Verschiedene Fragen zum Härten

Hallo, ja volle Kontrolle, nein das sicher nicht, aber so es ist sicher nicht von nachteil darüber mal etwas nachzudenken. Die Härtung eines unlegierten Stahles so um die 3mm Stärke, könnte in Öl schon schon schwierig werden, wenn man die Klinge aber heftig bewegt, dann gelingt das wohl.
Das Abschrecken in so warmen öl hat aber einen riesen Vorteil, die Klinge wird bis zu dieser Temp abgeschreckt, auf diese Weise kann sich nur noch Martensiet bilden, oder es bleibt Restausteniet zurück. Wenn man danach die Klinge an Luft abkühlen läßt, dann durchläuf sie die entscheidende Phase schön langsam und das hat so seine Vorteile.
Zu der Schneidenwelligkeit, ich weiß das ja auch nicht, aber bei meiner Taschenmesserklinge messe ich bei einer Klingenlänge von 9,5cm einen Längenunterschied von 8mm. Von daher könnte ich mir bei einer entsprechenden Küchenmesserklinge schon noch mehr vorstellen und irgendwann ist das sicher zuviel.
 
Ich hab gerade mal das einzige Rückenspitz gemessen das ich habe (Kochmesser sind ja eh fast symmetrisch, Beim Santoku ist der Rücken länger) Klingenlänge 20cm,
Klingenhöhe 3cm. Rücken 19,9cm, Schneide 20,4 cm. Also die 5mm die ich geschätzt habe. Bei höheren Klingen kann das auch mehr sein. Aber an den Größenordnungen ändert sich nicht viel. Da ja bloß die Differenz zwischen Rücken und Schneide genommen werden kann. Angenommen die Martensitbildung läuft gleichzeitig in Rücken und Schneide ab. Dann wird die Schneide dadurch nur um 1,5% dieser Differenz länger als der Rücken und das ist verdammt wenig. Also (Schluss)müssen die Wellen daran liegen, dass die Martensitbildung eben nicht gleichzeitig von statten geht, weil dann nicht nur die Differenz zwischen Schneide und Rücken in Betracht kommt, sondern die gesamte Länge der Schneide. Das sind bei 20cm Länge 3mm und dass 3mm irgendwo hin müssen, ist auch klar.
 
Ich denke, Du bist auf dem Holzweg. Die Martensitbildung ist nicht der Grund für die Wellen. Viel mehr wird das die Dilatation sein. Die Martensitumwandlung findet erst im unteren Temperaturbereich statt, je nach Stahl so ab etwa200 - 250° C abwärts. Die Wellen habe ich aber auch schon bei Klingen gehabt, die ich bei Temperaturen darüber aus dem Öl geholt habe. Auch jede andere Art von Verzug findet oft schon vorher statt.
 
"Die Wellen habe ich aber auch schon bei Klingen gehabt, die ich bei Temperaturen darüber aus dem Öl geholt habe."
Versuch es mal zu erklären. Das wird nämlich schwierig. Wenn der Rücken länger ist, weil er wärmer ist und nicht so schnell abkühlt und die Schneide kürzer ist, weil sie kälter ist und schnell abkühlt, wie soll es dann zu Wellen an der Schneide kommen? Woher weißt du denn, dass die Klingen über Martensitstartpunkt aus dem Öl kamen? Das kann man eigentlich nur dann wissen, wenn das Öl 200-250° hat. Ist es kälter, kann es durchaus sein, dass die Martensitbildung an der Schneide schon eingesetzt hat.
 
Die schneller abkühlende Schneide staucht den noch weichen Rücken, dann zieht sich der gestauchte Rücken, beim abkühlen, zusammen und wellt die schon harte Schneide.
 
Ich brauche da nichts zu erklären, denn die Empirik genügt mir. Ich rede hier ja auch nicht nur von einer Klinge sondern von vielleicht einem Dutzend, bei denen ich das hatte. Klinge bei über Ms aus dem Öl geholt - Wellen an der Schneide. Da IST noch kein Martensit, aber die Wellen sind schon da. Und ja, ich messe die Öltemperatur. Und ja, sie war über Ms für den gegebenen Stahl.

Gemeinsam war allen Klingen eins: sie waren sehr hoch (über 45 mm), relativ lang (180 mm und mehr) und dünn (maximal 2 mm) und zudem vor dem Härten sehr dünn ausgeschliffen. Die Form hingegen reichte von Rückenspitz bis gerade Schneide und spielte keine Rolle.

Heute härte ich solche Klingen nur noch zwischen Platten, was bei derart dünnen Teilen problemlos geht, und habe die Probleme nicht mehr.

Die Industrie und die Manufakturen regeln das anders. Bei denen wird ein ungeschliffener, konturierter Rohling gehärtet, der dann im gehärteten Zustand geschliffen wird. So vermeidet man von Vornherein solche Probleme.
 
@ Windkind -
Wenn Achim sagt, dass er sie vor Ms aus dem Öl gezogen hat, kannst Du sicher sein, dass er wusste was er tut!
Ich und viele andere haben bei ihm nicht nur Damastschmieden sondern auch das Härten gelernt.
Kannst ja mal die SuFu anwerfen … und:
Du wirst leider nicht darum herumkommen eigene praktische Erfahrungen sammeln zu müssen.
Da hilft nur eins: Machen. Und wenns schief geht nachdenken und nochmal machen …
PS:
Achim ist schneller gewesen ;-) - ich hab noch Urlaub ...
 
Ok. Ich wollte ja nur wissen, ob es keinen Zweifel geben kann, dass die Wellen schon vor dem Martensit da waren. Eine Erklärung hätte ich trotzdem gerne. Keltois Erklärung würde zwar passen, aber gerade bei hohen Klingen finde ich es zweifelhaft, dass eine dünne Schneide einen dicken Rücken stauchen kann.

"Gemeinsam war allen Klingen eins: sie waren sehr hoch (über 45 mm), relativ lang (180 mm und mehr) und dünn (maximal 2 mm) und zudem vor dem Härten sehr dünn ausgeschliffen. Die Form hingegen reichte von Rückenspitz bis gerade Schneide und spielte keine Rolle."
Ich nehme an, dass die Teile mit dem Rücken voran ins Öl kamen, sodass es an der Eintauchweise auch nicht gelegen hat?

"Heute härte ich solche Klingen nur noch zwischen Platten,"
Machst du das so wie von JostS beschrieben oder gar nicht ins Öl und direkt zwischen die Platten?

"Die Industrie und die Manufakturen regeln das anders. Bei denen wird ein ungeschliffener, konturierter Rohling gehärtet, der dann im gehärteten Zustand geschliffen wird. So vermeidet man von Vornherein solche Probleme."
Neuerdings gibt es auch konisch gewalztes Bandmaterial, aus dem der Rohling gestanzt wird und dann gehärtet wird. Dann wird fertig geschliffen. Bei kleinen Marsvogel Küchenmessern ist mir aufgefallen, dass der Erl keine gleichbleibende Dicke hat, sondern zur Unterseite hin dünner wird.
 
Meine Klingen gehen mit der Spitze zuerst ins Öl.

Das Härten mit Aluplatten geht ohne vorher in Öl zu gehen.

Bandmaterial, das eine Seite dünner hat gibt es seit mindestens 50 Jahren. Aber das, was Du bei den Küchenmessern gesehen hast, hat nicht unbedingt damit zu tun. Eher schon damit, dass die Teile samt Erl komplett in einem Zug überschliffen werden.
 
Meine Klingen gehen mit der Spitze zuerst ins Öl.
Das heißt senkrecht nach unten? Oder schräg in einem Winkel? Rücken oder Schneide nach unten?
Bandmaterial, das eine Seite dünner hat, gibt es seit mindestens 50 Jahren.
Wär natürlich Klasse, wenn man sowas in kleinen Mengen bekommen könnte.
Eher schon damit, dass die Teile samt Erl komplett in einem Zug überschliffen werden.
Wie spannt man das denn ein? Mit einem Elektromagneten?
 
Noch ein Erklärungsversuch der Wellen durch Dilatation: Ich stelle mir als Modell eine Gestellsäge vor. Klinge kommt ins Öl, Schneide zieht sich zusammen. Das wäre in etwa so als würde man die Säge spannen, indem man den Draht verdrillt. Der Draht verkürzt sich und das Sägeblatt gerät unter Zugspannung. Das Sägeblatt entspräche dem Messerrücken, der Draht der Schneide. (der Rücken wird also nicht gestaucht) Das deckt sich auch mit der Beobachtung bei der Härtung des Katana. Die Schneide verkürzt sich und biegt den warmen weichen Rücken konvex, die Schneide konkav. Wenn sich jetzt der Rücken abkühlt, zieht er sich zusammen. Die Schneide ist aber schon hart, kann also nicht mehr schrumpfen, und wird deshalb vom stärkeren Rücken in Wellen gedrückt, wenn die Schneide zu dünn ist.
 
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