Abziehen mit Filzscheibe

wernerk

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Hallo zusammen,

in der Regel schleife ich meine Messer auf der großen Tormek mit 800er Schleifscheibe.
Zum Abziehen habe ich bislang verschiedene Methoden wie:
- 8000er Wasserstein
- Abziehleder auf Dachlatte mit Diapaste
- Wetzstahl
ausprobiert. Als Ergebnis erhielt ich stets eine gute Schärfe, Papier ließ sich problemlos schneiden.

Jetzt habe ich testweise mehrere Messer nach dem Schleifen mit einer Filzscheibe ohne jeglichen Schleifzusatz abgezogen.
Die Filzscheibe (Ø200) ist auf einem EB 200W montiert, die Messer wurden nur mit ganz leichtem Druck, Winkel leicht größer als auf der Tormek dagegengehalten.
Die erzielte Schärfe übertrifft das mir bisher bekannte. Ein weiterer riesiger VT ist aus meiner Sicht, dass das Abziehen sehr schnell geht.
Eine Erwärmung der Schneide konnte ich nicht feststellen.

Jetzt meine Fragen: woher kommt der Abzieheffekt, da Filz ja weicher als Klingenstahl ist und ich keinen Schleifzusatz verwende?
Aus heutiger Sicht ist das für mich die schnellste und beste Methode um Abzuziehen. Sieht jemand Nachteile in dieser Methode?
 
soll ne bessere abtragsleistung bringen umnd schliesst die scheibe, das messer kann nicht mehr so einfach haengenbleiben, hat man mir gesagt...
 
Benutzte den erwähnten Talg.
Dabei handeltz es sich um eine in Blockform gebundene Polierpaste speziell für schnell drehende Polierscheiben.

Dann wirst du erst mal feststellen, was es für Schneiden gibt!!!

Eine universelle Paste bekommst du recht preiswert, wenn du dich mal in der Nähe eines Schlachhofes bei einem der dortigen Lieferanten für Metzgereizubehör erkundigst.

So habe ich es bei einer solchen Firma gezeigt bekommen und habe innerhalb weniger Wochen das Abziehen auf einer solchen Scheibe "raus" gehabt.
Dann habe ich mir auch eine kleine Profimaschine für einen balligen Schliff zugelegt.
Da kannst du alles andere gegen vergessen.
Absolute Profimaschine und damit auch das Ergebnis.
Kombiniert mit einem Gerät für den Flachschliff ( Tormek, Bandschleifer o.ä. ) , hast du alles abgedeckt was der Normalnutzer an Messern so hat.
Wer keine solche Maschine kaufen möchte, dem kann ich einige Tipps geben, wie man das extrem preiswert für den Hausgebrauch nachbauen kann.
Der Schliff dauert dann halt länger und man(n) muß auch etwas länger üben.

Gruß Defender
 
Das Abziehen mit der Filz- oder Schwabelscheibe hat das gleiche Problem wie das Schärfen mit dem Bandschleifer – Gefahr der Überhitzung. Zusätzlich kann die Schneide innerhalb von Sekunden rund werden. Die Standzeit der Schärfe ist in der Regel kürzer als mit Banksteinen. Ich habe in meinem Leben zigtausende von Schnitzeisen nach der Methode geschärft.
Bei Messern ist die Banksteinmethode die bessere Wahl. Die Schneide wird schärfer, der Winkel kann viel besser kontroliert werden und der Zeitaufwand ist max. zwei Minuten.
Bei den rostfreien Messern ist die Methode mit der Filzscheibe abzuziehen durchaus sinnvoll. Bei den Kohlestoffstählen aber nicht angebracht. Wir haben hier alles rumstehen, sowohl die große Tomek als auch Poliermaschinen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Zum Messerschärfen benutzen wir aber ausschlieslich japanische Wassersteine. Warum also viel Geld für Technik ausgeben für einen minimalen Zeitgewinn aber mit Verlust an Qualität.

Gruß aus der Gütersloher Schulschmiede
Hans-Peter
 
zunächst mal vielen Dank für die Antworten.
So richtig weiter bin ich nicht mit der Entscheidung, welche für mich die beste Abzieh-Methode ist.

Aus der Praxis weiß ich, dass das Abziehen mit der Filzscheibe sehr schnell ein sehr gutes Ergebnis hinsichtlich Schärfe bietet.
Ein Anlass-Effekt durch Erwärmung der Schneide, entsprechend Kommentar von Hans-Peter, wäre ein großer Nachteil.

Die Frage ist, tritt bei ganz leichtem Andrücken des Messers an die Filzscheibe tatsächlich eine relevante Erwärmung auf?
Mit der Hand ist keine Erwärmung feststellbar. Aber ich weiß nicht, was sich im Mikrobereich an der Schneidenspitze abspielt.
 
wernerk said:
...Die Frage ist, tritt bei ganz leichtem Andrücken des Messers an die Filzscheibe tatsächlich eine relevante Erwärmung auf?
Mit der Hand ist keine Erwärmung feststellbar. Aber ich weiß nicht, was sich im Mikrobereich an der Schneidenspitze abspielt.

Genau das ist meine Frage auch, denn ich hatte auch sehr guter Erfahrungen mit dem Polieren gemacht (was die Schärfe anging).

Die Methode wird aber (zumindest bei C-Stählen) ziemlich eindeutig abgelehnt von allen Stahlexperten, die ich bis jetzt dazu hörte.
Deshalb wende ich sie (die Methode) auch nicht mehr an.

Ich habe leider keine reale Vorstellung darüber, was sich im Schneidenbereich abspielt:
Sie ist ja mit wenigen Zehntelmillimetern Ausdehnung extrem klein und somit können hier hohe thermische Belastungen auftreten, die durch Fühlen gar nicht wahrgenommen werden können.
Andererseits hat die Schneide ja viel Material im Rücken und die Wärmeleitung im Metall ist ja eigentlich recht hoch, so dass die Wärme gut abgeführt werden sollte.
Was dann aber wiederum zu einem "Härteeffekt" führen könnte.

Zusammengefasst:
Man weiss es nicht wirklich, man müsste mal eine Wärmebelastungssimulation auf Mikroebene anstellen...

Und im Zweifel gegen die Methode heisst, ich poliere den Grat nun eben mit Abzugpaste (von Tormek) auf Leder von Hand, also langsam und mit hoffentlich wenig Erwärmung und bekomme dennoch hohe Schärfe.

Noch was:
Konsequenterweise darf dann eine gehärtete und angelassene Klinge auch nicht mehr mit der Poliermaschine auf Spiegelglanz poliert werden! Denn hier ist die Erwärmung der gesamten Klinge deutlich fühlbar und beim Polieren kann die Schneide ja nicht ausgespart werden.
 
Wir werden mal einen Test dafür austüfteln, um Zahlenwerte zu bekommen. Das Abziehen mit der Filz oder Schwabelscheibe ergibt ohne Frage scharfe Schneiden. Der Lernaufwand und das Risiko ist aber größer als bei Banksteinen. In einer halben Stunde hat noch jeder Schüler bei mir gelernt sein Messer auf Rasierschärfe zu bringen. Mit der Maschine konnte in den ganzen Jahren nur ein Schüler zuverlässig umgehen. Das Urteil das die Schärfe mit Banksteinen länger hält, basiert bisher nur auf reinen Erfahrungswerten. Sobald wir Zahlenwerte haben, werden wir sie veröffentlichen.

Gruß aus der Gütersloher Schmiede
Hans-Peter
 
hpkb said:
...Der Lernaufwand und das Risiko ist aber größer als bei Banksteinen. In einer halben Stunde hat noch jeder Schüler bei mir gelernt sein Messer auf Rasierschärfe zu bringen. Mit der Maschine konnte in den ganzen Jahren nur ein Schüler zuverlässig umgehen...

Hallo Hans-Peter,

ich hätte erwartet, dass es "leichter" ist, mit der Poliermaschine zu polieren, dass Deine Schüler damit also weniger lang brauchen als mit Banksteinen.
Das Risiko (abgesehen von der Temperaurbelastung) hätte ich eher in der Gefahr der Schneidenverrundung gesehen.

Abgesehen davon:
Sehe ich das richtig, dass Du auch zur Gratentfernung ("Politur") der Schneide Banksteine einsetzt?


Wenn ich statt Banksteinen ein System wie Lansky einsetze (bitte nicht prügeln!), dann müsste ich doch damit auch noch den Grat entfernen können?
Tatsächlich wird die Schneide aber nach dem Polieren von Hand noch schärfer.
Oder liegt das daran, dass Dein Bankstein noch feiner ist als mein feinster Lansky-Stein (gelber Griff), der aber gefühlsmässig gar keinen Abtrag mehr bringt?

Hans
 
Einem Kollegen ist ein Schnitzeisen schon mal durch den ganzen Raum geflogen und blieb in der Holzwand stecken. Mit der Bohrmaschine gehört die Poliermaschine zu den grösten Gefahrenquellen in der Werkstatt. Bei Kupfersachen arbeiten die Schüler viel mit der Poliermaschien, ab und zu fliegt da schon mal ein Teil weg. Eine zeitlang haben die Schüler auch ihre Messer poliert, war aber immer ein mulmiges Gefühl bei mir. Zweimal flog dann auch ein Messer. Seitdem dürfen nur ganz wenige Schüler an die Maschine. Seit zehn Jahren haben wir keinen Unfall gehabt den man nicht durch ein Pflaster beheben konnte.

Das Verunden der Schneide ist in der Tat der Hauptfehler bei den Schülern.
Vor dem Härten schleifen wir die Schneide auf fingernageldicke, mit einem großen zweihunderter Wasserschleifstein ist dann in fünf Minuten ein Grat angeschliffen, weiter geht es mit einem Tausender, zwei- bis dreimal pro Seite über den Stein gezogen und zweimal über den Achttausender und die Rasierschärfe ist da. Das Abziehen auf Leder haben wir wieder aufgegeben, der Achtausender – das Sensibelchen – brachte eine feinere Schneide. Mit guten und vor allem genügend großen Steinen braucht das Nachschärfen wirklich nicht mehr als zwei Minuten. Hundert Euro kostet aber so ein Set, Natursteine noch einiges Mehr. Typische europäische Schleifsteine waren alle ein Fehlinvestition. Ganz ordentlich, aber für die Schule zu klein, sind die chinesischen Steine bei Dick.
Wer jeden Tag zehn bis zwanzig Messer schleifen muss, für den ist es durchaus eine Überlegung wert, nur mit Maschine zu schärfen.

In Japan ist die Ausbildung zum Schwertschleifer länger als wie die des Schwertschmiedes. Vor einigen Jahren haben wir ein Samuraischwert nach traditioneller Art geschmiedet. Als es ans Schleifen ging haben wir an Monostahlklingen erst geübt. Durch den Einsatz von Schleifmaschienen haben wir das Eine ziemlich ruiniert. Bei dem originalem Schwert haben wir dann nur mit Handsteinen geschliffen. Gut sechzig Stunden dauerte es. Die ersten zwanzig Stunden mussten wir sehr mit der Ungeduld kämpfen. Gegen Ende konnten wir ahnen was es bedeutet "Die Seele des Schwertes sichtbar zu machen".

Gruß aus der Gütersloher Schmiede
Hans-Peter
 
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