Ich lerne schmieden - Fotos der entstandenen Klingen

1. Mein erstes Ziel ist erreicht: Ein Messerchen mit verschraubten, aber nicht verklebten Griffschalen. Und alles sitzt sauber und akkurat.
Da hab ich mich so gefreut, dass fast ein kleines bisschen Freuden-Pipi in die Unterhose gekommen ist. :D:D
Allerdings werde ich beim finalen Verbau noch nen Hauch Kleber verwenden, damit kein Wasser zwischen die Schalen kommen kann.

2. Gewagtes Unterfangen: Den teuren Griff soweit bearbeiten, dass er nur auf eben diesen Rohling passt.

Dann: Oh, oh, oh...Klinge noch nicht gehärtet, das Ding könnte immer noch Verzug haben, die Lagen gehen auf oder es verbrennt mir was.
Und es kam wie es kommen musste: Glühfarbe + Abschrecken in Öl = massiver Verzug mit Drehung in der Klinge :glgl::glgl::glgl:

Tja, somit Mini-Hämmerchen zur Hand und gedengelt, Hitze, wieder Verzug, Hitze, gedengelt...sieben Mal in Summe. Da war dann auch das ein oder andere Angst-Pipi in der Hose.

Aber, ich lerne ja dazu, alles ist gut gegangen. Klinge hart, durchschlägt das obligatorische Eisen und hat auch den Polierschliff überstanden....und ist ziemlich gerade. Eine leichte Abweichung sieht man noch an der Spitze, aber das könnte noch zu beheben sein.

3. Es ist noch nicht ganz fertig, die Feinarbeiten am Griff fehlen noch, aber die Rohkontur ist da. Nach der Polierung sollte es dann etwas von Elfenbein haben...und ist doch "nur" stabilisiertes Horn.

4. Blank, Teil- oder Vollätzung...das ist noch die Frage, die sich für das Messerchen stellt.

Hier die Bilder:

Mittendrin:
GEntleman_3.jpg

Rohzustand 1:
Gentleman_1.jpg

Rohzustand 2:
GEntleman_2.jpg
 
Vielen Dank für die netten Worte. Auch wenn ich ein Art Monolog führe, so freue ich mich immer über Rückmeldungen :hehe:
Mir dient dies hier alles auch etwas als Gedankenstütze, eine Art Tagebuch - wer mitliest und sich vielleicht auch seine persönliche Vergangenheit erinnert fühlt: Freut mich umso mehr.

Zur Wärmebehandlung an sich: Ja, ist ein heisses Eisen - im sprichwörtlichen Sinne.

Das Kontaktanlassen ist mit Sicherheit recht schwankungsbreit, da ich nur nach den Farben gehe.

Zur groben Absicherung der Härte- bzw. Klingenleistung mache ich immer Abschlag-, Biege- und Feilentest. Natürlich ist hier das wichtige Wort "grob"...denn ob die Klinge jetzt 55, 58, 60 oder sonstwas an HRC hat, weiss ich natürlich nicht.

Ich geh einfach davon aus: Wenn ich fünfmal einen 4mm Metallrundstab mit der Klinge durchschlagen kann, dann sollte eben diese Klinge für den Alltagsgebrauch tauglich sein. Natürlich eine gewagte Aussage für die Profis, aber das soll für die nächsten Monate erstmal mein Ziel bleiben: Hart und schnitthaltig, ohne Brüche und Ausbrüche.

Allerdings - und das ist mir mehr als klar geworden - über kurz oder lang kaufe ich einen Muffelofen. Meine persönliches Ziel ist es aber erstmal das "klassische" Handwerk soweit zu lernen und zu beherrschen, dass ich es auch ohne Hilfsmittel kann ala´ 1.000 n.Chr.
Und hier wird auch mein "Hobbygeld" für 2016 einfliessen: Ich werde versuchen, dem ein oder anderen Meister über die Schulter zu schauen zu dürfen, Stichwort "Glühfarbe, Anlassen und co".

Mein Hauptziel war für die letzten Monate erstmal: Mach mal, dass die Grundlagen des Schmiedens sitzen, Feuerführung, Stauchen, Strecken, Lochen, feuerverschweissen, etc.
Für die nächsten Monate heisst das Ziel: Mach das alles dann in schön.
Und dann, in etwas weiterer Ferne: Mach das alles in schön, hart, schnitthaltig und jederzeit abrufbar.

Schau mer mal, was dabei rauskommt.
 
Manchmal ist es schon schlimm mit mir....jetzt habe ich doch einige fertige Klingen rumliegen und was mache ich? Esse an, Hammer in die Hand und freudig losschmieden.
Mein Schmied schüttelt doch nun schon so manchmal - oder besser des öfteren - mit dem Kopf: Er kann den Enthusiasmus, mit der ich an der Esse stehe, so gar nicht begreifen.

Szene I: Ein Nachbar brachte simple Balkenhaken, die er gerne anders geformt hätte...und ich somit gestern meinen Schmied fast angefleht, dass er ja die Arbeit nicht machen möge, bis ich wieder da bin bzw. er es gleich mich machen lässt. Er dann so: :confused::staun::staun::confused::confused::confused:
Wie dem auch sei: Ich darf es machen, er ist eher dankbar drum, da er körperlich nicht mehr ganz fit ist und er somit zuschauen und mich ggf. etwas zusammenstauchen kann, wenn ich falsch klopfe.
Auch wenn es eine an sich wirklich leichte Aufgabe ist, so mache ich es dennoch in seinem Namen und würde ich pfuschen o.ä., so würde es wieder auf ihn zurückfallen, etc. pp.....dörfliche Probleme eben. Aber so kann ich nun auch in seinem Namen klopfen und das freut mich wirklich. So ist das anfängliche Misstrauen von "Ein Geschäftsführer will Schmieden :confused:" zu "Macht mein Jungschmied" gewichen, was mich natürlich wiederrum freut.

Lange Geschichte, Szenenwechsel:

So brannte gestern wieder die Esse und ich habe eine kleine Klinge geschmiedet (12519+ Buttereisen), die mir gut gelungen ist. Keine Schweissfehler, keine Lunker, nichts. Ging wirklich gut und einigermassen flott, fast schon routiniert. :super:

Beim Schleifen eben dieser Klinge ist mir ein gewaltiger Fehler aufgefallen, der mich seit einigen Wochen begleitet: So dachte ich immer, das Härten verzieht mir die Klingen und das trotz Normalisieren, normal, scharf, weichglühen, vorsichtigem Härten, etc.
Dem war aber nicht so, nein, es war das Schleifen. Ich habe bisher krumm geschliffen...immer leicht nach links gezogen. Es ist mir nie richtig aufgefallen, da ich die Flucht der Klinge meist falsch geprüft habe. Nach dem Härten dann geflucht, weil der krumme Schliff noch krummer rausgekommen ist.

Wie dem auch sei: Gestern zig mal die Flucht geprüft, wieder kurz an den Bandschleifer, wieder geprüft, wieder Bandschleifer und so habe ich mich dann in kleinsten Schritten auf eine sehr gerade Klinge vorgearbeitet.
Nach dem Härten war dies ebenfalls immer noch gerade, nur die Spitze hat es leicht verzogen. Die habe ich aber sofort nach dem Öl gerichtet und alles hat gepasst. :super::super:

Wie dem auch sei II:

Hier die Bilder:

Kleine_Klinge_2.jpg

Kleine_Klinge_1.jpg
 
Recht erfolgreiche Tage in der Schmiede, die allerdings auch etwas durchwachsen waren:

Rückblick: Ganz zu Beginn der "Schmiedekarriere" habe ich versucht eine Autofeder mit einem Klingenstahl zu laminieren. Das klappte so gar nicht, überhaupt nicht. War ja auch erst der dritte oder vierte Tag in der Schmiede, somit eigentlich auch kein Wunder.

Gegenwart: Wie dem auch sei: Praktisch so als kleiner Test, ob es jetzt klappt, habe ich die gleiche Kombination nochmal gemacht und siehe da: Es klappte.

Autofeder_2.jpg

Autofeder_1.jpg

Natürlich hat es mich sehr gefreut, denn es ist kein Schweissfehler zu sehen und ich war und bin schon etwas stolz.

Wie dem auch sei: Vor lauter Freude dann gleich am Samstag nochmal einen Versuch gewagt und losgelegt.
Irgendwie klappte aber die Autofeder-Nummer gar nicht. Von drei Versuchen gingen ganze drei Versuche in die Hose....jedesmal ging mir auf einer Länge von einem Zentimeter die Klinge auf....immer an der Spitze.

Ich war schon etwas verzweifelt und demotiviert, wollte aber dann die Schmiede doch lieber mit einem guten Gefühl verlassen und habe dann noch eine Dreilagige aus 75Ni8 aussen und 1.2510 als Schneidlage gemacht.
Dabei eine kleine Änderung eingebracht: Das Verschweissen habe ich dann von der Spitze aus angefangen und nicht - wie sonst immer - von der Erl-Seite her. Und, das wohl entscheidende: Ich habe den Zunder sehr sorgfältig vor dem Einlegen des Klingenstücks entfernt. Vielleicht hat des dem Verschweissen auch geholfen.

Wie dem auch sei: Es hat sehr gut geklappt, ich war wieder froh und stolz :steirer::steirer::

Tanto_7.jpg

Tanto_6.jpg

Das wird ein kleines, sehr kleines Tanto-mässiges Messerchen, an das ich einen Ledergriff + Seidenwicklung verbauen will. Wollte ich schon immer mal probieren und das ist jetzt die Gelegenheit.

Zuguterletzt, da langsam Chaos mit den Klingen herrschte, noch den Schrott der letzten paar Wochen verschrottet. Da waren schon einige Lieblinge dabei, aber Schrott ist halt Schrott....trennen und weitermachen.

Schrott_1.jpg

Wenn ich das so sehe, dann ging wahrlich einiges schief in den letzten Wochen :glgl::glgl::glgl:
 
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Nach 4 Tagen schmieden solche Schwielen :super:
Ich habe schon nach einem Tag nur noch Blasen an den Flossen:lach:
Schön gemacht, Danke fürs zeigen
Gruß Daniel
 
Da ich ja alle paar Wochen zwischen verschiedenen Formen der Klingen und Messer hin- und herspringe und alles mal versuche, ist in den letzten zwei Tagen der aktuelle Favorit "Kwaiken" entstanden. Ob es jetzt die richtige oder falsche Schreibweise ist, lassen wir mal dahingestellt, aber ich meine dieses hier:

Kwaiken_2.jpg

Kwaiken_1.jpg

Material: Buttereisen als Aussenlage und 1.2842 als Klingenstahl

Die Verschweissung ist gut geworden, auch wenn es während des Schmiedens nicht ganz zu gut ausgesehen hat. Da war ich wieder etwas faul und habe die Esse nicht richtig sauber gemacht, sodass die Temperatur nicht ganz gepasst hat.
Aber es wurde alles gut und die Probeätzung schaut soweit zufriedenstellend aus.

Die Klinge ist nach der Wärmebehandlung gerade und ohne Verzug, auch weil ich die letzten Tage im Forum viel gestöbert und gelesen habe.

So habe ich nach dem Schmieden normalisiert, dann Grobform geschliffen und zwar linke und rechte Seite abwechselnd, genau auf die Dicke der Schneide geachtet und anschliessend die "richtige" Wärmebehandlung durchgeführt habe: Dreimal normalisieren mit Luftabkühlung, dreimal mit Abschrecken in Öl.
Ich freu mich, denn ist nichts aufgegangen, alles fein.

Es ist aktuell aber immer noch so, dass ich keinen Tag an der Esse vorbeigehen kann, ohne das sie brennt. Wie ne Sucht...:glgl::glgl:
 

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Klingenform und -schliff schauen super aus. :super:

Den Übergang Klinge / Steck-Erl finde ich etwas zu kräftig. Da wird es schwierig, einen schlanken Griff zu montieren. Wie hast Du das vorgesehen?
 
Ich habe noch bissl was vom Erl abgenommen. Der war wirklich etwas breit.

Der Griff wird halbiert, Erlkontur mit dem Stemmeisen ausgestochen und dann verleimt. So habe ich es zumindestvor :glgl:

Am Samstag aus den ganzen alten Klingen, die ich eigentlich wegwerfen wollte, eine neue Klinge gemacht.

Dazu die Klingen auseinandergelegt und ohne Fixierung feuerverschweisst, gefaltet, verschweißt, usw.
Anschließend in ein Stück Buttereisen laminiert, tordiert und ein Stück 1.2842 eingearbeitet.

Das ist das Ergebnis:
Bin sehr zufrieden, da keinerlei Schweissfehler.

DSC_0094.jpg
 

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Die Klinge aus #85 mit einem Griff aus Messing, Leder, rotem Fiber und Rentierhorn versehen.

Die Kombi habe ich mir echt leichter vorgestellt...noch dazu hat während des Klebens und Schichtens der Kleber abgebunden :argw::argw:

Die grobe Bearbeitung habe ich aber fertig, jetzt kommt dann noch Feinschliff und ich bilde mir - natürlich nach dem Verbau - noch ein kleines Filework im Messing ein :glgl:
Läuft bei mir und meiner Planung, die ich wirklich mal richtig angreifen sollte. Das endet immer in einer Art Kreativitätsanfall NACHDEM ich eigentlich schon alles verbaut habe. Oh mann.....

Wie dem auch sei, hier die Bilder:

Grober Schliff des Griffs:

GRob_1.jpg

Dann schon feiner:

Grob_2.jpg

Die ein oder andere Kontur werde ich noch anpassen und dann sollte es fertig sein.
 
Schaut jetzt schon super aus.

Jetzt noch ein Filework ins Messing "zu schnitzen" finden ich schwierig. Ich hätte da Angst, dass ich ständig mit der Klinge kollidiere und Macken in die Politur rasple. Ja, kann man alles wieder richten, aber das dauert dann auch wieder.
 
Besten Dank für das Lob :super:

Mir kommt nur das Messingstück etwas wuchtig vor, deswegen dachte ich eben an eine Art "visuelle" Entlastung durch Feilarbeit. Vielleicht fällt mir noch während des Schleifens noch etwas anders ein, aber so ganz stimmig ist das ganze noch nicht.

Wie gesagt, das Messing kommt mir ziemlich "blockig" vor, die Klinge ist ja eher fein, von dem her muss ich noch mal grübeln.
 
Mir kommen die Proportionen stimmig vor.

Aber wenn was weg muss, dann geht das vielleicht mit einem Dremel...
 
Gestern noch etwas geschliffen und geändert, jetzt passt es für mich. Der Messingbrocken ist jetzt nicht mehr ganz so wuchtig:

Horn_1.jpg

Dann, und das war wirklich pures Glück, habe ich bei einem Auktionshaus ein Härteprüfgerät ersteigert. Ich habe keine Ahnung wie und ob es richtig funktioniert, aber der Verkäufer wollte zu Beginn 900€ haben....pures Glück³ hat mir geholfen, es dann für genau 51,00€ zu erhalten. Nun kann ich - wenn ich das Gerät zum laufen kriege - jederzeit prüfen, ob Esse-Kohle-Öl-Kontaktanlassen die Härtewerte bringt, die ich möchte.

Härteprüfgerät.JPG

Wenn jemand diese Art des Geräts kennt und mir mit zwei, drei Sätzen hinsichtlich der Bedienung helfen kann: Ich wäre wirklich sehr dankbar.
 
Hallo Alex,

ich bin bekennender stiller Leser hier in deinem Thema ;) ,aber sehr interessiert an deinen Fortschritten und der Entwicklung die du uns so schön aufzeigst.

Sag mal noch ein Paar Worte zu deinem Prüfgerät,Marke usw.
Sicher das du damit HRC prüfen kannst?

Normalerweise kommt die Klinge zwischen Prüfspitze (Diamant bei HRC) und dem Auflagetisch.Der Wird gegen die Spitze zugestellt und die Messuhr genullt.Geht bei deinem sicher per Anzeige zu machen.
Bei mir wird ein Hebel gezogen die Prüfspitze dringt ein bis die Messuhr stehen bleibt,danach wird der Hebel wieder in die Nullstellung (Gewicht entlastet) gestellt und die Messuhr zeigt die Differenz an,was dann den Wert darstellt.
Ich hoffe das ist einigermassen Verständlich ?


Gruß Carsten
 
Das Prüfgerät habe ich gestern soweit mal ausprobiert, bin aber wegen der Ergebnisse noch etwas unsicher.

Habe vier verschiedene Klingen getestet, die an der Schneide zwischen 58 und 62 HRC, am Rücken zwichen 42 und 46 HRC haben. Im Grunde ja genau das, was ich will, aber ich habe frecherweise einfach den Hersteller angeschrieben und schaue, was ich an Bedienungsanleitungen etc. bekomme. Sollten die Ergebnisse stimmen, dann wäre das mehr als erfreulich, aber ich glaube noch nicht dran.

Zwar habe ich mit einer neuen Härteprüffeile von Dick gegengemessen - die Feile soll 65 HRC haben - und ich komme bei eben dieser Feile auf 64,5 HRC. Eigentlich alles gut, aber trotzdem möchte ich lieber nochmal alles verifizieren.

Ergebniss des Schmiedetags:

Nachdem ich mit den Parierelementen etwas im Zweifeln war - so meine ich, dass das Parierelement die optische Wertigkeit eines Messers stark senken oder heben kann - habe ich mich im Schmieden von Messing versucht.

Versucht deswegen, weil es ein seltsames Material ist und ich etwas ratlos war. Butterweich, wenn warm, dann wieder hart, dann zerbröselt es.
Auch weil ich den Dremel entdeckt habe, wollte ich also ran an ein gewagtes Parierelement. Allerdings ist die Ausführung noch suboptimal, ich habe es mir leichter vorgestellt. Mein Vorteil, entstanden aus einigen Jahren als Projektleiter, ist, dass ich mir ein Teil recht gut in 3D vorstellen kann. Praktisch sowas wie SolidWorks im Kopf.
Genutzt hat es wenig, denn meine Hände haben etwas anderes gemacht, als mein Hirn wollte. :glgl::glgl:

Messing 2.jpg

Messing_1.jpg

Es sind einige offensichtliche Designfehler zu erkennen, die ich beim nächsten mal beheben werde. So muss ich die "Krallen" weiter nach vorne biegen und den Fingerschutz mehr nach hinten. Dann sollte es besser passen.

Allerdings freue ich mich auch, dass ich mir nun um solche Dinge Gedanken machen kann, wo ich doch erst vor einigen Monaten noch Probleme hatte, das Feuer in der Esse richtig zu führen.
 
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Nach dem Messer von Beitrag #96 war ich geistig doch etwas leer, um es so zu beschreiben.

Ein "normales" Messer herzustellen ist - und ich denke, dass es die meisten wissen - doch einiges an feiner und noch feinerer Arbeit, die viel Konzentration verlangt, vor allem in den letzten Zügen, wo nichts mehr schief gehen soll.

Deswegen kommt mir mein Interesse an etwas gröberen Outdoor-/ Hau- und ähnlichen Messern doch sehr recht, denn da kann ich die nächsten Tage die Kreativität etwas ruhen lassen.

So hat mein Schmied aus seinem Sammelsurium an alten Werkzeugen eine Hippe rausgekramt und trotz aller Einfachheit hält dieses Ding nun gut 50 Jahre bei recht häufiger Benutzung. Sensenstein raus, kurz drüberziehen und weiter gehts - sollte es mal zu stumpf sein.

Kukri_1.jpg

Das Schmieden an sich war jetzt nicht wirklich schwer und hat richtig Spass gemacht. Allerdings habe ich das Ausrichten der Schneide unterschätzt, das war nicht ganze ohne. Bei einem Messer mit ca. 20cm Gesamtlänge klopft man die Linie eindeutig leichter als bei dem Haumesser mit 45cm.

Dicke des Materials ist 5mm und deswegen habe ich die Schneide recht gut ausgeklopft, damit das Schleifen später etwas leichter geht. Allerdings war dann auch die erste Schwierigkeit da: Die Krümmung am Bandschleifer zu schleifen...nun ja, das war schon sehr knifflig. Deswegen habe ich die Schneide mit der Feile konturiert, das ging dann schon sehr viel besser und genauer.

Interessant war auch das Normalisieren nach dem Schmieden: Das Öl habe ich nicht erwärmt, sondern das glühende Metall einfach rein in den Ölbehälter.
Nach etwa fünf Sekunden wieder raus und das Öl hat sich sofort wieder entzündet. Das ist mir bei einem "normal" dicken Messer noch nie so schnell passiert. Die Härtung wird somit interessant, vor allem, weil ich mit Lehmmantel experimentieren will. Auch wenn einige jetzt die Hände über dem Kopf zusammenschlagen: Ein oder zwei der groben Klingen härte ich mal mit Lehmmantel + warmes Wasser. Mal sehen, was passiert.

In Summe soll es ein recht einfaches, dennoch nicht schlampig gearbeitetes Haumesser werden, dass ich bei dem ein oder anderen Campingausflug mit Lagerfeuer und co. mitnehmen kann.

Wie dem auch sei: Mir kommt das ganze Thema "Haumesser" sehr gelegen, denn so kann ich verschiedene Stähle mit verschiedenen Wärmebehandlungen ausprobieren und testen ohne zuviel Arbeit in jede Klinge reinzustecken.
 
Last edited:
Gestern war es dann soweit und ich habe das CK60-Kukri gehärtet.

Allerdings war mein Plan "Abschrecken in Wasser" ganz schnell vorbei, den mein Seniorschmied hatte wohl nen (zu) ruhigen Tag und hat somit den ganzen Abend mit in der Schmiede verbracht....wohl nur, um mir genau in dem Moment auf die Finger zu schauen, als ich die Klinge glühend Richtung Wasser bewegt habe.
Von der gewohnten Eloquenz "Ned ins Wasser nei, tus ja ins Öl!" eingeschüchtert, habe ich mich auch brav daran gehalten und im kalten (Ich Revoluzzer) Öl abgeschreckt. Haltezeit: Recht lange, min. eine Minute.

Die Klinge war nach dem Abschrecken immer noch zu heiss, um mit blossen Händen gehalten zu werden. Allerdings - und das war interessant - habe ich sofort nach dem Ölbad gefeilt und versucht mit die Feilhärte zu merken. Den gleichen Test habe ich etwa 10 Minuten später nochmal durchgeführt und siehe da: Es war sehr viel schwerer zu Feilen....also gar nicht mehr, die Feile rutschte über die Schneide ohne jeden Angriffspunkt.

Angelassen über Kontakt...dieses Mal aber ziemlich lange und das ganze zwei Mal:
Lange heisst bestimmt 30 Minuten beim ersten Mal und um die 10 Minuten beim zweiten Mal. Das heisst wiederrum, dass ich fast ne dreiviertel Stunde lang die Klinge über das glühende Metallstück gezogen habe, die Farben immer im Auge. Der Verlauf ging von sehr dunklem Braun, fast Richtung blau auf der Oberkante zu strohgelb in der Schneide.

Was mich sehr freut: Zur Prüfung recht wild auf ein Metallstück eingehackt, sogar einige Späne sind geflogen. Es war zwar "nur" Buttereisen, aber die Schneide hat dannach keinerlei fühlbare Scharte gehabt...zumindest blieb der Fingernagel nicht hängen. Für ein Haumesser/ schneidendes Werkzeug sollte dies ausreichend sein.

Mein freudiges Grinsen nach dem Test wurde mit einem gebrummelten, aber von einem Nicken begleiteten "Passt scho" quittiert, was wiederrum das höchste auszusprechende Lob ist, was ich erwarten kann. :super::super:

Da das Härten recht gut und zackig von der Hand ging, habe ich gleich einen zweiten Rohling in Angriff genommen, dieses Mal aus 1.2235. Das Rohmaterial war 6,5mm stark und lässt sich wirklich zur Verformung bitten :argw::argw:

Prüfstück.jpg
Teststück

Nach Prüfung Kukri.jpg
Gehärtete Klinge

Kukri_2_3.jpg
Resultate des Abends


Kleine Nebengeschichte zum Schmied und mir: Ich habe mir recht günstig einen 100*100mm Stiftamboss ersteigert. Hintergrund ist, dass der Schmiedeamboss recht hohl geschlagen ist und ich hier auch eine Fehlermöglichkeit beim Feuerverschweissen sehe.
Wie dem auch sei, den Stiftamboss in die Schmiede gezerrt. Nach einem "Was wuist na mit dem Ding" habe ich meinen Plan erläutert, aber keine grosse Reaktion erhalten.

Die Reaktion kam aber einige Tage später: Er, der Schmied, ist im Dorf rumgelaufen, um einen für meine Körpergrösse passenden Baumabschnitt zu besorgen, um dann den Stiftamboss einzusetzen. Ich habe mich wirklich gefreut, vor allem auch wegen "Dann zeig i dir glei amoi des mit die Eisenring."
Übersetzung: Wir werden den Baumstamm mit Eisenbändern einfassen, auf Mass, und durch die Schwindung Spannung erzeugen. Anschliessend die Nägel machen und dann damit alles fixieren.
 
Das Kukri und das Messer aus Damast mit Rentierhorn soweit bearbeitet, dass ich es benutzen könnte....wenn ich mich an meine geliebte "Passt scho so, wird tun was es soll" - Regel halte.

Da ich mir aber ja die Aufgabe "Mach mal in schön" auferlegt habe, ist das jetzige Ergebnisse noch ein Zwischenschritt, aber man erkennt, was es dann werden soll:

Ergebnisse_Freitag.jpg

Problematiken:

Kukri: Hier habe ich ein Metallsstück, das doch relativ dick ist, als Endstück vernietet. Allerdings habe ich das Holz etwas krumm abgeschnitten, sodass die Platte etwas krumm liegt. Klassik pur: "Passt scho so....". Diese Einstellung muss ich ändern...auch wenn ich es mir nun zum 100ten Mal vornehme.

Messerchen:
Die Griffschalen haben so gepasst, dass ich es auch ohne Verkleben hätte verschrauben können. Also mal kein schnell-schnell, Pfusch-Pfusch, passt schon so.
Damit aber kein Wasser zwischen die Griffschalen wandern kann, habe ich doch lieber eine dünne Schicht Kleber verwendet.
Natürlich drückt es den Kleber heraus und ich war nicht schnell genug, es sauber weg zu machen. Deswegen muss ich jetzt nochmal mit Aceton und Holz ran, um es sauber zu machen.

Damast_Rentier.jpg

Weiter war es - jetzt im Nachhinein - falsch, keine Zwischenlage einzuziehen. Hätte besser, vor allem eleganter ausgesehen. Wie dem auch sei, jetzt ist es so.

Damit die ganze Geschichte rund wird, habe ich für mich beschlossen, zumindest mal mit der Lederbearbeitung anzufangen. Die Erstausstattung kam an und ich legt los. Allerdings ist die Geschichte sehr viel schwerer als gedacht. Meinen höchsten Respekt an alle, die hier gut aussehende Ergebnisse vorweisen können.
Wie dem auch sei: Jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt.
 
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