Ein für alle mal: Damast(-optik) und 3-Lagen-Stahl

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Kurze Erklärung was das hier soll: Das Thema Damastoptik und die damit oft einhergehende 3-Lagen-Konstruktion taucht in Kaufberatungen immer wieder auf. Die unermüdlichen Berater haben schon oft und viel dazu geschrieben, aber die Informationen sind auf viele Threads verteilt und dementsprechend nicht immer leicht zu finden. Meine Idee war es, einen Thread zu erstellen, der in Zukunft als Referenz dienen kann. Es würde mich freuen, wenn einige besser Qualifizierte meine Ausführungen noch etwas egänzen (bwz. korrigieren) könnten - auch wenn sie dafür sich wiederholen müssten.
Um das ganze übersichtlich und informativ zu halten, würde ich einerseits die Experten bitten, von hitzigen Diskussionen abzusehen, und andererseits die Hilfesuchenden, ihre weitergehenden Fragen zu dem Thema nicht hier, sondern in ihren Kaufberatungen zu stellen. Wenn sich der Thread gut entwickelt, könnte man ja eventuell darüber nachdenken, ihn anzupinnen.


Wenn man nach Informationen über Küchenmesser sucht, findet man immer wieder solche Experten, die einem erzählen wollen, dass Damastmesser einfach am schärfsten sind. Woher dieser Irrglaube kommt sei jetzt mal hinten ran gestellt. Dieser Thread soll einfach nur klar stellen, dass es ein Irrglaube ist, und ein bisschen erkären warum.

Vorweg, ich bin noch ziemlich neu in der Welt der Messerverrückten und im Vergleich zu anderen in diesem Forum bin ich wirklich kein großer Experte. Von daher sollte man meinem Geschreibsel genau so wenig blind vertrauen, wie dem selbstbewussten Herrn im oben verlinkten Video. Aber Gott sei Dank gibt es hier ja richtige Experten, die mich gegebenenfalls korrigieren und abwatschen können. ;) Ich hoffe jedenfalls, ich schreibe nicht all zu viel Mist und dieser Thread hilft vielleicht einigen Unentschlossenen bei der Frage "Damast oder nicht?". Somit kann ich vielleicht auch einen kleinen Beitrag zu diesem Bereich des Messerforums leisten, der mir selbst sehr geholfen hat. Da ich nämlich zu wenig Erfahrung mit verschiedenen Messern habe, halte ich mich in den einzelnen Kaufberatungen lieber zurück.

Aber genug geschwafelt. Legen wir los...


Damast ist nicht gleich Damast, und nicht grundsätzlich schärfer

Wie gesagt ist es ein weit verbreiteter Irrglaube, dass Damast (oder auch Damaszenerstahl) eine bestimmt Stahlsorte ist, die nicht nur gut aussieht, sondern auch besonders gute Schneideigenschaften hat. Davon stimmt allerdings nur, dass Damast gut aussieht. In Wahrheit ist Damast nämlich keine Stahlsorte, sondern bezeichnet das Endprodukt einer Fertigungstechnik, bei der verschiedene Stahlsorten wieder und wieder gefalten und verschweißt werden (siehe z.B. Wikipedia). Dabei entstehen feine Schichten im Stahlgefüge, die dann bei schrägem Anschliff sichtbar werden und zu der akut angesagten Optik führen.

Mit diesem Wissen im Hinterkopf ist klar, dass die Eigentschaften von einem Damast stark davon abhängen, aus was für Stählen er hergestellt wurde. Dazu kommt noch, dass bei den meisten handelsüblichen "Damastmesser" streng genommen etwas mit dem Begriff kokettiert wird. Ein Messer komplett aus qualitativ hochwertigem Damast zu schmieden ist aufwendig und kostspielig - solche Messer kosten nicht selten weit über 1000€. Also, was sind die ganzen Damastmesser in den Geschäften eigentlich? Hierzu zitierte ich kurz den informativen Text "Alles über Stahl" von www.schmiedeglut.de.

www.schmiedeglut.de said:
Leider wird der Begriff "Damaszenerstahl" heutzutage von der Industrie oft für vergleichsweise minderwertige Schweissverbund-Laminate missbraucht um die spezielle Damastoptik zu erzeugen. Dieser Damaststahl wird allerdings in großen Walzwerken hergestellt und hat nur wenig mit dem echten Damaszenerstahl zu tun. Bei den Walzlaminaten findet man in der Schneide eine Lage normalen Klingenstahl (oft rostfrei) der für die Schnittaufgaben genauso gut/schlecht geeignet ist wie ein Messer ohne Streifen. Auf diese Schneidlage wurden in dem Walzwerk weitere Stahlschichten aufgebracht um eine Art "Streifentapete" zu erhalten. Diese hat allerdings keinerlei Einfluss auf die Schnittqualiät der mittleren Schneidlage, da diese Lagen ja auch nicht in der Schneidlage vorhanden sind.

Für die äußeren Lagen der beschriebenen 3-Lagen-Konstruktion benutzt man hier gerne den Begriff "Damasttapete". :D Denn im Endeffekt handelt es sich in der Regel nur um Verzierung (mehr zur 3-Lagen-Konstruktion weiter unten). Genau wie eine Ziertapete eine Wand nicht tragfähiger macht, mach einen Damasttapete ein Messer nicht schärfer. Dafür sind allein die Eigenschaften der Schneidlage und die Geometrie der Klinge ausschlaggebend. Das heißt natürlich auch, dass bei einem Volldamastmesser der Damast eine entsprechende Qualität haben muss, während das bei Damasttapeten eher sekundär ist. Hier entsteht also für die Hersteller eine angenehme Gewinnspanne.

Fazit: Die handelsüblichen Damastmesser sehen zwar gut aus, aber schneiden nicht zwingend besser als normal aussehende Klingen. Da sich die Damastoptik allerdings gut und teuer verkaufen lässt, hat die Werbeindustrie verständlicherweise wenig Interesse daran, dies den Kunden zu erklären. Auch wenn es ohne Zweifel sehr gute Messer mit Damastoptik gibt sollte man sich im Klaren sein, dass man in der Regel allein für die Optik ordentlich drauf zahlt. Daher stellt sich die Frage: Will ich Küchenschmuck oder ein Werkzeug? Beides ist natürlich legitim.


Die 3-Lagen-Konstruktion im allgemeinen

Neben der Effekthascherei mit Damastoptik gibt es auch andere Gründe für dreilagige Messerklingen. Häufig haben Stähle mit sehr guten Schärfeeigenschaften andere eher schlechte Eigenschaften. Sie können z.B. sehr rostempfindlich oder spröde sein, so dass eine komplette Klinge aus diesem Material extrem empfindlich wäre. Stattdessen wird gerne eine empfindliche Schneidlage mit einem robusteren Stahl ummantelt, um somit die guten Eigenschaften beider Stähle zu kombinieren. Als Mantel kann man natürlich auch Damast verwenden, um das Messer als Bonus optisch aufzuwerten.

Neben der genannten möglichen Vorteile kann eine dreilagige Konstruktion sich allerdings auch negativ auf das Schneidverhalten auswirken. Für die gefühlte Schärfe eines Messer ist nämlich neben dem Stahl auch die Geometrie der Klinge von großer Bedeutung. Dünne Klingen gleiten oft leichter durch Schnittgut, da sie weniger verkeilen. Aus naheliegenden Gründen kann allerdings eine dreilagige Klinge nicht so dünn geschliffen werden wie eine Klinge aus einem Guss. Aber zur Geomertrie dreilagiger Klingen können andere vielleicht noch mehr schreiben.

Außerdem sollte noch gesagt werden, dass bei den gängigen Messern mit Damastoptik häufig selbst die Schneidlage aus einem Standardstahl besteht (wie z.B. VG-10), der auch problemlos die komplette Klinge tragen könnte. Von daher sollte man sich immer möglichst genau informieren, aus was ein Messer hergestellt ist, und ob der Preis gerechtfertig ist.


So, das wäre vorerst alles, was mir zu dem Thema einfällt. Ich freue mich auf Kritik und Ergänzung. :)
 
Hier ist mein Artikel zum Thema Damast:

Damast, Wootz, Tamahagane und ihre Verwendung für Schneidwaren
Erstveröffentlicht am 8. Dezember 2011

Dieser Artikel ist vermutlich schon länger überfällig. Kaum einen Sachverhalt erörtere ich noch so oft, wie die Frage nach dem Sinn von Damast als Messermaterial.
Jetzt stelle ma uns mal janz dumm und frare: Wadd isene Damast?
Wenn diese Frage einfach zu beantworten wäre, hätte ich nicht vor Schreibbeginn laut gestöhnt und mich ausgiebig gestreckt. Der Leser sei gebeten, noch einmal aufs Klo zu gehen, sich einen heißen Kakao zu holen und sich zurück zu lehnen – das könnte jetzt ein bisschen dauern. Oder anders gesagt: Der alte Mann packt seine schon zu Sagen gereichende Strukturlosigkeit aus.

Schmelzdamast

Der eigentliche Damaststahl wird heute Wootz oder Bulat genannt und bezeichnet einen Stahl, der bis in 18te Jahrhundert im Orient hergestellt worden ist. Warum das Geheimnis seiner Herstellung verloren ging, ist nur zu erklären, wenn man einen kurzen Exkurs in die Metallurgie überstanden hat: Wootz wird zu einem “König” genannten Barren aus Eisen, Sorel, Kohle, Blättern und Glas erschmolzen. Im Gegensatz zu der in Europa üblichen Stahlgewinnung im Rennofen findet hier also eine echte Schmelze statt. Das Glas schwimmt in der Schmelze auf und verhindert, dass Luftsauerstoff daran kommt und den Kohlenstoff verbrennt. Das Ziel der Schmelze ist, das Eisen aufzukohlen, um einen härtbaren Stahl zu erhalten und das berühmte Damastmuster zu erzeugen, das den fast mystischen Ruf der orientalischen Waffen über Jahrhunderte auszeichnete. Das Geheimnis dieses Musters ist das Sorel-Eisen, das im Prinzip als Träger von bestimmten notwendigen “Verunreingungen”, v.A. Vanadium, Niob, Molybdän und Mangan, fungiert. Diese Legierungselemente bilden die Kristallisationskeime, an denen sich die Austenitnadeln bilden (Austenit ist eine der Kristallkonfigurationen von Eisenlegierungen), die am Ende für das Muster des Stahls verantwortlich zeichnen. Man geht davon aus, dass die Erschöpfung bestimmter Minenstätten im Orient dazu geführt hat, dass im Ausgangserz die notwendigen Verunreinigungen nicht mehr vorhanden waren. Trotz richtiger Schmelz- und Schmiedetechnik erhielten die Handwerker also plötzlich keinen Wootz mehr. Dass das Geheimnis um die Herstellung danach verloren ging, ist mehr als plausibel. Erst vor etwa einem Jahrzehnt gelang es Schmieden aus Deutschland und Russland, die Geheimnisse um die Herstellung zu entschlüsseln. Sie forschten öffentlich, sodass es jetzt wieder eine Handvoll Schmiede gibt, die dieses Material herstellen und verarbeiten können. Wootz muss allerdings sehr kalt und hart geschmiedet werden, wird er zu hoch erhitzt, geht das erarbeitete Gefüge kaputt. Die Arbeit ist also sehr konzentrationsintensiv, schwierig und anstrengend. Obgleich die Leistungseigenschaften des Stahls schlecht untersucht sind, handelt es sich um ein Material für Liebhaber. Der nötige Aufwand für guten Wootz ergibt einen heftigen Preis für den Endverbraucher, ohne dass von Vorteilen bei der Schneidleistung berichtet wird. Die legendäre Qualität der mittelalterlichen Damastwaffen ist immer im Verhältnis zu den Werkstoffen der Zeit zu sehen. Wer aber von den faszinierenden Mustern des Stahls gebannt ist und das Kunsthandwerk unterstützen möchte, den kann ich natürlich nur darin bestärken, sich eine Wootzklinge zuzulegen.

Schweißdamast

Der Versuch der europäischen Schmiede, die Musterung des Damaszenerstahls nachzuahmen, resultierte in dem, was wir heute als Damast kennen, was aber korrekterweise Schweißverbundstahl oder Schweißdamast heißen müsste: Nimmt man mehrere Stähle, die, wenn man sie ätzt, unterschiedlich hell zeichnen, und verschweißt und faltet sie immer wieder, so kann man ein Stahlbild erzeugen, das dem Vorbild zumindest ein wenig ähnelt. Liest man diese Theorie bei Wikipedia nach, so wird man auf die Behauptung stoßen, sie sei unwahrscheinlich, da “damaszierte” Klingen schon lange vorher hier bekannt waren. Bei solchen Sätzen muss ich natürlich einmal lang und tief durchatmen. Stahl wurde in Europa wie in Japan noch bis die Neuzeit im Rennofenverfahren gewonnen. Dabei wird Eisenerz (in Europa häufig Rasenerz, in Japan Eisensand) mit Nadelholzkohle zu Renneisen verhüttet. Es tritt hierbei keine Schmelze, sondern eine Reduktion des Eisens mit Ausschlackung der Verunreinigungen ein, das Ergebnis wäre sonst viel zu hoch aufgekohltes Gusseisen. Das Ergebnis, die s.g. “Luppe”, ist ein sehr inhomogener Stahlschwamm, der jetzt “gegärbt” werden muss, also im Feuer gereinigt und homogenisiert. Zu diesem Zweck wird er im Feuer immer wieder verschweißt und gefaltet. Klingelt was? Das haben wir schon mal gehört. Als die Schmiede hierzulande versuchten, die Damastklingen aus dem Orient nachzubilden, bedienten sie sich natürlich der Techniken, die sie kannten. Der Sinn ist aber genau entgegengesetzt: Während das Gärben das Ziel hat, einen möglichst homogenen Raffinierstahl zu erzeugen, hat das Damaszieren den Sinn, mehrere homogene Stähle zu einem kalkuliert inhomogenen Werkstoff zu vereinen. Der Unterschied ist vor allem die Zahl der Faltungen. Ein Raffinierstahl wird öfter gefaltet und wird dadurch überall sehr gleich; bei einem Damaststahl wäre an dem Punkt die völlige Sinnlosigkeit erreicht.
Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie man Damast erzeugen kann. Immer beliebter wird die Herstellung von pulvermetallurgischem Stahl (Damasteel™), wobei die Muster durch Metallstaubschichtungen erzeugt werden, die dann zusammengesintert werden. Als Vorteil ist anzuführen, dass sehr komplexe Muster erzeugt und auch rostträge Stähle verarbeitet werden können. Gerade für Schmuckstücke und rostfreie Damastmesser wird das Material daher gerne genommen. Rostträge Stähle sind deshalb schwer von Hand zu damaszieren, weil das enthaltene Chrom eine Chromoxid-Schutzschicht (genau das, was auch vor Rost schützt) ausbildet, die Schweißungen verhindert. Es ist fertigungstechnisch aber möglich und wird sowohl industriell in der Walzlaminatherstellung gemacht, wie auch von erfahrenen Damastschmieden wie Markus Balbach oder Achim Wirtz von Hand. Generell ist das Merkmal “rostfrei” in Kombination mit dem Wort “Damast” immer das Signal, dass alle Warnlampen angehen müssen, einen einfacheren Weg, billige Massenware als solche zu erkennen, gibt es selten. Ausnahmen werden sich mit der zertifizierten Herkunft ihres Stahls schmücken (also entweder der Schmied oder Damasteel), denn das Material ist sehr teuer.

Die wichtigste Trennung, die sich hier aber findet, ist die zwischen Zier- und Leistungsdamast. In den allermeisten Fällen, wenn ich von “Damastmessern” höre, ist die Klinge aus fertigem Walzlaminat hergestellt, wobei die Randlagen aus industriellem Zierdamast bestehen, in dessen Mitte eine Schneidlage aus Monostahl eingelegt ist. Dass diese Klingen keinen Vorteil gegenüber einer normalen Dreilagenklinge haben, ist denke ich selbsterklärend. Da dieses Standardmaterial rostträge ist, hat es sogar massive metallurgische Nachteile gegenüber dem von den günstigeren japanischen Schmieden verwandten industriell hergestellten Dreilagenstahl, der als Schneidstahl gediegenen Papierstahl mitbringt. Auch etliche hochpreisige Messer haben nur Zierlagen aus Damast, dann aber teilweise von Hand geschmiedet; in Japan zB findet man so gut wie keine Messer, deren Schneidlage aus Damast besteht. Hier ist der handwerkliche und ästhetische Mehrwert sicherlich höher, für die Qualität der Schneide tut das aber nichts. Wirklich interessant wird es erst, wenn wir uns dem Damast als Schneidenstahl zuwenden.

Leistungsdamast entspringt dem ebenfalls früh in der Damastherstellung präsenten Gedanken, die guten Eigenschaften mehrerer Stähle miteinander zu kombinieren. Es werden unterschiedlich legierte Stähle eingesetzt, um die Schneide mit dem besten aus den beiden Welten hart und zäh zu versehen. Art der Faltung und Zahl der Lagen, vor allem aber Auswahl des Ausgangsstahls ist eine Frage der Erfahrung des Damastschmieds und nicht unbedingt alltäglich. Einen prüfenden Blick in Richtung Balbach, Stienen oder Wirtz zu werfen, ist daher mehr als empfehlenswert. Tatsächlich zeigen die wenigen Untersuchungen, die es zu dem Thema gibt, dass Damast eine erstaunliche Festigkeit und Schärfe bietet. Hierbei spielt aber wohl auch ein Faktor eine Rolle, an den vorher wenig gedacht worden ist: Die Schweißgrenzen zwischen den Lagen bilden eine Kristallisationsgrenze, sodass das Gefüge potentiell feiner werden kann, als bei einem Monostahl. Ein guter Leistungsdamast mit feiner Struktur hat also tatsächlich das Potential, bessere Schneideigenschaften zu haben, als sein homogenes Äquivalent ( – es ist übrigens sehr fraglich, ob dieser Effekt bei gesinterten Stählen ebenfall auftritt). Der Preis für solche Messer ist aber sehr hoch. Güde hat eine Serie mit Balbach aufgelegt, dort kann man sich mal preislich orientieren.

Raffinierstahl

Als letztes gilt es jetzt noch, den Raffinierstahl abhandeln, der auch immer wieder Punkt von Diskussion (und Habenwollen-Reflexen) ist: Dieser Stahl, vor allem im Fokus steht der japanische, in dem Tatara genannten Rennofen gewonnene Tamahagane (Juwelenstahl), zeichnet sich durch ein sehr feines Faltungsmuster aus, hat aber technisch gesehen keine Vorteile gegenüber hochreinen Schneidstählen.
Hitachi entwickelte die traditionelle Stahlherstellung zu einem industriellen Prozess weiter, das Ergebnis ist der s.g. “Papierstahl” (depperterweise tatsächlich nach dem Packpapier benannt, in dem er geliefert wird…), der auch heute noch als bester Schneidstahl der Welt gelten kann, auch wenn hiesige Stähle (z.B. Kugellager- oder Feilenstahl) ebenfalls von extrem hoher Qualität und Reinheit sind. Gängig sind Weißpapierstahl (Shirogami) und Blaupapierstahl (Aogami), wobei letzterer mit Wolfram, Chrom und Mangan legiert ist, dadurch etwas zäher, aber weniger scharf ist. Der Stahl kann als dem Tamahagane ebenbürtig angesehen werden. Es ist zwar überaus bemerkenswert, dass die japanischen Schmiede schon vor hunderten von Jahren einen Stahl herzustellen wussten, der auch von heutigen Produkten in seiner Qualität kaum geschlagen werden kann; der gewaltige Aufwand, den Stahl von Hand zu erschmelzen, die Luppe zu brechen, sortieren, binden und zu dann zu gärben, steht aber in keinem Verhältnis zu dem Ergebnis. Ein Messer oder Schwert aus Tamahagane oder europäischem Raffinierstahl besitzen zu wollen, ist also ein reines Haben-um-des-Habenwollens.
Nicht dass das schlecht wäre…

Fazit

Um das Ganze jetzt mal kurz und gut abzuschließen: Wootz (Schmelzdamast) und Raffinierstahl (z.B. Tamahagane) sind etwas für den Liebhaber, das von technischer Seite her keinen Mehrwert bringt. Zierdamast ist häufig billigster, industriell erwalzter Kitsch, aber auch wenn er aus Handarbeit kommt, ist er nur etwas für’s Auge. Ein gut gemachter Leistungsdamast (also ein Damast, der wirklich die Schneide bildet) zeigt tatsächlich sehr gute Eigenschaften und hat das Potential, besser als ein Monostahl zu sein. Der Preis dafür ist aber ebenfalls sehr hoch, sodass der Mehrwert zum Aufpreis in keinem Verhältnis steht. Schneidwaren aus Damast oder Raffinierstahl sind – mit Ausnahme der billigen Augenwischerei durch Walzlaminattapeten – eine Sache für den Liebhaber oder Kunsthandwerksmäzen.
 
Für die äußeren Lagen der beschriebenen 3-Lagen-Konstruktion benutzt man hier gerne den Begriff "Damasttapete". :D Denn im Endeffekt handelt es sich in der Regel nur um Verzierung (mehr zur 3-Lagen-Konstruktion weiter unten). Genau wie eine Ziertapete eine Wand nicht tragfähiger macht, mach einen Damasttapete ein Messer nicht schärfer.
[\QUOTE]
Ich empfinde diesen Vergleich als ungünstig gewählt und auch irreführend.
Du hast auch die 3-Lagen(Damast) Klingen nicht ausgeschlossen, aber gerade hierauf scheint ja ein Vergleich mit einer Tapete zu zielen.
Zum einen ist bei einem "idealen" 3-Lagen Stahl die Schneidlage möglichst dünn, während die Backen möglichst dick sind und damit den Überwiegenden Teil ausmachen sollten, Die Tapete auf einer 40cm Wand hat aber eine Dicke von wenigen Millimetern.
Weiterhin ist eine spröde Ziegelwand im Modell vergleichbar mit der Schneidlage einer Messerklinge und flexible Backen würden ihr bei Querbelastungen wie z.B. bei einem Erdbeben gut tun.
Du verzerrst dann aber noch weiter und vergleichst die Stabilität einer Wand mit der Schneidfähigkeit von Messern, also Äpfel mit Birnen.
Bei einem Messer aus volldamast hinkt dieser Vergleich analog.
Weiterhin hat mancher Damast durchaus Vorteile, diese treten nur bei einer Beanspruchung eines Küchenmessers eher in den Hintergund.
Die 3-Lagen-Konstruktion im allgemeinen
Aus naheliegenden Gründen kann allerdings eine dreilagige Klinge nicht so dünn geschliffen werden wie eine Klinge aus einem Guss. Aber zur Geomertrie dreilagiger Klingen können andere vielleicht noch mehr schreiben.
Ein weiterer Punkt, an dem ich nicht mit dir übereinstimme. Warum sollte eine 3 Lagenklinge nicht so dünn ausgeschliffen werden können?
Bisher bezog sich das Argument rein auf die Klingen aus Großfertigungen und da kann es im Schnitt auch zutreffen.
Desto dünner man ausschleift, desto dünner muss man schmieden/walzen und desto weniger Toleranzen hat man beim Schliff.
Das macht die Herstellung natürlich teurer und erhöht den Ausschuss.
Im Allgemeinen kann eine 3-Lagen-Klinge aber die selbe Geometrie haben wie eine Monostahl.
Und interessanterweise ist auch gerade das Aldi-Hgs Damasttapetenmesser aus einer der ersten Produktionen sehr dünn ausgeschliffen.
Außerdem sollte noch gesagt werden, dass bei den gängigen Messern mit Damastoptik häufig selbst die Schneidlage aus einem Standardstahl besteht (wie z.B. VG-10), der auch problemlos die komplette Klinge tragen könnte. Von daher sollte man sich immer möglichst genau informieren, aus was ein Messer hergestellt ist, und ob der Preis gerechtfertig ist.
Klar kann auch beispielsweise VG10 eine Klinge Tragen. Die Biegebelastung auf die Schneidlage nimmt jedoch stark mit der Verminderung ihrer Dicke ab.
Vorausgesetz außen befindet sich ein ausreichend zäher Stahl ist das Messer mit zähen Backen deutlich stabiler als es nur mit VG10 wäre.
Der 3-Lagen Stahl bringt hier eine deutliche Verbesserung der Eigenschaften.
Da kann man sich z.B. dann auch mal erlauben z.B. ein auf 62Hrc gehärteten Messer mit 2,5 mm Dicke mit einem Holzscheit durch einen Kürbis zu treiben,
ohne das was passiert.
Ob dies jedes Messer braucht? Bestimmt nicht. Aber man hat eben doch einen Mehrwert für den Aufpreis und die Klingen an sich sind deutlich robuster.

Für Serienmesser im Küchenbereich mögen deine Annahmen also Gelten, aber für Customs müssen sie es definitiv nicht.

Grüße,
Eisenbrenner
 
Ein weiterer Punkt, an dem ich nicht mit dir übereinstimme. Warum sollte eine 3 Lagenklinge nicht so dünn ausgeschliffen werden können?
Bisher bezog sich das Argument rein auf die Klingen aus Großfertigungen und da kann es im Schnitt auch zutreffen.
Desto dünner man ausschleift, desto dünner muss man schmieden/walzen und desto weniger Toleranzen hat man beim Schliff.

Theoretisch hast Du recht, leider sieht die Welt praktisch aus. Das fertig gewalzte 3-Lagen-Material hat zumeist derartige Dimensionen, dass die Flanken zu weit abgeschliffen würden, wenn man ein Messer daraus wirklich dünn zieht. Die allerwenigsten machen sich die Mühe, das Material erst weiter auszuwalzen oder auszuschmieden. Bei den modernen japanischen Messern ist mir nur Kohetsu - Mark Richmonds Hausmarke - bekannt, die ein wirklich dünnes 3-Lagen-Messer haben. In den traditionellen Schmieden findet man einige dünnere Messer, da hier weiterführendes Ausschmieden des Materials durchaus passiert, bestes Beispiel ist Sirou Kamo. Das ist aber eine ganz andere Messerkategorie.
So, wie es im Moment ist, kann man mit guter Näherung sagen, dass Yo-Bocho aus 3-Lagen-Stahl keine so guten Geometrien aufweisen wie Monostahlmesser und daher nicht unbedingt erste Empfehlung sind.
 
Servus,

Bei den modernen japanischen Messern ist mir nur Kohetsu - Mark Richmonds Hausmarke - bekannt, die ein wirklich dünnes 3-Lagen-Messer haben.

das kann jetzt um eine weitere Schmiede ergänzt werden, Fam. Takamura, Hr. Takamura Senior und seine Drei Söhne fertigen mit ihrem Takamura Migaki R2 ein enorm dünngezogenes Dreilagenmesser mit einem Kern aus PM-Stahl. Der Klingenrücken ist gerade mal 1,6mm breit.

So, wie es im Moment ist, kann man mit guter Näherung sagen, dass Yo-Bocho aus 3-Lagen-Stahl keine so guten Geometrien aufweisen wie Monostahlmesser und daher nicht unbedingt erste Empfehlung sind.

Eine Ausnahme mehr, die diese Regel bestimmt!

Gruß, güNef
 
Ich mag 3-Lagenstahl. Das Hauptargument für mich ist, dass sich ein Messer mit weichen Flanken leichter ausdünnen lässt und man trotzdem die hohe Standzeit hat. Wenn man die Kombination rostender Kern - rostfreies Cladding wählt, ist es auch pflegeleichter als ein Carbonstahlmesser. Zudem find ichs ganz hübsch.
 
Hi,
Erstmal was Definition angeht: gibts eine schmiedetechnisch gemachte Schweisung- dann haben wir mit Damast zu tun. Ob 2-Lagen, 3-Lagen mit einem Monostahl in der Mitte- es geht immer in dem Fall um Damast.
 
Wie dick 3-Lagen-Klinge?
Wenn Seitenlagen weich sind, dann wäre eine 2mm dicke Klinge leucht zu beugen- mit bleibender Deformation. Braucht man das? Ich brauche das nicht.
 
Qualitätsdamast macht Damasteel.
Wobei einige streiten hier, ob die Zusammenbau "schmiedetechnisch genug" ist? Die Qualität und Preis sind aber hoch.
 
Russen machen Qualitätsdamast bis auf Damast aus PM- Stahlsorten. Die letzte Variante kann teuer sein. Zlatinox?-Damast ist bei uns weit verbreitet.
 
Generell sind auch 3-Lagen-Klingen, was Schneiden angeht, Monostahl-Klingen unterlegen. Man muss viel nachdenken und können um die Verluste zu minimieren bzw. auf "fast 0" bringen.
 
Was Schneiden angeht, ich platziere Qualität der Schneide an die erste Stelle, wobei auch die allgemeine Klingengeometrie eine sehr große Rolle spielt.
Nur wenn die Schneide versagt, dann rettet keine Klingengeometrie beim Seilschneiden, Fleuschschneiden und beim Schneiden von sonstigen ähnliche n Substanzen: das stehen Stahl und WB auf der ersten Stelle was Schneidspaß angeht. Vorausgesetzt natürlich das die Klinge korrekt geschärft ist.
 
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