BOWIEFO-LOCK

Hallo Felix,

zunächst einmal Gratulation zu dem Prototypen. Das Thema ist mir damals durchgerutscht und auch jetzt habe ich es nur durch Zufall geöffnet. Wie du ja weißt, habe ich mich auch schon an einigen selbstentworfenen Verschlüssen versucht und weiß welche Arbeit in so einem Prototypen steckt.
Jetzt habe ich natürlich noch ein paar Fragen :D

-Wie hast du es bewerkstelligt, dass die zwei Kugeln genau gleichmäßig tragen? Das setzt voraus, dass man bei der Bearbeitung der Achse und der Klinge die Achse des Werkzeugs und die des jeweiligen Teils perfekt schneiden (Bei Verschlüssen sprechen wir hier von 1/100mm). Ist wie eine Welle-Nabe-Verbindung mit 2 oder mehr Passfedern, nur noch etwas heikler. Das ganze muss ja noch dazu in 2 Positionen passen. Vielleicht wäre es ja wirklich besser, das ganze nur mit einer Kugel auszuführen?

-Bei praktisch allen Verschlusskonzepten die ich für Messer kenne, ist die Sicherheit der Verriegelung durch Selbsthemmung irgendeines flachen Kegels gelöst. So lässt sich Stabilität mit Spielfreiheit verbinden. Bei deinem Verschluss (oder wer auch immer ihn nun erfunden hat, mich interessiert deine Implementierung) gibt es durch die Umlenkung von Axial auf Radialbewegung sogar zwei Orte wo eine Keilwirkung auftreten kann. So wie ich das sehe, kann man das auf mehrere Arten lösen:

1) Man verzichtet auf absolute Spielfreiheit und fräst in die Klinge zwei schöne Halbrunde ein. Die Wandstärke der Hohlachse hat genau den Kugelradius und der Betätigungsstift "schlägt durch", spricht er kommt in der verriegelten Position an der Kugel vorbei. Durch die kontrollierte Belastung der Kugel am "Äquator" erhält man eine sehr stabile Verriegelung (Die Kugeln können sich in keine Richtung verschieben und haben rein mechanisch auf keine Veranlassung), man wird aber Probleme beim Lösen haben und immer ein leichtes Spiel feststellen.
2) Man versucht, die Wände der Klingennuten in einem definierten Winkel (sagen wir z.B. 7° zur Radialen Richtung, Keil #1) anzubringen, sodass die Kugel dann gegen die Nut zu liegen kommt, wenn sie wiederum mit dem "Äquator" in der Trennfuge sitzt. Das kann man über den externen Anschlag justieren. Die Wandstärke der Hohlachse führt man ein bisschen dicker aus, sodass der Knopf die Kugeln nur über Keilwirkung (Keil #2) nach außen drückt. Das System hätte den Vorteil, dass man es theoretisch spielfrei zu bekommen ist und man sogar Einhandbedienung ermöglichen könnte. Man muss nur die Flanken der Klingennuten, die der Öffnung entgegenhalten, flacher anschrägen, sodass keine Selbsthemmung auftritt (Keil #1 Flach) und allgemein Zusehen, dass Keil #2 ebenfalls nicht selbsthemmend ist. Dann lässt sich das System in Öffnungsrichtung über die Klingendrehung auslenken. Nachteilig ist, dass durch die Kugelform eine kleine Störung (Dreck, Verschleiß) schon zu anderem Berührwinkeln führt und sich alles ändert.
Wie hast du das gelöst?


-Wie hast du die Achse gegen Verdrehen gesichtert?

Soo, jetzt mal genug der Fachidiotie :D Hoffe auf rege Diskussion ;)

LG, Oliver
 
Hallo Oliver,
so wie Du in der Materie steckst, hätte das Konzept auch von Dir stammen können. Ich schätze, Wolf Borger war mit seinem einkugeligen "Zentralverschluss" der Urheber dieses Systems und ich habe es ein zweites Mal erfunden. Bei der Recherche über den Ursprung des Z-Lock, habe ich noch mit ihm telefoniert und er hat mir seine einkugelige Variante so begründet, dass Er damit mehr Freiheitsgrade bezüglich der Bauform habe. Auf eine Patentanmeldung habe er aus Kostengründen verzichtet. Möglicherweise spielten bei seiner einkugeligen Variante auch Überlegungen und Erfahrungen über die von Dir erwähnte notwendige hohe Herstellungsgenauigkeit und Symmetrie mit zwei Kugeln eine Rolle. Aber das können wir ihn leider nicht mehr fragen.

Meine Lösung ist eine Kombination von Deinen zwei Überlegungen. Ich werde versuchen die Funktion möglichst illustriert und so detailliert wie möglich zu beschreiben. Aus aktuellen Termingründen schaffe ich das nicht ganz kurzfristig. Aber ich werde mich so schnell wie möglich wieder melden.
Grüsse in die Alpenrepublick und schönes Wochenende!
Felix
 
.......Fortsetzung
Die Abmessungen der Klingenachse und die Durchmesser der Kugeln ergeben alle anderen Parameter. In meinem Fall ist die Achse 20mm lang, hohl und 10mm im Durchmesser. Die Kugeln haben einen Durchmesser von 4mm. Für den Verriegelungsknopf habe ich einen max.Durchmesser von 6mm und ein min. Durchmesser von 2mm, dazu eine Verriegelungsstufe von 4mm Durchmesser. Diese weitet sich am Ende kegelförmig von 4mm auf 6mm.

DSC00850.jpg DSC00851.jpg

Die Achse hat eine 18mm tiefe Innenbohrung von 6mm. Dadurch ergibt sich eine Wandstärke von 2mm.
Die Kugeln bewegen sich in einer 4mm Bohrung, die vertikal durch die Achsenmitte gebohrt ist. Zum Fixieren der Achse an den Platinen wurde sie beidseitig auf 9mm verjüngt und darauf je ein M9-Feingewinde mit einer Steigung von 0,75mm geschnitten.
Durch eine Spiralfeder wird der Verriegelungskopf nach aussen gedrückt.
Die Klinge besitzt eine Achsbohrung von 10mm. An zwei gegenüber liegenden Polen sind Passungen zur Aufnahme der Kugeln eingefräst.
Um eine Entriegelung zu erreichen müssen die Kugeln komplett in die Achse gedrückt werden können. Das ergibt den dünnsten Durchmesser des Verriegelungsknopfes von 2mm.
Wird durch die Klingenposition die Ausfräsungen der Klinge mit den Bohrungen der Achse in Übereinstimmung gebracht, drückt die Feder den Verriegelungsknopf nach aussen. Durch den 45° Kegel werden die Kugeln je 1mm nach aussen in die habrunden 1mm tiefen Klingennuten der Achsbohrung gedrückt. Der Verriegelungsknopf kann jetzt um 4mm bis zum nächsten 6mm Kegel weitergleiten. Die Klinge ist in dieser Position starr mit der Achse verriegelt.

DSC00852.jpg DSC00856.jpg

Der Unterschied zu Deiner 1.Variante ist, dass die Ausfräsung nicht mit zwei Millimetern in Kugelradiusgrösse erfolgt, sondern nur mit der Hälfte von 1mm. Dadurch ergibt sich ein problemloses Entriegeln und Auslenken der Kugeln.
Das tatsächlich vorhandene Klingenspiel beseitige ich wie von Dir in Variante 2 beschrieben durch Drehen der Achse gegen den vorderen Klingenanschlag bis die Klinge spielfrei ist. Dann fixiere ich diesen Zustand durch Kontern mit je einer zweifach gelochten Achsenmutter mit den Griffplatinen. Durch diese Methode erreiche ich mit relativ einfacher Herstellungsgenauigkeit, einen spielfreien Klingengang.

Um auch höheren "Spinehawk" Anforderungen genügen zu können, würde ich je nach Bedarf die Kontermuttern über M3 Gewindebohrungen mit Madenschrauben an den Platinen fixieren um die Klingenachse verdrehsicherer zu bekommen.

DSC00854.jpg

Da ich mich noch im Experimentierstatus befinde, reicht mir die Fixierung durch Festziehen der verhältnismässig grossflächigen M9 Achsenmuttern aber erst mal aus.
Für die Bilder habe ich einen Probeverschluss aus HSS Stahl verwendet. Die Kugelsteuerung erfolgt hier nicht durch eine Spiralfeder, sondern durch den Abstosseffekt zweier Neodymmagnete.
Ich hoffe, dass mir eine einigermassen verständliche Darstellung gelungen ist.

Gruss
Felix
 
Hallo Felix, deinen neuen Beitrag habe ich bis gestern übersehen! Danke für die ausführliche Beschreibung und die super Bebilderung!

Das heißt, so wie du es jetzt aufgebaut hast, ist die Achse nur kraftschlüssig gegen Verdrehen gesichert?

Beste Grüße, Oliver
 
Das heißt, so wie du es jetzt aufgebaut hast, ist die Achse nur kraftschlüssig gegen Verdrehen gesichert?

Beste Grüße, Oliver

Ja, das Losbrechmoment liegt dabei zur Zeit bei etwa 12kg Druck auf dem Klingenrücken, was mir für meine momentanen Demo-Zwecke genügt und ich bei meinem derzeitigen EDC Urban Trapper nicht ansatzweise so austesten und vergleichen würde.

Grüsse in die Alpenrepublik und einen schönen Restsonntag!
Felix
 
Inzwischen ist es mir gelungen ein Exemplar des legendären Paul Knife zu bekommen und mich damit etwas eingehender zu beschäftigen. Vor allem interessiert mich dabei der Vergleich mit meinem Bowiefo-Lock:

DSC00912.jpg DSC00899.jpg DSC00914.jpg DSC00913.jpg
 
Anbei zum Vergleich, ein paar Bilder und Details der patentierten Zentralverriegelung von Paul Pöhlmann, wie sie von Gerber umgesetzt und realisiert wurde. Ich würde gerne verstehen, wie sich der von Wolfgang Dell weiter entwickelte "Wing-Lock" vom "Paul-Lock" unterscheidet. Auch wenn jemand Bilder zur Funktion von Wolfgang Borgers "Central-Lock" zeigen könnte, wäre das super!
Gruss Felix

DSC00921.jpg DSC00922.jpg DSC00925.jpg DSC00926.jpg DSC00928.jpg
 
....und zum Wochenende ein paar Vergleichsbilder meiner Knopfverschlussmesser: Zentraler Kugelverschluss, Axisverschluss und Paulverschluss.

DSC00942.jpg DSC00947.jpg DSC00948.jpg DSC00951.jpg DSC00954.jpg DSC00955.jpg DSC00957.jpg DSC00956.jpg
 
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