Review aus fünf Blickwinkeln: Aoki Shirogami 1 Warikomi Spiegel Santoku 195mm

Gabriel

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Review aus fünf Blickwinkeln:

Eine ungeschriebene Regel der Kaufberatung besagt, möglichst nur Empfehlungen zu Messern abzugeben, die man selber kennt, daher haben wir beschlossen, in unregelmäßigen Abständen untereinander Kochmesser zu verleihen, um nicht jedes Messer von Interesse kaufen zu müssen. Jetzt gibt es fünf Meinungen zu einem Messer, von Amateuren als auch von Profiköchen.

Aoki Shirogami 1 Warikomi Spiegel Santoku 195mm

Ein nachträglicher und gleichermaßen erfreulicher Zugang zu unserer Testreihe ist das Aoki Shirogami 1 Warikomi Santoku in 19,5cm. Ein – wie man es auch dreht und wendet – besonderes Messer. In dem Shop wird es als handgeschmiedet und –signiertes Meisterstück angeboten und als Hergestellt von "Dento-Kogei-shi"-Preisträgern: handgeschmiedet von Schmiedemeister Togashi, handgeschliffen von Schleifmeister Tosa. Damit einhergehend natürlich ein entsprechend hoher Preis sowie hohe Erwartungen.

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Daten und Fakten

Klingenlänge: 195 mm
Klingenbreite: 45 mm
Gewicht: 183 g
Klingenstahl: per Hand eingesetzte Schneidlage aus Shirogami 1 @ 63-65 HRC
Schliff: beidseitig, spiegelpoliertes Finish
Griff: Rokkakku Hanmaru-Griff ,oben sechskantig - Unterseite halbrundaus Ebenholz mit Wasserbüffelhorn-Zwinge


Erster Eindruck / Verarbeitung & Finish

Der opulente des Titels erzeugt entsprechend hohe Erwartungen. Der erste Eindruck enttäuscht dabei nicht. Das Messer ist hervorragend verarbeitet, jedes Details strahlt Sorgfalt, Handwerkskunst und Hochwertigkeit aus. Die Ästhetik des Messers spricht für sich. Das polierte Finish der Klinge ist (zwar nicht unbedingt praktisch aber…) v.a. im unbenutzten Zustand wunderschön anzuschauen. Der Griff ist bis ins Detail sorgfältig gefinished. Die Büffelhornzwinge spürbar handverlesen und gehört mit ihren unterschiedlichen Farben und Schattierungen zu den Schönsten, die mir bisher unter die Augen gekommen sind.


Hier der Griffvergleich mit (von oben nach unten): Watanabe Pro Deba, Masamoto KS Sujihiki und Kamo Nakiri:

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Die haptische und ästhetische Qualität des Messers besticht und übertrifft auch das sich bei mir im Kopf festgesetzte optisch ähnliche Konosuke Fujiyama vom letzten Monat. Aber genug der Worte… ;)

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Die einzigen Makel, welche ich am Messer finden konnte befinden sich im Übergangsbereich zwischen Klinge und Griff. Zum einen ist die frontale Fläche von Griff/Zwinge leicht schräg abgeschliffen, zum anderen ist das polierte Fehlschärfenfinish des Kehls sichtbar asymmetrisch. Das Messer ist mit einer sehr kleinen und IMHO nicht störenden Machi ausgeführt.

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Klingengeometrie und -profil

Was die Geometrie von 3lagigen Warikomi-Messern angeht hatte ich von vornerein direkt Zweifel, weisen doch viele gegenüber „modernen“ Monostahl-Lasern eher schlechtere Geometrien auf. Das Messer fühlt sich zudem relativ schwer an, die Vermutung einer dicken Geometrie liegt also nahe. Und tatsächlich ist das Aoki keinesfalls als Laser zu bezeichnen und bleibt auch hinter manchen 3-Lagen-Messern zurück (Konosuke Fujiyama, Kamo-to Nakiri). Die Messung zeigte aber insbesondere in den so wichtigen Bereichen hinter der Schneide mit durchgängig unter 0,3mm ca. 1mm hinter der Schneide hervorragende Werte.

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Kehlvergleich zwischen Aoki (links) und 165mm Kamo-to Migaki Nakiri (rechts):

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Aber ja, bei Benutzung merkt man doch das Hüftgold der Klinge etwas. Das Schneiden einer dicken (Durchmesser ca. 2,5-3 cm) frischen Möhre in dickere Scheiben ging mit deutlichem Knacken einher. Insgesamt ist die Geometrie im Schneiden-nahen Bereich jedoch dünn genug, dass frustfreies schönes Arbeiten gut möglich ist.
Für ein Santoku ist das Messer mit seiner Klingenlänge von 19,5 cm ungewöhnlich groß. Mir persönlich liegt das, andere mögen das weniger gut finde. Das Klingenprofil ist insgesamt recht flach gehalten und bietet somit gute Bedingungen zum Arbeiten im Druck- bzw. Zugschnitt. Die Spitze ist relativ weit runtergezogen. Fans des Wiegeschnitts würde ich dieses Messer (u.a. aus diesem Grund) nicht nahe legen.

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Vergleich mit 165mm Kamo Nakiri:

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Schnitthaltigkeit und Reaktivität

Das Aoki ist das erste Messer mit Shirogami 1 als Klingenstahl, welches ich intensiver benutze. Prinzipiell verspricht der Stahl aufgrund seiner hohen Reinheit eine hohe erreichbare Maximalschärfe, welche man sich jedoch ggf. mit einer etwas geringeren Standzeit der Schärfe im Vergleich z.B. zu Aogami erkauft… theoretisch zumindest. Angekommen ist das Messer bei mir in sehr gering gebrauchtem Zustand mit einer sehr brauchbaren Schärfe, welche jedoch durchaus noch optimiert werden konnte.
Der Besitzer des Messers hat zu diesem Zweck freundlicherweise einen japanischen Naturstein (Awasedo Ohira Toishi aus Kyoto mit einer Körnung ca. im Bereich 8000-12.000) mitgeliefert. Mit diesem konnte die Schärfe noch ein gutes Stück angehoben werden, insgesamt konnte ich aber nicht feststellen, dass das Messer eine höhere Maximalschärfe erreichte als in letzter Zeit von mir getestete Messer mit Shirogami 2, Aogami 2 oder Aogami Super. Ich vermute um das Optimum heraus zu kitzeln erfordert es einen Neuanschliff, welchen ich dem Messer aus Rücksichtnahme auf das fremde Eigentum jedoch nicht verpassen wollte.

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Die Härte der Schneidlage ist mit 63-65 HRC angegeben. In Kombination mit fehlenden verstärkenden Legierungselementen ist also durchaus Vorsicht bei der Benutzung geboten. Trotz Fehlen einer Mikrophase konnte ich in der Zeit der Benutzung jedoch keine Ausbrüche feststellen. Einen quantitativen Vergleich der Standzeit würde ich aufgrund der vorsichtigen Benutzung des Messers meinerseits eher nicht ziehen. Subjektiv würde ich diese jedoch im typischen Bereich von Shirogami 2 sehen.

Zu Beginn der Testphase hatte das Messer nur leichte Ansätze von Patina und nur minimale Mikrokratzer im polierten Oberflächenfinish des Klingenspiegels. Schon nach kurzer Zeit der Benutzung (das Übliche… Zwiebeln, Tomaten, Lauch, Gurke, Paprika etc. …kein blutiges Fleisch, keine säurehaltigen Früchte) stellte sich eine deutlich sichtbare Patina ein. Ich hatte erwartet, dass die Spiegelpolitur das Bilden einer Patina verzögert. Dem war nicht so. Im direkten Vergleich mit dem Kamo Nakiri beispielsweise war die Reaktivität doch spürbar erhöht. Durch das spiegelpolierte Klingenfinish ergeben sich jedoch schön anzuschauende Farbenspiele

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Das ein spiegelpoliertes Finish in Verbindung mit einer Patina eine relativ anfällige Oberfläche bildet sollte klar sein. Dementsprechend sind auch erwartungsgemäß nach der Testphase trotz sehr pfleglicher Behandlung (kein Spülschwamm verwendet, schnelles Abspülen nach Benutzung etc.) leichte Spuren und Kratzerchen in der patinierten Oberfläche erkennbar. Durch leichte Politur wird dies vermutlich einfach zu beheben sein. Wer jedoch erwartet, dass sein Messer trotz Benutzung lange wie neu aussieht, der sollte nochmal nachdenken.


Fazit

Das Aoki ist ein besonderes Messer, was einem nicht alle Tage in die Hände fällt, das steht mal fest! Ästhetik, Haptik und der subtile Eindruck der Handwerkskunst sind direkt präsent. Auch in der Benutzung zeigt das Messer viele positive Aspekte. Jedoch drängt sich schon der Eindruck auf, dass es eben genannte Aspekte sind, für die man hier bezahlt und weniger ein Plus an Schneidperformance. Das sich ein Messer dieser Preisklasse eher für Liebhaber und Sammler als für zweckorientierte Nutzer eignet, sollte eigentlich mehr oder minder offensichtlich sein und ich finde so ist es auch. Als reines Schneidwerkzeug gibt es Messer, die diese Anforderungen besser erfüllen - und das für einen signifikant geringeren Preis bzw. teilweise einen Bruchteil des Preises.

Den Genussaspekt bzw. das privilegierte Gefühl bei der Benutzung und dem Befingern eines so schönen und liebevoll gemachten Messers (die beiden genannten Makel mal außen vor...) spielt da doch eine höhere Rolle. Dies ist natürlich ein rein subjektiver Aspekt und inwieweit dieser Eindruck mit dem Preis in Relation steht… ich denke darüber lohnt es gar nicht erst eine Diskussion anzufangen. Die leichte Asymmetrie im Übergangsbereich Klinge-Griff wäre jedoch ein Aspekt, der für den Preis eigentlich noch drin gewesen wäre.

Abschließend möchte ich nochmal dem Besitzer des Messers danken für die Testmöglichkeit (insbesondere auch des Steins) und ich bin gespannt, welche Resonanzen von den weiteren Testern kommen werden.

Gruß, Gabriel
 
Aoki Shirogami 1 Warikomi Spiegel Santoku 195mm



Eine ungeschriebene Regel der Kaufberatung besagt, möglichst nur Empfehlungen zu Messern abzugeben, die man selber kennt, daher haben wir beschlossen, in unregelmäßigen Abständen untereinander Kochmesser zu verleihen, um nicht jedes Messer von Interesse kaufen zu müssen. Jetzt gibt es fünf Meinungen zu einem Messer, von Amateuren als auch von Profiköchen.

Dieses freundlicherweise von einem Forenmitglied außerhalb unserer Fünferrunde zur Verfügung gestellte Messer kommt von Aoki, die einige der besten Schmiede und Schleifer der Welt unter ihrem Dach haben. Dieses Messer ist ein Aushängeschild für deren Fähigkeiten – und einmal mehr Anlass für mich, über die Grenzen zwischen Pragmatik und Kunsthandwerk nachzudenken.

Verarbeitung:
Die Verarbeitung der teuren Aoki-Messer ist schlicht Referenz. Mit Ausnahme der leicht gebogen geschliffenen Kehllinie – und hier wissen wir nicht, ob Absicht dahinter steht – kann ich keine Fehler am Messer finden. Alles ist perfekt versäubert, der Griff und die wunderschöne Zwinge gehen ohne Kante in einander über. Alle Kanten sind gebrochen, Rücken und Kehl poliert, vor der Benutzung war das Spiegelfinish der Klinge makellos. Die Klinge zeigt ebenfalls keine Qualitätsmängel, dazu gleich mehr.



Klinge und Stahl:

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Für die Klinge wurde von Hand Weißpapierstahl (Shirogami) der höchsten Qualität in gespaltenes Eisen eingesetzt, im Feuer verschweißt (Warikomi) und hoch gehärtet. Diese Konstruktion ist industriellem Walzlaminat nicht per se überlegen, aber aufwändig in der Herstellung und potentiell fehlerbehaftet. Es zeigen sich aber erwartungsgemäß keine Schweißfehler und auch kein Abweichen der Schneidlage. Die Klinge ist gerade und nicht verzogen. Auch gibt es keine Schleiffehler zu vermelden: Die Tafeln sind exakt gleich geschliffen und nicht verkippt. Besonderer Bedeutung kommt bei hoch gehärteten Messern dem Schliff zu; es erfordert Erfahrung, die Klingen so zu schleifen, dass sie hinter der Schneide dünn sind ohne zu empfindlich zu werden. Die Geometrie dieser Klinge ist sehr gut und braucht sich nicht vor anderen sehr dünnen traditionellen Messern wie dem Konosuke Fujiyama oder dem TonTenKan Premium verstecken.
Einziger minimaler Wermutstropfen ist die nicht ganz ausbalancierte Klinge, was an der für ein Santoku sehr großen Klingenlänge liegt und bei dieser kaum vermeidbar ist.

Handhabung und Schneiden:
Der oben sechseckige und unten halbrunde Griff liegt hervorragend in der Hand und macht auch langes Arbeiten mit dem Messer zu einer Freude. Man merkt zwar das höhere Gewicht, aber es vermittelt eher ein sattes, zufriedenes Gefühl, als dass es je unangenehm würde. Ich habe mit dem Messer etliches Gemüse geschnitten und einen ganzen geräucherten Schweinebauch zerlegt. Dabei war die Schärfe auf einen konstant enorm hohen Niveau und hatte am Ende nicht merklich nachgelassen. Ausbrüche zeigten sich keine. Zwar bildete sich eine langsam zunehmende Patina, Verfärbungen oder schlechte Gerüche im Schnittgut gab es aber keinerlei. Mir persönlich schien das Messer mit 185mm tatsächlicher Klingenlänge fast ein bisschen zu groß.

Fazit:
Das getestete Aoki Santoku ist ein absolutes Traum-Messer, keine Frage. In den Griff habe ich mich sofort verliebt, was mir den letzten Schubs gegeben hat, mir noch ein Ashi mit just so einem Griff zu bestellen. Dieses Stück ist aber mehr eine Demonstration von handwerklichem Können als ein praktisch orientiertes Schneidwerkzeug. Von der teuren Spiegelpolitur hat man so gut wie nichts, wenn man das Messer das erste mal wirklich benutzt hat. Auch sind Warikomi-Klingen schön zu haben, ein echter Vorteil erwächst dem Anwender aber nicht. Es ist schade, dass es im Moment von Aoki kein Santoku aus Walzlaminat mit normalem Schliff in normalem Santokuformat gibt – denn diese Verarbeitung und diesen Schliff wäre bei jedem Messer wünschenswert. Es geht erst bei 255€ mit dem Kurouchi-Messer los (aber auch nur in 19,5cm), das Messer mit normalem Schliff kostet 295€ und das hier getestete Messer liegt mit Ebenholzgriff und Spiegelpolitur bei sage und schreibe 545€. Ursache des Problems könnte sein, dass diese Messer schon alle nicht im Aoki-Programm vorhanden sind, bei den japanischen Messern finden sich weder Gyutos noch Santokus; sie alle werden für japan-messer-shop.de scheinbar gesondert aufgelegt.

Eine letzte Anmerkung: Bei dem Testmesser gab es damit keine Probleme, bei meinem eigenen Aoki Santoku hatte ich aber schon ein paar Mikroausbrüche; ich empfehle daher dringend den Anschliff einer Mikrofase.



Anmerkung: Alle Messer werden kategorisch mit allen Schnittechniken (Wiegeschnitt, Druck/Zugschnitt und Wiegen) getestet. Als traditionelles japanisches Messer wurde hier das Hauptaugenmerkt auf Druck/Zugschnitt gelegt. Geschnitten wurde ausschließlich auf einem Birkenholzbrett.
 
Servus,

Review aus fünf Blickwinkeln:

Aoki Shirogami 1 Warikomi Spiegel Santoku 195mm

Eine ungeschriebene Regel der Kaufberatung besagt, möglichst nur Empfehlungen zu Messern abzugeben, die man selber kennt, daher haben wir beschlossen, in unregelmäßigen Abständen untereinander Kochmesser zu verleihen, um nicht jedes Messer von Interesse kaufen zu müssen. Jetzt gibt es fünf Meinungen zu einem Messer, von Amateuren als auch von Profiköchen.


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Diese Preziose läuft eigentlich außerhalb unserer Zirkelrunde uns stellt das wertvollste Messer und zwar nicht nur im Vergleich zu den anderen, sondern für mich auch absolut.

Ein teureres Kochmesser hatte ich noch nicht in Händen! Ich möchte mich hiermit herzlich für das Vertrauen und die gebotene Möglichkeit es nützen zu dürfen beim Besitzer bedanken. Gleichzeitig bin ich froh darüber nicht der Erste sein zu müssen, der eine makellos spiegelpolierte Tafel durch den ersten Schnitt erblinden lässt!

Hier wird eine Grenze überschritten( eigentlich überschnitten). Der erste Schnitt markiert die Bruchlinie. Das Messer vereint traditionelle Handwerkskunst mit Schönheit. Die Handwerkskunst bleibt, die Schönheit wird durch den Zweck der Funktion dauerhaft entstellt.

Diese Entscheidung muss der Käufer vor dem Kauf treffen, er muss sich absolut klar darüber sein, das bei tatsächlichem Nutzen das schöne Antlitz vernarbt, zum Teil in hässlichen grau-braunen Patinafeldern, die in einem harten Kontrast zu den letzten verbliebenen Quadratzentimetern Spiegelfinish stehen.

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Wenn man die nötigen Arbeitsschritte durchdenkt die nötig sind, um eine Klinge mit einer von Hand eingebrachten und feuerverschweißten Schneidlage aus reinstem Shirogami, zu Schmieden und das aus dem Feuer und der Glut, durch die Kunstfertigkeit alter Meister ein solches Messer entsteht, ist mehr als beindruckend!

Dieses Wissen um diese traditionelle Fertigung ist für den Käufer Pflicht und er hat sich darum zu bemühen! Alles andere wäre respektlos.

Hier über den praktischen Sinn spiegelpolierter Klingenflanken zu philosophieren halte ich für müßig und verzichtbar.

Mit dem Bewusstsein der Entstehungsgeschichte findet ein anderer Umgang mit dem Messer statt. Ich habe das bis dato so nicht gekannt.

Auffälligkeiten:

Das Messer wiegt schwer in der Hand, die Klinge zieht nach unten. Für ein Santoku ist es von überdurchschnittlicher Größe!

Beides Besonderheiten die ein für mich neues Gefühl beim Arbeiten eröffnen.

Der Griff:

Die rokkaku-hanmaru-Form liegt fantastisch in der Hand, ich empfinde diese Griffform als ungemein bequem und komfortabel bei gleichzeitig perfekter Kontrolle.

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Da ich alle anderen Wa-Griffformen habe und kenne macht mich ein Vergleich sicher!

Ich präferiere diese „oben eckig, unten rund“ Form!

Die blonde Zwinge kontrastiert sehr schön mit dem Ebenholzgriff, ich habe selber so eine Kombination, hier zum Vergleich:

Der untere Griff ist vom Ashi Wa-Gyuto und ist etwas schlanker und wird ganz behutsam Richtung Klinge schmäler!

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Wenn ich eine von beiden wählen müsste, jetzt mal abgesehen von der Griffform würde ich allerdings bei meinem Griff bleiben, die Maserung und Qualität ist einfach fantastisch!

Die Verarbeitung ist ohne Tadel!

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Der Stahl:

Da ist wohl nichts mehr hinzuzufügen. Eine Schneidlage aus Shirogami 1, der höchsten Güteklasse eines Yasuki-Weißpapierstahls, feinstes Gefüge, ein Dorado für Schärfefanatiker.

Ich habe nur einige Mahlzeiten zubereitet, zu wenige um über Standzeit und Schneidkantenstabilität kompetente Aussagen zu treffen und das Messer sehr behutsam benützt.

Keine Ausbrüche und kein Nachschärfen war von Nöten!

Traumhaft das Finish von Klingenrücken, Kehl und Erl, alles auspoliert und gerundet!

Der Anschliff ist völlig symmetrisch, ich habe beide Seiten mit der Lichtlupe „abgefahren“, einfach perfekt!

Geometrie:

Auch hier eine Überraschung! Wer die aktuellen Platzhirsche in der Laserklasse kennt, weiß um die Leichtigkeit dieser Messer, das Aoki ist deutlich massiger und dadurch etwas behäbiger in der Performanz, bezogen auf den Vergleich mit einem Ashi.

Die Schneidfreude ist aber ausgezeichnet, wenngleich wir hier nicht von einem Spitzenwert reden.

Kehlvergleich: links Aoki, rechts Ashi

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Dieses Messer ist nicht nur schön, es ist auch perfekt nutzbar, ohne sich hinter dem Begriff „Kunsthandwerk“ zu verstecken!

Fazit:

Ein Meilenstein unter den Kochmessern die ich bis dato kenne und nütze (nützen durfte)

Hier noch ein abschließender Vergleich mit meinem Ashi:

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Mir persönlich ist es zu schwer, bei feineren Arbeiten macht sich bald das Gewicht und die Balance bemerkbar. Für den alltäglichen Einsatz nicht zu groß, aber zu kostbar um im Saft einer Zitrone oder Roter Beete zu korrodieren/patinieren.

Trotzdem ein wahres Erlebnis mit einem 565,- Euro teurem Meistersantoku schnippeln zu dürfen!

Hierfür noch einmal meinen ausdrücklichen Dank an den Besitzer!

Gruß, güNef
 
Aoki Shirogami 1 Warikomi Spiegel Santoku 195 mm

Da eine ungeschriebene Regel der Kaufberatung besagt, möglichst nur Empfehlungen zu Messern abzugeben, die man selber kennt, haben wir beschlossen, in unregelmäßigen Abständen untereinander Kochmesser zu verleihen, um nicht jedes Messer von Interesse kaufen zu müssen. Jetzt gibt es fünf Meinungen zu einem Messer, von Amateuren als auch von Profiköchen.


Eine der Lieblingsbeschäftigungen des gemeinen Messerfreaks ist ja das Herumstreunen und -stöbern auf den Internetseiten der in der Szene bekannten Messershops. Dabei ist sicherlich der Japan-Messer-Shop der Familie Horie eine der beliebtesten Adressen mit einem gut sortierten Angebot an hochwertigen Küchenmessern. Auch die Abgebrühtesten unter uns neigen dazu feuchte Augen zu bekommen, wenn sie beispielsweise die Bilder der Top-Produkte der Schmiede Aoki sehen – spätestens jedenfalls beim Blick auf die Preise dieser Artikel, die mitunter die 500 Euro-Grenze lässig überspringen.

Nun wurde uns großzügigerweise genau solch ein Exemplar von Aoki für eine Testrunde zur Verfügung gestellt – auch von mir vorab ein herzliches Dankeschön an den Besitzer für diese tolle Möglichkeit!:super:

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Dieses Santoku nur in die Hand zu nehmen und zu betrachten, ist schon eine Freude an sich. Es ist eine absolute Schönheit mit diesem edlen Ebenholzgriff und der hellen, schön gemaserten Büffelhornzwinge. Das ist die Griffversion, die mir von allen am besten gefällt; und vorne dran steckt auch noch eine spiegelpolierte Santoku-Klinge – ich halts nicht aus.:staun: Da wird sogar noch das Konosuke Fujiyama Gyuto, das ich letzten Monat testen durfte, ganz leicht übertroffen – erstmal rein unter ästhetischen Gesichtspunkten – und das will etwas heißen. Beide gehören somit für meinen Geschmack in die oberste Liga der Traummesser.

Einziger Wermutstropfen: ich beneide meinen Kollegen Gabriel ein wenig darum, dass er sich als Einziger von uns an der noch nicht patinierten Spiegeloberfläche der Klinge erfreuen durfte. Ich muss gestehen, es hat mich die ganze Zeit, während ich das Messer bei mir hatte, gejuckt, die Klinge nochmal perfekt blank zu polieren, um sie in ihrem ursprünglichen und makellosen Zustand zu betrachten. Gemacht habe ich das natürlich nicht.


Verarbeitung

Die Verarbeitung des Aoki Santokus ist insgesamt auf höchstem Niveau; das wurde schon hinreichend ausgeführt. Nur zwei Dinge möchte ich ergänzen.

Wenn mich mein Auge nicht täuscht, dann sitzt der Griff nicht ganz gerade auf dem Erl. Er ist um einige Grade nach rechts verdreht. Komisch, dass das noch niemand angemerkt hat. Ob das ein Fehler des Herstellers oder möglicherweise Absicht ist, mag ich nicht beurteilen. Die Frage wurde ja auch schon im Zusammenhang mit der asymetrischen Rundung des Kehls gestellt. Während ich beim Kehl davon ausgehe, dass das eine Rechtshänder-Optimierung ist, kann ich mir dasselbe in bezug auf die Griffverdrehung nicht so recht vorstellen. Wie dem auch sei, es ist nichts, was bei der Handhabung des Messers irgendwie auffallen oder stören würde.

Was mich jedoch ein wenig stört, ist eine kleine Vertiefung an der Stelle, wo der Erl in den Griff eindringt.

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Das Erlloch ist zwar ansonsten einwandfrei abgedichtet, nur ist da eben diese kleine Vertiefung. Wenn man das Messer nach Gebrauch abgespült und abgetrocknet hat, dann bleibt genau dort noch sehr leicht Feuchtigkeit zurück, ebenso hinter der Machi. Diese Stellen sind mit dem Trockentuch nicht so leicht zu erreichen, was jedoch nicht unwichtig ist bei einem nicht rostträgen Messer – nur dass wir mal darüber gesprochen haben.:rolleyes:


Performance

Wenn man sich die Klingengeometrie so anschaut, dann macht diese auf den ersten Blick einen sehr guten Eindruck. Vor allem ist die Schneide sehr dünn ausgeschliffen – sieht richtig schneidfreudig aus das Ganze. Vom ersten Anschein her vielversprechender als mein Kamo Nakiri.

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Zum Vergleich: links Aoki, rechts Kamo Nakiri
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Der erste Schnitt durch eine Möhre war dann aber ziemlich ernüchternd.:confused: Das Aoki tat sich ganz schön schwer, was mich ehrlich gesagt überrascht hat. Da hatte ich mehr erwartet. Ich nahm mal kurz mein geschanztes Hiromoto Gyuto zur Hand, um den Vergleich an der selben Möhre zu haben. Und siehe da – das ging recht locker und wesentlich leichter hindurch.

Weil ich diese Enttäuschung nicht auf dem Aoki sitzen lassen wollte, versuchte ich die Schärfe zu verbessern, indem ich es vorsichtig und auch nur kurz auf dem BBB schliff und anschließend auf dem beiliegenden Awasedo Ohira Toishi abzog. Besonders auf dem BBB nahm die Schneide schon nach wenigen Schüben eine aggressive Schärfe an, die mich ins Staunen versetzte. Jetzt ging es ein klein wenig leichter durch die Möhre, aber nicht viel. So musste ich einsehen, dass Möhrenschneiden nunmal nicht die Lieblingsdisziplin des Aokis ist.

Anderes Gemüse wie Sellerie, Zwiebeln, Zucchini, Paprika und Lauch ließen sich sehr gut verarbeiten, und dabei hat das Santoku dann auch richtig Spaß gemacht.

Was mir bei der Handhabung sehr gut gefallen hat: die nutzbare Klingenlänge von 185 mm, die eigentlich recht groß für ein Santoku ist, finde ich optimal. Auch die damit verbundene leichte Klingenlastigkeit empfinde ich als angenehm. Ebenso das relativ hohe Gesamtgewicht von 183 g. Das Messer liegt angenehm satt in der Hand, wiederum unterstützt durch die hervorragende Haptik des Rokkaku Hanmaru-Griffes. Dazu kommt das relativ flache Klingenprofil, das meiner Schneidtechnik sehr entgegen kommt. Das alles ergibt ein tolles Gesamtpaket und es macht sehr viel Spaß, mit diesem Messer zu arbeiten – wenn es nicht gerade darum geht, Möhren zu zerstückeln.;)

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Fazit

Ich muss sagen, es war wirklich ein Erlebnis und Privileg, mal solch ein teures und hochwertiges Messer kennenlernen zu dürfen. Ich habe zwar nur zwei Mahlzeiten damit zubereitet, aber es war eine schöne neue Erfahrung und mein Messerhorizont wurde wieder um ein Stück erweitert.

Die reine Schneidleistung hat mich natürlich nicht vom Hocker gehauen; dafür überzeugt das Aoki durch eine beinahe tadellose Verarbeitung, hochwertige Materialien, eine hervorragende Haptik sowie seine atemberaubende Ästhetik und Extravaganz. Schade, dass die Spiegelpolitur einer, wenn auch schönen Patina Platz machen musste. Den Sinn derselben darf man folglich natürlich in Frage stellen.

Wäre das Aoki mein Messer, dann wäre ihm jedenfalls ein Platz in der Vitrine sicher. Denn als ein Highlight der Messermacherkunst wäre es mir zum alltäglichen Gebrauch einfach zu schade. Tja, hätte-wäre-wenn – jetzt geht das schöne Stück weiter an den nächsten Tester. Dem Besitzer möchte ich nochmals ganz herzlich danken!

Gruß
Pflaster
 
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