Herder Serie 1922 Office - Ein Plädoyer

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Boas,

zur Abwechslung haben wir uns mal wieder ernsthaft um was wirklich Essentielles gekümmert - um’s Essen. Zugegebenermaßen nicht ganz ohne Hintergedanken ;). Kann man ja - nebenbei bemerkt - auch leicht vernachlässigen bei all den Fotos und der Schreiberei. Wenn man - gefühlt - stundenlang mit taktischen Klappern Gemüse für Messerfotos zerkleinert hat, kriegt man beim Gedanken an ein stilvolles, geeignetes Werkzeug buchstäblich Tränen in die Augen.

Wir haben zwar eine Menge rumliegen. Auch scharf. Aber stilvoll würden wir schon mögen. Also haben wir Taktik-Folder-begleitend immer mal wieder gelesen und dabei ständig gegrübelt: Schanz, Japan …. , Gyuto …, klein, groß … - was denn bloß???

Dann kam der Bericht „mein Herz schlägt für …“ und Klick! Die Entscheidung stand sofort fest. 1922 wird es. Und zwar ein Officemesser, da wir gern und viel mit dieser Messergröße hantieren und diesen Solinger Dünnschliff sehr mögen. Kann auch gut immer mal mit auf’s Jausenbrett. Große Messer haben wir einige zur Hand.

Also „Back to the roots“! Jahrelang haben wir allen möglichen Leuten die Schubladen mit Windmühlenmessern vollgequatscht. Es hat sich noch keiner beschwert … Diese schönen kleinen dünngeschliffenen und blaugepließteten Messerchen, die in Kürze eine feine blau-graue Patina annehmen. Und vom regelmäßigen Schleifen auf einem Schrubb-Stab immer kleiner werden (der ererbte alte Familien-Schrubb-Stab war bis vor anderthalb Jahren noch regelmäßig in Gebrauch). Bis nur noch ein kümmerlicher Rest Klinge übrigbleibt. Ein Neues muß her. Diese unabwendbare Entwicklung konnte ich in meiner Jugend schon bei meiner Großmutter und meiner Mutter beobachten. Beide schworen auf die Windmühlen. Eins mit solch einer Klinge als Officemesser war eine gute Option, haben wir gedacht. Und da wir heute über einen Sharpmaker verfügen, sollte die Klinge auch ein Weilchen halten.


Was ist Pließten und warum wird es gemacht?

„Pließten bedeutet „Feinschleifen". Die Oberfläche der Klinge wird hierbei mittels einer Schmirgelpaste auf rotierenden Leder- oder Filzscheiben von der groben „Schleifriefe" (also den Schleifspuren) befreit.

Die Oberfläche erhält einen feineren, glatteren Riefen, der sich positiv auf die Schneidqualität und Schnitthaltigkeit auswirkt. Außerdem werden kleine, nicht erwünschte Unebenheiten und Fehler vom Schleifen hierbei weggenommen oder korrigiert und der schlanke Schliffwinkel nochmals etwas schmaler gezogen.

Pließten und Blaupließten

Das „Pließten" wird in unterschiedlichen Stufen durchgeführt, dem „Feinpließten" und dem „Blaupließten". Diese Arbeitsgänge gehören seit je her zu den aufwendigsten Techniken des Solinger Schleifhandwerks, von denen das „Blaupließten" die höchste Stufe darstellt. Solche Klingen erkennt man an ihrem bläulich- bis regenbogenfarbenen Schimmer. Diese Arbeit führt unser Schleifmeister W. Fehrekampf durch, der als einer der letzten die feine Kunst der „blauen Messer" beherrscht und an unsere jungen Schleifer weitergibt.“

Zitiert aus der Homepage von Robert Herder GmbH & Co KG, www.windmühlenmesser.de


Als das Office da war, wollten wir natürlich was Vernünftiges aufschneiden. Wir haben eingekauft: Flaschentomaten, eine Salatgurke, leckeren schnittfesten Käse und fetten Speck vom Schwarzen Schwein - für die letzten Schnitte, damit die Klinge nicht rostet :hehe:! Dann hatten wir noch ein paar dicke Eierpflaumen, eine Mango und zwei Stangen Porree. Äpfel und etwas Brot, Apfelsinen und Zitronen sowie Löwensenf hatten wir schon an Bord.

Wir haben ein paar von unseren vergleichbaren, unspektakulären - aber scharfen - küchenüblichen Messern zum Sparring bereitgelegt, um mal zu schauen, ob das vollmundige Lob aus dem Forum seine Berechtigung hat.


Die Versuchsanordnung

Die Angaben bezüglich der Klingenstärke beziehen sich auf Klingenanfang, Klingenmitte und Klingenspitze und wurden vermittels eines digitalen Meßschiebers von uns ermittelt.

o Ein SICO Professional aus Benedita in Portugal (X50 Cr Mo v 15), Klingenlänge 12 cm, Klingenstärke (1,35 - 1,10 - 0,50 mm), roter Kunststoffgriff
o Ein SICO Professional aus Benedita in Portugal (X50 Cr Mo v 15), Klingenlänge 12 cm, Klingenstärke (1,47 - 1,20 - 0,50 mm), weißer Kunststoffgriff
o Ein Küppels Profi Gourmet (X 30 CR 13), Klingenlänge 10 cm, Klingenstärke (2,16 - 1,9 - 0,5 mm), schwarzer Griff
o Ein No Name aus Albacete in Spanien (INOX 420), Klingenlänge 12 cm, Klingenstärke (1,8 - 1,7 - 0,5 mm), brauner Holzgriff - unser Schärfstes unter den Kleinen
o Natürlich das Herder Serie 1922 Officemesser selbst, Klingenlänge 10 cm, Klingenstärke (1,35 - 1,45 - 0,45 mm), geschmiedeter Kohlenstoffstahl mit HRC 60, Solinger Dünnschliff, blaugepließtet

Und als persönliche Referenz

o Ein Tranchiermesser aus dem Haus bulthaup, Klingenlänge 18 cm, Klingenstärke (1,45 - 0,90 - 0,40 mm)
In den 70er Jahren für 80,- DM gekauft und seitdem stets mit Freude (und mit Vorsicht) genossen. Es war immer unser ganzer Messer-Stolz. Hersteller und Stahl unbekannt, aber edel, da ohne jegliche Patina. Die Klinge wird zügig sehr dünn zur Spitze hin und dort dünner als die des 1922er Office. Maximale Höhe 3 cm, schwarzer Griff aus Holzlaminat. Die Klinge ist so flexibel, daß sie sich problemlos in die Kurve legen läßt. Erbarmungslos scharf. Wir nennen es im Folgenden mangels näherer Spezifikation der Einfachheit halber bulthaup. Benutzen wir gern für größere Stücke Fleisch oder Fisch.

In der Schublade liegen für alle Fälle noch zwei größere stabile Kochmesser (14,5 und 17,5 cm). Um einen Wirsing zu zerkleinern beispielsweise.


Nu aber ran an den Speck!

Zunächst haben wir mal eine Tomate halbiert, dann in dünnste Scheibchen geschnitten. Die Tomate war zwar schnittfest, man konnte sie aber schon etwas mit dem Daumen eindrücken. Was sollen wir groß rumreden. Danach war bereits alles klar. Top-Deal! Dermaßen cool, wie das Herder sich über die Tomate hergemacht hat, hat es alle Konkurrenten sofort links und rechts liegenlassen. Während sich - Ausnahme das „böse“ bulthaup - bei allen Messern die Tomate zunächst etwas eindrückte, bevor sie nachgab, hatte sie der Klinge des Office keinerlei Widerstand entgegenzusetzen. Slice!

Das Office hat dann einen Apfel gelasert. Schnittflächen wie Marmorplatten :super:! Nie haben vom Kerngehäuse befreite Viertel ordentlicher ausgesehen. Mit der scharfen, spitzen und durch das Blaupließten sehr glatten Klinge macht das Messer genau das, was es soll. Es legt sich sozusagen widerstandslos in die Kurve. Die Viertel haben wir dann noch in Scheibchen geschnippelt - teils mit dem 1922er und teils mit dem bulthaup. Beide haben alles gegeben. Nur, daß das Herder uns bei dieser Aktion einfach passender in der Hand lag.

Die nächste Runde hat eine bereits seit 3 Tagen im Eisschrank verweilende - nicht mehr knackfrische - Porree-Stange zerlegt. Außer dem großen bulthaup waren alle beteiligt. Der Porree wird wie Gummi, wenn er etwas im Eis liegt und quietscht dann schon mal beim Schneiden. Nicht so beim 1922er :super:!

Bei einfachen portugiesischen Brötchen (pao de agua), die innen noch etwas klebrig waren, ging das Herder am entspanntesten zur Sache. Das anschließende Teilen zweier Avocados war keine Herausforderung und diente eher der Klingenschmierung. Wir haben die Avocado-Hälften mit einer Vinaigrette aus Aceto Balsamico, Bio-Olivenöl aus dem Alentejo, gemahlenem Pfeffer und Salz randvoll gefüllt und dann ausgelöffelt (mit der Avocado natürlich). Da kommt Freude auf. Wir hatten es uns verdient!

Da das Ganze als Abendbrot gedacht war, tauchte irgendwann später der kleine Hunger auf. Wir haben dann den Käse und den fetten Speck ausgepackt und das Herder zum Schnitt gebeten. Was soll da schon schiefgehen. Eine mehr als glatte Sache … Der fette Speck hat ihm sichtbar gut getan. Uns übrigens auch. Mit Löwensenf natürlich. Der lieben Patina wegen und damit gar nicht erst irgendwelche Animositäten aufkommen, durfte das 1922 ihn auf den Speck schmieren. Man sieht es ihm immer noch an (dem Messer) :eek:!

Am nächsten Morgen haben wir mit dem Office dann erst mal den Apfel für’s Frühstücksmüsli geschält. So ganz von allein und ohne wirkliche Absicht hat es - bei guter Handlage - die Schale in einem Stück „abgewickelt“. Das geht mit manchem Messer schief - selbst, wenn man es beabsichtigt. Im Verlauf des Tages gab es dann noch etwas Obst. Der Vitamine wegen - und weil der Stoff hier im Süden an der Algarve derartig lecker schmeckt, daß einem beim bloßen Schreiben schon wieder das Wasser im Mund zusammenläuft. Wir haben dem Office aus dem gut gefüllten Fundus eine vollreife Orange und eine ebensolche Zitrone vorgelegt. Nach der Teilung wurde daraus einen Gläschen Saft. Die Kerne waren fein säuberlich durchtrennt. Es war keinerlei Widerstand spürbar. Das Messer wurde zwar sauer :drunk: - aber es hat geschnitten, als ginge es um Kopf und Kragen.

Der Tag ist dann so weitergegangen - Eierpflaumen, Avocado, Käse, fetter Speck … Aber das schenken wir uns jetzt. Im Ergebnis herrscht rundum Freude und Zufriedenheit. Das 1922er Office war der korrekte Deal für unsere kleine Küche. Weil’s einen Riesenspaß macht, mit solch herrlichen Werkzeugen zu hantieren! Die Verarbeitung des Griffs ist akzeptabel. Man hätte sich beim Finish an den Schnittstellen zwischen Holz und Messing ein klein wenig mehr Mühe geben können.

Am nächsten Tag fiel uns plötzlich auf, daß wir die Salatgurke vergessen hatten. Wir haben sie - entgegen unseren Gewohnheiten - mit dem 1922er geschält (wir nehmen sonst den Sparschäler) und in feine Scheiben zerlegt. Keine Fragen. Dann noch eine von den Avocados aus dem Korb genommen und sie dieses Mal mit dem kleinen Küppels halbiert. Halbieren wollen! Die Klinge mochte zuerst nur widerwillig in die lederne Haut der vollreifen und gelagerten Frucht hinein. Erst durch Anpiecksen mit der Spitze ging es dann zu Sache. Gut, daß wir es mal probiert haben. Es wurde noch einmal deutlich, wie groß der Unterschied zwischen dem Office von Herder und einem herkömmlichen, immerhin gut geschliffenen Messer ist. Gegen Dünnschliff ist offenbar wenig Kraut gewachsen.

Die Klinge macht mittlerweile schon einen leicht angeschlagenen Eindruck - farblich wohlgemerkt. An das kleine Windmühle reicht das zwar noch lange nicht heran. Aber die Patina schreitet munter voran. Da sie die Klinge schützt, haben wir nochmal ordentlich mit Senf nachgeholfen. Als wir mittags ein Stück Käse abgeschnitten haben. Unser kleines Windmühle-Schälmesser ist - nebenbei bemerkt - seit Jahren im Einsatz. Weder Klinge noch Buchenholz-Griff zeigen geringste Spuren von Korrosion oder Verzug. Den Griff haben wir gerade mal in der ersten Woche zwei oder dreimal mit Olivenöl behandelt. Seitdem - wenn überhaupt - alle paar Monate einmal. Das Einzige, was wir mit dem Messer nach Gebrauch jedesmal machen, ist, es unter fließendes Wasser zu halten - wenn Fett im Spiel war, etwas Spülmittel dazu - und dann abzutrocknen. No pasa nada! Es ist auch beim Office sinnvoll, vor Gebrauch für eine fettfreie Klinge zu sorgen. Fett bremst den Schnitt, wie uns beim Gurkensalat auffiel. Da war etwas Fett vom leichten Einölen im Spiel. Fett runter und alles war wieder schön!

Heute morgen haben wir zum Frühstück eine dicke Eierpflaume und einen Apfel zu einem kleinen Obstsalat verarbeitet. Selten ging uns das besser von der Hand und nie sahen die Obststückchen besser aus ….. Am Abend dann - weil das ja definitiv noch gefehlt hat - Zwiebeln und Knoblauch für eine Tomatensoße. Einen Vergleich mit den anderen Kandidaten haben wir uns gespart. Wie die schneiden, wissen wir aus dem hohlen Bauch - bei dem Knoblauchkonsum im Roadhouse :D. Jedenfalls übernimmt diesen Part in Zukunft auch das Office …

Ein guter Rat noch an alle, die ein 1922er Office kaufen wollen. Klinge sowie Spitze sind mit Vorsicht zu genießen. Sie sind sehr sensibel. Kein Messer für Grobmotoriker. Am zweiten Tag sind wir mit dem Trockentuch vorne „hängengeblieben“. Die Spitze hatte im Mimimimimicrobereich eine Unebenheit. Und wir waren nicht rücksichtslos und haben nur auf Holz geschnitten. Vielleicht ein harter Kern im vielen Obst oder einer von den dicken Dingern in den Avocados. Wir werden Vorsicht walten lassen und zukünftig das Hardcore-Kern-Obst den stabileren Schneideisen überlassen. Ein ganz leichter Streich über die weiße Keramik hat dann aber alles wieder zur vollen Zufriedenheit gerichtet.

Im Verlauf dieser Aktion haben wir nebenbei auch die alte Liebe zu unserem kleinen Windmühlenmesserchen wiederentdeckt. Es hatte eine Weile ödes Schubladendasein gefristet und war dem grünen portugiesischen Edelstahl-SICO gewichen, einem ebenfalls sehr scharfen Schäler mit etwas längerer Klinge. Die kleine Windmühle liegt jetzt wieder mit ihrem neuen Mitstreiter oben auf dem Tresen.

Zusammen mit den Kandidaten, die den Schnippeltest bestanden haben - dem bulthaup und dem No-Name-INOX aus Spanien. Das ist trotz seines geringen Preises (vor Jahren auf den Kanaren gekauft) ein sehr respektables Messer mit sehr scharfer und stabiler Klinge. In Spanien kann man für sehr kleines Geld immer wieder mal ein gutes Messer ergattern. Da wir küchenmessertechnisch nun Blut geleckt haben, wird in absehbarer Zeit noch ein 1922er Kochmesser 18 cm (oder eventuell auch ein kleines Schanz-Gyuto) auf unserem Küchentresen Platz nehmen …


Und nun zu Tisch

Herder Serie 1922 Officemesser

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Abschließend bedanken wir uns ausdrücklich bei den Herrschaften von der Küchenfraktion, die uns durch ihre informativen Beiträge auf die Serie 1922 aufmerksam und den Mund wässrig gemacht haben :super:. Wir haben uns nicht verkauft …


Aus der Jukebox für die Windmühlen ein paar unaufgeregte Bläsersätze und funky Grooves von Christopher Cross - „Ride Like The Wind“: https://www.youtube.com/watch?v=ur8ftRFb2Ac&feature=kp


Grüße aus stormy Monte Gordo von

Johnny & Rock’n‘Roll
 
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Moin,

schön zu sehen, dass deine Reviews auch Einzug in unsere abgeschiedene Ecke des Forums finden ;)
Vielleicht kommt da ja noch mehr wenn die größeren Kaliber folgen :super:

Gruß, Gabriel
 
Danke für den Bericht, da hast Du dir ja richtig Mühe gemacht. Klasse.

Pließten und Blaupließten

Das „Pließten" wird in unterschiedlichen Stufen durchgeführt, dem „Feinpließten" und dem „Blaupließten". Diese Arbeitsgänge gehören seit je her zu den aufwendigsten Techniken des Solinger Schleifhandwerks, von denen das „Blaupließten" die höchste Stufe darstellt. Solche Klingen erkennt man an ihrem bläulich- bis regenbogenfarbenen Schimmer. Diese Arbeit führt unser Schleifmeister W. Fehrekampf durch, der als einer der letzten die feine Kunst der „blauen Messer" beherrscht und an unsere jungen Schleifer weitergibt.“

Zitiert aus der Homepage von Robert Herder GmbH & Co KG, www.windmühlenmesser.de

Fehrekampf ist tot und mit ihm hat das Finish der Herder-Messer deutlich abgenommen. Systematisch aufgearbeitet ist dies durch "Rübennase" im Grillsportforum. Herder hat leider auch nie sinnvoll vermittelt, was es mit dem "Blau" in "Blaupließten" auf sich hat. Hier mal eine kurze Erklärung (ebenfalls von Rübennase geklaut):

Nochmal von vorn: Was ist blaupliessten ?

Pließten [oder "ziehen" oder "trocken feinschleifen"] ist ein Feinschleifverfahren, bei dem mittels einer Holzscheibe, welche mit Rauhleder besohlt ist, und einer Schleifpaste [Pließtschmeer] der rauhe Schleifriefen gebrochen und die Oberfläche geglättet wird. Ganz ähnlich wie beim Rasiermesser, wo man als allerletzten Schleifgang die feine Klinge auf einem Lederriemen/Streichriemen abzieht !

Es gibt blaues, braunes, weißes, schwarzes pließten [auch: plisten].

Dabei verursacht das Gemisch aus [auf der rotierenden Holzscheibe aufgebrachter] Polierpaste/Schleifpaste [angetrocknet] und der frischen Pließtschmeer auf der Klinge [es muß ja die Reibungshitze irgendwie abtransportiert werden] einen farbigen Schimmer auf der Klingenoberfläche, unmittelbar beim und nach dem pließten. Dieser farbige Schimmer kann farblos ["weiß"], blau, braun oder schwarz sein.

Warum sieht man diesen [z.B. blauen] Schimmer nicht mehr auf Klingen im Handels- und Lieferzustand ?

Ganz einfach: er wird abgewaschen. Reinigungsbenzin, Sägemehl, Wiener Kalk, wie im Filmbeitrag gezeigt. Übrig bleibt der blanke Stahl.

Ich fürchte also, die Windmühle wird auch weiterhin ihre Messer als "blau" verkaufen, weil damit eine bestimmte Arbeit verbunden ist. Wie fein das Ergebnis ausfallen muß, steht leider nirgendwo geschrieben... [Es wird zwar noch in grob-blau, blau und fein-blau unterschieden, aber das können heute nichtmal mehr Solinger erkennen.]

Die Farbe ergibt sich aus der jeweiligen Zusammensetzung des Schmiermittels. Es wird jeweils mindestens ein "Natursteinmehl" [= Sediment] mit z.B. Rapsöl und noch mind. zwei weiteren Zutaten vermischt. Ist meistens Betriebsgeheimnis.
Das -und die Einwirkung der Reibungshitze- bewirkt den farbigen Schimmer.
 
Wieder mal ein Klasse-Bericht - informativ, sehr sehr schön geschrieben - wie man es von Dir kennt, dabei auch noch Erinnerungen weckend, denn diese kleinen haarscharfen Biester wurden in meiner Jugend (1950er Jahre)von Hausfrauen jeden Alters so gut wie ausschließlich in der Küche verwendet - für "richtige" Kochmesser war auch meist gar kein Geld da - "Knippchen" hießen/heißen die Dinger hier im Siegerland in der kleinen Ausführung.

Also, Peter, um es "neudeutsch" auszudrücken: :"Allererste Sahne" !
 
Boas,

besten Dank an alle Küchenfreunde. In abgeschiedenen Ecken ist es ja häufig am gemütlichsten :p. Und sehr schön, daß die Sache durch zusätzliche Infos rund wird. Daß Meister Fehrekampf tot ist, könnte Herder auf seiner Homepage ja auch mitteilen. Ich jedenfalls habe es nicht gelesen. Eine gewisse Lieblosigkeit, wie ich finde. Wie blau so ein Messer nun zu sein hat, kann ich schlecht beurteilen. Was ich bemerke, ist, daß die Klinge des Office sich schneidtechnisch genauso verhält, wie ich das von meinen diversen kleinen Windmühlen - Knippchen, oder wie auch immer sie genannt werden mögen - seit etwa 40 Jahren kenne. Die Oberfläche ist nach wie vor - deutlich spürbar - sehr glatt. Dasselbe gilt auch für die Einfärbung durch Kontakt mit Schnittgut, Senf, Fruchtsäure etc.

Von leicht bläulich geht das Ganze langsam in erst helles, dann dunkles Grau über. Wer auf singende Klingen steht, hat mit dem Office ebenfalls ein erlesenes Instrument in der Hand :D. Läßt man das Office locker leicht - den Griff auf der offenen Hand liegend - mit der Spitze auf der Arbeitsfläche tanzen, federt es zigmal auf und ab und singt dazu. Es federt mit Abstand öfter und klingt schöner, als alle anderen Klingen, die beteiligt waren. Die meisten - das bulthaup ausgenommen - klingen eher nach Blech.

Was die farbliche Veränderung angeht, hier noch fünf Bilder, die die zügige Bildung der Patina zeigen. Das erste „in the box“ am 01.04., die beiden nächsten vom 02.04. und die letzten beiden von heute Morgen.

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Jetzt werden wir wieder in uns gehen ;) und das gedankliche Ping Pong bezüglich eines größeren Edelküchenmessers (die 18 cm) weiterführen: Schanz - Herder, Schanz - Herder, Schanz ……..

Einerseits würde das Herder natürlich perfekt zum Office passen. Aber mit SB1 haben wir mittlerweile derart gute Erfahrungen gemacht, daß uns ein Küchenmesser daraus - möglicherweise auch ein von Jürgen extra dünn ausgeschliffenes (evtl. auch kleines) Gyuto - sehr reizt. Wer weiß, wohin das noch führt. Vamos a ver …

Bis hierher erstmal zufriedene Grüße aus Monte Gordo von

Johnny & Rock’n‘Roll
 
Last edited:
Daß Meister Fehrekampf tot ist, könnte Herder auf seiner Homepage ja auch mitteilen. Ich jedenfalls habe es nicht gelesen. Eine gewisse Lieblosigkeit, wie ich finde.

Na ja, wenn man bedenkt, dass Herder mit der Tatsache, dass die blaugepließteten Messer von Wilfried Fehrekampf - dem letzten seiner Zunft - .....
na ja, ein bisschen Werbung kann man ja mit sowas kultigem schon gerne machen. Daher hängt man es nicht gerne an die große Glocke, wenn dieser Kultträger verstorben ist.

Allerdings sollte man fairer Weise erwähnen, dass Wilfried Fehrekampf in den letzten Jahren vor seinem Tod bei Herder wieder Lehrlinge für den Beruf des Blaupließters ausgebildet hat.
Die Weiterführung scheint insoweit gesichert.
Soviel ich weiß, hat sogar die Handwerkskammer in Solingen extra ein neues Berufsbild aufgenommen, da "Pließter" schon lange nicht mehr ausgebildet wurden.

Edit : man sollte den Jungs, die jetzt bei Herder an den Steinen sitzen ruhig ein Paar Jahre Zeit geben, um die Perfektion von Herrn Fehrekampf zu erreichen.
 
Sagen wir mal so: Das mit der Pließterei scheint in Solingen ganz gut zu funktionieren. Unser Office schneidet jedenfalls, daß es die wahre Freude ist. Mittlerweile ist die kleine Windmühle wieder in der Schublade und das Office hat den kompletten Kleinkram - vom Apfelschälen über Knoblauch, Tomate, Stückchen Käse oder Schinken zwischendurch übernommen. Geben wir vorerst nicht mehr aus der Hand.

Btw ist mittlerweile auch die Entscheidung bezüglich weiteres Nobel-Küchenmesser gefallen. Es wird nur ein klein wenig größer - ein Petty von Jürgen Schanz aus SB1. Wir wollen wissen, wie sich Niolox im Vergleich zum Carbonstahl des Office hält. Sicherheitshalber lassen wir es uns von Jürgen auf Parmaschinken-Format ausschleifen - genauso dünn wie das Office. Alles Andere wäre ja auch gemein :lach: !

Das dauert ein Weilchen. Wir werden berichten ...

Gruß R'n'R
 
Ich finde auch, dass die Geometrie der Herdermesser, die der Nachwuchs da produziert, sehr in Ordnung ist. Ich will mitnichten die Messer kleinreden, ich empfehlen auch regelmäßig noch das 1922 als Kochmesser. Das Finish allerdings ist fraglos nicht mehr "blau". Ich hoffe auch, dass die Jungs mit den Jahren noch besser werden, ausbilden kann sie inzwischen theoretisch nur noch einer in Solingen (Manfred Wietscher) .. und der tut es meines Wissens nicht. Die müssen sich das jetzt also selbst beibringen.
 
Das mit dem Selbstbeibringen muß nicht verkehrt sein. Wir sind hier ja auch in großer Zahl Autodidakten ;) ...

LG R'n'R
 
Moin Moin,

beim mir stand auch genau diese Entscheidung lange im Raum.

Schanz Gyotu oder Herder 1922 Kochmesser... Schanz- Herder-Schanz- Herder... :confused:

Ich habe seit ca. 1,5 Jahren das 1922er Office. Schöner Griff ( Wallnussholz ), tolle Klinge, die sich sehr gut mit Stahl und Leder auf einem guten Niveau halten lässt.

Dann bin ich vor ein paar Tagen beim wiederholten Grübeln und Surfen zu dem Thema auf das 1922er in 23cm neu für 99€ Frei Haus gestoßen. Da war dann die Entscheidung gefallen, bei dem Preisunterschied konnte ich nicht anders, als den Bestellknopf zu drücken . :super:

Und was soll ich sagen, ich habe es nicht bereut !
Ich habe schon das eine oder andere handgemachte rostende ( Sirou Kamo, Roselli, mizuno, Moritaka, Burgvogel ), trotzdem war ich doch sehr von dem hohen Gebrauchswert des 1922er überrascht. Das höhere Gewicht im Vergleich zu allen meinen anderen Messern ist mir sofort positiv aufgefallen.
Wie auch bei dem Office eine tolle Klinge, schöner Griff, dieses mal aus Pflaumenholz. Auch wenn die Verarbeitungsqualität wie schon so oft berichtet, nicht perfekt und an die Qualität von z.B. meine Sirou Kamo Santoku oder Roselli Fleischmesser ran reicht, haben die Herder Messer doch ihren ganz eigenen Charme und Habenwollenfaktor. Trotz der großen Klinge lässt sich eine harte Salami oder auch weiche Tomate in hauchdünne, fast durchsichtig Scheiben schneiden.

Alte oder junge Meister... mir egal, auf ihre Art und in ihrer Klasse sind die 1922er perfekte Werkzeuge.

Was nicht heißen soll, das es nicht irgend wann vielleicht doch noch mal ein Schanz in meiner Küche geben wird..... Das sollen es ganz bestimmt nicht heißen...nein soll es nicht:rolleyes:
 
Für die Fans der 1922er hier zwei Fotos von heute Morgen. Das Office hat jetzt etwa eineinhalb Wochen im wesentlichen den Küchendienst im Roadhouse inne. Die Verfärbung der Klinge schreitet munter voran, wie man im frühen Sonnenlicht gut sehen kann. Wir arbeiten daran :) ...

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Gruß R'n'R
 

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Die Verfärbung der Klinge schreitet munter voran, wie man im frühen Sonnenlicht gut sehen kann...

Sehr schön, so soll es sein ! :D

Hier mal ein Bild von meinem Herder Messer. Inwischen so 5-6 Jahre in intensiver Benutzung, hat es jetzt eine fast gleichmäßige, blaue Patina.
Übrigens eine Anmerkung von mir zur Schärfe : das abgebildete Messer wurde noch NIE wirklich nachgeschärft, wird nur ab und zu ein paar mal mit einem Wetzstahl abgezogen.
Trotzdem ist es immer noch so scharf, dass es ohne Druck, nur mit dem Eigengewicht der Klinge ( die ja sehr leicht ist ! ) in einem Zug feinste Scheiben von einer reifen Tomate schneidet.

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Wunderbares Bild. Erinnert mich an Großmutters Haushalt. Sie hatte ein solches Herder mit etwas schlankerer, längerer Klinge. Damit wurde alles geschnitten - auch das frische Brot mit knuspriger Kruste. Die Klinge war komplett dunkelgrau und ebenfalls immer rattenscharf :super: ...

Gruß R'n'R
 
Wunderbares Bild. Erinnert mich an Großmutters Haushalt. Sie hatte ein solches Herder mit etwas schlankerer, längerer Klinge...

Ja, ja die Großmütter. Meine Großmutter väterlicherseits hatte ebenfalls nur solche Schätzchen - was auch kein Wunder war, sie war auch eine geborene Fehrekampf. Ja, direkt verwandt mit Wilfried Fehrekampf. Das die Familie meines Vaters zum Teil aus "Schliepern" bestand, die in ihren Kotten hinter´m Haus ihr Geld verdienten, das wußte ich schon als kleiner Junge. Meine Großmutter hat immer erzählt, wie sie als junges Mädchen mit dem Fahrrad die Rohlinge holen und später die fertigen Klingen zurück bringen musste.

Das ich über zwei Ecken mit Herrn Fehrekampf verwandt war, habe ich aber erst erfahren, als ich vor vielen Jahren den Film über ihn erstmalig gesehen habe : bei dem Namen Fehrekampf stutzig geworden - schließlich wußte ich, das meine Oma gebürtig so hieß - habe ich meinen Vater angerufen und ihn gefragt, ob er einenWilfried Fehrekampf kennt.
Dabei hat sich dann heraus gestellt, das er ein Cousin meines Vaters ist, bzw. aus heutiger Sicht war.

Seitdem empfinde ich zu Herder Messern eine Art "familiärer Verbundenheit" :)
 
Bin großer Fan vom Solinger Dünnschliff. Habe in meiner Küche zwei von Herder selber und ein kleines von Böker ebenfalls im klassischen Dünnschliff. Für Gemüse und Obst gibt es bei mir nix anderes, denn wenn man das einmal kennt sind einem die anderen einfach zu mühevoll. Man muß natürlich bei allen Drehbewegungen aufpassen, denn die hauchdünne Kante hat man sich da schnell ausgerissen und dann darf man erstmal wieder schleifen. Aber dafür hat es dann halt andere Messer.


Calamity Jane
 
Boas,

respektable 8 Monate ist das Herder 1922 Office jetzt im Roadhouse-Dauereinsatz. Da wir uns in großem Umfang von Obst und Gemüse ernähren - Fleisch und Fisch sind die Ausnahme - ist es ständig gefragt. Bei dem mengenmäßigen Umfang, der hier zum Tragen kommt, reicht seine Größe uns in der Regel aus. Und wir greifen eher selten zu den größeren Kalibern.

Gepaart mit der uns eigenen Vorliebe für kleine Messer - die hier im Forum ja eher ein Schattendasein fristen - führt diese Tatsache dazu, daß wir mal zeigen können, wie ein Herder 1922 Office nach täglichem 8monatigem Dauereinsatz aussieht. Morgens und abends beschäftigen wir es mit Apfelschälen (mittlerweile etwa eintausend in dieser Zeit …), -vierteln und -würfeln (mit Brettkontakt), dicke Zwetschgen aufschneiden rund um den Stein mit „Feindkontakt“, Knoblauchzehen entpellen, den Strunk aus Paprika herausfiletieren, Rettich schälen und vom Strunk befreien, Zwiebeln pellen und schneiden. Koriander gehackt wird mit dem Schanz …

Das Office hat unser Windmühlen-Schälmesser zu 100 Prozent ersetzt. Wir benutzen überhaupt kein kleineres Messer mehr. Es hat eine dünngeschliffene, nagelgängige Klinge und empfindliche Holzgriffschalen. Beide Tatsachen tauchen in den Berichten hier gelegentlich wegen der „Empfindlichkeit“ als gefühlte Beinahe-Ko-Kriterien auf.

Unser Office hatte seine „Einstands-Blessur“ gleich zu Anfang in Form der leicht umgebogenen Spitze, die wir an einer Sharpmaker-Keramik wieder ordentlich hinbekommen haben. Das war es dann bis heute. Die Klinge ist unbeschadet, bekommt am Kropf vom gelegentlichen Schärfen - ein Klacks wohlgemerkt - einen ganz leichten Recurve. Spielt aber absolut keine Rolle, da dieser Zentimeter beim Schneiden nie zum Tragen kommt, auch dafür kein Problem darstellen würde und lediglich ein optisches Schmankerl ist.

Der Griff wird immer naß, anschließend - nach getaner Arbeit - in aller Ruhe abgetrocknet und ist nach wie vor in Ersttags-Zustand. Stabilisiert haben wir ihn bisher nicht. Etwa einmal wöchentlich bekommt er eine Salbung mit einer Fingerspitze Bio-Olivenöl. Das Holz ist erfreut, wird und bleibt bei diesem Rhythmus nußbraun und ist ohne jeglichen Verzug. Die Färbung der Klinge ist mittlerweile zweigeteilt. Die hintere Hälfte schimmert noch in schön silbrig-blauer Patina, wenn das Sonnenlicht schräg darauf scheint. Die vordere Hälfte - da, wo ständiger Schnittgut-Kontakt besteht - ist dunkelgrau geworden. Wir haben an der Gesamtpatina bisher nichts verändert, nichts wegpoliert. So sieht sie nach 8 Monaten Dauergebrauch aus.

Das Office ist ein wunderbares kleines Laserchen, und wer keins hat, sollte es unbedingt mal in Erwägung ziehen :)

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Gruß Johnny & R’n‘R
 
Servus,

ich habe jetzt nach einem ausgedehnten Frühstück meinen "Samstag Standard" (Österreichisches Qualitätsblatt) liegen lassen und deinen Bericht statt dessen noch einmal mit Genuss und gebührender Aufmerksamkeit gelesen.

Hervorragend übrigens! :super:

Das Herder Office finde ich wunderbar, weit schöner noch nach monatelangem Gebrauch. Ich fühle deutlich, ich werde schwach! :D

Nur der Preis mit Walnussgriff ist eine schmerzhafte Ansage, wo ich doch ein "großes Kochmesser" um wohlfeile 109,- gekauft habe. :eek:

Ich sag mal so, wenn mir das Office mal irgendwo als "Angebot" vor die Füsse fällt heb ich's auf! Einer der Gründe warum ich mich dann bücke ist dein leidenschaftliches Plädoyer für einen "kleinen Laser" ;)

Gruß, güNef
 
Boas güNef,

hatte ich vergessen zu erwähnen und ist ein Argument. Es ist nicht billig, das kleine Office!! Für mich allerdings sein Geld wert. Und ist es mal aus irgendwelchen Gründen hinüber, gibt es postwendend ein neues. Selbst, wenn ich dafür eines (auch zwei) meiner anderen Messer hergeben muß.

Es freut mich ganz besonders, daß Dir mein kleines Plädoyer gefallen hat und ich hoffe sehr, daß Dir gelegentlich ein walnussenes Exemplar „vor die Füße fällt“. Die graue Patina - da vorn, wo geschnitten wird - das habe ich gerade im Sonnenlicht auf einem der Makros erst richtig bemerkt, ist übrigens nicht nur farblich präsent. Es hat sich eine hauchdünne, ganz leicht erhabene Schicht aufgebaut, die man mit dem Finger allerdings nicht spürt. Auf dem letzten Bild zu sehen.

Mag ein Konglomerat aus Olivenöl, Schnittgutsäure und Reaktion der Klinge sein. Ich reinige sie jedenfalls nach jedem Gebrauch unter fließendem Wasser und trockne sie sorgfältig ab. Es stört mich nicht. Wenn es jemand irgendwann aus Hygienegründen stören sollte, ist mit Nevr Dull oder ähnlicher Politur die Klinge auch schnell wieder vollkommen blank.

Ebenso vergessen zu erwähnen hatte ich die für die Belastung der Klinge nicht unerhebliche Tatsache, daß sie täglich mehrfach beim Apfelschneiden durch das Kerngehäuse geht. Ein Apfel wird geschält, dann von oben einmal durchgeschnitten - durch das Gehäuse und dabei so gut wie immer glatt durch einige Kerne. Dann Brettkontakt. Beide Hälften werden noch einmal geteilt, das Kerngehäuse herausgetrennt und gewürfelt (mit Brettkontakt).

Desweiteren gibt es gelegentlich Avocado mit Vinaigrette. Dazu halbiere ich die Frucht mit einem Schnitt rundum (Kontakt zum harten Kern), nehme ihn heraus und fülle beide Hälften mit einer Vinaigrette. Das Ganze dann auszulöffeln ist ein Genuß.

Die kleine Klinge hat also bereits allerhand hinter sich. Es macht ihr bisher nichts aus. Hier noch zwei Patinafotos im Sonnenlicht von eben gerade :)

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Aus sunny Monte Gordo

Johnny & R’n‘R
 
Muß ich auch sagen, sehr schöner Bericht, Rock'n'Roll !

Dein Office ist was Besonderes. Der Griff ist Pflaumenholz, das verzieht sich nicht so leicht. Die negativen Berichte von früher beziehen sich allesamt auf Kirschholz, da kann ich selbst ein Lied von singen. Die Windmühle hat vor 4 Jahren ihr Hauptsortiment von Kirsche auf Pflaume umgestellt, und seitdem ist fast schlagartig Ruhe eingekehrt.

(Die neue Baustelle sind die Klingen und die allg. \nicht vorhandene\ Qualitätskontrolle, aber das ist eine andere Geschichte...)

Deine Officeklinge ist sehr dünn. Sieht man am Klingenrücken. Ich hab gerade mal meine 5 Officemesser verglichen, die sehen alle dicker aus am Klingenrücken. Das macht bei einer so schmalen Klinge schon sehr viel aus in Sachen Geometrie und Schneidvergnügen !
Herder-Toleranzen.

Walnuß ist ein Traum, das weiß auch die Windmühle. Ihre Messerkombis Carbonstahl/Walnuß sind stets die teuersten Varianten, obwohl Einkauf und Fertigung praktisch dasselbe kosten für alle Versionen.

Bei meinen Messern ist es so (alle haben dickere Klingen), daß sie ganz ordentlich schneiden, aber alle kleinen Gemüsemesser wie Klassiker, Mittelspitz, K1 usw. schneiden um ein Vielfaches leichter und sind dünner. Das Office 1922 ist eigtl. ein Spickmesser, dick genug, um einen Braten 'aufzuhebeln' und Speckstückchen zu versenken. Kennt heute kaum noch jemand.
Die Schneidleistung ist normalerweise gerade so noch Herder-würdig, aber eher auf der dicken Seite und keilt schon etwas bei Möhren. Wie gesagt, das gilt für meine fünf Altlasten... Dein Messer ist scheinbar dünner und schneidet besser, entgegen dem allg. Trend.
Ich habe zuletzt viele Herderklingen in der Hand gehabt, die ungleich stark geschliffen waren, und die 1922er sind generell immer dicker und krummer geworden.
Wieder ein Fall für die \nicht vorhandene\ Qualitätskontrolle.

Da kann man nur raten, selber einkaufen zu gehen oder seine Wünsche deutlich zu formulieren bei Onlinebestellung.

Viele Grüße,

Filmschnitt
 
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