Beurteilung von einigen rostenden Stählen (1.2235 1.2842 1.1274 1.2510 1.3505 1.1545)

JaHu

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Hallo Zusammen,

obwohl ich mich nun seit einiger Zeit intensiver mit dem Thema Messerstähle auseinandersetze fällt es mir immernoch schwer relativ ähnliche Stähle genauer zu beurteilen bzw. zu vergleichen.
An Literatur habe ich das Buch "Messerklingen und Stahl" von Roman Landes und auch das Buch von D.Voerhoeven "Stahl-Metallurgie" schon mehrfach gelesen und durchgearbeitet.
Das Taschenbuch Stahlschlüssel ist ebenfalls vorhanden.

Ich bin ein Fan von unlegierten und niedriglegierten Stählen, da ich fast ausschließlich Outdoor- und Bushcraftmesser besitzte, verwende bzw. auch schon zwei Messer selbst gebaut habe.

Es geht um die Auswahl bzw. um die Beurteilung der Eignung folgender Stähle für ein Bushcraft Messer (Klingelänge 110mm, Klingenstärke 3mm, Scandischliff, Schneidenwinkel ca. 26°, hauptsächlich Holzbearbeitung wie Schnitzen also Druckschnitt, Hacken oder Holzspalten nur in Ausnahmefällen mit großer Vorsicht, Klingenhärte 60 HRC)

Folgende Stähle kommen meiner bisherigen Einschätzung nach in Frage (bzw. sind auch relativ gut verfügbar):
1. 80CrV2 (1.2235)
2. 90 MnCrV (1.2842)
3. C100S (1.1274)
4. 100MnCrW4 (1.2510)
5. 100 Cr6 (1.3505)
6. C105U (1.1545)

Ich denke in Bezug auf Schneidkantenstabilität, stabiler Schneidenwinkel und Anfangsschärfe sind alle Stähle für die Anwendung hervorragend geeignet und ausreichend.

Nun zur eigentlichen Frage:
In welcher Reihenfolge würdet ihr diese Stähle in Bezug auf Festigkeit, Zähigkeit und Verschleißbeständigkeit (vorwiegend im Druckschnitt) für die genannte Anwendung anordnen? Es fällt mir hier relativ schwer einzuschätzen wie groß die Unterschiede sind.
Vor allem auch bei den Legierungselementen ist es schwierig einzuschätzen wie groß die Einflüsse sind. Es ist zwar bekannt das z.B. Cr die Festigkeit erhöht, aber machen hier 0.5% Cr schon einen merklichen Unterschied oder nicht?

Festigkeit:
Vom Kohlenstoffgehalt her dürften keine nennenswerten Unterschiede in der Festigkeit vorhanden sein (bei gleicher Härte) da die maximale Festigkeit ja schon bei ca. 0.4% C erreicht werden kann. Da Cr, Mn und auch W die Festigkeit erhöhen müssten die Stähle mit diesen Legierungselementen hier die Nase vorn haben, oder? Ist es möglich hierzu auch qualitative Aussagen zu machen (z.B. Festigkeit C100S= 100% und 100MnCrW4=110%)?

Zähigkeit:
Hier habe ich die größten Schwierigkeiten. Die Zähigkeit sollte ja mit steigendem C Gehalt abfallen, aber fallen nun die 0.2% weniger C (zwischen z.B. 1.2235 und 1.2510) mehr ins Gewicht als die Zugabe von etwas mehr zähigkeitssteigernden Legierungselementen?
Kann man auch hier eine qualitative Aussage treffen?

Verschleißbeständigkeit:
Meiner bisherigen Einschätzung nach haben die Karbide durch Zugabe von Cr, W oder V hauptsächlich Auswirkungen auf die Verschleißbetändigkeit im Zugschnitt, jedoch deutlich weniger im Druckschnitt. Liege ich damit richtig?

Mir ist durchaus bewußt das sich alle gennannten Stähle nicht gravierend unterscheiden werden, aber dennoch würde ich mich freuen wenn die Werkstoffspezalisten hier im Forum ihre Einschätzung hierzu abgeben könnten.

Mit freundlichen Grüßen
JaHu
 
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Nun, alle Stähle erreichen die maximale Martensithärte. Ich gehe mal davon aus, dass alle Wärmebehandlungen werkstoffgerecht ausgeführt werden, und man Karbidbildung und Restaustenitbildung beachtet (100Cr6 und die hochkohlenstoffhaltigen sind da gern mal mit Restaustenit dabei). der 2510 hat kleine W-Karbide, der 100Cr6 hat Cr-Karbide, und beide Stähle sind für Messeranwendungen sehr gut. Deine Nr 1 wird sehr wenig Karbide haben, die Nummern 3 und 6 sind nicht einfach in der Wärmebehandlung.
Was die Zähigkeit angeht, so mögen Dir die angefügten Schaubilder etwas weiterhelfen.
Deine Beobachtung, dass sich Karbide im Wesentlichen bei der Schnitthaltigkeit im Zugschnitt hervortun, teile ich, soweit es wenig hartes Schnittgut betrifft. Wenn hacken mit dazugehört, wäre es für mich der 1.2235.

Das erst mal in aller Eile, ich bin sicher, es wird hier noch eine angeregte Diskussion geben.
 

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  • werkstoffkunde stahl.pdf
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  • bruchbiegarbeit werkzeugstahl.pdf
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Hallo herbert,

vielen Dank schon mal für die angehängten Diagramme, vor allem das erste.
Genau solche Diagramme sind das was mir weiterhilft und was ich gesucht hatte.
Evtl. gibt es ja auch Spannungs-Dehnungs-Diagramme von einigen der genannten Stähle.

Hier ist schon mal zu erkennen das es erst nennenswerte Unterschiede der Zähigkeit unterhalb von etwa 60-61 HRC gibt.
Sehr interessant finde ich allerdings das hier der C105 so gut abschneidet, obwohl er sowohl mehr C enthält wie 90MnCrV8/100MnCrW4, als auch ohne Legierungselemente auskommt welche die Zähigkeit steigern könnten.
Auch interessant finde ich das sich die Zähigkeit/Bruchbiegearbeit durch Absenken der Härte um ca. 3 HRC schon verdoppelt.

Mfg JaHu
 
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Its not the steel, its the maker!
Oder anders gesagt: Die Stahlsorte ist ersteinak wenig aussagkräftig. Die WB ist entscheident...
 
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Ja man kann es gar nicht oft genug erwähnen, die Wärmebehandlung ist natürlich entscheidend und hat einen größeren Einfluss als die Legierungselemente auf die Eigenschaften dieser Stähle.
Für diesen Vergleich setze ich voraus das alle Stähle die jeweils optimale Wäremebehandlung erhalten haben, ansonsten macht der Vergleich keinen Sinn.

Mfg JaHu
 
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Wenn Du herrausfindest, wer die optimale WB mit welchen Stahl macht, würde ich mich über die Info sehr freuen!

Viele Grüsse
Benjamin
 
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Ok, wie ich sehe hast du evtl. schlechte Erfahrungen mit falscher Wärmebehandlung gemacht.
Denkst du das die Wäremebehandlung meist nicht optimal oder einfach nur irgend wie gemacht wird?
 
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Die optimale Wärmebehandlung, na ja. Hier in den aufgelisteten Diagrammen sind das wissenschaftliche Experimente, die zumindest reproduzierbar sind.
Optimal heißt zunächst einmal, dass man die Ist-Analyse kennt, und weiß, welchen Zustand man erreichen möchte. Desweiteren die Charakteristiken des Abschreckmediums, des Ofens, etc.
Das sind die Feinheiten.
Erfahrungsgemäß haben die Solinger z.B. ihren rostfreien 1.4034 (einer der meist unterschätzten Stähle für Messer), also den X46Cr 13, sehr gut im Griff.
Hier heißt dies, den Kompromiss zwischen möglicher Härte, Rosträgheit, Zähigkeit zu finden.
Bei den von JaHu vorgestellten Stählen stellt sich die Frage, wie man so härtet, dass man die gewünschte Ansprunghärte erreicht, den Restaustenit unterdrückt, die Karbidstruktur und die Martensitstruktur einstellt.
Wenn man an einen Härter gerät, der die Klingen mit anderen ähnlichen Sorten (mit nominell gleichen Stählen) im Korb mitlaufen läßt, kommt nicht immer das beste Ergebnis zustande. Wenn man jemand findet, der die Messerproblematik kennt, dann kann man hoffen. Der in meinem Profilbild dargestellt Nicker ist aus 2510 und hatte Glück. Er wurde von einem erfahrenen Härter separat ohne anderes Härtegut im Salzbad behandelt. Entsprechend kam hervorragendes feines Gefüge heraus, ein guter Härtewert, alles bestens.

Die Reihenfolge der Stähle, nach welchen Kriterien auch immer, kann sich ändern, wenn man das mit der Wärmebehandlung faltet. Das ist ganz klar richtig. Ich denke an alte Zeiten zurück, wo man meinte, möglichst viel Legierungselemente, und schon ist alles bestens. Aber es fängt schon damit an, dass man im Normalfall ohne Profiausrüstung gar nicht die hohen Temperaturen zuverlässig fahren kann, um alle Karbide zu lösen, und schon verschenkt man z.B. Härte. Oder man kriegt das mit dem in der Matrix gelösten Cr-Gehalt nicht hin.

Wärmebehandlung kann vieles rausreissen. Der beste Stahl mit nicht guter WB liegt hinter einem mittelmäßigen Stahl, den man richtig behandelt hat.
Wenn es sich um Legierungelemente handelt (ich bin da nicht festgelegt, ich habe rostende, nichtrostende, auch HSS Klingen, Ultrafort, alles was man hartkriegt), dann achte ich nur darauf, welches Gefüge ich erwarte, und wie aufwändig die Wärmebehandlung werden wird.
Stähle wie C100 oder ähnliche oder gar alte Feilen sind nicht so einfach, wie man glaubt. Warum ist wohl der 2842 oder der 2510 so beliebt? ist einfach. Oder Kugellagerstahl (440C ist übrigens auch ein Kugellagerstahl, ein rostträger halt).

Nicht nur die Festigkeit, auch die Zähigkeit hängt stark davon ab. Wenn ich einen Stahl mit ausgeprägtem Sekundärhärtemaximum nehme, sagen wir mal HSS 652, so lasse ich ihn dort auch an, denn dann scheiden sich feine Karbide aus, die die Härte stark erhöhen, und es keine (statischen) Zähigkeitsverluste gibt.

Bei unlegierten oder niedrig legierten Stähle richte ich meine Wärmebehandlung immer nach der Klinge und den Schneidaufgaben aus, manchmal treib ich es auch auf die Spitze und will bei kleinen Klingen höchste Härtewerte haben. Dauert allerdings ne Zeit, bis die scharf sind.

Was die mechanischen Kennwerte angeht, so sind bei den Herstellern die Härteverlaufskurven verfügbar in den Datenblättern. D.h. hier wird für eine Standard-Wärmebehandlung (das ist nicht immer die im Messersinne optimale) der Verlauf der Härte über der Anlasstemperatur dargestellt. Das gilt für Werkzeugstähle.
Spannungs-Dehnungs-Kurven sind nur für das Werkstoffverhalten in Reinkultur, also nicht in seiner Aufgabe innerhalb eines Werkzeuges (Klinge) wirklich relevant. Die eben erwähnten Kurven heißen Anlasskurven, und die sagen viel aus.

Vielleicht (ein bisschen Eigenwerbung sei erlaubt) schaust Du Dir mal den "Lehrgang Umgang mit dem Kleinen Stahlschlüssel" hier im Forum an (ist glaub ich bei Material Total gepinnt), es sind so um die 20 pdf Dateien, die vielleicht ein paar Fragen beantworten können.
 
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Hallo herbert,

vielen Dank schon mal für deine Ausführung.
Ich werde mich dann wohl nochmal etwas mehr mit dem Thema Wärmebehandlung auseinandersetzen.

Die Zugabe von Legierungselemente in geringen Mengen führen also zu einer verbesserten Reaktion aus das Anlassen (höhere Härten beim Anlassen sind leichter erreichbar).
Dann werde ich mich wohl bei der Auswahl des Klingenwerkstoffs auf die niedriglegierten Stähle einschränken und den C100S und C105W1 außen vor lassen um einfach mehr Reserve bzw. Sicherheit für die Wärmebehandlung zu haben.
Hat noch jemand Erfahrungen wie stark sich die zusätzlichen Karbide von 1.2510 und 1.3505 gegenüber den beiden Vertretern mit weniger bzw. kaum Karbiden 1.2235 und 1.2482 bei der Verschleißbeständigkeit in der Holzbearbeitung (Schnitzen) auswirken werden?
Ich meine kann man das nur näherungsweise schätzen ob das Messer dann 2,3 oder 5 mal so lang scharf bleibt?
 
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auf jeden Fall machen gewisse Legierungselemente den Stahl stabiler gegen Anlassen. Der Härteabfall ist nicht so steil wie bei den reinen C-Stählen, damit hat man beim Anlassen mehr Sicherheit und kann genauer arbeiten.
Das Bewerten in Faktoren bei der Standzeit ist naturgemäß schwierig, weil nicht der Stahl allein eine Rolle spielt. Das Schnittgut und das Führen der Klinge sind noch wichtig. Generell sind Karbide nützlich gegen abrasiven Verschleiß, und wenn sie auch noch fein sind, dann geht man wieder mehr in Richtung "geschlossene Schneide", ein Idealfall, der nicht existiert, auch nicht bei Rasiermessern. Letztlich sind alle Schneiden fraktal, das liegt schon daran, dass es einMikrogefüge gibt und der Stahl keine Flüssigkeit ist.
Es ist halt eine Frage des Grades der Ausprägung.
Ich persönlich bin ein Fan des 2510 für kleine Messer, und bei größeren nehme ich am liebsten den 3505, Härtetemperatur nicht zu hoch, um nicht alle Karbide aufzulösen. Dann hat man prima Keime für die Umwandlung beim Abschrecken, und man vermeidet übermäßigen Restaustenit.
Die C-Stähle sind bei hoher Härte natürlich sehr zäh, die Standzeit ist dagegen kleiner.
Vielleicht hilft das angehängte pdf weiter
 

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  • wärme und stahl.pdf
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So ich hab mir dann hier mal eine kleine Zusammenfassung geschrieben (Sorry manches wissen hier vielleicht schon alle, oder es wiederholt sich hier).
Ihr könnt mich bitte auch gerne berichtigen und korrigieren:

Allgemeines:
Bei gehärteten Stählen kann man von den Härtewerten auf die Festigkeit schließen.
Die Festigkeit des Stahls steigt überhalb von 0.4% C nur noch geringfügig an. Das Festigkeits-Maximum müsste dann eigentlich auch beim Härte-Maximum liegen, also bei ca. 0.8%C.
Demnach müsst z.B. ein C100S mit 60 HRC die gleiche Festigkeit haben wie ein 100Cr6 oder sonst ein Stahl mit 60 HRC.

Damit wäre eigentlich meine Frage zum Vergleich der Festigkeiten zwischen diesen Stählen (und auch anderen) geklärt.

Das Spannungs-Dehnungs-Diagramm zeigt die Festigkeitswerte (Re, Rp0.2, Rm) eines Werkstoffs.
Aus der Ausprägung des plastischen Bereichs kann man die Duktilität/Elastiztiät für eine langsame Verforumung ablesen, was aber für Messerklingen keine entscheidende Rolle spielt.
Hier geht es um eine hohe Aufnahme von Energie bei schlagartigen Verformungen (Schocklasten, Schläge, Hacken) die man durch Kerblschlagbiegeversuche ermittelt (Kerbschlagbiegearbeit, Bruchbiegearbeit in J).

Eine maximale Zähigkeit erhält man durch:
Minimierung des C-Gehalts, was leider wieder mit einer Reduzierung der Festigkeit und somit der Härte einhergeht
Minimierung der Korngröße, was leider die Härtbarkeit negativ beeinflusst
Vermeidung von Martensit/Bainit, was für Messer nicht sinnvoll ist da zu geringe Härte errreicht wird

Austenitisieren:
Für ein feines (zähes) Gefüge sollte die Austenitisierungstemp. möglichst schnell erreicht und niedrige gehalten werden. Ein feinkörniger Austenit ergibt auch einen fein strukturierten Martensit.
Der Zusatz von Legierungselementen (LE) kann die Geschwindigkeits des Kornwachstums im Austenit deutlich herabsetzen (um so reaktionsfreudiger das LE ist um so mehr, also hier z.B. Niob sehr gut). Ein zyklische Wärmebehandlung ist auch vorteilhaft für kleine Korngrößen.
Die LE unterdrücken beim Abschrecken die Bildung von Bainit oder Perlit (welche beide wiederum weicher als Martensit sind), sie steigern also die Härtbarkeit.

Abschrecken:
Zum Martensit-Gefüge:
Je höher der C-Gehalt desto härter der Martensit
Maximum der Härte bei 0.8 % C-Gehalt. Warum: Darüber hinaus nimmt der Restaustenit zu, welcher weich ist.
Um 100% Martensit zu erreichen muss bis unterhalb der Martensit-Finish-Temperatur abgeschreckt werden, was bei steigendem Kolbenstoffgehalt (Kohlenstoffgehalt im Austenit) immer schwieriger wird da sich die Mf Temp. immer weiter absenkt (auch unter Raumtemperatur). Darum ist tiefkühlen nach dem ersten Abschrecken in z.B. Öl nötig.
Schon ab 0.4% C-Gehalt liegt Mf unterhalb der Raumtemperatur.
Restaustenit kann beim Anlassen umgewandelt werden (aber wie hoch muss man da anlassen?)
Die Härte des Martensits wird nicht durch die Zugabe von Legierungselemente erhöht.
Die Legierungselemente unterdrücken beim Abschrecken die Bildung von Bainit oder Perlit (welche beide wiederum weicher als Martensit sind), sie steigern also die Härtbarkeit.

Die Menge des Restaustenits nach dem Abschrecken ergibt sich aus dem C-Gehalt des Austenits beim Austenitisieren.
Den Restaustenitgehalt kann man durch Austenitisieren im Zwei-Phasen-Gebiet (Temp. unterhalb Acm Linie) beeinflussen, da hier der Gehalt an C im Austenit variirt. Dadurch kann man den Restaustenitgehalt beim Abschrecken aus dem Zwei-Phasen-Gebiet geringer halten als beim Abschrecken aus dem reinen Austenitgebiet (hier ist der C Gehalt im Austenit konstant)
Beim Abschrecken aus dem Zwei-Phasen-Gebiet wird etwas Zementit vom Martensit eingeschlossen. Zementit ist zwar weicher als Martensit, aber immer noch besser als Restaustenit, oder?
Die Zugabe von Legierungselemente verschiebt die Acm Linie nach Links, das ermöglicht ein Austenitisieren im Zwei-Phasen-Gebiet schon bei kleineren Temperaturen und somit feinerem Austenitkorn. Oder anderst formuliert, man kann mit der Austenitisierungstemperatur höher gehen was ein homogeneres und somit härteres Gefüge ergibt, ohne dabei Kornfeinheit zu verlieren.


Anlassen:
Die Festigkeit/Härte des Stahl sinkt beim Anlassen durch entspannen bzw. umwandeln des Martensits
Gleichzeitig steigt die Festigkeit/Härte aber auch um einen etwas kleineren Betrag durch die Bildung von kleinen Karbiden.

Um so mehr Kohlenstoff im Stahl um so mehr sehr kleine, feine FeC Karbide bilden sich (diese Erhöhen den Verschleißwiederstand aber Senken die Zähigkeit)
Durch Zugabe von Legierungselementen bilden sich beim Anlassen zusätzlich Karbide mit Cr,W usw. Diese Karbide sind härter als die FeC Karbide, aber auch größer, dadurch geht bei niedrig legierten Stählen weniger an Härte verloren.




Fazit bis hier:

Die niedrig legierten Stähle erreichen bei gleicher Härte eine höhere Zähigkeit als unlegierte, oder anderstherum gesagt sie ermöglichen eine höhere Härte bei gleicher Zähigkeit. Bis jetzt sind noch keine Nachteile für die niedrig legierten Stähle erkennbar.
Soweit ich das verstanden habe geht es bisher hier aber immer nur um die Makro-Zähigkeit.

Der Nachteil der niedrig leg. Stähle kann dann ja nur noch in der Mikro-Zähigkeit liegen, wo die deutlich größeren Karbide ein weniger feine Schneide ermöglichen, oder?
 
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Hallo,


auch wenn die letzte Aktivität hier schon etwas her ist, würde es mich doch interessiern für welchen Stahl du dich letztendlich entschieden hast :)
ich benutzte für 'Outdoor-Messer' am liebsten den 1.2235 und 1.2003 und für die meisten alltagsmesser den 1.2510
aber das sind nur erfahrungswerte, die ich nur durch testen und baugefühl erlangt habe :)


Gruß aus Bayern,
Simon
 
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Hi Morgadow,

mittlerweile sehe ich das Thema Stahlwahl wieder etwas gelassener.
Ich hatte mich damals vielleicht etwas zu sehr darin verbissen die letzen paar wenigen Prozent aus dem Stahl zu holen bzw. den perfekt geeigneten Stahl zu finden.

Momentan verwende ich den 90MnCrV (1.2842) bzw. den sehr ähnlichen 100MnCrW4 (1.2510).
Gerne würde ich auch den 100Cr6 (1.3505) verwenden, dieser ist allerdings relativ schwer als Flachmaterial zu bekommen.
Wenn man einen Shop findet der ihn anbietet, dann meist nur in einer Materialstärke und oft nicht den "echten" 1.3505 sondern den von den Legierungselemten fast identischen 1.2067 (welcher aber nicht das feine gefüge des Wälzlagerstahls hat).

Mfg Arni
 
AW: Beurteilung von einigen rostenden Stählen (1.2235 1.2842 1.1274 1.2510 1.3505 1.1

:confused: Ich habe meinen 100Cr6 von Achim Wirtz.
Der kann einen bestimmt auch Auskunft geben ob es da überhaupt einen praktischen Unterschied gibt.
(Nach der richtigen Wärmebehandlung ;) )
Da müsste man ja schon fast den Hersteller berücksichtigen...
 
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Hallo Jungs, alles richtig. Kurz gesagt, Renner ist 80crv4 sowohl bei Festigkeit als auch Zähigkeit. Wir haben schneidbacken für betondrahtschneider darausgemacht. Beim verschleißen ich denke eher an schneidfähigkeit ist das in dieser Liste 100mncr w 4. Das ist ein kugellagerstahl, muss lange halten
Mein favorit ist 142 wv13. Gibt kleine karbide sehr scharf , wird für Holzbearbeitung genommen.
Hallo slice a lot, wenn du möchtest schick mir deine stähle , ich mach dir eine Technologie dazu. War 40 jahre härterei Leiter. Wenn du willst such ich dir auch noch die härterei dazu.
Keine scheu, würde mir Spaß machen.
Gruss fritz
 
1.2235

Es kann sein dass ich ein bisschen spät dran bin mit meiner Antwort, aber da ich neu hier bin wollte ich trotzdem mal meinen Senf dazugeben.

Also wie man es an meinem Ussrnamen erkennen kann, habe ich hauptsächlich Erfahrung mit 1.2235. Er lässt sich zwar sehr gut bearbeiten, polieren und schärfen und ist auch besonders für Haumesser geeignet, rostet aber wirklich abartig stark. Ich habe erst kürzlich ein Messer aus diesem Stahl hergestellt und es brüniert, aber trotzdem zeigt sich an der Klinge stellenweise der Rost (durch die Brünierung hindurch!). Wäre dieser Aspekt nicht, wäre dieser Stahl mein absoluter Lieblingsstahl, zumal er auch noch ziemlich günstig ist.

Ich hoffe ich konnte noch helfen, Amadeus
 
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Eine Brünierung ist ein sehr schlechter Korrosionschutz.
Schauben werden deshalb nach dem brünieren geölt.
Der Vorteil der Brünierung ist halt, das sie das Passmaß nicht verändet.
Der Untergrund sollte für einen "optimalen" Korrosionsschutz vorher möglichst poliert sein.
 
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