reider!
Und wenn, ich nähme es sportlich! Zeugte von Verstand und Geschichtsbewusstsein: 1946-2016!

Alles geklärt? Nein, "whodunit" bleibt offen. U.a. dank der Dokus von @Allen ist die (spätere?) Existenz der Firma in Solingen belegt, aber ob dort auch produziert wurde? Immerhin schützte sie sinnvollerweise 1953 ihre Markenrechte gegen eine wieder erstarkende und prosperierende Solinger Konkurrenz.

@Allen
Thank's for your interesting doc's which were of help. (I recall our shared passion for Hartkopf/Teufelskerle!)

Gruß
Abu
 
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Premier Address

... notice the German address for Premier Cutlery at the bottom of one page. ... Allen

Thank you for sharing the two documents.

Is the Premier sales catalog with the bottom end information "Premier Stahlwaren Fabrik, Wupper Str. 75, Solingen, Germany" dated, or can you roughly date that publication?

regards
cut
 
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There is no date on the Premier catalog but official records state that the American branch had a name change from "Premier Cutlery Inc." to "The Premier Co. inc." in 1943. So it is assumed that this catalog predates 1943.
 
PREMIER
... Die Perlmuttschalen sind aus vier Teilen beidseitig mittig zusammengesetzt - Verwendung verfügbarer Reste? An ihren Stoßkanten wurden jeweils noch Zierrillen eingeritzt. … Abu

Anonymus
… eine [ergänzt: zersplitterte] Perlmuttschale … [ergänzt: wurde repariert] …
Ich hoffe doch, dass diesem feinen Herrenmesser ein ähnliches Malheur in meinen wertschätzenden Händen erspart bleibt. Denn wo sollte ich es heutzutage reparieren lassen, wer könnte so eine handwerkliche Reparatur überhaupt noch leisten?
Abu

Perlmutt war sicherlich immer ein exklusives Griffmaterial für Taschenmesser. Für dieses luxuriöse Rohmaterial gab es andererseits reichlich Verwendungsmöglichkeiten, so dass der Bedarf durch spezialisierte Rohmaterialhändler in Solingen gedeckt wurde, z.B.



Perlmutt gab es in unterschiedlichen Qualitäten und sicherlich wurden Reststücke auch verwendet, um zusammengesetzt kostengünstig edle Messer anbieten zu können. Aus einem Verkaufskatalog von Herm. Konejung, Solingen, ca. 1930



Hier ein Taschenmesser der Firma Ritterwerk, Solingen mit Griffschalen aus weissem Perlmutt und Abalone.



Grüße
cut
 
"Ritterwerk" mit dem Zusatz "Solingen" ist mir bisher nur von Brotschneidemaschinen ("Alleschneidern") bekannt. Gibt/gab es außer Gentleman-Taschenmessern mit dieser Marke noch andere Schneidwaren?
 
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Ritterwerk

"Ritterwerk" mit dem Zusatz "Solingen" ist mir bisher nur von Brotschneidemaschinen ("Alleschneidern") bekannt. Gibt/gab es außer Gentleman-Taschenmessern mit dieser Marke noch andere Schneidwaren?

Allesschneider mit der Marke "'RITTERWERK' stammen offenbar ausnahmslos von einer Firma mit diesem Namen aus Gröbenzell (bei München). Die Klingen werden als Auftragsfertigung aus Solingen bezogen und tragen deshalb die Ursprungsangabe SOLINGEN.

Hersteller des Gentleman Taschenmessers mit der Markierung RITTERWERK SOLINGEN war offenbar die nicht mehr existierende Firma Pack & Söhne RITTERWERK, ansässig in Solingen auf der Ritterstrasse. Die Firma stellte wohl vorrangig Rasiermesser, Haar- & Bartschneidemaschinen her, ist aber auch durch Blankwaffen bekannt.




Grüße
cut
 
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Hartkopf & Co Teufelskerle

… Ich habe in meiner kleinen Geschichte ein paar erzählerische Annahmen getroffen, viele Ergänzungen und Anmerkungen hier aus dem MF erhalten - und finde das meiste doch verifiziert. … Alles geklärt? Nein, "whodunit" bleibt offen. Gruß Abu

Die Auftragsfertigung von Solinger Messerherstellern für Importeure anderer Länder mit deren eigenen Marken dürfte sicherlich sehr schwer und wenn überhaupt nur durch Zufallsfunde von Dokumenten stichhaltig zu recherchieren sein.
Bei mehreren Solinger Firmen konnte ich Einblick in den Fundus von Markenstempeln erhalten, mit denen für Auftragsfertigung Messer gekennzeichnet wurden: sowohl für bekannte große Solinger Hersteller, für kleine recht unbedeutende Solinger Firmen, für Grossisten und Stahlwarenhändler aus ganz Deutschland, für Exporteure in Hamburg, für Importeure außerhalb von Deutschland. Versuche diese Stempel "lesbar“ zu machen waren mühsam und beschränkten sich deshalb auf einige wenige Muster. Möglicherweise verdeutlichen die Fotos die Problematik:



aber wer hat das PREMIER-Messer produziert? … Meine subjektive Schlussfolgerung im Ausschlussverfahren: Zumindest die Manufaktur Hartkopf & Co./Teufelskerle war es NICHT. (Wen es interessiert, s. Spiegel 1.64, vorletzter Absatz.http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46162641.html ). … Abu

Zumindest die Schlussfolgerung „Hartkopf & Co./Teufelskerle war es NICHT“ ist falsch. Der verlinkte Spiegel-Bericht bezieht sich NICHT auf den Messerhersteller Hartkopf & Co. mit der Marke „Teufelskerle“ sondern ausdrücklich auf eine Gesenkschmiede Hartkopf (Gebrüder Hartkopf).

Grüße
cut
 
the information about the start of Premier Cutlery is from 1921.
Allen

Ich komme nochmal zurück auf die Firma "Premier Stahlwaren Fabrik" in Solingen ("PremierCut").
In einschlägigen Verzeichnissen ist unter dieser Firmierung zu meiner Überraschung kein Eintrag zu finden.

Die Adresse Wupperstrasse 75 listet jedoch im Jahr 1931 eine Stahlwarenfabrik Harry Keschner, von der im Internet unterschiedlichste Messer zu recherchieren sind. Offenbar handelt es sich bei dieser Firma um den wesentlichen Geschäftspartner von PremierCut. Als von H. Keschner registrierte Marken sind mir bekannt Diamond, Elk, Premcut (!) und Ruby Cross.

Grüsse
cut
 
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Ich komme nochmal zurück auf die Firma "Premier Stahlwaren Fabrik" in Solingen ("PremierCut").
In einschlägigen Verzeichnissen ist unter dieser Firmierung zu meiner Überraschung kein Eintrag zu finden.

Die Adresse Wupperstrasse 75 listet jedoch im Jahr 1931 eine Stahlwarenfabrik Harry Keschner, von der im Internet unterschiedlichste Messer zu recherchieren sind. Offenbar handelt es sich bei dieser Firma um den wesentlichen Geschäftspartner von PremierCut. Als von H. Keschner registrierte Marken sind mir bekannt Diamond, Elk, Premcut (!) und Ruby Cross.

Grüsse
cut

Good detective work Cut, thanks for the additional information. Very interesting with the "Premcut" name.
 
Hallo Cut,
dem Dank von Allen für die wahrhaft tiefschürfende Detektivarbeit kann ich mich nur anschließen:super::super::super:

Gruß
Abu
 
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