Axt/Beil restaurieren?

Basti G.

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Hallo Zusammen,

mir ist die Axt meines schon lange verstorbenen Opas in die Hände gefallen. Er war Zimmermann und die Axt hat ihn sehr lange begleitet. Danach wurde sie von meinem Vater benutzt und auch nicht gerade pfleglich behandelt.

Ich kenne mich mit dem Thema "Axt" nicht wirklich aus, wollte mir aber demnächst sowieso eine anschaffen.

Ich kam nun auf die Idee, diese Axt zu restaurieren. Ich habe mit solchen Projekten bisher noch keinerlei Erfahrungen, aber es reizt mich sehr, das mal auszuprobieren.
Ich habe also vor, den Axtkopf vom Rost zu befreien, zu polieren, einen ordendlichen Schliff anzusetzen, einen Stiel zu schnitzen und diesen einzustielen. Soweit möglich würde ich das gerne nur mit Einsatz von Muskelkraft durchführen.

Da mir insoweit leider jegliche Erfahrung fehlt, würde ich mich freuen von euch ein paar Tipps zu bekommen, wie ich am besten vorgehen kann.

Auch wenn ich generell Lust darauf habe, und die Axt natürlich einen emotionalen Wert für mich hat, würde ich das Projekt aber nur starten, wenn sich die Axt danach auch wirklich produktiv nutzen lässt? Wie ist da eure Einschätzung? Lohnt sich der Aufwand? Meint ihr man kann aus dem alten Haudegen noch etwas herausholen, oder sollte man ihm lieber den wohlverdienten Ruhestand gönnen?

Falls sich jemand von euch generell mit alten Äxten auskennt und mir eine Geschichte zu diesem Modell erzählen könnte, was das natürlich die Krönung.

Ich stelle mal ein paar Fotos ein, dass ihr den Zustand des edlen Teils besser einschätzen könnt. ;)











Den Axtstiel würde ich nach diesem Vorbild hier herstellen:
https://www.youtube.com/watch?v=s-dEJdyXj34
Tipps benötige ich also hauptsächlich zur Bearbeitung des Axtkopfes.
 
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Zum Benutzen würde es schon reichen die Axt neu einzustielen und zu schärfen.
Wenn du die Axt komplett aufbereiten willst, kannst du Sie mit einer Drahtbürste entrosten.
Ich würde dann mit einer Feile die Scharten aus der Schneide rausschleifen und dann mit immer feinerem Schleifpapier die Kratzer der Feile entfernen.
Mit maschinellem Werkzeug ginge das ganze sicherlich schneller, aber von Hand geht es auch
An deiner Stelle würde ich mir ne alte Axt irgenwo besorgen (Flohmarkt etc.) und daran erstmal üben bevor du dich an dein Erbstück wagst.
 
Hallo Basti,

also ich bin mir sicher, dass man die Axt wieder wie neu hinbekommt.
Die Frage ist nur ob Du möchtest, dass Sie wie neu aussieht oder, dass man das Alter auch erkennt?
Ich an deiner Stelle würde einen neuen Stiel im gleichen Look kaufen und ihn anpassen.
Den Axtkopf würde ich fast so lassen und nur die Schneide mit der Mousepadmehode nachschärfen.
Falls Du das ganze lieber in neuer Optik willst kannst is es halt ein bissl mehr Arbeit.

Gruß CedricP
 
Hallo Basti,

auch ich habe Beile von meinem Opa, auch in Gebrauch.
So wie ich das auf den Fotos erkennen kann, ist der Stiel noch gut in Schuss, ebenso die Stelle, an der er eingekeilt ist.
Ich liebe Patina und würde an Deiner Stelle nur die Scharten am Axt-Kopf entfernen und ihn schärfen - mehr nicht. Wenn Du dann beim Arbeiten merkst, er wird immer wieder locker oder reißt im Holz, kannst Du immer noch einen neuen schnitzen, kaufen, was auch immer.
Ihn so zu bearbeiten, dass er fast wie neu aussieht, heißt, ihm seinen Charme berauben. Wenn Du das möchtest, ist das Deine Sache- ich würde das nie machen. Würde Dein Opa der Axt ein nagelneues Aussehen verpassen ? Mein Opa ( auch schon lange verstorben ) sicher nicht :) !


Liebe Grüße

Franky
 
Die Wurmlöcher werden nicht erst seit einigen Monaten drin sein. Mit dem Beil wurde gearbeitet, und zwar nicht zu knapp, wenn ich das richtig gelesen habe. Wenn der Stiel bricht, kann immer noch etwas neues dran ;) Ist doch nur meine bescheidenen Meinung, die Patina so zu lassen, wie sie ist.

Sollten die Wurmlöcher neu sein : Wurm-ex rein und gut.


Liebe Grüße

Franky
 
Der Bart muss ab und dann schärfen. Das war es.
Den Bart (das überstehende Material an der "Hammerbahn" und unten an der Schneide (?) ) mit Feile oder Sensenwetzstein
oder vorsichtig mit Bandschleifer oder Flex entfernen. Wenn du Maschinen benutzt bitte vorsichtig und nicht zu viel annehmen.
Das schärfen der Schneide und das das schleifen und brechen der Bahn würde ich mit einem Schleifklotz mit 80'er/120'er Schleifleinen durchführen.
Mehr als 1-2 cm würde ich an der Schneide nicht anschleifen. Die Seitenflächen wurde ich so lassen wie sie sind.

Ansonsten eine sehr schönes Beil, die du (wenn es soweit ist) auch noch an die nächste Generation weitergeben kannst.
 
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Eine solche Axt hat keine Hammerbahn! Eine Hammerbahn ist gehärtet! Das Axthaus inkl. Auge ist nicht gehärtet. Man kann hier mit der Feile arbeiten.
Eine Verwendung als Hammer ist Missbrauch.
@uuups: wie bekommt man es hin, in so einen kurzen Text ca. 20 orthografische Fehler einzubauen? rocco26:irre:
 
Hallo,

Schärfen und gut is'.... ich hab eine Art Schweizer Gertel (serpette italienne) geerbt.... inzwischen haben schon vier Generationen (mein Opa, mein Vater, ich selbst und mein Sohn) damit gearbeitet und ausser Wetzstein habe ich nichts rangelassen.
 
rocco26 hat recht.
Das was ich als "Hammerbahn" bezeichnet habe ist das ungehärtete rückwärtige Haus (Schulter) und wird bei diesem Beil nicht geschliffen.
Damit mit großer Wucht auf eine anderes Beil oder eine Axt zu schlagen (so wie hier anscheinend geschehen) sollt man vermeiden.
Für leichtere Arbeiten, wie das Einschlagen einen Keils benutze ich die Rückseite allerdings schon ... ;)
 
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Gerade an dieser Axt (oder Beil) zeigt sich doch das klassische Missbrauchsszenario. Wenn die Kappe über Gebühr zum Hämmern eingesetzt wird, bildet sich der unliebsame Bart, der freilich entfernt werden muss.
Das ist aber das geringere Problem. Die schwächsten Stellen am Eisen befinden sich seitlich des Auges. In aller Regel wird das Auge beim Hammereinsatz deformiert. Wenn auch nur leicht. Das wiederum führt dazu,
dass das Eisen sich auf dem Schaft lockert. Der gescheite User bemerkt es, und staucht die Axt kräftig mit dem Eisen nach oben auf. Das Eisen sitzt wieder fest...aber nicht lange. Wenn es wieder wackelt wird das wiederholt usw...
Dabei wandert nun der Schaft langsam durch das Eisen und steht dann stark heraus. Wie auf den Fotos vom TO!
Der Keil kann aber so seine Wirkung nicht mehr entfalten, da er nun außerhalb des Hauses „keilt“.
Seine Kraft verpufft sozusagen. Das Eisen wird immer wieder locker! Zum gezeigten Stück:
*Ich* würde folgendes machen:
  • Einen Eschenschaft besorgen oder anfertigen, vorbehandeln (Leinöl oder sowas)
  • Auf die Jahresringe achten!
  • Den alten Schaft entfernen
  • Das Auge sorfältig ausfeilen, Kanten brechen
  • Bart an der Kappe befeilen
  • Schneide aufarbeiten (Mauspadmethode ist eine Möglichkeit)
  • Patina am Eisen darf bleiben, nur kurz überpolieren, Bildmarken erhalten!
  • Nun den Schaft anpassen, nicht zu kurz machen, 800g sind schon was!
  • Den Sägeschnitt für den Keil setzen (zwei Drittel der Tiefe des Hauses)
  • einen neuen Keil aus Weißbuche anfertigen (etwas Übermaß)
  • Nun anschäften und die Vorderseite am Auge plan machen (geringer Überstand geht)
  • Zuletzt in diese Fläche noch einen kleinen Ringkeil schlagen, der alles sichert.
  • Nochmal plan schleifen

Fertig! Jupp, bissel Arbeit ist das schon. rocco26
 
Wenn du sie nicht benutzen willst, sondern nur als Erinnerungsstück aufheben, dann würde ich gar nichts machen. (Außer darauf achten, dass sie der Rost nicht frisst.) Gerade die Gebrauchsspuren erzählen dir doch die Geschichte, an die sie dich erinnern soll.
 
Zur Rostentfernung habe ich handelsüblichen Rostentferner für den Pkw eingesetzt. (Nigrin, ein Phosphatierungsverfahren das den Zunder bzw. Schmiedespuren erhält)
Eingesetzt habe ich dies für einen gefundenen, stark verrosteten 1,5 kg Hammerkopf, einige kleine Haushaltsmesser aus Karbonstahl und ein 500g Hausbeil das es bereits vor meiner Geburt im Haushalt gab. So blieben Schmiedespuren bestens erhalten, zudem wird die Oberfläche mit einer Art Patina bzw. Oberflächenschutz versehen.
Da es ein Gebrauchsgegenstand bleiben, sollte mußte der poröse und brüchige Stiel ersetzt werden. Ich habe einen vorgeformten Stiel für ein 600g Beil aus dem lokalen Werkzeughandel zu 2,49€ verwendet. Werbeaufdruck abgeschliffen, eingepaßt und mehrfach mit Leinöl behandelt.
Es wurde der originale geschmiedete rostbehandelte Keil wieder eingesetzt, noch einige Kleinkeile aus dem alten Stiel reingetrieben. Ein moderner Ringkeil wäre mir unpassend erschienen.
Die Schneide wurde wie üblich und hier beschrieben nachgeschliffen und geschärft. Wasserschleifer grob 220 maximal 1cm, 1000er Schleifstein, mit Arkansas abgezogen.
Am Ende festgestellt, dass der Stiel aufgrund der Kopfform mit schiefem Auge doch nicht mittig sitzt. Also für Rechtshänder zum Entasten ideal ;-)

Ebenso taugt der alte Hammerkopf den ich am Ufer eines Baggersees gefunden habe zum Einsatz. Er sieht nach der Rostumwandlung annehmbar aus und hat Charakter.
 
DAS FERTIGE BEIL

So, jetzt muss ich endlich mal nach eingehenden Praxistests das Endergebnis präsentieren, und mich für die vielen guten Tipps bei euch revanchieren.

Ich habe meine Vorsätze umgesetzt und beinahe alles per Hand und Muskelkraft gemacht. Ausschließlich das Loch für das Lederband habe ich mit der Bohrmaschine gebohrt, weil ich Angst hatte, mit einem Handbohrer das Holz des Stiels zu spalten. Das Einstielen nur mit Schnitzmesser und Feile war so eine Sache. Hat viel länger gedauert als ich dachte, der Stiel sitzt aber bombenfest und würde wahrscheinlich einen Atomschlag überstehen. :D

Das ist das Fertige Familienerbstück.


Nach langen trocknen im Heizungskeller habe ich den, von der Form her an meine Vorstellungen angepassten, mehrfach geölten, gewachsten und polierten Stiel eingepasst. Ich habe einen Holzkeil verwendet, und alles zusätzlich mit einem Ringkeil gesichert.
Man sieht hier ganz gut dass ich den Grat am Rücken des Beiles so schonend wie möglich weggefeilt habe, um den Charakter des Beils zu erhalten. Es verläuft demnach nur ein dünner Ring um das Beil.


Um einen selbst geschnittenen Lederriemen befestigen zu können, habe ich ein Loch durch das Ende des Stiels gebohrt, ein Stahlrohr auf die richtige Länge gekürzt, innen und außen entgratet und in das Loch eingeschlagen.


Die alten Macken und Schrammen hat das Beil behalten. Der Rost wurde entfernt. Die Schneide wurde geschärft und spiegelnd poliert. Die Schneide geht durch das Holz wie Butter.


Das mir das Ding keiner klaut und weils ja ein Familienbeil ist, habe ich kurzerhand mit dem Lötkolben unterschrieben. (Das nächste mal mache ich das bevor der Stiel geölt bzw. gewachst wird)


Ich bin sehr froh damit. Es gefällt mir richtig gut und das Arbeiten damit macht großen Spaß. Bin froh das ich mir nicht wie zuerst geplant ein Beil von der Stange gekauft habe. Es steckt auf jeden Fall Seele in dem Beil.

 
Die Lederscheide

Um das schöne Stück zu schützen, habe ich noch eine Lederscheide selbst gemacht. Es war das erste mal dass ich mit Leder gearbeitet habe. Dafür bin ich eigentlich sehr zufrieden. Sie sitzt bombenfest, nichts wackelt. Nicht auf den Bildern zu sehen, ist ein mit ösen versehener Riemen, mit dem ich mir zusammen mit einem Karabiner das Beil an den Gürtel oder Rucksack hängen kann.

Die Scheide ist aus 4mm vegetabilem Büffel-Bodenleder gefertigt.
Danke an 85Grasi für die sehr hilfreichen Videos auf Youtube.







 
Ich bin davon überzeugt, dass dein Opa große Freude hätte zu sehen, wieviel Hirnschmalz, Mühe und Liebe du in das Erbstück gesteckt hast. Du hast es für die nächste Generation bewahrt! Hab' viel Freude daran!
 
Basti,
auch mir gefällt das Beil ganz hervorragend. Die Mühe hat sich also wirklich gelohnt. Beim Betrachten der Bilder hatte ich den Eindruck, dass das Beil "verstählt" ist, meine: vorn ist eine aufgesohlte Schneide schmiedetechnisch aufgebracht. Stimmt das?
Wenn ja, dann wäre es eine Schande gewesen, das nicht aufzuarbeiten. Glückwunsch zu diesem schönen Stück.
 
Das gefällt mir sehr gut und erinnert mich daran, daß ich auch noch so einen Axtkopf habe, der auch noch einer Behandlung bedarf. Super Arbeit.
 
Ich liebe Messerforen-Geschichten mit solchem Happyend:super:
Du hast Dich hier als würdiger Erbe und Bewahrer erwiesen - Meinen Respekt und meine Hochachtung vor Deinem Resultat.

Deine Dokumentation mitzuverfolgen hat mir viel Freude bereitet.

Danke
Excalibur
 
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