Hilfe bei Bestimmung von echter Hamon

Chief Rocker

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Hallo!

Ich habe mir ein recht schnörkelloses Katana beschafft bei dem ich bewusst auf Spiegelpolitur und gefalteten Stahl verzichtet habe.
Für die Preisklasse (500 Euro), soll es sich jedoch um eine sehr gute, robuste Klinge handeln.
Es handelt sich um eine handgeschmiedete Monostahl-Klinge aus 1095 Kohlenstoffstahl mit differentieller Härtung.
Ich habe bereits gelesen, dass es für einen Laien sehr schwierig sein soll, eine echte Hamon zu erkennen.
Deshalb würde ich gerne darum bitten, die folgenden Fotos einmal zu begutachten. In der Hoffnung, dass es anhand von diesen für einige Profis hier möglich ist, zu bestimmen ob diese Klinge auf traditionelle Weise mit Lehmbestrich gehärtet wurde.










Merci und Grüezi aus der Schweiz
 
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vielleicht wäre es hilfreicher, wenn der hersteller bekannt wäre? ich als ahnungsloser denke mal, dass man von den fotos nur schwer auf die verwendete pampe schliessen kann..
 
Der Hersteller ist mir leider auch unbekannt. Ich habe dieses Katana bei jemandem gekauft, der auch eine Kendo-Schule betreibt.
Nach seinen Angaben bezieht er die Schwerter vom elterlichen Familienbetrieb in Japan. Jedenfalls habe ich mich recht ausgiebig mit ihm unterhalten und da er sehr bescheiden in seinen Aussagen war, hat das zumindest mein Vertrauen geweckt. Allerdings nicht so sehr, als dass ich mir nicht noch mal eine zweite Meinung einholen würde. Mir kam diese Hamonlinie einfach ein wenig schwammig und wenig konturiert vor. Allerdings bin ich eben auch nicht bewandert und habe gelesen, dass das Erscheinungsbild auch stark von der Politur abhängig ist. Wie gesagt: Es soll sich um eine sehr robuste, für Tameshigiri geeignete Klinge handeln. Die Aufmachung ist dagegen sehr schlicht.

Edit: Auf dem letzten Foto wirkt es, als wäre da schon eine Macke in der Schneide. Dem ist aber nicht so. Es sind nur Verunreinigungen von Staub bzw. Abrieb vom Daumen, womit ich vorsichtig die Schärfe ertastet habe. Ich weiß, man sollte diese Klingen eigentlich gar nicht mit den Fingern betatschen.
 
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Hi Chief Rocker,
um eine differentielle Härtung nach traditionellem Verfahren und mit gut sichtbarem Muster zu erzeugen, müsste die Härtung in Wasser erfolgt sein und dabei Martensitkristalle von unterschiedlicher Größe (japanisch = nioi und nie) an der Grenze zwischen gehärteter Schneide und ungehärteter Fläche (dem hamon) erzeugt haben.
Diese Kristalle lassen sich meist NICHT bei einem mehr oder weniger senkrechten Blick auf die Klinge sehen.
Dazu sollte man in sehr flachem Winkel auf die Klinge schauen und eine Lichtquelle (vorzugsweise eine einzelne Glühbirne) anpeilen.
Die Lichtquelle lässt dann die Härtungskristalle als milchige Linie erscheinen, ohne dass die grobe weisliche Betonung des hamon (weislicher Anschliff auf den Bildern) stört.
Beispiele für diesen Blickwinkel und das Erscheinungsbild der Härtung dabei findest Du auf verschiedenen websites (nach Begriff "Kantei" googeln).

Bei einer Monostahlklinge (die mit größter Wahrscheinlichkeit nicht aus Japan kommt...) könnte die Härtung "aus Stressgründen" auch in Öl und nicht in Wasser erfolgt sein.
Dann sind die einzelnen Härtekristalle "nie" (meist) nicht entstanden, sondern es findet sich die "nebelige Variante = nioi".

Viel Erfolgt beim Gucken :)

MfG
Tokaido
 
Lieber Tokaido,

herzlichen Dank für diese tolle Info. Ich habe nun einen kleinen Aufbau gemäß Deiner Erklärung und eines Schemas auf einer Website vorgenommen, welche ich durch die von Dir genannten Suchbegriffe fand.







Ist wirklich nicht einfach zu fotografieren.
Aber ich denke, das ist doch recht eindeutig nioi?!
 
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Hallo Chief Rocker,
genau diesen Fotoaufbau meinte ich ;-) Es ist nicht leicht, damit brauchbare Bilder zu erzeugen, nicht wahr?
Die weisse Line mit den "komischen Spitzen" ist der hamon und es scheinen ziemlich sicher nioi zu sein.
Typisch für die Ölhärtung sind diese Spitzen, an denen die nioi-Linie sehr dünn erscheint.
Viel Spass und reichlich "Einsatz" mit dem Schwert!
Viele Grüße
Tokaido
 
Hallo Tokaido,

ich würde sagen, Übung macht den Meister - wie auch mit dem Schwert. :)
Habe das halt gestern Nacht noch schnell mit einer LED-Taschenlampe auf niederer Stufe, einem Handtuch auf dem Wohnzimmertisch, in welches ich die Lampe zur Einbettung + Ausrichtung legte durchgezogen.
Und dann einfach mal drauf gehalten. Erst wurde immer automatisch die hellste Stelle fokussiert, aber die Einstellung "Fokus auf zentralen Punkt" fand ich dann auch noch, womit es erst möglich war, hinter der Lichtreflektion scharf zu stellen.
Waren auch noch ein paar Bilder dabei, auf denen die Hamonlinie wie eine gezeichnete Bergkette aussah.
Obwohl diese Linie hier im Vergleich zu vielen anderen Beispielen im Netz doch recht schlicht ist (genau wie dieses Exemplar selbst, wenn man mal von der echten Rochenhaut am Griff absieht), fange ich an zu erahnen, wie wunderschön so ein Detail sein kann.

Nun werde ich mich mal langsam rantasten, denn auch eine gute Klinge kann man durch Unvermögen schnell zugrunde richten.
Allerdings hat mir der Verkäufer sozusagen lebenslange Garantie gegeben. Auch wenn nach einem Jahr irgend etwas passiert, wo man behaupten kann, die Qualität der Klinge sei schlecht, würde er es jederzeit zurücknehmen.
 
Vielen Dank Chief Rocker und Tokaido,

die Erklärung zur Begutachtung und deren direkte Umsetzung in die Praxis waren sehr gut, besser geht es nicht:super:
Können wir Mitleser zum Schluß noch ein paar schöne Bilder des "schnörkellosen Katana" sehen, gern auch mit demontiertem Griff? Mich als Messerbastler interessiert natürlich, wie der "Elterliche Betrieb in Japan" zu einem erschwinglichen Preis ein Katana baut.


Gruß Holger
 
Ich bin mir sehr sicher, dass das Schwert nicht in Japan hergestellt wurde, außer es wurde illegal hergestellt.

In Japan sind lediglich 日本美術刀剣 - japanische Kunstschwerter - erlaubt, d.h. die Herstellung der Schwerter muss folgenden Kriterien entsprechen:
- traditionellen Materialien
- traditionelle Methoden
- traditionelle Formen
- zertifizierter Schwertschmied

Einfach mal ein Schwert im Hinterhof als Nebenverdienst schmieden ist in Japan hochgradig illegal. Generell sind alle Schwerter illegal, die nicht den o.g. Punkten genügen, bspw.:
- Guntô
- historische europäische Schwerter
- funktionelle Repliken [darunter würde das hier fallen, denn es ist weder aus trad. Material (Monostahl vs. Gerbstahl) noch mit trad. Methoden (Ölhärtung vs Wasserhärtung) hergestellt]
- rostfreie Schwerter ala United Cutlery
- etc. pp.

Das Strafmaß für Übertretungen des Waffengesetzes schreckt mittlerweile sogar hartgesottene Yakuza davon ab, sich Schusswaffen zu beschaffen, daher gehe ich mal davon aus, dass kein Familienbetrieb sich so einem Risiko ausetzen würde. Es gibt noch eine geringe Chance, dass es Sonderregelungen gibt, wenn das Schwert ausschließlich für den Export hergestellt wird, aber das ist nicht sehr wahrscheinlich.


Ookami
 
Sehr interessant, was noch an zusätzlichen Infos zusammenkommt.
Ich kenne mich leider kaum mit der Materie aus. Die Beschreibung des restriktiven "Markts" macht das ganze Mysterium um ein echtes Katana um so spannender.
Leider kann ich die Hand nicht dafür ins Feuer legen, dass es sich um eine Klinge aus Japan handelt. Mein Kriterium war etwas robustes, was einem Anfänger auch mal einen unsauber ausgeführten Hieb verzeiht.
Und ich hoffe zumindest, dass dies erfüllt wurde...

Ich traue mich allerdings nicht so recht, das Schwert auseinander zu nehmen. Diese Mekugi sitzen doch recht fest und wer weiß ob ich das Ding wieder stramm zusammen setzen kann?!

Hier noch einige Bilder:









Und da die Hamon-Shots ja scheinbar auch gefallen haben, hier noch ein Nachschlag:









 
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Diese Mekugi sitzen doch recht fest und wer weiß ob ich das Ding wieder stramm zusammen setzen kann?!

Ein weiterer Hinweis auf eine chinesische Herkunft. Ich habe noch kein echtes Katana mit zwei oder mehr mekugi gesehen, auch deutet der feste Sitz eventuell darauf hin, dass die Klinge nach dem Gürtel-und-Hosenträger-Prinzip in den Griff eingeklebt wurde.

Leider muss ich sagen, dass es meiner Ansicht nach kein großes Mysterium um ein echtes Katana mehr gibt... es sieht aus wie ein unechtes Katana, es hat die Merkmale eines unechten Katana, die Herkunftsgeschichte ist mehr als fraglich - dann wird es wohl auch ein unechtes Katana sein.

Das heißt ja noch nicht, dass es für deine Zwecke ungeeignet sein muss. Es kann durchaus besser geeignet sein als ein antikes Original, das in ungeübten Händen leicht Schaden nehmen könnte oder ggfs. aufgrund von Materialermüdung nicht mehr für Schnitttests geeignet ist.


Ookami
 
Ich bezog die Aussage gar nicht auf mein Exemplar, sondern natürlich auf die Schöpfungen anerkannter Meister, die eben auch produzieren dürfen - so wie Du es beschrieben hast.
Und dass ein Schwert in Monostahl für 500 Euro kein "echtes" Katana sein kann, stand für mich nicht in Frage. (es wurde mir auch nicht als solches angedreht) - um die echte Hamon ging´s mir ausschließlich.
Mit der Herkunft wäre es zwar unschön wenn gelogen, aber auch kein Weltuntergang. Vieles, was in der Preislage so verkauft wird, scheint ja auch aus China zu kommen.

Ich werde deshalb noch einmal nachfragen. Habe nach dem Kauf bezüglich der Hamon und der Qualität noch einmal Rücksprache gehalten. Da es sehr einfach verpackt war. (Schwarzer Leinensack, Kartonumverpackung) Mir wurde dann nochmals klar bestätigt, dass dieses Schwert sich mit Paul Chen Practical Katana, Hanwei & Co, der doppelten Preisklasse mühelos messen kann.
Das wäre gut und mehr kann man nicht erwarten.

Mal schauen wie es "sich schlägt".
 
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Ach so meintest das. Naja, das "Mysterium" wird ja auch künstlich geschürt. Die Schmiede müssen ihre Schwerter nämlich lizensieren lassen und sie bekommen nur für eine bestimmte Anzahl Lizenzen pro Jahr, wodurch der ohnehin schon kleine Markt noch weiter verknappt wird. Die offizielle Begründung lautet, dass dies die Qualität sichern würde, weil man eben der Ansicht ist, dass ein Schmied eben nur soundsoviel Schwerter in Spitzenqualität fertigen könne.


Ookami
 
Ist doch gar nicht schlecht, wenn im Handwerk so ein Markt reguliert wird und dadurch die Tradition und Exklusivität eine Originals erhalten bleibt. Ich habe mir einen wirklich gut gemachten Bericht über den gesamten Herstellungsprozess vom Tamahagane-Stahl bis zur Politur angesehen und war davon höchst beeindruckt. Auch die Preise erscheinen mir angesichts dieses Aufwands in Relation nun nicht mehr so astronomisch.

In dieser Rubrik des Forums befindet sich ja eine tolle Diskussion darüber ob eine klassische, mehrlagige Konstruktion (Honsanmai etc.) gegenüber der Verarbeitung mit heutigen Methoden und Stählen überhaupt noch Vorteile bietet.
Ich fände es ein sehr interessantes Projekt, ein High-Tech-Katana mit modernstem Know-How zu konstruieren. Gibt es so etwas bereits?
 
Ich traue mich allerdings nicht so recht, das Schwert auseinander zu nehmen. Diese Mekugi sitzen doch recht fest und wer weiß ob ich das Ding wieder stramm zusammen setzen kann?!

Hallo, ich würde an Deiner Stelle schon mal schauen, ob Du den Griff abnehmen kannst - natürlich ohne das Schwert zu beschädigen...
Wenn der Griff nicht verleimt ist, sollte er abzunehmen und auch wieder festzumachen sein.
(So sieht z.B. ein altes Paul Chen Practical Katana unter'm Griff aus: Practical-Katana-Griff - der war verleimt und musste "zerschmettert" werden, um ihn abzubekommen...)

-> Wichtig wäre schon, dass der Griff stabil und die Angel in Ordnung ist, wenn das Schwert für Schnitttests verwendet werden soll.

Das Hamon scheint eine echte Härterlinie zu sein; allerdings ist die Wicklung des Griffs nicht ganz traditionell, da die Bänder sich eigentlich abwechselnd überlappen sollten.
Ich tippe auf robusten chinesischen Nachbau.
 
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