Herder 1922 Kochmesser nicht-rostfrei (Erfahrungsbericht)

Schwatvogel

Mitglied
Messages
735
Guten Abend liebe Mitmesserenthusiasten :)

Heute will ich mal ein Messer vorstellen, das ich meiner Mutter zu Weihnachten schenken werde.
Ich habe es wie immer beim Messerkontor gekauft, Claudia kümmert sich vorbildlich um ihre Kunden. Mir hat sie extra ein neues 1922 von Herder bestellt, damit ich mit dem Exemplar zufrieden bin.

Die technischen Daten:

210 mm Klingenlänge
43 mm Klingenbreite hinten
3,2 mm Rückenstärke am Klingenanfang
127 mm Grifflänge

195g Gesamtgewicht

schneidewinkel ca 20° - 25° mit kleiner Schneidfase
Material: C75W1 im Gesenk geschmiedet
Griff: Kirschholz mit Messingnieten

(frei von albino geklaut, habe keine Messerwerkzeuge hier)


Der Erfahrungsbericht:

Klinge: 98 Punkte
An der Klinge gibt es wirklich nichts auszusetzen, sie ist verzugfrei und gerade, offensichtlich gut verarbeitet und vorbildlich dünngeschliffen. Der Kropf ist der schönste, den ich bis jetzt an einem Messer gesehen hab, genau richtig dimensioniert. Das Material ist vernünftig, es wären noch zwei Punkte Spiel nach oben für etwas längere Standzeit.

Schärfe und Schnitthaltigkeit: 90 Punkte
Das Messer ist scharf und es hält auch die Schärfe. Wenn man als Referenz ein japanisches Messer nimmt, ist der Unterschied aber deutlich. Der Dünnschliff macht beim Schneiden selbst aber die fehlende Schärfe mehr als wett.

Griff: 85 Punkte
Die klassische Fehlerdisziplin von Herder. Wie schon geschrieben, hat Claudia das Messer extra handselektiert, damit es nicht wiederkommt. Trotzdem ist die Verarbeitung nicht perfekt. Die Nieten sind etwas unschön versenkt, es stehen noch ein paar Fasern raus, an der einen Seite gibt es eine Verfärbung im Holz und geringe Spalte sind von oben zu sehen. Allerdings weit besser als die Katastrophe bei meinem Grand Moulin. Ich kann mit diesem Griff leben.
Er liegt gut in der Hand.

Balance: 98 Punkte
Das Messer ist vorbildlich ausbalanciert.

Gesammteindruck: 95 Punkte
Rechnerisch käme man auf 93 Punkte, aber das Messer ist mehr als die Summe seiner Teile. Es schneidet wirklich vorbildlich, besser als alle anderen europäischen Kochmesser der großen Firmen, die ich kennenlernen durfte.
Man nimmt es einfach gerne in die Hand, es arbeitet sich damit einfach, gut und schnell. Wenn man sich nicht mehr wünscht, ist man wohl zufrieden, oder?
Ich würde es jederzeit wieder kaufen und werde es ab jetzt jedem, der ein Kochmesser im europäischen Stil sucht, als Kochmesserreferenz empfehlen.


Jetzt einige Impressionen.
Vorher muss ich anmerken, dass ich das Messer ausprobiert habe, wobei es schon Patina angenommen hat. Ich habe diese so gut wie es ging auf dem 10.000er Stein wieder runterpoliert, auf dem ich auch die Schneide noch mal feiner gezogen habe, aber dennoch ist die Klinge jetzt nicht mehr so schön, etwas wolkig und ungleichmäßig. Die Tropfen darauf sind Kamelienöl, von dem ein bisschen viel an der Klinge war.
Als es kam, war es perfekt.


Messer in der Kiste

resizedP1020110.jpg



Schneidfase

resizedP1020111.jpg



Noch mal versucht, die wirklich sehr kleine Schneidfase zu fotographieren:

resizedP1020114.jpg



Fluchtung:

resizedP1020116.jpg



Griff von der Seite & Kropf

resizedP1020117.jpg



Griff von der Seite, ganz

resizedP1020118.jpg



Griffspalte, sehen aber auf diesem Foto wirklich schlimmer aus, als sie sind:

resizedP1020119.jpg



Griffspalte näher, das tut dem ganzen mehr recht

resizedP1020121.jpg



Griffspalte unten, im Prinzip nicht vorhanden:

resizedP1020120.jpg



Und noch einmal die größe im Vergleich zu meiner Hand

resizedP1020122.jpg



So, ich hoffe, der Bericht hat ein bisschen geholfen und hat Euch Spaß gemacht.

Besten Gruß,
Schwatvogel
 
hi Schwatvogel

Klasse Bericht, dieses Messer intressiert mich auch sehr!!!

Schade wirklich, dass die es mit den Griffen nicht richtig hinbekommen. Aber damit muss man dann halt leben.

Grüße
 
hallo schwatvogel,

bevor du es deiner mutter schenkst habe ich dir noch einen tipp,


kaufe dir im holzhandel ein holzschutzwachs, und verflüssige es (heiss machen) fülle es in einen vacum-beutel und lasse ihn vacumieren (zb. bei deinem metzger, oder von einem befreundeten restaurant etc.)
danach kannst du den griff abwischen und mit einem tuch polieren, fertig.


falls du keinen zugang hast an ein solche gerät, dann kaufe ein holzwachs mit karnuba-wachs-anteil und trage es satt auf, erhitze das holz vorsichtig mit einem heissluftföhn oder notfalls mit dem haarföhn, trage so den wachs möglichst satt auf, polieren , fertig.


die erste methode schützt den griff für lange zeit, die zweite vielleicht etwas länger als ein halbes jahr, dann wiederholen.


viel spass
albino
 
Hallo Schwatvogel.

In der Tat, ein schöner Bericht! Aber wenn du sagst, das der Griff gut verarbeitet ist, dann muss ich den perfekten Griff haben an meinem Lignum3. Spalte sind quasi nicht vorhanden und die Nieten gehen
A-B-S-O-L-U-T ohne Kante oder änliches zum Holzgriff über. Sehen aus wie aufgemalt.
evtl mache ich davon mal ein paar Bilder...
 
die lignum ist aus flachmaterial gefertigt, da ist es eingacher eine passung zu machen.

da die 1922er gesenkgeschmiedet sind, ist die passung aufwendiger, ich denke dass auch dass der zeitliche aufwand/messer nicht in der grössenordnung liegt wie es bei einem custom liegt.

bei schwarzen griffen "micarta" ist auch die spalt behebung in der herstellung einfacher, ein schwarzes flies mit kleber getränkt, voila!

aber mach das mal bei einem kischenholz ;) und das ganze in "vernünftiger" zeit. dazu kommt das es eine serie ist die nach einem 1922 hergestellten vorbild gefertigt wird.

obschon ich hier erkläre warum und wiso dieser unterschied besteht, soll dies kein "alibi" für herder sein! IMHO: sollte hier mehr "sorgfallt" hineingelegt werden!
 
Hallo Leute!
Ich liebäugel auch damit mir das Messer zu kaufen.

Ich verstehe aber folgendes nicht:
schneidewinkel ca 20° - 25° mit kleiner Schneidfase

Laut dem Bild hier:http://www.messerspezialist.de/uploads/RTEmagicC_duennschliff_01.jpg.jpg

hat das Ding keine Fase. :confused: Sieht zumindest so aus. Wie darf man sich das vorstellen vor allem welcher Grad wurde bei der Fase gewählt? Wenn die so winzig ist müsste der Grad doch entsprechend hoch gewählt werden oder liege ich mal wieder völlig daneben? :glgl:

Lg
Jens
 
Last edited:
Jens,
doch, die Messer haben eine kleine Schneidfase. Alles andere wäre bei Ausbrüchen der Schneide auch absolut katastrophal. Der Dünnschliff verbessert die Schneidgeometrie, das Messer "gleitet" sehr einfach durch das Schneidgut. Für das Schneiden selbst ist aber eine Mikrofase zuständig, die ich auch zu fotographieren versucht habe.

albino,
danke für den Tipp. Durch mein Wohnortgehüpfe wg. Studium habe ich im moment keinen Metzger meines Vertrauens. Mal schaun, wo ich so einen Vakuumapparat jetzt herzaubere...
 
Jens,
doch, die Messer haben eine kleine Schneidfase. Alles andere wäre bei Ausbrüchen der Schneide auch absolut katastrophal. Der Dünnschliff verbessert die Schneidgeometrie, das Messer "gleitet" sehr einfach durch das Schneidgut. Für das Schneiden selbst ist aber eine Mikrofase zuständig, die ich auch zu fotographieren versucht habe.

albino,
danke für den Tipp. Durch mein Wohnortgehüpfe wg. Studium habe ich im moment keinen Metzger meines Vertrauens. Mal schaun, wo ich so einen Vakuumapparat jetzt herzaubere...

Geh einfach mal zu einem hin und frag wenn du noch n bisl Wurst oder Fleisch kaufst sollten die nich so abgeneigt sein, die Beutel sind halt nich grad günstig.
Ansonsten gibts die für unter 50€ auch für den Hausgebrauch zu kaufen ich hab auch so ein Ding für daheim weil ich zu faul bin Tupperdosen zu spülen :p
Und um nur mal n bisl was einzupacken sind die völlig in Ordnung.
 
Back